Plötzlich war es Krebs: Biografie
Von Frank Lüngen und Sibylle Lüngen-Immendorf
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Buchvorschau
Plötzlich war es Krebs - Frank Lüngen
Frank Lüngen
Co-Autorin: Sibylle Lüngen-Immendorf
Und plötzlich war es Krebs
Biografie
Impressum
©NIBE Media ©Frank Lüngen
Co-Autorin: Sibylle Lüngen-Immendorf
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Das Leben ist nicht immer nur
Pommes und Disco …
(Christian Steiffen)
Für meine Frau Bille
Meine Liebe! Mein Leben!
Leider lässt sich meine Dankbarkeit mit Worten nicht ausdrücken.
Inhaltsverzeichnis:
-eins-
-zwei-
-drei-
-vier-
-fünf-
-sechs-
-sieben-
-acht-
-neun-
-zehn-
-elf-
-zwölf-
-dreizehn-
-vierzehn-
-fünfzehn-
-sechzehn-
-siebzehn-
-achtzehn-
-neunzehn-
Personen im Buch
Danksagung
-eins-
Mein Name ist Frank Lüngen. Ich bin 54 Jahre alt und lebe im schönen Hamburg und bin mit meiner Frau Sibylle (Bille) glücklich verheiratet. Doch jetzt gab es einen Schicksalsschlag in meinem Leben, der mich mit aller Härte traf und mir den Boden unter den Füßen wegzog. Ich habe diese schreckliche Diagnose: Krebs, bekommen. Warum gerade ich?
Diese Frage stellen sich Betroffene wohl immer und ich natürlich auch. Eine Krankheit wie diese betrifft nicht nur einen selbst. Sie ist wie ein Geschwür, das sich durch alle Lebensbereiche zieht. Egal ob es sich um meine Arbeit, meine Familie und meine Freunde, für die ich sehr dankbar bin, oder um mein Privatleben handelt. Der Tumor, der sich durch meinen Körper und meine Psyche zieht, ist gnadenlos. Das „Arschloch", wie ich den Krebs nannte, zeigte sich bei mir in der Form von Lymphdrüsen Krebs. Ich habe dieses Buch nicht nur für mich geschrieben. Obwohl es ja als therapeutisch gilt seine Gedanken zu Blatt zu bringen und sich in Reflexion seiner selbst, der ganzen Situation noch einmal bewusster zu werden. Doch das war nicht die Hauptmotivation meines Schreibens. In der Zeit nach der niederschmetternden Diagnose des Lymphdrüsen Krebs, die ich in einem Krankenhaus in Hamburg-Bergedorf bekommen habe, habe ich Tage und Nächte damit verbracht, dass Internet zu durchforsten und stieß dabei auf unglaublich viele verzweifelte Menschen, die mein Schicksal teilen.
Wir alle, die wir mit dieser grausamen Krankheit kämpfen, sind gierig nach Wissen und bereit, dagegen anzugehen. Wir können nicht einfach aufgeben, wir kämpfen.
Ich googelte was das Zeug hielt, las alles, was es über den Krebs zu lesen gab und sog jede noch so kleine Information in mich auf. Ich zog mich an jedem Strohhalm hoch, der mich motivierte und wusste immer: Ich muss kämpfen!!
Ich entschied mich es anzupacken. Für jeden Einzelnen, der diese schreckliche Erfahrung machen muss, und für jeden Einzelnen, der nicht weiterweiß, für meine Familie, meine Freunde und einem ganz persönlichen Traum, den ich im Verlauf dieser Geschichte noch erläutern werde, habe ich meine Geschichte aufgeschrieben. Ich wollte kämpfen für das Leben und natürlich zuerst einmal für mich selbst. Weil ich aber genau wusste, dass es Abertausende gibt, die diese Krankheit in sich tragen, die Halt in dieser schweren Zeit benötigen und genauso wie ich Hilfe brauchen. Weil ich weiß, dass noch Abertausende von dieser Krankheit betroffen sein werden und die wie ich nach jedem Strohhalm greifen werden, dafür schrieb ich dieses Buch. Bevor wir mit meiner Geschichte beginnen, sei noch erwähnt das ich die Namen der Ärzte, die mich behandelten, geändert habe.
