Die Geheimnisse der Pfefferbucht, eine Abenteuergeschichte für Mädchen und Jungen ab 9 Jahre: Captain Woodchucks Schatz
Von Rhea Hermes
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Buchvorschau
Die Geheimnisse der Pfefferbucht, eine Abenteuergeschichte für Mädchen und Jungen ab 9 Jahre - Rhea Hermes
Sommerferien
Hast du dich schon einmal gefragt, was ein Abenteuer kostet? Neun Pfund und fünfundneunzig Pence. Woher ich das so genau weiß? Weil sich Kieran, Lily und Charli vor acht Jahren mit neun Pfund und fünfundneunzig Pence das größte Abenteuer kauften. Ohne es zu ahnen. Und eigentlich war das Geld überhaupt nicht für ein Abenteuer bestimmt gewesen, sondern für sechs Kugeln Eis. Aber ich erzähle euch die Geschichte der drei Geschwister besser von Anfang an.
Es waren die ersten Tage der Sommerferien. Kieran, Lily und Charli lagen im Schatten des Apfelbaums und blinzelten verschlafen in die Sonne.
»Ein Elefant mit einer Krone auf dem Kopf«, rief die neunjährige Charli, die eigentlich Charlotte hieß. Sie streckte ihren Zeigefinger in die Luft.
»Das ist bloß eine zufällige Ansammlung winziger Wassertropfen.« Kieran gähnte.
Abby, die alte Mischlingshündin mit dem schwarzweißen Fell, hatte ihren Kopf auf den Bauch des Jungen gelegt und tat es ihm gleich.
»Ach, lass sie doch.« Lily zeigte auf eine weitere Wolke am ansonsten strahlendblauen Himmel. »Die erinnert mich an unsere Mathelehrerin, Miss Butterley.«
»Du meinst, weil die Wolke etwas düster und bedrohlich aussieht?«, fragte Charli und die Kinder lachten.
Wie jedes Jahr verbrachten sie die Ferien bei ihren Großeltern Aideen und Noel an der Küste Cornwalls im Süden Englands. Kieran war der Älteste. Auf dieser Tatsache bestand der Zwölfjährige, auch wenn seine Zwillingsschwester Lily nur sieben Minuten jünger war. Charli war das Nesthäkchen der Familie. Aber mit ihrer Fantasie und den ständig neuen Ideen hielt sie alle auf Trab. Sehr zum Leidwesen von Kieran, der sich gerne erwachsen und vernünftig gab.
Kieran stöhnte und wischte sich mit der Hand die Schweißperlen von der Stirn. »Es ist ordentlich heiß, sogar im Schatten.«
»Wollen wir an den Strand gehen?«, fragte Charli. »Sicher bieten die Wellen eine herrliche Abkühlung.«
»Die Großeltern lassen uns bestimmt nicht allein ans Meer«, gab Kieran zu bedenken und schob Abby sanft, aber bestimmt von seinem Bauch. Die Mischlingshündin gab ein leises, missbilligendes Knurren von sich, wagte allerdings nicht, sich zu bewegen.
»Wir könnten uns im Dorf ein Eis kaufen«, schlug Lily vor. Bei dem Gedanken an eine große Kugel Mango-Eis leckte sie sich die Lippen. Das war nirgendwo so gut wie in Pepper Cove. Überhaupt schmeckte hier vieles anders und hundertmal besser als zu Hause in London.
»Eine fantastische Idee.« Charli klatschte in die Hände. »Großmutter Aideen gibt uns sicher etwas Geld.«
Keine zehn Minuten später machten sich die Kinder auf den Weg ins kleine Fischerdorf. Abby trottete brav hinter den Geschwistern her, während Charli von einem Bein aufs andere springend vorweg hüpfte. Sie versuchte, nicht auf die Fugen zwischen den Gehwegplatten zu treten. Ihre kirschrote Umhängetasche, ohne die sie niemals irgendwo hinging, wippte dabei munter auf und ab.
»Ist das nicht toll?«, fragte Charli. »Es hat sich nichts verändert. Alles sieht noch genauso aus wie im letzten Jahr.«
»Ich finde, der Ort hat etwas Unheimliches«, entgegnete Lily, die trotz der Hitze Gänsehaut bekam. »Hört ihr das Ächzen der Brandung und wie es zwischen den alten Häusern widerhallt? Es klingt, als zieht ein jammerndes und wimmerndes Gespenst durch den Ort.«
»Denkst du, es sind die Seelen der Schmuggler, die hier früher lebten?« Kieran musste lachen. Er liebte die zahlreichen Erzählungen von mutigen Seefahrern und dunklen Gestalten, die sich einst in Pepper Cove herumtrieben. Mister Thompson, der Bootsbauer, kannte all ihre Geschichten. Und er wurde nicht müde, sie wieder und wieder zu erzählen, wenn die Geschwister ihn besuchten und beim Schleifen des Holzes oder beim Ölen des Rumpfes zusahen. Nur allzu gern lauschten ihm die drei, selbst wenn sie ab und an Zweifel an der Wahrheit hatten.
»Wäre es nicht großartig, wenn wir Captain Woodchucks Schatz finden, von dem Mister Thompson immer erzählt?« Charlis Augen weiteten sich vor Aufregung. Sie vermutete hinter jedem Stein und jeder Mauer ein Abenteuer, das darauf wartete, von ihr entdeckt zu werden.
Als das verrostete Willkommensschild vor Abigails Cottage im Wind knarzte, als hätte es Schmerzen, zuckte Lily zusammen. Insgeheim versuchte sie, sich selbst Mut zu machen. »Das sind nur Märchen, die sich die Menschen in kalten und stürmischen Nächten vor dem Kamin ausgedacht haben.«
Kieran überlegte. »Ich weiß nicht. In jeder guten Geschichte steckt ein Funken Wahrheit. Es gab Schmuggler in Pepper Cove. Das steht fest! Und vielleicht lassen sich noch irgendwo Überbleibsel aus dieser Zeit finden. Tief vergraben im Sand oder versteckt in einer der felsigen Höhlen am Strand.«
»Oder im alten Schmugglerhaus«, rief Charli. Sie blieb abrupt stehen und zeigte auf ein windschiefes Häuschen aus grauem Naturstein. »Schaut! Dort ist jemand eingezogen.«
Kieran starrte mit weit aufgerissenen Augen zum Haus hinüber und flüsterte: »Aber, da hat seit damals niemand mehr gewohnt.«
Damals, das war vor zweihundert Jahren. Wenn sich nachts die Dunkelheit schützend über das Meer und die Klippen gelegt hatte, trafen sich die Schmuggler am Strand, um den Schiffen weit draußen auf hoher See geheime Zeichen zu geben. Die Seefahrer brachten Branntwein, Tabak und Pfeffer vom Festland. Daher hatte der Ort seinen Namen: Pepper Cove. Ab und an, so wurde erzählt, befand sich auch Diebesgut unter der Ladung. Kleine Statuen aus Elfenbein, kostbares Geschirr und Edelsteine. Man munkelte sogar, es könnte einst königlicher Schmuck darunter gewesen