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Schüsse im 'Savoy'
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eBook181 Seiten2 Stunden

Schüsse im 'Savoy'

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Über dieses E-Book

Der Roman erzählt die Geschichte eines Schweizer Schauspielers namens Richard Roland. Er ist ein tapferer junger Mann mit einem schweren Schicksal. Eines Tages bemerkt er eine Verfolgung durch zwei seltsame Typen. Wer sind sie, und ist der Mann in Gefahr?
SpracheDeutsch
HerausgeberSharp Ink
Erscheinungsdatum30. Dez. 2022
ISBN9788028269241
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    Buchvorschau

    Schüsse im 'Savoy' - Ernst Klein

    1.

    Inhaltsverzeichnis

    Der Genfer See lag in den ersten Strahlen der Morgensonne. Die Stadt selbst schlief noch, die großen Hotels auf den Kais zeigten verschlossene Fenster. Nur über den Pont du Mont Blanc rollten langsam und schwerfällig ein paar frühzeitige Marktkarren, die Gemüse und Milch vom Land hereinbrachten. An der Schiffsanlegestelle ruhten nebeneinander diese hübschen, weißen Dampfer, die poetische Engländerinnen gern mit Schwänen vergleichen. Aus dem Schornstein des vordersten von ihnen kräuselte dünn-blauer Rauch. Sonst kein Zeichen von Tätigkeit. Morgenzauber über dem See – –

    Die Möwen hatten schon den Tag begonnen. Sie schossen hin und her, das weiße Gefieder silbern glitzernd im Sonnenlicht. Auf und nieder glitten sie, oft blitzschnell im Fluge herabstoßend, um sich aus dem Wasser ein zappelndes Frühstück zu holen. Ihr schrilles, melancholisches Krächzen schwebte über dem Master und den Kais.

    Plötzlich – – Lärm, Aufregung. Aus der Richtung des Parc Mon Repos kommt ein Auto herangerast. Ein großer, schlank gewachsener Mann mit braunem Spitzbart schwingt sich aus dem Wagen, reißt ein augenscheinlich bewußtloses Mädchen heraus, eilt mit ihm über die Treppe herunter, springt in ein bereitliegendes Motorboot, wirft die Maschine an und schießt hinaus in den See. Schon ist ein zweites Auto am Kai. Ehe es noch hält, sind seine Insassen, drei junge Leute, bereits auf der Treppe. Sie werfen sich in ein gleichfalls bereitliegendes Motorboot und jagen dem Entführer nach. Von irgend woher taucht ein drittes Boot auf, das den beiden anderen folgt. Wilde Jagd über den See. Revolverschüsse. Aufgeregt flattern die Möwen. Das Schwanenpärchen, das in den Steinen der Mole nistet, fährt entsetzt aus seinem Nest. Solch opulentes Geschehen hat es auf dem vornehm-stillen See noch nie erlebt. Zwischen den beiden Leuchttürmen hindurch spritzen die zwei Boote ins freie Wasser hinaus. Das dritte überholt sie, kümmert sich jedoch seltsamerweise weder um das bewußtlose Mädchen, noch um die Revolverschüsse, die zwischen den feindlichen Booten hin und her krachen. Es fährt dicht herbei und sieht dem Kampf zu, der durch das Eingreifen der Vorsehung mit dem Siege der Tugend über das Laster rasch zu Ende geht.

    Der Motor des Entführers weigert sich mit einem Male, bei einer so schändlichen Sache wie der Entführung einer unschuldigen, jungen Dame bester Gesellschaft weiter mitzutun. Er streikt. Er spukt. Er bleibt stehen und gibt dadurch dem Boote der Verfolger Gelegenheit, heranzukommen. Doch der Schurke, den sein Bart zur Genüge als einen desperaten Charakter kennzeichnet, ergibt sich nicht. Er kämpft bis ans bittere Ende. Sein Browning sprüht Feuer, der eine der Verfolger bricht zusammen. Die beiden anderen werfen sich auf den Mörder. Letztes verbissenes Ringen im schwankenden Boote. Ein Schrei gellt – zu Tode verwundet, stürzt der Entführer rücklings ins Wasser. Seine Hand reckt sich verzweifelt empor! Er versinkt und leise verrinnen die Wellen an der Stelle, an der er sein Verbrechen mit dem Tode büßt. In dem Boote der Retter hält ein blonder, junger Mann das Mädchen im Arm, das unter seinen Liebkosungen langsam die Augen zu neuem Leben und Glück aufschlägt.