Es war der 27.04.2020, im Norden Hamburgs. Ich vernahm, abgesehen von einigen Gewitterböen nicht viel, doch alles in allem war es ein schöner Tag in meiner Heimat in Hamburg-Bergedorf. Nur das mir, außer dem Blick aus dem Fenster, nichts von diesem schönen Tag blieb. Neben der Tatsache, dass es wesentlich schönere Orte als ein Krankenhaus gab, haben wir auch noch Corona Zeit. Seit gestern gelten in Hamburg weitere Regelungen zum Infektionsschutz. Die am letzten Freitag von der Gesundheitsbehörde erlassene Verordnung sah unter anderem eine Mund-Nasenbedeckung (Alltags- oder Stoffmasken) im Einzelhandel sowie in Bussen und Bahnen vor. Die Pflicht galt nun auch für die öffentlich zugänglichen Flächen in Einkaufscentern oder Einkaufsmeilen. Taxifahrer sowie Fahrpersonal von Mietwagen und deren Fahrgäste mussten ebenfalls eine Mund- und Nasenbedeckung tragen. Darüber hinaus wurden die Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete ältere Menschen in den Pflegeeinrichtungen verstärkt. Und verstärkt bedeutete in meinem, wie in vielen weiteren Fällen, noch mehr Isolation. Bille durfte mich nicht besuchen! Darunter leiden wir beide ganz besonders. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Hamburger Krankenhäuser sehr gut bei der Behandlung von Erkrankten mit einer Coronavirus-Infektion aufgestellt. Nach aktuellem Stand befinden sich derzeit 182 Personen mit Wohnort Hamburg aufgrund einer Erkrankung mit COVID-19 in stationärer Behandlung, davon werden 62 Personen intensivmedizinisch betreut. Einige von ihnen sind auch in diesem Krankenhaus, in dem ich auch untergebracht wurde.
Von Einsamkeit und Isolation umgeben, drehten sich meine Gedanken immer wieder im Kreis zwischen der Tatsache, dass ich zur Risikogruppe gehöre, mich aber trotzdem sehr alleine gelassen fühle und ganz dringend Bille brauchte, um mit ihr zu reden und sie in den Arm zu nehmen. Ich hatte ein sehr schönes Krankenzimmer auf der Privatstation. Zwei kleine rote Ledersessel mit einem Tisch, ein großes Fenster, ein bequemes Bett. Eigentlich also kein Grund, mich unwohl zu fühlen. Aber ich hatte eine wahnsinnige Angst vor dem, was noch auf mich zukommen würde.
Corona Zeit, nachmittags um 03:00 Uhr ging die Tür auf. Überraschend war es ja nun nicht, dass es kein Besuch war, der eintrat. Besuch ist in „Coronazeiten" im Krankenhaus ja strikt verboten. Eine junge Ärztin, die mich schon einige Male besucht hatte und mit der ich bereits diverse Sachen besprochen hatte, die auch schon einige Untersuchungen veranlasst hatte, stand nun mitten in meinem Krankenzimmer. Sie macht immer einen sehr kompetenten Eindruck und schien ihre Arbeit zu mögen. Da sie ihren Nasen-Mundschutz trug konnte ich ihre Mimik nicht erkennen, sondern bemerkte nur, wie angespannt sie war. Trotzdem versuchte sie einen ruhigen und sachlichen Eindruck zu machen und mir zu helfen. Sie fing an, mir vieles zu erzählen und zeigte mir diverse Bilder von meinem Oberkörper aus einem CT, welches gestern gemacht wurde. Sie versuchte durch ihre Tonlage sehr mitfühlend zu wirken, doch ahnte ich, dass mich etwas Schreckliches erwarten würde.
Es ging wie ein gewaltiges Erdbeben durch mein Gehör: „Herr Lüngen, sie müssen jetzt sehr stark sein, denn wir sind uns ziemlich sicher mit unserer Diagnose: ‚Sie haben Krebs‘".
Die Zeit stand still. Ich vermochte nicht zu realisieren was mir hier gerade mitgeteilt wurde.
„Sie haben einen Tumor unter dem Zwerchfell im Rücken, um ihrer Wirbelsäule und es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Lymphdrüsen Krebs."
1000 Gedanken gingen mir durch den Kopf und gleichzeitig hatte ich das Gefühl vollkommen leer zu sein.
„Sie müssen jetzt ganz stark sein. Brauchen sie vielleicht psychologische Betreuung?"
Ich vermochte nicht zu antworten, sondern spürte nur das es sich hier um Fakten handelte, um eine grausame Tatsache. Ich hatte von nun an Krebs.
„Wenn Sie in irgendeiner Form Hilfe brauchen, sagen Sie es mir. Das Team und ich werden uns um alles kümmern und ihnen jede Hilfe geben, die sie brauchen."
Meine Gedanken wurden nach dem Schock dieser Nachricht langsam wieder klarer, doch wollte ich der Ärztin jetzt keine Fragen stellen. So weit war ich noch nicht.
„Wir machen heute noch einige Untersuchungen. Eine Blutabnahme und morgen früh können Sie nach Hause", sagte sie und versuchte mich aufzuheitern.
„Dann machen Sie sich ein schönes Wochenende. Sie lassen es sich richtig gut gehen und nächste Woche melden wir uns hier vom Krankenhaus wieder bei ihnen."
Ein schönes Wochenende machen? Es mir richtig gut gehen lassen? Uns allen war doch klar, dass diese Vorschläge nach so einer Nachricht ins Leere laufen würden. Ich hatte Krebs, verdammt noch mal!
