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Religion - Erfahrung oder Ideologie 1: Realität und Wirklichkeit
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Religion - Erfahrung oder Ideologie 1: Realität und Wirklichkeit
eBook371 Seiten5 Stunden

Religion - Erfahrung oder Ideologie 1: Realität und Wirklichkeit

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Über dieses E-Book

In den vorliegenden 3 Bänden geht es darum neu zu entdecken, was religiöse Erfahrung und Wirklichkeit sind und was andererseits als Ideologie zu bezeichnen ist. Alle drei Bände können auch einzeln gelesen werden. Im ersten Band geht es darum, ein Gespür dafür zu entwickeln, daß Religion im eigentlichen Sinne gerade nichts mit Denken zu tun hat, sondern Erfahrungen umfaßt, die allesamt auf dem Schweigen aufbauen, auf dem Abschalten jeglichen Denkens. Mit Denken verschwinden neben der Zeit, vor allem das Ich oder Ego, das auf der Identifikation mit Denken (cogito ergo sum) beruht. Wir werden daneben das Phänomen der Zeit und die Psychologie des Egos beleuchten und mit dem Tod des Egos den ersten Band beenden. Im zweiten Band geht es um die Religionen und Yoga-Systeme, die exemplarisch zum Baum des Lebens (Monismus) gehören, nämlich Hinduismus, Buddhismus, Taoismus, der Yoga Jesu (Mystik) und der Yoga Mohammeds (Sufismus). Im dritten Band behandeln wir den Baum der Erkenntnis von "Gut und Böse" (Dualismus), den wir als "Baum des Todes" bezeichnen und thematisieren seine Folgen. Es wird nicht einfach sein zu verstehen, daß am Todesbaum keine Göttlichen Früchte wachsen, weil der Mensch, der ihm dient, sei er Jude, sogenannter Christ, orthodoxer Moslem oder Wissenschaftler und Atheist, meist unwissentlich dem Denken folgt, d.h. dem Prinzip der Trennung und dahinter steht nun mal der Täuscher oder Diábolos. Insofern gibt es nur einen Weg zum EINEN, der Lebensbaum und die Praxis des Schweigens.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum20. Dez. 2021
ISBN9783347512009
Religion - Erfahrung oder Ideologie 1: Realität und Wirklichkeit
Autor

Govindha

The Author was born 1960 in Germany. With nearly 18 years he went to India and visited the Sri Aurobindo Ashram, where the root of spiritual yearning was planted in his heart. All seed need time to increase and to mount, in modern times most of all a spiritual seed. So, he first studied economics but changed after the intermediate Diploma to sociology. After the degree he received a training as systemic therapist and worked in an addiction clinic and for a welfare association. After the doctorate as Ph.D., he went freelance in Düsseldorf with legal guardian-ship, life counselling and motivational training. A heavy burnout with severe depressions and lots of failed therapies led finally to an occupational disability. On the basis of his diaries, he recapitulated his life and started to travel to Asia. Meanwhile he is married with his Thai-wife, lives in a farmer village und writes about the stony and thorny way from the tree of knowledge to the tree of life. This involves the whole life and leads to a fundamental different paradigm whereby the identification with thinking (“cogito ergo sum”) ceases and in place of thinking and word the inner silence has priority. But with that also our identity is changing. The silence led to the heart as the new centre of identity. Here, the people are connected with the whole, whereas the thinking identity is separating itself from all. And still more, we find back from thinking our life to experience our life – a fundamental change! So, this spiritual revolution is not a singular event but the paradigm of the future. The last culture representing this heart-centered identity was the high culture of the Native Americans. All the troubles, the world is now facing, will lead to an overcome of the mind-centered ego to the benefit of the Divine self, or in Buddhist language, to a non-ego and the freedom of duality. All books of the author are circling around this fundamental and evolutionary step forward to a higher species, the Hyper-anthropos. Humankind will either triumph in transcendence or die out in decadence. Anyway, the victory of the light is sure, either on this wonderful earth or elsewhere in the endlessness of the Divines manifestation in space and time.

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    Buchvorschau

    Religion - Erfahrung oder Ideologie 1 - Govindha

    2. Denken

    Jede Auseinandersetzung mit dem Thema der Religion setzt die Klärung von Begriffen voraus, ganz besonders des Begriffs „Denken" selbst, weil Denken und Sprache die Hauptwerkzeuge für das sind, was wir ausdrücken und kommunizieren wollen, und das gilt umso stärker für das Schreiben, zumal beim Sprechen noch viele andere Werkzeuge der Kommunikation zum Tragen kommen, sei es Mimik, Haltung und Ton oder Gesamteindruck. Es kommt uns aber so vor, als ob unsere Zeitgenossen im großen Gestrüpp des Denkens mit seinen unendlichen Irrgärten regelmäßig versäumen darzutun, was Denken eigentlich ist oder zumindest für diesen oder jenen Autor sein kann oder leisten soll. Nahezu jeder Mensch benutzt es, aber kaum jemand legt sich Rechenschaft darüber ab, was dieses ominöse Instrument ist. Wir betrachten Denken gewöhnlich als Erkenntnisinstrument, gleichzeitig räumen wir aber ein, daβ seine Erkenntnisse beschränkt sind; wir sprechen von Wahrheiten, gleichzeitig relativieren wir sie als bedingt und abhängig von Zeit und Raum und deren Gesetzen.

