Geistige Leistungsfähigkeit (übersetzt)

Von Bennett Arnold

- Diese Ausgabe ist einzigartig;
- Die Übersetzung ist vollständig original und wurde für das Ale. Mar. SAS;
- Alle Rechte vorbehalten.

Wenn die Werbung etwas taugt - und ein Journalist sollte der Letzte sein, der das Gegenteil behauptet -, dann ist die amerikanische Nation dabei, einen Zustand körperlicher Leistungsfähigkeit zu erreichen, wie ihn die Welt wahrscheinlich seit den Tagen Spartas nicht mehr gesehen hat. In jeder amerikanischen Zeitung und jeder amerikanischen Monatszeitschrift finden sich zahllose bebilderte Anzeigen für "Spezialisten für Körperkultur", die garantieren, dass jedes Organ des Körpers seine Aufgaben mit der gewaltigen Präzision eines 60-PS-Autos erfüllt, das nie eine Panne hat.

• Sprache: Deutsch
• Herausgeber: ALEMAR S.A.S.
• Erscheinungsdatum: 9. März 2023
• ISBN: 9791255368113

Buchvorschau

Inhaltsübersicht

1. Geistige Leistungsfähigkeit

2. Die eigene Individualität zum Ausdruck bringen

3. Mit der Vergangenheit brechen

4. Sich im Leben niederlassen

5. Heirat

6. Bücher

7. Erfolg

8. Die kleinen Künstlichkeiten

9. Das Geheimnis des Inhalts

Geistige Leistungsfähigkeit

und andere Tipps für Männer und Frauen

ARNOLD BENNETT

1911

1. Geistige Leistungsfähigkeit

DIE ANTRAGSTELLUNG

Wenn die Werbung etwas taugt - und ein Journalist sollte der Letzte sein, der das Gegenteil behauptet -, dann ist die amerikanische Nation dabei, einen Zustand körperlicher Leistungsfähigkeit zu erreichen, wie ihn die Welt seit Sparta wahrscheinlich nicht mehr gesehen hat. In allen amerikanischen Zeitungen und allen amerikanischen Monatszeitschriften finden sich unzählige bebilderte Ankündigungen von Spezialisten für Körperkultur, die garantieren, dass alle Organe des Körpers ihre Aufgaben mit der gewaltigen Präzision eines 60-PS-Motorwagens erfüllen, der nie eine Panne hat. Neulich habe ich ein Buch gesehen, das von einem dieser Spezialisten geschrieben wurde, um zu zeigen, wie man eine perfekte Gesundheit erreichen kann, indem man eine Viertelstunde pro Tag bestimmten Übungen widmet. Die Anzeigen häufen sich und werden immer größer. Sie kosten sehr viel Geld. Deshalb müssen sie viel Geld einbringen. Deshalb muss eine große Anzahl von Menschen über die Ineffizienz ihres Körpers beunruhigt sein und sich auf den Weg machen, um Effizienz zu erreichen. Auf unsere bescheidenere britische Art haben wir das gleiche Phänomen in England. Und es nimmt zu. Auch unsere Muskeln wachsen. Wenn Sie einen Mann morgens in seinem Schlafzimmer überraschen, werden Sie feststellen, dass er auf dem Rücken auf dem Boden liegt oder auf dem Kopf steht oder mit Keulen um sich schlägt, um seine körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Ich erinnere mich, dass ich selbst einmal nach körperlicher Leistungsfähigkeit strebte. Auch ich lag auf dem Boden, meine zarte Epidermis war nur durch die dünnsten Kleidungsstücke vom Teppich getrennt, und ich verrenkte mich täglich nach dem Rasieren nach den fünfzehn Diagrammen einer großen Tabelle (die ich für die Magna Charta der körperlichen Leistungsfähigkeit hielt). In drei Wochen passten meine Kragen nicht mehr um den Hals meines Preisboxers; mein Strumpfwarenhändler erzielte immense Gewinne, und ich kam zu dem Schluss, dass ich es mit der körperlichen Leistungsfähigkeit weit genug gebracht hatte.

