Das Rätsel von Burg Schreckenstein
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Über dieses E-Book
Könnte es einen besseren Ort zum Lernen und Leben geben als eine Raubritterburg? Nein, finden die Schüler und Lehrer der Jungenschule in Neustadt und ziehen kurzerhand in die geheimnisumwitterte Burg Schreckenstein. In dem uralten Gemäuer mit Folterkammer und Burgfried wird selbst der Unterricht zum Abenteuer! Außerdem befindet sich zur Freude der Jungs ganz in der Nähe das Mädcheninternat Schloss Rosenfels, dessen Schülerinnen willkommene Opfer für eine Menge lustiger Streiche sind. Und egal, was passiert, eins steht fest: Die jungen Ritter halten zusammen wie Pech und Schwefel!
Oliver Hassencamp
Oliver Hassencamp (1921-1988) war nicht nur Jugendbuch- und Romanautor, sondern auch Schauspieler und Kabarettist. Er besuchte das Internat Schloss Salem und nahm nach dem Krieg Schauspielunterricht. 1950 gründete er mit Erich Kästner das politische Kabarett Die kleine Freiheit, und 1956 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der berühmten Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Sein größter Erfolg als Autor war die Reihe Burg Schreckenstein, die 27 Bände umfasst und millionenfach verkauft wurde.
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Buchvorschau
Das Rätsel von Burg Schreckenstein - Oliver Hassencamp
Spielt da einer Schlossgespenst?
„Hat jemand meinen roten Pullover gesehen?", fragte Ottokar, der älteste Schüler auf der Burg. Seine Zimmergenossen Stephan, Walter und Fritz schüttelten die Köpfe. Damit war die Sache erledigt. Ottokar fragte nicht weiter; sein Pullover würde sich schon wiederfinden.
„Sagt mal, wer von euch weiß, wo mein Fresspaket ist?", fragte Dampfwalze, der Stärkste, der gleich um die Ecke im Westflügel wohnte. Andi, Klaus und Dieter, die mit ihm das Zimmer teilten, hatten keine Ahnung. Heute Morgen war es mit der Post gekommen und nach dem Mittagessen plötzlich nicht mehr da.
Auf Schreckenstein wurde nie etwas gestohlen. Als ritterliche „Nachfahren" der ehemaligen Burgbewohner hatten die Jungen für ihr Internat eine eigene Ordnung entwickelt. Sie nannten sich Ritter und fanden, dass Ehrlichkeit das Zusammenleben sehr erleichtert: untereinander – wie auch gegenüber den Lehrern. Diese ritterliche Einstellung hatte sich bis jetzt prima bewährt. Deswegen nahm Klaus, der Witzbold, die Sache auch nicht ernst.
„Da macht wohl einer seinen ersten Streich. Sehr komisch!", sagte er. Aber niemand lachte.
Um die nächste Ecke – im Nordflügel – wohnte Pummel wie immer zusammen mit Eugen. Am Abend, als er sein Bett herunterklappte, drehte er sich plötzlich um und fragte: „Wo ist denn meine Decke, meine grüne Decke?"
„Weiß ich doch nicht", antwortete Strehlau, der als bester Schüler neuerdings auch Computer genannt wurde.
„Wahrscheinlich hast du dein neues Modellflugzeug damit zugedeckt, damit der Spannlack nicht friert!", frotzelte Mücke, der Vierte im Zimmer.
Pummel blieb ihm die Antwort schuldig. Sich mit Mücke anzulegen hatte keinen Zweck. Als Chefredakteur der Schulzeitung „Wappenschild" war er sozusagen berufsmäßig schlagfertig. Pummel ging auf den Flur, holte den Schlafsack aus seinem Schrank, warf ihn aufs Bett, kroch hinein und legte seinen Bademantel darüber.
Eugen stand neben der Tür am Schalter und schüttelte den Kopf. „Merkwürdig", sagte er und löschte das Licht.
Dass tatsächlich Merkwürdiges geschah, wurde am nächsten Tag beim Mittagessen offenbar. Wie immer ging Ottokar als Schulkapitän während des Nachtischs ans Schwarze Brett und läutete mit der Glocke, um die Einteilung des Nachmittags und besondere Vorkommnisse anzusagen. „Die siebente Klasse walzt um vierzehn Uhr den Sportplatz; die neunte Klasse macht Landarbeit, gab Ottokar bekannt. Er endete mit einer Verlustanzeige: „Doktor Waldmann vermisst seinen Elektrowecker. Hat ihn jemand weggenommen, gesehen oder weiß jemand etwas davon?