    Beginnen wir bei dem, was wir „Wahrnehmung nennen können. Der Mensch hat im Laufe der Entwicklung sein Wahrnehmen mentalisiert, das heißt, das, was wir sehen und beobachten, erfährt unmittelbar und unbewußt eine Einordnung, eine Bewertung, ein Urteil oder eine Bezeichnung. Wenn etwa junge Männer eine Frau sehen, so wird sie unmittelbar eingeordnet und zum Beispiel als „schön, attraktiv, begehrenswert, geil gesehen oder aber auch als „uninteressant und so fort. Und wenn Niklas Luhmann „Beobachtung als die Einheit der Differenz von Unterscheidung und Bezeichnung definiert, so kann er das nur, weil er, wie die meisten Menschen unserer Zeit, nur noch eine mentalisierte Wahrnehmung kennt, eine durchs Denken manipulierte, aber keine reine Wahrnehmung, keine (vor-) urteilsfreie Perzeption. Seine wertneutrale Sprache täuscht darüber hinweg, denn sie bestätigt sich auf der Ebene der Dualität als Positivismus. Die wirkliche Freiheit vom Urteil oder der Unterscheidung ist in einem differenztheoretischen Paradigma unmöglich, weil Differenz Unterscheiden meint. Alles, was wir sehen, riechen, schmecken, hören oder ertasten wird sofort mit Etiketten wie „angenehm oder unangenehm" versehen. Eine reine Perzeption ist aber möglich, indem wir nämlich Wahrnehmen vom Urteilen und damit vom Denken trennen. Dies gelingt aber nicht im Denken, sondern nur im Schweigen. Darum beinhaltet die reine oder im Schweigen erfolgte Wahrnehmung kein Urteil, keine Bejahung und keine Verneinung, wir sehen, wir schmecken, riechen etc. ohne jede Bewertung, wir sehen die Welt, wie sie ist und nicht, wie wir denken, daß sie sei.

    Damit haben wir etwas Fundamentales über den mit Denken identifizierten Menschen gelernt, und zugleich über das Denken selbst. Der moderne Mensch kann gar nicht mehr anders, als alles, was seine Sinne empfangen, mit seinem Gusto, sprich seinem Denken, mit dem er eins ist (cogito ergo sum), zu verfälschen (urteilen, bewerten, absondern) und mit seinem persönlichen Urteil zu verdrehen. Freilich ist das fast keinem Zeitgenossen bewußt. Darum folgen wir einem Text von Jiddu Krishnamurti, der unser Verständnis wiedererwecken kann:

    „Jiddu Krishnamurti: Das Leben beginnt, wo das Denken endet

    Wenn du durch die kleine Stadt wanderst, mit ihrer einzigen Straße und ihren vielen Läden - dem Bäckerladen, dem Fotogeschäft, dem Buchladen, dem offenen Restaurant -, unter der Brücke durch, vorbei an dem Schneider, über eine andere Brücke, vorbei an der Sägemühle, dann den Wald betrittst und weiterhin neben dem Fluß entlang gehst und auf das alles mit völlig wachen Augen und Sinnen schaust, aber ohne einen einzigen Gedanken im Kopf - dann weißt du, was es heißt, nicht abgesondert zu sein.

    Du folgst dem Fluß eine oder zwei Meilen weit - wiederum ohne daß ein einziger Gedanke aufflattert -, schaust auf das dahinjagende Wasser, lauschst seinem Rauschen, siehst die Färbung des graugrünen Bergstroms, schaust auf die Bäume und durch die Zweige hindurch auf den blauen Himmel und die grünen Blätter - wiederum ohne einen einzigen Gedanken, ohne ein einziges Wort -, dann wirst du wissen, was es bedeutet, keinen Raum zwischen sich und dem Grashalm zu haben.

    Wenn du weiter gehst durch die Wiesen mit ihren tausend Blumen in nur jeder vorstellbaren Farbe vom leuchtenden Rot bis zum Gelb und Purpur und ihrem glänzenden grünen Gras, das durch den Regen der letzten Nacht reingewaschen wurde - wiederum ohne eine einzige Regung des Denkmechanismus -, dann wirst du wissen, was Liebe ist.