    Drama? Wirkliche Tragödie? Gar keine Spur. Film. Ganz großer Schlager mit zwei internationalen Stars, deren über alle Bosheit und Niedertracht triumphierende Vereinigung das Entzücken von Hunderttausenden von Menschen bilden wird.

    Der spitzbärtige Verbrecher, der von unzähligen Kugeln durchbohrt, ertrunken war, tauchte nach einiger Zeit wieder auf und schwamm mit weit ausholenden Schlägen zu dem dritten Boote hinüber, auf dem der Regisseur den Kampf geleitet und die Kameraleute ihn mit verschiedenen Einstellungen gekurbelt hatten.

    »Gott sei Dank, daß es aus ist!« schnaufte Roland, während er sich an Bord ziehen ließ. »Das Wasser ist beinahe so kalt wie der Kaffee, den sie mir heute im Hotel vorgesetzt haben.«

    Eine Thermosflasche trat in Aktion, und er konnte sich ausgiebig stärken, während er in trockene Kleider schlüpfte.

    Eine Stunde später lag er in seinem Bett im Hotel de Suisse oben am Bahnhof und versuchte den verlorengegangenen Morgenschlaf nachzuholen. Diese Wohltat war ihm indessen nicht beschieden. Das Schicksal meldete sich und ließ sich nicht abweisen.

    Er war kaum eingeschlafen, als das Telephon neben seinem Bett klirrte. Mit dumpfem Fluch, der dem Regisseur und seiner Rücksichtslosigkeit galt, gelangte er nach dem Apparat. Aus irgendeiner nebelhaften Ferne vernahm er die Stimme des Portiers: »Ein Herr wünscht Sie dringend zu sprechen!«

    »Sagen Sie ihm, er soll sich zum Teufel scheren!«

    Aber der Portier, als Herold des Schicksals, war hartnäckig wie dieses selbst. »Es tut mir leid, Herr Roland; ich habe dem Herrn gesagt, daß Sie schon um vier Uhr aufstehen mußten. Doch er bleibt dabei, seine Angelegenheit sei so dringend, daß Sie ihn sofort empfangen müssen. Und wenn Sie ihn erst selbst sehen – –«

    »Wenn ich erst selbst – –?«

    »Nun, Sie werden eine Überraschung erleben, eine Überraschung, Herr Roland!«

    Der Schauspieler, so verschlafen er war, glaubte den Portier kichern zu hören. »Soll ich ihn hinaufschicken?«

    »Wenn Sie mir schon mitten in der Nacht Rätsel aufgeben – – Also her mit der Überraschung!«

    Drei Minuten später klopfte es hart an die Tür. »Herein!«

    Der Mann, der ihn so dringend zu sprechen wünschte, trat ein. Wie der Portier es vorausgesagt hatte, starrte Roland mit weit aufgerissenen Augen dem Besucher entgegen. Vor ihm stand sein zweites Ich.

    Figur, Größe, Haltung der Schultern und des Kopfes, Gesicht, Bart, alles zeigte auf den ersten Augenblick die Ähnlichkeit, verblüffend und unheimlich für jeden Menschen, wenn die Natur mit ihm einen Witz macht, den er sich nicht zu erklären vermag. Der Schauspieler sprang aus dem Bett und stierte den Fremden fassungslos an. Der lächelte.

    Er hatte gerade so starke Zähne wie er selbst, stellte Roland fest. Ob er älter war?

    »Womit kann ich Ihnen dienen?« brachte er endlich heraus, ohne sich von seinem Platze zu rühren.

    »Mein Name ist William Carell Bowers,« erwiderte der Mann in einem tadellosen, beinahe akzentfreien Deutsch. »Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen, bei dem Sie fünftausend Pfund verdienen können.«

    »Wollen Sie nicht Platz nehmen?« war Rolands Antwort.

