Im Auftrag der Freiheit: Ein Comeback des Liberalismus
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Über dieses E-Book
Das Beispiel der NEOS in Österreich weist einen Weg, wie liberale Ideen von Gesellschaft und Individuum für die heutigen Herausforderungen erfolgreich in konkrete Politik umgesetzt werden können. Erzählt wird der Weg von maßgeblichen Akteuren dieser Bewegung: In den Jahren 2008/2009 übernahmen Angelika Mlinar und Michael Bernhard die Führungsverantwortung im Liberalen Forum, auf dessen Überleben zu diesem Zeitpunkt niemand mehr gewettet hätte. Eine abenteuerliche politische Reise der beiden durch Österreich, Slowenien und Europa begann, mit Höhen und Tiefen, aber am Ende auch dem Erfolg, die NEOS als neue liberale Bewegung in den Parlamenten zu verankern. Gleichzeitig wirft das Buch einen persönlichen Blick auf diese Entwicklung, auf engagierte Macherinnen und Macher, die an die Aktualität eines für sie echten Liberalismus glauben.
Angelika Mlinar, Michael Bernhard und Michael Schiebel ist eine glänzende Analyse des politischen Systems Österreichs und des europäischen Liberalismus gelungen – gleichzeitig eine Roadmap dafür, wie man eine politische Bewegung in Gang bringt und Politik verändert. Erzählte Zeitgeschichte pur!
Angelika Mlinar
Angelika Mlinar ist eine österreichisch-slowenische Juristin und Politikerin. Von 2009 bis 2014 war sie Parteivorsitzende des Liberalen Forums, von 2013 bis 2014 Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat, Abgeordnete im Europäischen Parlament und 2019/20 slowenische Kohäsionsministerin.
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Buchvorschau
Im Auftrag der Freiheit - Angelika Mlinar
Im Auftrag der Freiheit
Impressum
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: 978-3-95894-252-3 (Print) // 978-3-95894-253-0 (E-Book)
© Copyright: Omnino Verlag / 2023
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.
Inhalt
VORWORT
PROLOG „ÜBER DIESES BUCH": AUGUST 2021 IM SCHLOSSCAFÉ
1. LIBERALE AUF DEN ERSTEN BLICK (2008 – 2010)
2. EIN TEAM FINDET SICH (2010)
3. DIE KONSOLIDIERUNG (2011 – 2012)
4. LIBERALISMUS IN ÖSTERREICH
5. DAS BÜNDNIS (2012 – 2013)
6. NACH DER WAHL (2013 – 2014)
7. DIE EU-WAHL (2014)
8. BRÜSSEL UND STRASSBURG (2014 – 2019)
9. HOHE ERWARTUNGEN (2013 – 2014)
10. POLITIK UND MANAGEMENT (2014 – 2016)
11. ANGELIKAS PLÄDOYER FÜR EUROPA
12. DIE BEWÄHRUNGSPROBE (2017 – 2018)
13. LJUBLJANA – HEIMAT IST GRENZENLOS (2019 – 2022)
14. NEOS WIRD ERWACHSEN (2019 – 2022)
15. POLITIK: KEIN EINFACHES GESCHÄFT
16. POLITIKER*INNEN DES 21. JAHRHUNDERTS
NACHWORT
DANK
ÜBER DIE AUTOREN
ANMERKUNGEN
BILDNACHWEIS
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
(Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)
Wisset, dass das Geheimnis des Glücks die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit aber der Mut ist.
Perikles
Dieses Buch widmen wir allen, die den Mut haben, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben.
Hinweis
Das Leben an sich, aber insbesondere die Politik ist gekennzeichnet durch unterschiedliche Auffassungen und Auseinandersetzungen. Ein Buch über die Entwicklung einer Partei über einen bestimmten Zeitraum zu schreiben, bedeutet, viele positive Erfahrungen Revue passieren zu lassen, aber zwangsläufig sich auch mit Konflikten zwischen Menschen zu beschäftigen.