    Auf den blauen Himmel zu schauen, auf die hohen Quellwolken, die grünen Berge mit ihrer klaren Silhouette gegen den Himmel, auf das kräftige Gras und die welkende Blume - zu schauen ohne ein gestriges Wort, dann wenn der Geist vollkommen ruhig, schweigend ist, ungestört durch irgendeinen Gedanken, wenn der Beobachter vollkommen abwesend ist - dann ist Einheit da. …

    Die Frau, die die Lebensmittel trägt, die sie auf dem Markt gekauft hat, der große schwarze Schäferhund, die zwei Kinder, die mit dem Ball spielen - wenn du auf das alles ohne ein Wort, ohne Wertung, ohne eine Gedankenverbindung schauen kannst, dann hört der Streit zwischen dir und anderen auf. Dieser Zustand, ohne das Wort, ohne den Gedanken, ist die Weite des Geistes, die keine Schranken, keine Grenzen hat, in denen das Ich und das Nicht-Ich existieren können. Glaube nicht, daß das Einbildung ist oder eine schwungvolle Fantasie oder eine erwünschte mystische Erfahrung; das ist es nicht. Es ist ebenso wirklich, wie die Biene auf jener Blume oder das kleine Mädchen auf ihrem Fahrrad oder der Mann, der die Leiter hinaufsteigt, um das Haus zu streichen - der ganze Konflikt des Menschen in seinem Zustand der Spaltung hat ein Ende genommen.

    Du schaust ohne den Blick des Beobachters, du schaust ohne das festlegende Wort und ohne den Maßstab des gestrigen Tages. Der Blick der Liebe ist anders als der Blick des Verstandes. Der eine führt in eine Richtung, wohin der Verstand nicht folgen kann, und der andere führt zur Trennung, zu Konflikt und zu Leid. Von diesem Leid kann man nicht zu dem anderen gelangen. Der Abstand zwischen den beiden wird durch das Denken geschaffen, und das Denken kann mit keinem noch so langen Schritt das andere erreichen.

    Da du zurückwanderst, vorbei an den kleinen Bauernhäusern, den Wiesen und der Eisenbahnlinie, wirst du erkennen, daß das Gestern ein Ende genommen hat. Das Leben beginnt, wo das Denken endet. (Jiddu Krishnamurti „Revolution durch Meditation, S. 179-181)

    In diesem kleinen, lebendigen Abschnitt über die innere Stille und die vom Denken befreite Wahrnehmung, wird unser Habitus einer mentalisierten Perzeption nicht nur relativiert, sondern ad absurdum geführt. Die gesamte Wissenschaft, die ja auf der Identifikation mit Denken basiert, wird in ihren Erkenntnissen in Frage gestellt. Im Wikipedia Kommentar zu Krishnamurti lesen wir unter dem Stichwort „Denken":

    „Das Denken kann also nach Krishnamurti keine Lösung für unsere Konflikte darstellen, ebenso wenig aus dem Denken entstammende Weltanschauungen, bestimmte Werte, persönliche Ansichten etc. Denken sei ein trennender, analytischer Vorgang und könne niemals die Wirklichkeit sein. Vielmehr stelle es eine Reflexion unserer persönlichen, konditionierten Sicht der Dinge dar."

    Was also ist Denken? Denken ist Unterscheiden, Urteilen, Absondern, Trennen oder kurz Differenzieren. Auf die Vergangenheit bezogen heißt Denken Erinnern, auf die Zukunft gerichtet sprechen wir von Vorausdenken oder Planen. Das Eigentümliche an Denken ist, daß es nie in der Gegenwart geschieht, denn Gegenwärtigkeit oder Jetztheit ist Stille oder Schweigen. Denken geschieht daher immer in der Zeit, und was wir als Denker mit „Gegenwart bezeichnen, das sind die Momente, die Denken „verbraucht. Blicken wir etwa auf den Sekundenzeiger einer Atomuhr und sprechen diese Zeit aus, so ist sie schon vergangen. Denkprozesse sind entweder offen wie im Falle von Phantasien, Assoziationen und Inspirationen oder sie unterliegen den Gesetzen der Logik, der Kombination oder der Dialektik und Paradoxie.

    Jeder Gedanke ist dualistisch, ambivalent und trennend, d.h. wir können das Schöne nicht ohne das Häβliche, das Gute nicht ohne das Böse und das Groβe nicht ohne das Kleine denken. Mit jedem Urteil ist sein Gegenteil mitgesetzt. Kombinationen und Schlußfolgerungen mithilfe von Logik oder Dialektik versuchen zwar, das Unterschiedene neu zu systematisieren und zu ordnen, dennoch kann Denken niemals zu einem befriedigenden Ganzen gelangen, stets wird etwas ausgeschieden, abgetrennt, verworfen. Dieser Prozeß ist endlos und damit auf seine festgelegte Bahn, die Differenz, gezwungen. Mit anderen Worten, aus Denken kann nie etwas wirklich Neues entstehen, es bleibt stets dualistisch, ambivalent, und alles, was Denken produziert, reproduziert die alte Geschichte vom Sündenfall, vom Baum der Erkenntnis von „Gut und Böse", eben die Differenz oder die Trennung aus der Einheit oder die Abgetrenntheit von Gott oder der Verlust des Paradieses. Das, was bei diesem Megaevent geschah, ist etwas so Einfaches und doch so Gravierendes, daß wir es nicht einmal mehr bemerken, denn seither haben wir begonnen, uns mit Denken zu identifizieren (essen meint inkorporieren: cogito ergo sum), und nun meinen wir, weil wir gelernt haben, in der Getrenntheit vom Einen zu verharren, wir seien vorrangig denkende Wesen oder Egos. Unsere Wirklichkeit als Selbst oder Nicht-Ich haben wir vergessen. Brauchen wir das Denken, wenn wir wie Krishnamurti spazieren gehen? Nein. Brauchen wir das Denken, wenn wir unsere Geliebte küssen, unsere Kinder umarmen oder mit dem Hund spielen? Nein. Brauchen wir das Denken, wenn wir eine mathematische Aufgabe lösen wollen? Ja. Brauchen wir das Denken, wenn uns jemand nach dem richtigen Weg fragt? Natürlich.