Doktor Waldmann sah sich um, denn gewöhnlich hob sich bei solchen Fragen sofort eine Hand. Heute aber rührte sich keiner.
Ottokar wiederholte die Frage. Wieder nichts! Merkwürdig war das, sehr merkwürdig. Beim Hinausgehen nach dem Essen sagte der kleine Eberhard zu Andi: „Und mir fehlt mein Elektrokocher samt Topf." Ottokars Pullover, Dampfwalzes Fresspaket, Pummels Decke, Doktor Waldmanns Wecker und Eberhards Kochzeug – ein ganz schön dicker Hund, fanden alle.
„Spielt da einer Schlossgespenst?", alberte Dieter.
„Wahrscheinlich einer von den Kleinen", brummte Dampfwalze.
„Du sollst nicht verdächtigen!, schimpfte Mücke. „Schlimm genug, dass hier überhaupt was wegkommt.
Die merkwürdigen Vorkommnisse beschäftigten die Ritter an diesem Tag mehr, als sie wahrhaben wollten. Beim Walzen des Sportplatzes wurde ebenso darüber geredet wie bei der Feldarbeit auf dem langen Hang hinunter zum Kappellsee.
„Ich glaube ja, die Rosenfelser waren’s." Dass Strehlau die Mädchen des Internats auf der anderen Seeseite im Verdacht hatte, lag nahe: Sie hatten schon manchen Streich gegen die Burg gemacht.
Aber Stephan winkte ab. „Von denen haben wir doch ewig nichts gehört."
„Genau, brummte Dampfwalze. „Wenn Mädchen nichts mehr hören lassen, ist das immer verdächtig.
„Schlechte Erfahrungen gemacht?", frotzelte Mücke in Anspielung auf seine Schwester Ingrid. Aber Dampfwalze ging ausnahmsweise nicht hoch.
Vom Burgfried schlug die Turmuhr – neueste Anschaffung des Hausherrn Bodo Graf von Schreckenstein, genannt Mauersäge, der in wallendem Mantel auf dem Uferweg daherstakste, voraus sein Schäferhund. „Harro … ks … Harro, Platz!, rief er in seiner typischen Art mit dem komischen Laut dazwischen. „Willst du wohl … ks!
„Heute ‚schaltet‘ er wieder besonders fleißig", meinte Andi.
„Ist eben ein sehr hochtouriger alter Herr, luftgekühlt!", antwortete Eugen sachverständig.
Doch so fleißig Mauersäge auch „schaltete, Harro gehorchte überhaupt nicht. Schnuppernd kam er den Hang herauf und schnüffelte durch das Gitter, das den Erdbuckel neben dem Acker abschloss. Im Innern musste sich eine alte Wasserpumpe befinden – genauer hatten sich die Ritter nie dafür interessiert. So rasch ihn seine dünnen Beine trugen, stürmte Mauersäge hinterher und fuchtelte wild mit dem Spazierstock. „Harro … ks … Komm sofort hierher! Das ist … ks … ks … pfui!
Stephan, der in der Nähe des unfolgsamen Vierbeiners arbeitete, ging hin und nahm ihn am Halsband. „Nun geh schon, Harro! Da gibt’s kein Wasser. Die Pumpe da drin ist längst verrostet."
Mauersäge war fast herangekommen, blieb stehen und lachte laut. „Pumpe … ks … Hahaha … trefflicher Witz! Das ist ein … ks … ein Fluchtgang, mein Junge. 1697 hat er meinem … ks … meinem Vorfahren Emmeran von Schreck … ks … das … ks … Leben gerettet! Damals war der Ausgang durch einen … ks … einen Busch verdeckt. Das Gitter habe ich erst machen lassen."
Auch Stephan „schaltete sofort: „Und wo mündet der Gang in der Burg?
Wieder lachte Mauersäge schallend. „Das … ks … das habt ihr noch nicht entdeckt? Na, dann sucht mal schön!" Kichernd