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Die Märchen von Hans Christian Andersen
Die Märchen von Hans Christian Andersen
Die Märchen von Hans Christian Andersen
eBook362 Seiten4 Stunden

Die Märchen von Hans Christian Andersen

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Über dieses E-Book

Für RUTHeBooks Klassiker lassen wir alte oder gar schon vergriffene Werke als eBooks wieder auferstehen. Wir möchten Ihnen diese Bücher nahebringen, Sie in eine andere Welt entführen. Manchmal geht das einher mit einer für unsere Ohren seltsam klingenden Sprache oder einer anderen Sicht auf die Dinge, so wie das eben zum Zeitpunkt des Verfassens vor 100 oder mehr Jahren "normal" war. Mit einer gehörigen Portion Neugier und einem gewissen Entdeckergeist werden Sie beim Stöbern in unseren RUTHeBooks Klassikern wunderbare Kleinode entdecken. Tauchen Sie mit uns ein in die spannende Welt vergangener Zeiten!
SpracheDeutsch
HerausgeberRUTHebooks
Erscheinungsdatum4. März 2021
ISBN9783944869681
Die Märchen von Hans Christian Andersen
Autor

Hans Christian Andersen

Hans Christian Andersen (1805 - 1875) was a Danish author and poet, most famous for his fairy tales. Among his best-known stories are The Snow Queen, The Little Mermaid, Thumbelina, The Little Match Girl, The Ugly Duckling and The Red Shoes. During Andersen's lifetime he was feted by royalty and acclaimed for having brought joy to children across Europe. His fairy tales have been translated into over 150 languages and continue to be published in millions of copies all over the world and inspired many other works.

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    Buchvorschau

    Die Märchen von Hans Christian Andersen - Hans Christian Andersen

    Hans Christian Andersen

    Die Märchen von Hans Christian Andersen

    Impressum

    Klassiker als ebook herausgegeben bei RUTHeBooks, 2016

    ISBN: 978-3-944869-68-1

    Für Fragen und Anregungen: info@ruthebooks.de

    RUTHeBooks

    Am Kirchplatz 7

    D 82340 Feldafing

    Tel.   +49 (0) 8157 9266 280

    FAX: +49 (0) 8157 9266 282

    info@ruthebooks.de

    www.ruthebooks.de

    Inhalt

    Vorwort

    Die Hirtin und der Schornsteinfeger

    Der Floh und der Professor

    Der Schatten

    Däumelieschen

    Die Störche

    Der Schmetterling

    Der fliegende Koffer

    Der Schneemann

    Das Mädchen, das auf das Brot trat

    Es ist ein Unterschied

    Der Schweinehirt

    Das Feuerzeug

    Das häßliche Entlein

    Die Stopfnadel

    Tölpelhans

    Die Prinzessin auf der Erbse

    Fünf in einer Schote

    Das Märchen vom Sandmann

    Der kleine Klaus und der große Klaus

    Die Theekanne

    Die Blumen der kleinen Ida

    Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern

    Die wilden Schwäne

    Die glückliche Familie

    Der Engel

    Die Glocke

    Der standhafte Zinnsoldat

    Des Kaisers Nachtigall

    Die Schneekönigin - Märchen in sieben Geschichten

    Erste Geschichte - Der Zauberspiegel

    Zweite Geschichte - Die Nachbarskinder

    Dritte Geschichte - Der Blumengarten der Zauberin

    Vierte Geschichte - Prinz und Prinzessin

    Fünfte Geschichte - Das kleine Räubermädchen

    Sechste Geschichte - Die Lappin und die Finnin

    Siebente Geschichte - Im Schlosse der Schneekönigin

    Fliedermütterche

    Wer war die Glücklichste?

    Der Tannenbaum

    Das alte Haus

    Das Gänseblümchen

    Die alte Kirchenglocke

    Der Buchweizen

    Wunderschön

    Die roten Schuhe

    Feder und Tintenfaß

    Hans Andersen, der Märchendichter,

    Nennt man ihn nur, landaus, landein;

    Da lachen strahlende Gesichter,

    Da jubeln Bub' und Mägdelein!