    Aber am meisten brauchen wir die Fähigkeit, das Denken sein zu lassen, uns vom Denken zu desidentifizieren oder den „inneren Dialog" (Carlos Castaneda) zu stoppen. Ohne diese Fähigkeit, können wir nicht wirklich am Sein partizipieren, denn die Identifikation mit Denken separiert uns davon und läßt uns unwillkürlich aus der Position des Abseitsstehenden über alles urteilen, was uns begegnet.

    Diese Separation vom Einen oder vom Sein und Leben qua Identifikation mit Denken, nennen wir „Ich oder Ego. Die Separation hat nicht nur das Denken affiziert, sondern sukzessive sowohl die Gefühle als auch den Körper umfaßt, sodaß etwa Gefühle nicht mehr wie Wolken durch uns ziehen, sondern wir „unsere Gefühle respektive „unser Körper sind. Die Identifikation mit Denken oder die Ver-Ichung unseres Seins und Lebens beruhen auf der Störung des ruhigen und klaren Geistes, insofern ist das Ego oder die Identifikation mit Denken eine Störung des Geistes, die auf dem Verlust der inneren Stille beruht. Wir werden in der Folge die Identifikation mit Denken, das cogito ergo sum, als Ego bezeichnen, wohl wissend, daß das Vitale und das Materielle, daß also die Gefühle und unser Körper ebensolche Egostrukturen besitzen. Da aber der Schlüssel für Auflösung der Identifikation mit Denken im Mental liegt, genügt es ganz allgemein vom „Ego zu sprechen. Das Konglomerat des Egos stellt die individualisierte Form der Trennung vom Göttlichen dar, die temporäre bzw. permanente Aufhebung dieser künstlichen Trennung durch die Wiedergewinnung der Stille oder des klaren Geistes nennen wir „Erwachen bzw. „Erleuchtung.

    Wir wollen die Beziehung zwischen Denken und monistischer Erfahrung (Bewußtsein der Einheit, Erleuchtung oder Bewußtsein an sich) an einem mathematischen Beispiel andeuten, richtig veranschaulichen läßt sie sich nicht, von daher ist es kein Vergleich, sondern eben nur eine Hindeutung. In gewisser Weise ist ja die Integration die Umkehrung der Differentiation: Ist f eine Funktion, so heißt eine Funktion F eine Stammfunktion von f, wenn die Ableitung von F gleich f ist: F'=f. Im Gegensatz zu der Differentialrechnung oder der Bestimmung von Ableitungen einer Funktion f, ist die Berechnung einer Stammfunktion F oftmals nicht möglich, obwohl deren Existenz theoretisch gesichert ist. Man behilft sich entweder mit Tabellen, sogenannten Integraltafeln oder man muß bestimmte Standardtechniken (Substitution, partielle Integration) anwenden, mit spezieller Computer-Software arbeiten, ein Gespür und ein antrainiertes Raten benutzen oder eine nur annäherungsweise Integration durchführen (numerische Quadratur). In gewisser Weise können wir den Bereich der Funktionen f als Denken bezeichnen und alles, was aus Denken stammt als dessen Ableitungen. Dann wäre die Stammfunktionen F als Bewußtsein (Bewußtsein an sich, mystische Erfahrung) zu verstehen. Vom Bewußtsein zum Denken führt die recht einfache Differentiation (Baum der Erkenntnis), vom Denken zum Bewußtsein aber die Integration (Lebensbaum). Dieses Bild ist nur ansatzweise treffend und kann die Komplexität von Bewußtsein nicht wirklich erhellen, es verdeutlicht jedoch die Schwierigkeit, vom Denken zu Bewußtsein zu gelangen, es ist, wenn man so will, ein Quantensprung, ein Übergang von einem Zustand in einen anderen. Denken ist eine Ableitung von Bewußtsein und folgt relativ einfachen Regeln. Integrative Prozesse sind dagegen komplexe innere Bewegungen, die sich zur Wirklichkeit vorantasten, die aber erst zur Erfahrung (Einheit) führen, wenn Denken (Differenz) schweigt.