    2.

    Inhaltsverzeichnis

    »Aus Ihrem erstaunten Gesicht, Herr Roland,« begann der Besucher, »sehe ich, daß Sie über die Ähnlichkeit zwischen uns beiden nicht minder überrascht sind als ich es war, da ich Sie entdeckte. Ich bin überzeugt, wenn wir uns ganz genau miteinander vergleichen, werden wir feststellen, daß wir in vielen Details voneinander abweichen. So ist mein Haar viel lichter als das Ihrige. Sie haben kleinere Hände als ich, wie ich eben bemerke. Ich weiß auch nicht, wie Sie aussehen, wenn Sie Ihren Bart abgenommen haben.« –

    Roland fiel ein. »Mein Bart entstammt nur künstlerischer Pflicht. Ich trage sonst keinen, aber da ich in diesem Film einen Schurken von reinstem Wasser darzustellen habe, und mein Regisseur sich einen waschechten Intriganten und Übeltäter nun einmal nicht ohne Bart vorstellen kann, mußte ich ihn mir wachsen lassen. Aber Gott sei Dank, haben wir heute die letzte Aufnahme gehabt; mein erster Gang von hier ist zum Friseur.« – –

    »Das werden Sie nicht tun, Herr Roland; im Gegenteil, Sie werden diesen Bart behalten und sorgsam pflegen. Dafür bekommen Sie jetzt zu Beginn unserer Geschäftsverbindung zweitausendfünfhundert Pfund, und wenn die Angelegenheit, die ich zu erledigen habe, bereinigt ist, weitere zweitausendfünfhundert Pfund. Der Bart ist die Hauptsache bei dem ganzen Geschäft.«

    Roland sah, daß es seinem Besucher bitter ernst war, obwohl er über die ganze Affäre in einem leichten Konversationstone sprach. Mr. Bowers lächelte sogar, doch dieses Lächeln zeigte sich nur auf den Lippen, nicht in seinen dunklen Augen, die seltsam scharf und durchdringend waren. Roland fühlte auf einmal so etwas wie Mißbehagen in sich aufsteigen. Fünftausend Pfund waren für einen Filmschauspieler, der keine eigenen Pressemanager besitzt und keine Stargagen erhält, eine phantastisch hohe Summe. Aber – was wollte der Mann von ihm?

    Mr. Bowers schien ihm die Gedanken von der Stirn abzulesen. »Ich bin in Sidney in Australien zu Hause, wo ich eine große Schaffarm besitze. Bin jetzt nach Europa gekommen, um eine private Angelegenheit zu erledigen, deren Charakter es absolut notwendig macht, daß ich für einige Zeit unsichtbar werde. Da ich befürchten muß, mehr beobachtet zu werden als mir lieb ist, muß ich mich schützen. Als ich in Triest europäischen Boden betrat, hatte ich noch keine Ahnung, wie ich das machen sollte. Ich kam nach Wien und sah Sie zufällig in einem Film. Sie trugen denselben Bart – –«

    Roland schauderte. »Das war eine schreckliche Rolle. Mir graust jetzt noch, wenn ich daran zurückdenke. Wissen Sie, Mr. Bowers, es gibt nichts Ungerechteres als den Film. Er kennt nur Licht und Schatten. Im Licht stehen die großen Stars, die alle edlen Eigenschaften haben und von der Menge gebührend bewundert und beklatscht werden, im Schatten schleichen die Intriganten, Raubmörder, Mädchenhändler und dergleichen Gesindel, die zum Schluß entweder aufgehängt, niedergeschossen oder sonst wie umgebracht werden, sehr zur moralischen Befriedigung eben der gleichen Menge. Abstufungen gibt es nicht. Ich bin nun einmal dazu verurteilt, auf der Leinwand Schrecken um mich zu verbreiten. Dabei bin ich ein friedliebender, gutmütiger Mensch, der keiner Fliege etwas zu leide tun kann. Und in dem Film in Wien habe ich, mir scheint, meine eigene Mutter umgebracht. Schrecklich!«

    Mr. Bowers lächelte. Wiederum lächelten seine Augen nicht mit. Der künstlerische Schmerzensschrei Rolands ließ ihn augenscheinlich ganz kühl.