    Ihm sang und klang, ihm lebt' und lachte,

    Was anderer Ohr und Auge tot,

    Das Seelenlose fühlt' und dachte

    Und ward beseelt, wenn er gebot.

    Den er gepflückt im Wunderlande,

    Den allerschönsten Märchenstrauß,

    Geknüpft mit rot und weißem Bande,

    Streut' einst er in die Welt hinaus.

    Und aus dem Strauß die zart'sten Triebe,

    Die er bestimmt der Kinderschar,

    Sind hier gesammelt euch zuliebe;

    Wir bieten sie euch freudig dar.

    Längst ist er schon von uns gegangen,

    Der Dichter, der den Kindern lieb,

    Doch leben noch in Jugendprangen

    Die Märchen, die für euch er schrieb.

    Sie klingen fort und werden klingen

    Unsterblich noch in später Zeit,

    Und sich wie gold'ne Fäden schlingen

    Um Kind und Märchenherrlichkeit.

    Des grauen Entleins Abenteuer,

    Der Zinnsoldat, auf einem Bein

    Standhaft im Wasser und im Feuer,

    Die Schwäne und ihr Schwesterlein;

    Das Märlein von dem Tannenbaume,

    Vom Koffer, der die Luft durchschwirrt,

    Vom Sandmann und Klein-Hjalmars Traume,

    Vom Tölpelhans, der König wird.

    Sie wollen plaudern, wollen scherzen,

    Sie wollen bei euch Kindern sein,

    Und dringen in die Kinderherzen

    Mit ernster Lehre mahnend ein.

    So macht dem luftigen Gelichter

    Ein Heim in Herz und Haus bereit,

    Und seid gegrüßt vom Märchendichter,

    Die ihr ja selber Märchen seid!

    Die Hirtin und der Schornsteinfeger

    Hast du wohl je einen recht alten Holzschrank, ganz schwarz vom Alter und mit ausgeschnitzten Schnörkeln und Laubwerk daran, gesehen? Gerade ein solcher stand in einer Wohnstube; er war von der Urgroßmutter geerbt und mit ausgeschnitzten Rosen und Tulpen von oben bis unten bedeckt. Da waren die sonderbarsten Schnörkel, und aus ihnen ragten kleine Hirschköpfe mit Geweihen hervor. Aber mitten auf dem Schranke stand ein ganzer Mann geschnitzt; er war freilich lächerlich anzusehen, und er grinste auch, man konnte es nicht lachen nennen. Er hatte Ziegenbocksbeine, kleine Hörner am Kopfe und einen langen Bart. Die Kinder nannten ihn immer den ZiegenbocksbeinOber- und Unterkriegsbefehlshaber; das war ein langes Wort, und es gibt nicht viele, die den Titel bekommen.

    Da war er nun! Immer sah er nach dem Tische unter dem Spiegel, denn da stand eine liebliche, kleine Hirtin von Porzellan; die Schuhe waren vergoldet, das Kleid mit einer roten Rose niedlich aufgeheftet, und dann hatte sie einen Goldhut und einen Hirtenstab; sie war wunderschön. Dicht neben ihr stand ein kleiner Schornsteinfeger, so schwarz wie Kohle, aber auch aus Porzellan; er war ebenso rein und fein wie irgendein anderer. Der Porzellanfabrikant hätte ebensogut einen Prinzen oder einen König aus ihm machen können, denn das war einerlei.

    Da stand er mit seiner Leiter und mit einem Antlitz, so weiß und rot wie ein Mädchen, und das war eigentlich ein Fehler, denn etwas schwarz hätte es doch wohl sein können. Er hatte seinen Platz ganz nahe bei der Hirtin; und da sie nun so hingestellt waren, hatten sie sich verlobt – sie paßten ja zueinander, sie waren von demselben Porzellan und beide gleich zerbrechlich.

    Dicht bei ihnen stand noch eine Figur, die war dreimal größer. Es war ein alter Chinese, der nicken konnte. Er war auch aus Porzellan und sagte, er sei der Großvater der kleinen Hirtin, aber das konnte er freilich nicht beweisen; er behauptete, daß er Gewalt über sie habe, und deswegen hatte er dem Ziegenbocksbein-Ober- und Unterkriegsbefehlshaber, der um die kleine Hirtin freite, zugenickt.