    Denken belegt alles, was dem Menschen begegnet, mit Begriffen, es etikettiert, es erfindet Labels. Doch was auch immer Denken ersinnt, die Wirklichkeit selbst erfaßt es nicht. Der Gedanke oder das Wort „Liebe (im normalmenschlichen Gebrauch) drückt nie die Erfahrung der Liebe aus, es assoziiert bloß im Mitmenschen das, was wir eventuell meinen könnten. Insofern ist verbale Kommunikation das Austauschen und Generieren von gemeinsamen Annahmen über das Sein, ein Resultat von Sozialisation und Bildung. Liebe „an sich ist nicht begreifbar, wir müssen „in der Liebe sein", um sie zu erfahren, wir können die Liebe aus dem Herzen leben, die seelische Liebe, welche uns alle miteinander verbindet, wir können auch die allerbarmende Liebe Gottes in die Welt fließen lassen – wie Buddha oder Jesus -, weil das Nicht-Ich oder Höhere Selbst ein reiner Kanal für sie ist. Aber gedacht werden, kann Liebe nicht, daher können Denker NIE lieben, sie denken nur zu lieben. Liebe-Sein wird wie alles Sein und Leben durch Denken egoisiert und als Totalität zerstört, jedenfalls solange wir das Cogito ergo sum wie eine Monstranz vor uns hertragen.

    Jeder Gedanke ist nur ein Symbol und Gleichnis; Worte und Begriffe sind im besten Falle Symbole „für uns, die auf „an sich Seiendes hindeuten. Daher sind eine Blume und ihr Begriff zweierlei und absolut verschieden voneinander. Wir wissen nichts über das Sein und Leben einer Blume an sich, wir kennen in der Regel nur ihren Begriff, mehr noch, wir sehen eigentlich nicht diese oder jene Blume, ein hochkomplexes, geradezu individuelles und lebendiges Bild ständiger Veränderung und energetischer Wunder, wir sehen nur ein Exemplar wie etwa „eine Rose oder „eine Tulpe. Das Spezifische einer Rose mag ein Fachmann besser erkennen, und doch kennt er sie nicht. Solange wir nicht in Kontakt mit dem sind, was in der Pflanze lebendig ist, nämlich mit ihrem Bewußtsein, kennen wir sie nicht, sie bleibt für uns nur ein Begriff, nur ein Wort, nur ein Gedanke, schlimmsten-falls sehen nur bio-chemische Prozesse und bestenfalls erfreuen wir uns an ihrem Duft.

    Untersuchen wir den Begriff „Gott: In aller Regel wurde er von Menschen ersonnen, die Menschliches oder auch Unerklärliches auf Übermenschliches projizierten, oft genug mit der Intention, die eigenen Standpunkte zu rechtfertigen. Andere nutzen den Begriff als narzißtische Waffe gegen die eigene Kleinheit, in der sie sich suhlen, „Ihm zu Ehren. Wieder andere entlarven dies als Betrug und Selbstbetrug und so nutzt jeder das Wort auf seine kümmerliche Weise. Was Mohammed oder Jesus mit dem Begriff „Allah oder Gott zum Ausdruck brachten, war etwas ganz anderes, nämlich etwas Unsagbares, Überwältigendes, Nichtbegreifbares. Ebenso sind die Begriffe des Tao, des Brahman, des Nirvana oder das Lakota-Wort „Wakan Tanka Symbole für etwas Unaussprechliches.

    Wann ist etwas unsagbar, unaussprechlich? Dann, wenn es mit Denken, einem dualistischen Instrument, nicht erfaßt, ja nicht einmal vorgestellt werden kann. Das Eine ohne ein Zweites, ohne ein Gegenteil - wie wollen wir uns das denkerisch vorstellen? Das geht nicht, weil alles Gedachte immer von seinem Gegenteil affiziert ist und jede Position schon ihre Negation enthält. Und so ist es auch mit dem Begriff Gottes, in seinem Begriff wurzelt seine Negation. Wenn aber das Eine, das kein Gegenteil bein-haltet, das Göttliche ist, dann ist es nicht sagbar, nicht verbalisierbar, wir können es nur dann erfahren, wenn Denken schweigt. Erst wenn wir das Unsagbare erlebt haben, wenn wir die mystische Erfahrung gemacht haben, den Frieden, die Einheit, die namenlose Stille jenseits von allem Denken, dann kennen wir es … und können es doch nicht zum Ausdruck bringen, eben weil Denken und Sprache dualistisch sind. Bejahung und Verneinung sind jedem Gedanken und Begriff immanent, immer und unausweichlich. Mit dem Begriff des Guten ist das Böse gesetzt, es existiert nicht ohne das Gute. Um diesen Dualismus zu überschreiten, müssen wir das Denken transzendieren. Daher ist jeder Begriff für das Eine oder Göttliche nur dessen Symbol, aber nicht dessen Wirklichkeit. Darum können Namen, Worte und Symbole nicht die Wirklichkeit beweisen und das bedeutet, daß es keine denkerische „Gotteserkenntnis und keinen „Gottesbeweis geben kann. Der Mensch kann nur „Gotteserfahrungen"‘ machen und muß dann bekennen, daß deren adäquate Versprachlichung nicht gelingt.