Der Blickwinkel dieses Buchs ist jener der beiden Protagonist*innen Angelika Mlinar und Michael Bernhard und des federführenden Autors Michael Schiebel. Er ist naturgemäß subjektiv. „Und wo gehobelt wird, fallen Späne", heißt es treffend. Sollten sich in diesem Buch dargestellte Personen dennoch fehlinterpretiert fühlen, so war das keinesfalls unsere Absicht.
Angelika Mlinar,
Michael Bernhard &
Michael Schiebel
VORWORT
Angelika und Michael habe ich erst im Jahr 2012 kennengelernt, obwohl Angelika ab 2009 als Vorsitzende des Liberalen Forums gewissermaßen die Urenkelin meiner ehemaligen Chefin Heide Schmidt war, und Michael ab 2011 einer meiner Nachfolger als Generalsekretär des Liberalen Forums.
Ich selbst war in den 1990er-Jahren stellvertretender Klubdirektor der liberalen Parlamentsfraktion und 1999 Bundesgeschäftsführer bzw. Generalsekretär des Liberalen Forums, als der Einzug ins österreichische Parlament nicht mehr gelang. Bis Anfang 2000 hatte ich die Strukturen zumindest auf Bundesebene auf reine Ehrenamtlichkeit heruntergefahren und trat gemeinsam mit der Bundessprecherin Heide Schmidt im Februar 2000 zurück.
Damit verkörpere ich eine zeitliche Klammer zwischen der parlamentarischen Tätigkeit des Liberalen Forums in den 1990er-Jahren und dem parlamentarischen Comeback 2013. Denn nach gut zehn Jahren politischer Abstinenz hatte ich an der Seite von Matthias Strolz, Veit Dengler, Ferri Thierry und einiger anderer 2012 die Partei NEOS vorbereitet und mitgegründet, saß also aus Sicht Angelikas und Michaels bei den Verhandlungen zur Bildung einer Wahlplattform zwischen NEOS und dem Liberalen Forum 2012/13 auf der falschen Seite des Tisches. Leichtes Misstrauen mir gegenüber war spürbar.
Aber es geht in diesem Buch weniger um mich, als vor allem um Angelika und Michael, die zu einem Zeitpunkt (zwischen 2008 und 2013) Verantwortung für das Liberale Forum übernahmen, zu dem kein ehrlicher Buchmacher mehr eine Wette auf das Überleben dieser Partei angenommen hätte.
Viele junge Menschen kümmern sich zurecht um Karriere, Freunde, Familie und Hobbies. Aber diese beiden waren im besten Sinne verrückt. Angelika fragte 2008 ihren damaligen Lebensgefährten auf der Terrasse ihrer gemeinsamen Wohnung in Laibach/Ljubljana (Slowenien): „Soll ich den Vorsitz machen? Kann ich das? Kann ich diese Verantwortung für das Liberale Forum übernehmen? Und er antwortete: „Mach dir nicht ins Hemd. Du fährst ja nicht die SPD gegen die Wand.
Stimmt. Die SPD ist ein größeres politisches Vehikel in einem größeren Land in Europa. Dennoch: Es ging um nichts weniger als die Wiederkehr liberaler Politik (und die gibt es länger als die SPD) im österreichischen Parlament. Keine kleine Aufgabe ohne Geld und Strukturen, aber jedenfalls ein ehrenwertes Ziel im Auftrag der Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Österreich.
Es ist mir eine Freude und Ehre, dass Angelika und Michael mir die Aufgabe anvertraut haben, ihre abenteuerliche Reise mit ihnen gemeinsam zu verschriftlichen.
Wir haben dieses Buch zu dritt geschrieben und uns bemüht, die Fakten, die wichtigen Momente, Hintergründe und Motive für Entscheidungen möglichst kurzweilig zu erzählen. Der Wahrheit verpflichtet, will dieses Buch nicht nur ein klassisches politisch-zeithistorisches Dokument zum Thema Liberalismus in Österreich sein, sondern auch unterhalten. Und es will motivieren – entlang der Leitlinie: „Denk nach, sei ehrlich dir selbst und allen anderen gegenüber, finde die Kraft und hab Freude, an dem, was du tust!" Dann ist auch Erfolg nicht ausgeschlossen – against all odds. In diesem Fall: Im Auftrag der Freiheit.
