Der Weg zur klimagerechten Gesellschaft: Sieben Schritte in eine nachhaltige Zukunft
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Über dieses E-Book
Klimagerechtigkeit bedeutet einen Umgang mit Ressourcen, der zwischen den Generationen, aber auch innerhalb der jetzt lebenden Menschen für faire Lebensbedingungen sorgt. Als Umwelthistorikerin zeigt Verena Winiwarter, dass ein anderer Umgang mit fossiler Energie den Kern der Klimagerechtigkeitsdebatte bildet. Sie argumentiert, dass die derzeitige Gesellschaft, weil sie nicht an Daseinsvorsorge orientiert ist, die Menschenrechte massiv verletzt und schlägt einen Verfassungskonvent vor, der mit einer klimagerechten Verfassung die Grundlage für eine klimagerechte Gesellschaft legt.
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Buchvorschau
Der Weg zur klimagerechten Gesellschaft - Verena Winiwarter
vorbemerkung
Dieser Text verdankt sich der Einladung, bei einer Wiener Vorlesung zu sprechen, am ersten Abend einer Serie zu Nachhaltigkeitsthemen, die die Stadt Wien 2022 veranstaltete. Ich schulde Stadträtin Veronika Kaup-Hasler und Daniel Löcker Dank für die Einladung, noch mehr aber dafür, dass sie sich des Überlebensthemas »Nachhaltigkeit« in allen seinen Facetten angenommen haben. Entsprechend meinem fachlichen Hintergrund habe ich mich dem Thema Klimagerechtigkeit aus umwelthistorischer Perspektive angenähert. Die Sachlage bedurfte aber eines interdisziplinären Zugangs, der weit über die Grenzen der Geschichtswissenschaft hinausgeht. Der Text ist als Anregung zur weiteren Beschäftigung mit den Themen gedacht, als Beitrag zu einer Debatte, die geführt werden sollte, und nicht als letztgültiger Abschluss einer solchen. In sieben Schritten werden die folgenden Überlegungen zur Klimagerechtigkeit führen und dabei in unterschiedlicher Detailtiefe Phänomene, die unsere Zukunft gefährden, wie etwa Korruption, Umweltkriminalität und strukturelle Ungleichheit, berühren. Klimagerechtigkeit (die noch zu definieren ist) ist als Ziel 13 in die Nachhaltigkeitsagenda 2030 (SDGs, Sustainable Development Goals) einbezogen und für den Erfolg der in der Agenda 2030 vorgedachten Transformation unabdingbar. Ziel 16, das mit Frieden, Gerechtigkeit und starken Institutionen ebenso zentral ist, wird öffentlich weniger thematisiert. Doch Rechtsstaat, demokratische Teilhabe und freie und unabhängige Medien sind Voraussetzung für das Erreichen aller Nachhaltigkeitsziele ebenso wie der Klimagerechtigkeit.
Alles wissenschaftliche Wissen ist situiert, es ist in einem spezifischen zeitlichen und persönlichen Zusammenhang entstanden und durch Auseinandersetzung mit dem, was der jeweiligen Autorin verfügbar war, geschärft. Ich erlaube mir daher zu Beginn, einige Bemerkungen zu meiner Person zur Verfügung zu stellen, die Leserinnen und Lesern eine Einschätzung meiner Situiertheit, meiner »Brille«, professionellen Deformationen, Filter, oder wie auch immer die Tatsache, dass kein Subjekt, das schreibt, objektiv sein kann, genannt wird, ermöglicht.
Wien ist das Zentrum meines Lebens, immer, wenn ich eine Zeit lang nicht in Wien war, bin ich gerne zurückgekommen. Als Ingenieurin für Technische Chemie durfte ich einige Jahre lang an der Technischen Universität Wien in der großartigen Umweltanalytik-Gruppe von Hans Puxbaum an der Erforschung von saurem Regen und Waldsterben mitarbeiten. Zunächst nebenbei und später hauptsächlich studierte ich ab 1986 Geschichte und Publizistik. Nach Diplom und Dissertation in Geschichte beim Mediävisten Karl Brunner wurde ich auf Basis eines Hertha-Firnberg-Projekts des FWF unter der Ägide des biologischen Anthropologen Horst Seidler an der Universität Wien für das Fach Humanökologie habilitiert. Meine Tätigkeit am Institut für Soziale Ökologie der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universität Klagenfurt seit 1992 hat mich geprägt. Persönlichkeiten wie Marina Fischer-Kowalski und Roland Fischer waren für meinen interdisziplinären Zugang wichtig. Ebenso prägend für mich waren die Jahre als Dekanin dieser Einrichtung, die 2018 stark verkleinert und auf mehrere Universitäten aufgeteilt wurde. Als wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften leite ich dort seit 2016 die Kommission für interdisziplinäre ökologische Studien. Ich bringe meine umwelthistorische Expertise als Vorsitzende des Rates der Sachverständigen für Umweltfragen der Stadt Wien in eine hoffentlich nachhaltige Zukunft meiner Heimatstadt ein. Als Mitglied von Scientists for Future Austria versuche ich, an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit dazu auch persönlich beizutragen. Dem Verein WILPF (Women’s International League for Peace and Freedom) gehöre ich aus pazifistischer Überzeugung an.
2022 bin ich knapp über 60 Jahre alt, habe dunkle Erinnerungen an den »Sechstagekrieg«, der bei meinen Eltern zu immer wieder aufflammender Sorge hinsichtlich der Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem nicht anerkannten palästinensischen Staat führte. Diese Sorge erinnere ich als Hintergrundrauschen meiner Kindheit im Sinne einer unterschwelligen Angst. Den Vietnamkrieg habe ich als Kind und junger Teenager, die Abstimmung über Zwentendorf knapp