    Dennoch sollten wir mit unseren Begriffen vorsichtig umgehen, denn nicht jeder Name weist auf das Eine hin, so ist etwa kein Papst jemals Stellvertreter Christi oder gar Gottes auf Erden gewesen, so ist etwa „Jahve" kein Symbol für das Eine, sondern für den Herrn der niederen Welten (Kenoma) und als solcher ein Symbol der Getrenntheit oder Erwähltheit, was exakt dasselbe ist. Wenn wir verstanden haben, daß das höchste Göttliche das Eine ohne ein Zweites, ohne ein Gegenteil ist, das Unaussprechliche und Unsagbare, wenn wir wissen, daß kein Denken fähig sein kann, es zu erfassen, dann besitzen wir die Demut, die notwendig ist, um nach dem Einen und der Einheit zu rufen. Der Gottesbegriff kann also bestenfalls der Köder für einen Sucher sein, weil er dessen Sehnsucht nach dem Unbedingten und Unsagbaren und Unvorstellbaren nährt. Wenn aber jemand nach seinen Vorstellungen jagt, die er bestätigt wissen will, wenn das Göttliche zum Begriff und Dogma geworden ist und für die Selbstrechtfertigung herhalten muß, dann liegt keine Sehnsucht nach dem Einen vor, sondern das Bedürfnis, das eigene Ego abzusichern und zu glorifizieren, sich über andere zu stellen und andere abzuwerten.

    So sehr sich ein Erleuchteter bemüht hat, mit dem Wort das Unaussprechliche zu verkünden, Denken und Sprache stellen immer eine Reduktion seiner Erfahrung dar, daher haben viele in Bildern und Gleichnissen gesprochen, in Paradoxien, die das begrifflich Unfaßbare andeuten und auf ihre Weise entschlüsseln. Wer hier zu sehr der Rationalität und Logik folgt, dem bleibt das Geheimnis verschlossen. Er wird weiter aufspalten und in „Gut und Böse (Baum der Erkenntnis) unterscheiden, er wird darin verharren, gefangen bleiben, ein Selbstgerechter, der das „Böse auf die anderen projiziert und mit jedem Begriff des „Guten das Böse" ernährt und mästet.

    Obschon also Denken (Sprache) ein, verglichen mit der schweigenden Erfahrung, erheblich restringierter Code ist, wird es dadurch nicht bedeutungslos, aber es wird relativiert und entmachtet. In dem Moment, indem wir nicht mehr mit Denken identifiziert sind, wird Denken unser Werkzeug und nicht mehr unsere Identität sein. Daraus folgt: Da das Wirkliche unsagbar ist, sind alle unsere bloß mentalen Überzeugungen (ob Demokratie, Kapitalismus oder Freiheit) blanke Ideologien und bloße Herrschaftsinstrumente. Nur das, was wir behelfsweise an Verbalisierung aus der schweigenden Erfahrung mitbringen, hat eine symbolische Wahrheitstendenz, ohne im wörtlichen Sinne wahr zu sein. Unsere Alltagswahrnehmung, die für einen Dualismus von Welt spricht, entpuppt sich daher in der spirituellen Schau stets als Illusion. Noch mehr gilt das für die Setzungen von „Gut und Böse", sie sind Erfindungen des Denkens und spielen in allen Kulturen eine gewisse Rolle.

    Wir werden sehen, daß die östlichen Religionen das Problem von „Gut und Böse im Menschen und seinem Ich-Bewußtsein verorten und darum fordern, das Ego zu transzendieren, womit das Problem gelöst ist. Für diejenigen, die zu diesem Weg noch nicht bereit sind, gilt die weltliche Ordnung als Hilfsgesetz. Im Abrahamismus dagegen gründet der starre Dualismus aus „Gut und Böse auf dem Baum der Erkenntnis, der nicht die Einheit ins Auge faßt, sondern eine Leitdifferenz erschafft, welche dem Menschen suggeriert, der Weg zum Baum des Lebens sei versperrt. So wird prinzipiell Trennendes (Jahve) hervorgehoben, die eigene Erwähltheit betont, der Fremde erniedrigt, ja es wird alles getan, um qua Gesetz (das „Gute") die Menschen einer Ordnung zu unterwerfen, nach innen wie außen, einer Ordnung des Denkens und des Wortes, was nichts anderes ist als der Ausdruck einer pseudo-religiös legitimierten Gewaltherrschaft.³

    Die Ordnungssysteme von Gesellschaften weisen erhebliche Qualitätsunterschiede auf: Je näher die Ordnung einer Gesellschaft an der Harmonie mit Natur und Mutter Erde ausgerichtet ist, desto vollkommener und gesünder ist sie.