    »Als ich Sie sah,« fuhr er fort, »hatte ich sofort meinen Plan fertig. Ich suchte Sie in Berlin, fand Sie dort nicht und kam nach Genf. Hier bin ich nun mit meinem Vorschlag. Sie schlüpfen für vier Wochen in meine Haut, in mein Denken, in mein Empfinden – kurz mit einem Wort, in meine Existenz. Ich aber umgekehrt verschwinde als Roland, Filmintrigant und Filmschurke. Dafür« – er holte aus der Brieftasche einen Scheck hervor, den er Roland mit leichter Verbeugung hinhielt – »erhalten Sie jetzt zweitausendfünfhundert Pfund. Der Scheck ist auf die Bank von England ausgestellt und überall zahlbar. Ferner hinterlege ich in einer Bank zu treuen Händen auf Ihren Namen weitere zweitausendfünfhundert Pfund. Hier sind meine Papiere; Paß, einige Familiendokumente, meine Schiffskarte von Sidney nach Europa. In Genf wohne ich im Hotel Metropole, Zimmer zweiundzwanzig. Sie werden von hier als William Carell Bowers hinübergehen und ich bleibe als Richard Roland hier.«

    Der Scheck lag zwischen den beiden Männern auf dem Tisch. Ein dünner, gelber Papierstreifen, der ein kleines Vermögen darstellte. Deutlich las Roland aus dem Augenwinkel heraus auf ihm die Ziffer 2500 Pfund. Er stand auf, ging mit etwas zittrigen Knien zum Nachttisch, holte seine Zigarettendose und bot sie Mr. Bowers an.

    Der schüttelte den Kopf. »Sie werden sich auch an meine Sorte gewöhnen müssen, Herr Roland. Ich rauche nur die englischen Queen. Sie finden in meinem Koffer im Metropol tausend Stück, mit denen Sie wohl die nächsten Tage über ausreichen werden!«

    »Auf jeden Fall werde ich jetzt eine Zigarette von mir rauchen,« erwiderte der Schauspieler, »denn offen gestanden, habe ich sie nötig.« Das kleine Röllchen wurde angezündet. – »Die Sache ist nicht so einfach, Herr Bowers. Zunächst muß ich die Gewißheit haben, daß sich die Polizei absolut nicht für sie interessieren kann: Ich kenne Sie nicht. Ich weiß nichts von Ihnen. Sie können es mir also nicht verdenken, wenn ich einige Garantie dafür haben will, daß ich nach der abgelaufenen Frist wieder ungestört in meine alte Existenz zurückschlüpfen kann. Von der Restsumme gar nicht zu reden!«

    Abermals das Lächeln Mr. Bowers: »Ich kann Ihnen nur wiederholen, daß die Angelegenheit, die mich zu dieser kleinen Komödie zwingt, durchaus privater Natur ist. Es ist mir beim besten Willen nicht möglich, darüber zu sprechen, auch mit Ihnen nicht. Sie müssen sich mit meinem Ehrenwort begnügen, daß Sie von der Polizei wie von allen anderen Behörden nichts zu befürchten haben. Genügt Ihnen dieses Ehrenwort nicht, dann allerdings wird es nicht erst notwendig sein, daß Sie sich schon über diesen ersten Scheck Kopfzerbrechen machen.«

    Er erhob sich. So kühl und überlegen er sich gab, so entging es Roland doch nicht, daß hinter dieser Maske eine starke Spannung in ihm zerrte. Jedenfalls ein Mensch mit Energie und Kraft. Er erschien bei all der brüsken Barschheit, hinter der er sein Geheimnis versteckte, nicht unsympathisch. Dem forschenden Blick des Schauspielers hielt er mit spöttischem Lächeln stand.

    »Ich wollte, ich hätte seine Nerven,« sagte sich Roland und zerdrückte die Zigarette in der Aschenschale. »Sie sehen mir nicht aus wie ein Mann, der ein falsches Ehrenwort geben würde,« meinte er dann, »auf jeden Fall will ich es daraufhin riskieren. Aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich in

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