Michael Schiebel, im November 2022
PROLOG
„ÜBER DIESES BUCH"
August 2021 im Schlosscafé
30. August 2021. Es ist ein wunderschöner spätsommerlicher Montagnachmittag in Wien. Die tiefstehende Sonne wirft schon lange Schatten und taucht die Donaumetropole in ein warmes Licht. Angelika Mlinar und Michael Bernhard sitzen im Schlosscafé im Belvedere und besprechen ihr Buchprojekt. Sie sprechen über dieses Buch.
Ja, ich weiß, was Sie jetzt denken: „Gibt es keine angesagteren Locations in Wien? Ist das nicht eher etwas für Touristen?" Möglicherweise. Aber einerseits ist es wirklich schön hier, und andererseits liegt Michaels Wohnung gleich um die Ecke – ein wesentlicher Standortvorteil, zieht man zudem ins Kalkül, dass Michaels Frau Alice noch in der gleichen Nacht ein Töchterchen zur Welt bringen wird.
Auch wichtig: Sie sitzen nun mal hier und nicht anderswo – womit ein Anspruch dieses Buches abgesteckt ist: Bleiben wir bei der Wahrheit, soweit sie unserer Erkenntnisfähigkeit zugänglich ist.
Angelika: „Du weißt, dass wir es nur gemeinsam schaffen konnten, das Liberale Forum zurück ins österreichische Parlament zu bringen."
Michael: „Ich weiß vor allem, dass du wieder über das Buch reden willst."
Angelika: „Das auch, aber ohne dich hätte ich es wirklich nicht geschafft. Ich hätte es gar nicht erst versucht. Für mich war das von Anfang an ein Projekt, das mich nur mit dir an meiner Seite interessiert hat."
Michael: „Das hört sich ja an wie bei einem glücklich alternden Paar."
Angelika (lacht): „Ja, ein Paar ist so ziemlich das Einzige, was wir nie waren. Aber sonst haben wir schon viel gemeinsam erlebt. Wir sollten das wirklich aufschreiben. Jetzt können wir uns noch erinnern. In ein paar Jahren müssten wir selbst recherchieren, wie das alles gelaufen ist."
Michael trinkt von seinem Soda: „Du meinst die Zeit von unseren Anfängen beim Liberalen Forum bis zu unserer Angelobung als Abgeordnete im Parlament?"
Angelika: „Ja, und darüber hinaus – bis jetzt."
Michael: „Aber die Reise ist ja auch jetzt noch nicht zu Ende. Und sind wir nicht noch etwas zu jung für Biografien?"
Angelika schaut über den Schlossgarten: „Klar, die Reise geht weiter. Aber wir sollten diese Etappe festhalten."
Michael: „Aber so ein Buch schreibt sich nicht von selbst. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, ob ich dir da neben dem Parlament, meiner Firma, meinen beiden älteren Kindern und dem Baby ernsthaft helfen kann. Und ich mag nichts versprechen, was ich dann möglicherweise nicht halten kann."
Angelika: „Freizeit hatten wir beide noch nie sehr viel. Und dieses liberale Buchprojekt wäre endlich mal wieder etwas, das wir gemeinsam anpacken. Das fehlt mir seit 2014."
Michael: „Mir geht´s genauso. Ich hätte auch große Lust. Aber wie schreibt man zu zweit ein Buch über gemeinsame Erlebnisse? Wir haben dieses gemacht, wir haben jenes gedacht usw.? Das stelle ich mir schwierig vor. Wir gibt es nicht. Wir sind du und ich. Und außerdem rede ich nicht gerne über mich."
Angelika: „Ich schon."
Michael: „Du redest gerne über dich?"
Angelika (lacht): „Nein, über dich."
Michael lächelt und schweigt.
Michael: „Wir könnten es in Interviewform machen."
Angelika: „Ja, da gibt es spannende Bücher, aber eigentlich will ich das nicht. XY interviewt Thomas Bernhard für alle, die Thomas Bernhard sowieso anhimmeln. Uns himmelt niemand an, und du heißt nicht Thomas, sondern Michael Bernhard."