    In alten Kulturen spielte darum die Natur und deren lebendige Erfahrung - nicht die denkend vermittelte - bei der Einrichtung des gemeinsamen Lebens die leitende Rolle (sinnstiftende und soziale Funktion des Mythos) und wo das der Fall ist, waren der Einzelne und seine Gesellschaft dem Sein und Leben verbunden und in die Einheit eingebunden. Das hat die spirituelle Reife der Menschen hochgehalten. Wer hier meint, in abschätziger Weise über Animismus, Schamanismus und Ekstase sprechen zu müssen, der geht der westlichen Störung des Geistes auf den Leim. Ein echter Schamane ist weitaus spiritueller als ein Papst oder Oberpriester der Juden. Der abrahamitische Monotheismus ist nämlich nicht der Höhepunkt von Religion, sondern ihr Tiefpunkt, eine massive Ich-Vergottung anstelle von Selbsthingabe, Ego- und Größenwahn statt Demut. Jede Naturreligion steht über dem Abrahamismus, denn anrüchig ist nicht, die Welt für belebt und beseelt zu halten, sondern sie zur toten Verfügungsmasse zu deklarieren und sie gar beherrschen zu wollen!

    Erst mit den monotheistischen Wortreligionen traten das Ego und sein Denken bzw. sein Wahn in den Vordergrund, was einen gewaltigen Entfremdungsschub zur Folge hatte und eine Überschwemmung mit Narzißmus. Dazu zählen unter anderem das jüdische Bild des Menschen als Krone der Schöpfung, die jüdische Abkehr von der Einheit mit der Natur (Baum des Lebens, Liebe) und deren Ersetzung durch die absurde Idee einer Herrschaft über Natur und Mensch (Baum der Erkenntnis, Denken), der Zwang zur Spaltung in „Gut und Böse" und die Erhebung dieses Zwanges zur Leitdifferenz bei gleichzeitiger Projektion alles Negativen auf andere Völker.

    Schließlich zerstörte Saulus die jesuanische Befreiungs-mystik durch die Erniedrigung der Frauen und Verewigung der Erbsünde, d.h. die Verpestung der menschlichen Seele mit unbezahlbarer Schuld.

    Mit der letztlichen Zerstörung jedes jesuanischen Impetus entstand das komplett entfremdete Konzept einer pseudo-christlichen Staatsreligion. Mit deren Komposition und Mixtur wurden ganze Völker zwangsmissioniert. Man könnte es den ursprünglichen Kolonialismus nennen, bei dem mit dem Übertritt eines Fürsten zum Katholizismus sein gesamtes Reich unterworfen wurde. Diese Niedergetretenen, Entehrten und Gedemütigten, diese unters Joch Gezwungenen und mit Sünde und Schuld Beladenen wurden dann in späteren Generationen selber zu Tretern und Schändern, zu Kreuzfahrern, Inquisitoren, Hexenjägern und zur Basis für den eigent-lichen Kolonialismus, dessen Expansionskraft ohne das Heer reformierter Raubritter und selbstgerechter Teufel gar nicht möglich gewesen wäre. Denn mit Martin Luther (Von der Freiheit eines Christenmenschen), Johannes Calvin (Institutio Christianae Religionis) und Rene Descartes (Die Prinzipien der Philosophie) traten Denker auf, die zwar das Ich der Massen aus den Ketten des Katholizismus befreiten, aber in ungebührlicher Weise überhöhten, und zwar zum einen durch die reformatorische Idee, weltlicher Erfolg könne zum Erkenntnisgrund des Gnadenstandes werden und zum anderen in der endgültigen Etablierung der menschlichen Identität als „Denker („cogito ergo sum) und der Manifestation des menschlichen Egos als der Ultima Ratio menschlichen Seins.

    Für Descartes war die Existenz Gottes bewiesen, indem er behauptete, daß die Idee Gottes als vollkommenes Wesen dessen Existenz impliziere, denn wäre er nicht existent, wäre er nicht vollkommen. Das „Cogito ergo sum" als Thron eines gestörten Geistes! Denn jede bloß denkerische Vorstellung Gottes ist eine falsche Vorstellung, weil ja alles, was Denken zustande bringt, dem Charakter von Unterscheiden, Trennen und Dualismus unterliegt und jede denkerische Vollkommenheit oder Totalität nur eine begriffliche und scheinbare, aber keine faktische oder wirkliche ist.⁴ Kein Begriff geht über den Begriff hinaus, kein Wort kann das nennen, was unnennbar ist. Descartes ist demnach seiner eigenen Projektion auf den Leim gegangen. Man kann sagen, Luther, Calvin und Descartes waren die Wegbereiter eines weiteren Dekadenzschubes, welcher den Menschen noch mehr von Sein und Leben entfernte. Dabei wurden sie teilweise der vatikanischen Dogmenherrschaft entrissen, das Ständesystem zerbrach, aber nicht etwa in Richtung von Freiheit geführt, sondern tiefer ins Denken manövriert, in Begriffe von Freiheit, in neue Ideologien. In diesem Sinne waren sie die Schöpfer der Begriffs-Theologie und Vorbereiter von Hegels Begriffs-Philosophie.