„Ihr Fall geht jetzt in die Tumorkonferenz in Hamburg. Dort sitzen diverse Spezialisten, die mit Krebs und Tumoren umgehen können. Sie werden ihren Fall genauestens untersuchen. Wir werden uns am Dienstag oder Mittwoch bei ihnen melden. Dann können wir mit ihnen besprechen, wie es für Sie weitergeht und wo wir versuchen können, ihnen Hilfestellungen zu geben."
Meine Gedanken bewegten sich jetzt nur noch zwischen Wut und Angst.
„Es tut mir sehr leid, aber so ist es eben", sagte sie noch leise, bevor sie sich umdrehte und ging.
Ich sagte: „Dankeschön", und sie verschwand durch die Tür.
Nun war ich mutterseelenallein in meinem schicken und schönen Krankenzimmer.
Hätte es mich denn noch schlimmer treffen können?
Warum ich?
Gott verdammt, warum muss es Krebs sein!
Ich starrte in den leeren Raum. Das eben noch so wunderschöne Krankenzimmer war nun ein Gefängnis, in das ich mich begeben hatte. Ich wusste immer viel mit meinem Leben anzufangen, versuchte ein guter Mensch zu sein und half, wo ich helfen konnte.
Ich hatte bisher Spaß am Leben und wollte immer, dass die Menschen in meiner Umgebung die gleiche Freude empfanden wie ich, doch diese Tatsache hat mich nun umgehauen. Diese verdammte, grausame Nachricht, die mein Leben ab sofort radikal verändern wird.
Ich wusste nichts mehr, in mir war alles leer. Wie sollte es jetzt weitergehen?
Tiefste Betroffenheit breitet sich in mir aus.
Sollte ich doch lieber mit dem Psychologen sprechen? Was mache ich denn jetzt nur?
Meine Augen wurden glasig, doch weinen wollte ich nicht. Ich wusste nicht, weshalb ich die Tränen unterdrückte, die sich in mir ansammelten und hochkamen. Eine Grausamkeit ist es, dass es einer Krankheit nicht interessiert, ob man ein guter oder schlechter Mensch war.
Oder musste es so sein, damit ich andere motivieren konnte, nicht aufzugeben?
Das alles konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. In dieser Minute war ich, der sonst vor Lebensfreude kaum einmal ruhig sitzen kann, der das Wachsein dem Schlaf vorzieht, weil ich mich auf den nächsten Tag freute, ein elendig gebrochener Mann.
Ich kann doch nicht meine Frau anrufen und am Telefon sagen: Hallo Maus, ich habe Krebs, einen Tumor
, das geht doch gar nicht. Nein, eine solche Nachricht musste ich ihr persönlich überbringen.
„Es ist Corona-Zeit, sie darf mich nicht besuchen", war mein zweiter Gedanke und so rief ich sie an und bat ich sie mit dem Auto zum Krankenhaus zu kommen. In einer Stunde an einem Hintereingang für Krankentransporte. Hier wo Ärzte und Schwerverletzte ein und ausgingen, bin ich bei meiner geliebten Bille ins Auto gestiegen und musste sie mit dieser grausamen Wahrheit konfrontieren.
Ich hatte zu keinem Zeitpunkt einen Plan, wie ich ihr diese Nachricht überbringen sollte. Klar wusste ich, dass ich es ihr sagen muss, nur wie? Meine arme Bille! Sie war und ist eine starke Frau, aber wie würde sie die Nachricht ertragen, dass ihr Mann schwer erkrankt ist und eventuell daran sterben kann?
Die eine Stunde Wartezeit fühlte sich an wie hundert Stunden. Jede Sekunde vernahm ich laut und deutlich durch das Ticken der Wanduhr, die in meinem ach so schönen Zimmer im Krankenhaus angebracht war. Mit jedem Ticken des Sekundenzeigers mit jedem Schlag zur nächsten Minute rückte der Zeitpunkt näher, an dem Bille erfahren würde, wie es um mich stand. Gleich musste ich sie damit konfrontieren, dass eine eventuelle Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, dass ich sterbe.
Die Zeit verging langsam, doch sie blieb nicht stehen. Mein Handy klingelte und so zog ich mich an, um zum vereinbarten Hinterausgang, bei den Krankentransporten, ins Auto zu steigen. Ich begrüßte meine Frau und bat sie erst einmal loszufahren. Aus dem Fenster blickend und immer noch völlig unsicher, wie ich es ihr genau sagen soll, gab ich ihr lediglich die Adresse zum Parkplatz Bergedorf Friedhof an.
Nur 300 Meter vom Krankenhaus gibt es einen großen Parkplatz am Friedhof. Dorthin sind wir gefahren und haben geweint. Wir konnten beide nichts sagen. Eine Stunde nur geweint. Was für ein Schicksalsschlag und wir standen hier am Friedhof.
Am nächsten Morgen durfte ich wieder nach Hause. Die Ärzte gaben mir Medikamente mit und sie haben noch eine erneute Blutuntersuchung gemacht. Ich bekam noch einen Bericht mit, dann konnte Bille mich abholen.
Ich hatte ihr gestern zum Abschied gesagt, dass ich