Michael lacht, dann schweigen beide.
Angelika: „Wir würden einen entscheidenden Abschnitt des Liberalismus in Österreich ausleuchten. Einen zeitgeschichtlichen Puzzlestein auf das Feld legen."
Michael: „Das schon, aber ist das nicht zu wenig? Das kann man auf Wikipedia auch nachlesen."
Angelika: „Aber wir könnten die Innenansicht beisteuern."
Michael: „Solche autobiografischen Bücher klingen oft nach Angeberei, und wir haben es ja nicht allein geschafft. Wir hatten immerhin fast 70 Mitstreiter*innen, obwohl damals nicht viele an das Liberale Forum geglaubt haben. Selbst unsere Vorgängerinnen und Vorgänger im Liberalen Forum haben uns etwas belächelt, obwohl sie uns immer mit ihrem Rat zur Seite standen."
Angelika: „Gib dir einen Ruck. Das ist doch auch unabhängig von der Politik eine ganz und gar positive Geschichte. Ich will von unserer außergewöhnlichen Reise erzählen. Dass zwei Menschen miteinander ein schwieriges Projekt in Angriff nehmen und nur miteinander schaffen konnten."
Michael: „Also wird das ein Buch über unsere Freundschaft?"
Angelika: „Ja, auch. Und was man gemeinsam bewegen kann."
Michael: „Aber wie geht das als Buch? Sollen wir uns gegenseitig abwechselnd versichern, wie großartig wir uns finden?"
Angelika: „Nein, da hast du Recht. Das wäre komisch. Wir holen uns einen Dritten, der es mit uns schreibt und uns auch Bescheid gibt, wenn die Pferde mit uns durchgehen."
Beide hängen ihren Gedanken nach. Dann fallen Namen. Es geht nicht zuletzt um Vertrauen, denn beide würden sich in dem Buch weit öffnen.
Dann sagt Angelika: „Wir holen uns Mic."¹
Die beiden sehen sich in die Augen.
Angelika: „Er war von Anfang an dabei, kennt das LIF in- und auswendig, kennt die Leute und ist Teil der liberalen Community."
Michael: „Und er ist ein Freund, dem wir vertrauen."
Angelika: „Und er liebt das Schreiben."
Michael: „Okay, dann rufe ich ihn jetzt an."
Michael holt sein Mobiltelefon aus der Tasche und schaltet auf Lautsprecher. Er und Angelika erzählen abwechselnd von ihrer Idee und ihren Überlegungen.
Mic: „Okay, das klingt interessant. Ich schreibe mal in Stichworten zusammen, was ich verstanden habe und wie man so ein Buch und den Prozess aus meiner Sicht anlegen könnte. Drei Autoren, drei übervolle Terminkalender – das wird spannend." (Lacht.)
Die drei beenden das Telefonat, und Angelika strahlt: „Ich habe eine große Freude."
Michael: „Ja, das sieht man dir auch an. Ich freue mich auch."
Angelika: „Ich liebe unser Projekt schon jetzt. High Five!"
Drei Wochen später saßen wir in Angelikas Wohnung zu dritt zusammen und besprachen ein erstes Konzept für dieses Buch.
1. Kapitel
LIBERALE AUF DEN ERSTEN BLICK (2008 – 2010)
Mit Michael hatte Angelika sofort ein gutes Gefühl. Sie gewann den Eindruck von einem Partner, der genauso engagiert, clever, verrückt und beseelt von der Idee war, das Liberale Forum zurück ins Parlament zu bringen, wie sie selbst. Heute sagt sie: „Zum Glück hatten wir keine Ahnung, worauf wir uns da einließen."