    Das Ego glaubte nun, frei zu sein, als solches vor Gott zu stehen und sein Heil selbst in der Hand zu halten - eine dreifache Ideologie, weil es erstens kein freies Ego gibt, zweites kein Ego vor Gott bestehen kann und drittens das Heil nur jenseits des Egos zu finden ist.⁵

    Trotzdem konnte sich in der Philosophie noch eine Weile die Frage nach der Einheit bewahren, man suchte nach der „Identität von Subjekt und Objekt", eine durchaus legitime Leitfrage. Da aber das Ego die tatsächliche mystische Einheit überhaupt nicht erfassen kann, kreiste das Denken um den Versuch, sie herzustellen - eine bittere Unmöglichkeit, weil ja der Modus operandi von Denken das Unterscheiden ist. Indem das Ego versucht, die Einheit qua Denken herzustellen, wird es zum Vergewaltiger, zum Mörder und Eroberer, geleitet von furchtbaren Universalisierungsbestrebungen, von Größenwahn und Dominanzbestrebungen, die letztlich in der Globalisierung gipfeln. Denken versucht, statt zu schweigen und die eigenen Vorstellungen loszulassen, alles unter seinen Hut zu bringen und was nicht paßt, zu verdammen. Gerade dadurch wird es zum Barbaren. Die Einheit kann nie im Denken gefunden oder bestimmt werden, sondern nur im Schweigen und im Herzen erfahren werden. Daher ist jede intentionale Handlungstheorie, jede Reform oder Revolution schlichtweg die Fortsetzung der alten, durch Mißbrauch der Religion etablierten Herrschaft des Egos und des Baumes der Erkenntnis unter der Ägide des Diábolos, des Verleumders der Einheit und Verkünders der Trennung.

    Für diesen Versucher gibt es je nach Kultur auch andere Bezeichnungen, etwa Teufel, Satan, Asuras, Dschinn, Shaitan, Iblis oder der erste Archon Jaldabaoth (Jahve) mit seinen Archonten. Diese Begriffe werden meist im Sinne von „Bösem gebraucht, richtig ist dagegen die Darstellung als Täuscher oder Hamartia. Letzteres bedeutet „nicht treffen, verfehlen d.h. Hamartia bezeichnet unsere einzige Sünde, nämlich „das Ziel der Einheit verfehlen". Darin liegt die Wurzelsünde des Baumes der Erkenntnis, eben weil Denken entzweit und trennt, urteilt und differenziert. Und in diesem Sinne gehört das Ego des Menschen zu Diábolos, denn das Ego kann das Ziel des wirklichen Selbst nicht erreichen. Nur sein Tod öffnet den Wag dahin. Anders gesagt, was am Baum der Erkenntnis wächst, ist entzweiend und von hier aus gibt es keine Erlösung oder Befreiung, wir müssen uns schon aufmachen und zum Baum des Lebens wandern, nur dort wachsen die Früchte des EINEN. Wahrhaft Neues entsteht darum nur aus dem inneren Schweigen (Baum des Lebens) - die östlichen Religionen wissen das.

    Eine weitere Verschärfung des Egozentrismus ergab sich durch den reformatorischen Determinismus, die Idee der Vorherbestimmtheit der Gnade und deren Unerkennbarkeit. Wir hatten es schon angedeutet, unter dem Vatikanismus galt eine Zweiklassen-Ethik, eine strenge Ethik für die Mönche, aber ein großes Laissez-faire für den Laien. Buße und Vergebung nahm dem Sünderdasein seinen Stachel und das existenzielle Schuldgefühl qua Erbsünde ließ sich so rituell temperieren, der Reiche zahlte Ablaß, der Arme schuftete. Der Reformierte stand aber ohne Ablaß dem induzierten Sündenberg hilflos gegenüber. Erst als man das Bild der Werkheiligkeit entwickelte, entstand daraus eine überbordende Motivation zur Arbeit, allerdings zum Nachteil der von Luther angedachten „Arbeit um der Arbeit willen" (eine nicht-intentionale Handlungstheorie wie der Karma-Yoga der Hindus und das Wu Wei der Taoisten), denn nun wurde der Erfolg der Arbeit zum Fetisch und zum Erkenntnisgrund eigener Erwählung.

    Die ursprüngliche Bedeutung von Arbeit hatte drei Dimensionen, der Laie verrichtete Arbeit in dem Maße, als es zum Überleben genügte, während der Reiche ohne Arbeit leben konnte. Jeder Gedanke an Akkumulation galt zurecht als Todsünde (Habgier). Der Mönch wiederum bemühte sich,

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