    Da erhältst du einen Mann, sagte der alte Chinese, einen Mann, der, wie ich fast glaube, von Mahagoniholz ist. Der kann dich zur ZiegenbocksbeinOber- und Unterkriegsbefehlshaberin machen; er hat den ganzen Schrank voll Silberzeug, ungerechnet, was er in den geheimen Fächern hat.

    Ich will nicht in den dunklen Schrank! sagte die kleine Hirtin. Ich habe sagen hören, daß er elf Porzellanfrauen darin hat.

    Dann kannst du die zwölfte sein! sagte der Chinese. Diese Nacht, sobald es in dem alten Schrank knackt, sollt ihr Hochzeit halten, so wahr ich ein Chinese bin! Und dann nickte er mit dem Kopf und fiel in Schlaf.

    Aber die kleine Hirtin weinte und blickte ihren Herzallerliebsten, den Porzellanschornsteinfeger, an.

    Ich möchte dich bitten, sagte sie, mit mir in die weite Welt hinauszugehen, denn hier können wir nicht bleiben!

    Ich will alles, was du willst! sagte der kleine Schornsteinfeger. Laß uns gleich gehen; ich denke wohl, daß ich dich mit meinem Handwerk ernähren kann!

    Wenn wir nur erst glücklich von dem Tische herunter wären! sagte sie. Ich werde erst froh, wenn wir in der weiten Welt draußen sind.

    Er tröstete sie und zeigte, wie sie ihren kleinen Fuß auf die ausgeschnittenen Ecken und das vergoldete Laubwerk am Tischfuße hinabsetzen sollte; seine Leiter nahm er auch zu Hilfe, und da waren sie auf dem Fußboden. Aber als sie nach dem alten Schranke hinsahen, war große Unruhe darin. Alle die ausgeschnittenen Hirsche steckten die Köpfe weit hervor, erhoben die Geweihe und drehten die Hälse; der Ziegenbocksbein-Ober- und Unterkriegsbefehlshaber sprang in die Höhe und rief zum alten Chinesen hinüber: Nun laufen sie fort! Nun laufen sie fort!

    Da erschraken sie und sprangen geschwind in den Schubkasten. Hier lagen drei bis vier Spiele Karten, die nicht vollständig waren, und ein kleines Puppentheater, das, so gut es sich tun ließ, aufgebaut war. Da wurde Komödie gespielt, und alle Damen saßen in der ersten Reihe und fächelten sich mit ihren Tulpen, und hinter ihnen standen alle Buben und zeigten, daß sie Kopf hatten, sowohl oben wie unten, wie die Spielkarten es haben. Die Komödie handelte von zwei Personen, die einander nicht bekommen sollten, und die Hirtin weinte darüber, denn es war gerade wie ihre eigene Geschichte.

    Das kann ich nicht aushalten! sagte sie. Ich muß aus dem Schubkasten heraus! Als sie aber auf dem Fußboden anlangten und nach dem Tische hinaufblickten, da war der alte Chinese erwacht und schüttelte mit dem ganzen Körper; unten war er ja ein Klumpen.

    Nun kommt der alte Chinese! schrie die kleine Hirtin und fiel auf ihre Knie nieder, so betrübt war sie.

    Es fällt mir etwas ein, sagte der Schornsteinfeger. Wollen wir in das große Gefäß, das in der Ecke steht, hinabkriechen? Da könnten wir auf Rosen und Lavendel liegen und ihm Salz in die Augen werfen, wenn er kommt.

    Das kann nichts nützen! sagte sie. 'Überdies weiß ich, daß der alte Chinese und das Gefäß miteinander verlobt gewesen sind, und es bleibt immer etwas Wohlwollen zurück, wenn man in solchen Verhältnissen gestanden hat. Nein, es bleibt uns nichts übrig, als in die weite Welt hinauszugehen.