Angelika und das Liberale Forum 1997
Abgesehen davon, dass Angelika LIF-Wählerin war, begann ihre Geschichte mit dem Liberalen Forum im Jahr 1997, als sie während ihres Gerichtsjahres in Klagenfurt/ Celovec ihre nächsten beruflichen Schritte überlegte und sich beim liberalen EU-Abgeordneten Friedhelm Frischenschlager² als Praktikantin bewarb. Der Anknüpfungspunkt war die Zusammenarbeit zwischen Enotna Lista/Einheitsliste (EL)³ und dem Liberalen Forum. Ihre Bewerbung war erfolgreich, und so absolvierte sie von Mai bis Ende 1997 ein Praktikum im Büro Frischenschlager. Diese Zeit in Brüssel gab ihr zum einen die Möglichkeit herauszufinden, ob sie international arbeiten wollte, zum anderen eröffnete sich auch ein Blick auf die technische Seite der Politik.
Angelika gewann einen Eindruck, wie Parteien funktionieren. Dabei stellte sie ebenso große wie interessante Unterschiede zwischen ÖVP, SPÖ, FPÖ, den Grünen und dem Liberalen Forum fest. Kultur und Prozesse folgten dem Alter der Organisationen sowie dem Vertretungsanspruch und dem Selbstbild der Parteien ebenso wie ihrer ideologischen Grundierung und ihrem Programm.
Jedenfalls prägte diese Zeit Angelika sowohl beruflich als auch politisch. Dies vor dem Hintergrund, dass Angelika als Kärntner Slowenin aufgewachsen und politisch sozialisiert worden war. Ihre ersten politischen Erfahrungen hatte sie in der slowenischen katholischen Jugend und in der Enotna Lista/Einheitsliste im Kampf gegen die Diskriminierung der slowenischen Minderheit gemacht. Das Liberale Forum war als politischer Partner der EL für sie dann die logische Heimat für ihr weiteres politisches Engagement. Jedenfalls blieb sie auch nach ihrer Zeit als Praktikantin im Büro Frischenschlager mit dem Liberalen Forum in Kontakt und fühlte sich der Partei zugehörig.
Nach dem Ausscheiden Frischenschlagers aus dem Europäischen Parlament war Angelika als Projektassistentin und später als Projektleiterin in verschiedenen rechtlichen Bereichen für die Europäische Kommission tätig. Doch Angelika wäre nicht das Energiebündel, das sie ist, hätte sie sich nicht parallel dazu im Jahr 2005 mit einem eigenen Unternehmen, dem in Ljubljana ansässigen Kekshersteller Angelski keksi, selbstständig gemacht. Zudem arbeitete sie als Programm-Managerin für das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) in Wien.
Angelika und das Liberale Forum 2008
2006 hatte das Liberale Forum auf Einladung des SPÖ-Parteivorsitzenden Alfred Gusenbauer⁴ ein Wahlbündnis mit den Sozialdemokraten geschlossen. Der damalige LIF-Chef Alexander Zach kandidierte auf der Bundesliste der SPÖ an 15. Stelle und zog nach dem Sieg Gusenbauers über Bundeskanzler Wolfgang Schüssel⁵ als unabhängiger Abgeordneter, aber Mitglied des Parlamentsklubs der SPÖ in den österreichischen Nationalrat ein. Bereits im Herbst 2008 kam es jedoch nach Dauerzwist in der großen Koalition aus SPÖ und ÖVP zu vorzeitigen Neuwahlen.
Nachdem Zach seit 2006 immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert worden war, er hätte mit seiner Beratungsgruppe für EADS (Eurofighter) lobbyiert und politiknahe Institutionen in Ungarn finanziell unterstützt, zog dieser 2008 die Konsequenzen und trat als Nationalratsabgeordneter und Präsidiumssprecher des Liberalen Forums zurück. Daraufhin übernahm LIF-Gründerin Heide Schmidt⁶ noch einmal interimistisch das Ruder und kandidierte als Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl.
Das war der Moment, in dem die Politikerin in Angelika endgültig die Oberhand gewann. Der Kärntner Slowene Rudi Vouk⁷ kandidierte für die Enotna Lista in einem Wahlbündnis mit dem Liberalen Forum an Heide Schmidts Seite in Kärnten als Spitzenkandidat. Angelika kontaktierte die Enotna Lista und wurde eingeladen, im Wahlkampf mit anzupacken. Sie wurde Wahlkampfleiterin von Rudi Vouk und Koordinatorin zwischen EL und LIF.