Seltsam, dass ich nie auf die Idee gekommen bin, eine Viertelstunde am Tag nach dem Rasieren dem Streben nach geistiger Leistungsfähigkeit zu widmen. Der durchschnittliche Körper ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit, leider nicht in Ordnung, aber zum Glück anfällig für Kultur. Der durchschnittliche Geist ist weitaus komplizierter, nicht weniger traurig, aber vielleicht noch anfälliger für Kultur. Wir vergleichen unsere Arme mit den Armen des Mannes aus der Werbung für körperliche Leistungsfähigkeit und murmeln den klassischen Satz vor uns hin: Das wird nie reichen. Und wir machen uns daran, unsere Armmuskeln zu trainieren, bis wir sie den Frauen beim Nachmittagstee (durch einen Gehrock) vorführen können. Aber es kommt uns vielleicht nicht in den Sinn, dass auch der Geist seine Muskeln und eine Menge anderer Apparate hat, und dass diese unsichtbaren, aber überragenden geistigen Organe weit weniger leistungsfähig sind, als sie sein sollten; dass einige von ihnen verkümmert sind, andere ausgehungert, andere nicht in Form usw. Ein Mann, der eine sitzende Tätigkeit ausübt, macht am Ostermontag einen sehr langen Spaziergang und ist am Abend so erschöpft, dass er kaum noch essen kann. Er wacht auf und stellt fest, dass sein Körper nicht mehr leistungsfähig ist, weil er ihn vernachlässigt hat, und ist so schockiert, dass er beschließt, Abhilfe zu schaffen. Entweder er geht zu Fuß ins Büro, oder er spielt Golf, oder er macht die Übungen nach dem Rasieren. Aber lassen Sie denselben Mann nach einem langen, sitzenden Kurs von Zeitungen, Zeitschriften und Romanen seinen Geist zu einer steilen Kletterpartie zwischen den Felsen eines wissenschaftlichen, philosophischen oder künstlerischen Themas herausnehmen. Was wird er tun? Wird er den ganzen Tag unterwegs sein und am Abend zu müde zurückkehren, um noch seine Zeitung zu lesen? Er nicht. Es steht zehn zu eins, dass er, wenn er nach einer Viertelstunde nach Luft schnappt, nicht einmal ausharren wird, bis er wieder zu Atem kommt, sondern sofort zurückkommt. Wird er mit aufrichtiger Besorgnis bemerken, dass sein Geist in einem traurigen Zustand ist und dass er wirklich etwas tun muss, um ihn in Ordnung zu bringen? Er nicht. Es steht hundert zu eins, dass er den Status quo ohne Scham und ohne großes Bedauern stillschweigend hinnehmen wird. Habe ich mich klar ausgedrückt?

Ich sage, ohne großes Bedauern, denn ein gewisses vages Bedauern wird zweifellos durch die Erkenntnis hervorgerufen, dass man durch eine geistige Unzulänglichkeit behindert ist, die ohne allzu große Schwierigkeiten geheilt werden könnte. Dieses vage Bedauern verströmt die kultiviertere Schicht des Publikums wie einen Dunst. Es ist überall zu entdecken, vor allem aber bei Menschen, die auf halbem Wege zum Leben stehen. Sie nehmen die Existenz unermesslicher Mengen von Wissen wahr, von denen sie sich nicht das kleinste Teilchen zu eigen machen werden. Sie schlendern in einer sternenklaren Nacht aus ihren geordneten Behausungen und spüren nur schemenhaft das Wunder des Himmels. Aber die stille kleine Stimme sagt ihnen, dass sie zwar in einer Zeitung gelesen haben, dass es fünfzigtausend Sterne in den Plejaden gibt, aber sie können nicht einmal auf die Plejaden am Himmel zeigen. Wie gerne würden sie die Bedeutung der Nebeltheorie begreifen, der überwältigendsten aller Theorien! Und die Jahre vergehen; und jeder Tag hat vierundzwanzig Stunden, von denen sie nur sechs oder sieben arbeiten; und es bedarf nur eines Anstoßes, einer Anstrengung, eines Systems, um den Geist allmählich von seiner Trägheit zu heilen, seinen Muskeln Ton zu geben und ihn in die Lage zu versetzen, die Herrlichkeiten des Wissens und der Empfindung zu ergreifen, die ihn erwarten! Aber das Bedauern ist nicht groß genug. Sie tun nichts. Sie tun weiterhin nichts. Es ist, als ob sie ewig an einem endlosen Tisch voller Köstlichkeiten vorbeigehen und keine Hand ausstrecken könnten, um zuzugreifen. Übertreibe ich? Gibt es nicht tief im Bewusstsein der meisten von uns das traurige Gefühl, dass unser Verstand wie die Leber der Werbung ist - träge, und dass es für die Trägheit unseres Verstandes weder eine Entschuldigung für Unfähigkeit, noch für Zeitmangel, noch für Mangel an Gelegenheiten, noch für Mangel an Mitteln gibt?

Warum meldet sich nicht irgendein Spezialist für geistige Leistungsfähigkeit und zeigt uns, wie wir unseren Verstand dazu bringen können, die Arbeit zu tun, zu der er zweifellos in der Lage ist? Ich meine nicht einen Quacksalber. All die Spezialisten für körperliche Leistungsfähigkeit, die viel Werbung machen, sind keine Quacksalber.