    Hast du wirklich Mut, mit mir in die weite Welt hinauszugehen?' fragte der Schornsteinfeger. Hast du auch bedacht, wie groß die ist und daß wir nicht mehr an diesen Ort zurückkommen können?"

    Ja, sagte sie.

    Der Schornsteinfeger sah sie fest an, und dann sagte er: Mein Weg geht durch den Schornstein; hast du wirklich Mut, mit mir durch den Ofen, sowohl durch den Kasten als durch die Röhre zu kriechen? Dann kommen wir hinaus in den Schornstein, und da verstehe ich mich zu tummeln. Wir steigen so hoch, daß sie uns nicht erreichen können, und ganz oben geht ein Loch in die weite Welt hinaus.

    Und er führte sie zu der Ofentür hin.

    Da sieht es schwarz aus! sagte sie, aber sie ging doch mutig mit ihm sowohl durch den Kasten als durch die Röhre, wo eine pechfinstere Nacht herrschte.

    Nun sind wir im Schornstein! sagte er. Und sieh, sieh, dort oben scheint der herrlichste Stern.

    Es war ein Stern am Himmel, der zu ihnen herabschien, gerade als wollte er ihnen den Weg zeigen. Und sie kletterten und krochen; ein greulicher Weg war es, sehr hoch, aber er hob und hielt sie und zeigte die besten Stellen, wo sie ihre kleinen Porzellanfüße hinsetzen konnte; so erreichten sie den Schornsteinrand, und auf den setzten sie sich, denn sie waren tüchtig ermüdet, und das konnten sie auch wohl sein.

    Der Himmel mit all seinen Sternen war oben über ihnen und alle Dächer der Stadt tief unten; sie sahen weit umher, weit hinaus in die Welt; die arme Hirtin hatte es sich nie so gedacht, sie legte sich mit ihrem kleinen Haupte gegen ihren Schornsteinfeger, und dann weinte sie, daß das Gold von ihrem Leibgürtel absprang.

    Das ist allzuviel! sagte sie. Das kann ich nicht ertragen, die Welt ist allzu groß! Wäre ich doch wieder auf dem Tische unter dem Spiegel; ich werde nie froh, ehe ich wieder dort bin! Nun bin ich dir in die weite Welt hinaus gefolgt, nun kannst du mich auch wieder zurückbringen, wenn du etwas von mir hältst!

    Der Schornsteinfeger sprach vernünftig mit ihr von dem alten Chinesen und vom Ziegenbocksbein-Ober- und Unterkriegsbefehlshaber, aber sie schluchzte gewaltig und küßte ihren kleinen Schornsteinfeger, daß er nicht anders konnte als sich ihr zu fügen, obgleich es töricht war.

    So kletterten sie wieder mit vielen Beschwerden den Schornstein hinunter und krochen durch den Kasten und die Röhre. Das war gar nichts Schönes. Und dann standen sie in dem dunklen Ofen; da horchten sie hinter der Tür, um zu erfahren, wie es in der Stube stehe. Dort war es ganz still; sie sahen hinein – ach, der alte Chinese lag mitten auf dem Fußboden; er war vom Tische heruntergefallen, als er hinter ihnen her wollte, und lag in drei Stücke zerschlagen. Der ganze Rücken war in einem Stücke abgegangen, und der Kopf war in eine Ecke gerollt; der Ziegenbocksbein-Ober- und Unterkriegsbefehlshaber stand, wo er immer gestanden hatte, und dachte nach.

    Das ist gräßlich! sagte die kleine Hirtin. Der alte Großvater in Stücke zerschlagen, und wir sind schuld daran! Das werde ich nicht überleben!" Und dann rang sie ihre kleinen Hände.

    Er kann noch gekittet werden! sagte der Schornsteinfeger.

    Er kann sehr gut gekittet werden! Sei nur nicht heftig; wenn sie ihn im Rücken kitten und ihm eine gute Niete im Nacken geben, so wird er so gut wie neu sein und kann uns noch manches Unangenehme sagen.

    "Glaubst du?' sagte sie. Und dann krochen sie wieder auf den Tisch hinauf.