Das Ergebnis der Wahl war mit 2 % der Stimmen enttäuschend, es bildete sich jedoch eine Kerngruppe, die entschlossen war, das Liberale Forum fortzuführen und bei der bevorstehenden EU-Wahl im Mai 2009 anzutreten. Das LIF wurde nun von Werner Becher⁸ geführt, der den Plan hatte, mit der Unterschrift der EU-Abgeordneten Karin Resetarits⁹ anzutreten. Diese hatte sich mit Hans-Peter Martin¹⁰ überworfen und wurde danach als Mitglied in der ELDR¹¹ (der Europäischen Liberalen) aufgenommen.
Jedenfalls fragte Werner Becher Angelika, ob sie als Kandidatin für das Liberale Forum bei dieser EU-Wahl kandidieren würde. Mit ihrer Erfahrung aus Brüssel, Sloweniens Beitritt zur Union und dem Liberalen Forum war die Juristin zweifelsfrei eine spannende Kandidatin. Sie brachte viel von dem mit, wofür das Liberale Forum stand, und Angelika sagte zu. Wenig später war dann nicht mehr nur von einer Kandidatur, sondern von der Rolle als Spitzenkandidatin die Rede. Doch dazu sollte es nicht kommen.
Angelika und das Liberale Forum 2009
Denn Werner Bechers Plan wurde von den JuLis¹² – im Jänner 2009 hervorgegangen aus dem LSF¹³, der Student*innen-Organisation des Liberalen Forums – unter der Führung von Allegra-Isabel Raising durchkreuzt. Karin Resetarits gab ihre Unterschrift am 20. April 2009 den JuLis, und das LIF trat in der Folge nicht zur EU-Wahl an. Die EU-Wahl endete für die JuLis mit einem Stimmenanteil von 0,7 % in einem Desaster, und das Verhältnis zwischen LIF und JuLis war zudem schwer angeschlagen.
Nachdem klar war, dass das Liberale Forum nicht zur EU-Wahl antreten würde, wollte Werner Becher die Parteiführung abgeben. Angelika wurde von etlichen Mitstreiter*innen überzeugt, für die Funktion der Bundessprecherin zu kandidieren und damit den Vorsitz zu übernehmen.¹⁴
Wenn Sie den Prolog gelesen haben, dann kennen Sie den folgenden Dialog zwischen Angelika und ihrem damaligen Lebensgefährten bereits. Angelika erzählt: „Als ich von Werner 2009 nach dem missglückten Versuch, bei der EU-Wahl anzutreten, gebeten wurde, das Liberale Forum zu übernehmen, habe ich das mit meinem damaligen Partner Stefan Vavti lange besprochen. Mein Reflex war, ich könne doch um Himmels Willen nicht das LIF übernehmen und Parteichefin werden. Er antwortete trocken: ‚Mach Dir nicht ins Hemd. Du fährst ja nicht die SPD gegen die Wand.‘ Nun, danach fiel mir die Entscheidung etwas leichter, denn er hatte mir mit dieser für ihn typischen saloppen Bemerkung etwas von der Angst vor der Verantwortung genommen."
Am 21. Juni 2009 wurde ein neuer Vorstand mit Angelika als Bundessprecherin gewählt.
Michael und das Liberale Forum 2009/2010
Am 10. September 2009 wurde Michael durch Unterzeichnung der LIF-Charta Mitglied des Liberalen Forums in Wien.¹⁵ Er kannte niemanden in der Partei, aber es war ein erhebendes Gefühl für ihn, dort anzudocken, wo man sich für die Freiheit einsetzte. Das taten nicht viele zu der Zeit. Sein erstes Gespräch und damit seinen ersten Kontakt in der Partei hatte er dann mit dem damaligen Wiener Landessprecher Hannes Heissl an einem nasskalten Novemberabend im Wiener Café Sperl.
Angelika sah er dann zum ersten Mal bei seiner ersten Parteiveranstaltung im Wiener Hotel Park Villa im Winter 2009/10. Michael kann sich noch erinnern: Angelika war etwas spät dran, ging durch den Raum und begrüßte die Parteifreundinnen