    Sieh, soweit kamen wir, sagte der Schornsteinfeger. Da hätten wir uns alle die Mühe ersparen können. Hätten wir nur den alten Großvater wieder gekittet! sagte die Hirtin. Wird das sehr teuer sein?

    Und genietet wurde er; die Familie ließ ihn im Rücken kitten, er bekam eine gute Niete am Halse, und er war so gut wie neu, aber nicken konnte er nicht mehr.

    Sie sind wohl hochmütig geworden, seitdem Sie in Stücke geschlagen sind! fragte der Ziegenbocksbein-Ober- und Unterkriegsbefehlshaber. Mich dünkt, daß Sie nicht Ursache haben, so wichtig zu tun. Soll ich nun die kleine Hirtin haben, oder soll ich sie nicht haben?

    Der Schornsteinfeger und die kleine Hirtin sahen den alten Chinesen rührend an, sie fürchteten sehr, er möchte nicken; aber er konnte nicht; und das war ihm unbehaglich, einem Fremden zu erzählen, daß er beständig eine Niete im Nacken habe. Und so blieben die Porzellanleute zusammen, und sie segneten des Großvaters Niete und liebten sich, bis sie in Stücke gingen.

    Der Floh und der Professor

    Es war einmal ein Luftschiffer, dem ging es verkehrt, der Ballon zersprang, der Mann plumpste herunter und ging in Stücke. Seinen Jungen hatte er zwei Minuten früher mit dem Fallschirm herabgeschickt, das war des Jungen Glück, er blieb unbeschädigt und ging umher mit großen Vorkenntnissen, um Luftschiffer zu werden, aber er hatte keinen Ballon und auch nicht die Mittel, sich einen zu verschaffen.

    Leben mußte er, und so verlegte er sich auf die Künste der Behendigkeit und darauf, mit dem Leib reden zu können, das heißt, Bauchredner zu sein. Jung war er und sah gut aus, und als er einen Bart bekam und gute Kleider anzog, konnte er für ein Grafenkind gehalten werden. Die Damen fanden ihn schön, ja, eine Jungfrau wurde so eingenommen von seiner Schönheit und seinen Behendigkeitskünsten, daß sie ihn zu fremden Städten und Ländern begleitete; dort nannte er sich Professor, weniger konnte es nicht sein.

    Sein ständiger Gedanke war, sich einen Luftballon zu verschaffen und in die Luft zu gehen mit seiner kleinen Frau, aber sie hatten noch nicht die Mittel dazu.

    Sie kommen! sagte er.

    Wenn sie nur wollten! sagte sie.

    Wir sind ja junge Leute! Und nun bin ich ein Professor, Krümeln sind auch Brot!

    Sie half ihm neulich, saß am Eingang und verkaufte Billette zu der Vorstellung, und das war ein kaltes Vergnügen im Winter. Sie half ihm auch in einem Kunststück. Er steckte seine Frau ins Schubfach, ein großes Schubfach; da kroch sie hinein ins Hinterfach, und dann war sie im Vorderfach nicht zu sehen; das war wie eine Augentäuschung.

    Aber eines Abends, als er das Schubfach aufzog, war sie auch fort von ihn; sie war nicht im Vorderfach, nicht im Hinterfach, nicht im ganzen Haus, nicht zu sehen, nicht zu hören. Das war ihre Behendigkeitskunst. Sie kam niemals wieder; sie hatte es satt, und er bekam es satt, verlor seine gute Laune, konnte nicht mehr lachen und Witze machen, und so kamen auch keine Leute hin; der Verdienst wurde schlecht, die Kleider wurden schlecht; er besaß zuletzt nur einen großen Floh, ein Erbstück von seiner Frau, und deshalb hielt er so viel auf ihn. So dressierte er ihn, lehrte ihn Behendigungskünste, lehrte ihn, das Gewehr zu präsentieren und eine Kanone abzuschießen, aber nur eine kleine.

    Der Professor war stolz auf den Floh, und der war stolz auf sich selber; er hatte etwas gelernt und hatte Menschenblut in sich und war in den größten Städten gewesen, von Prinzen und Prinzessinnen gesehen worden und hatte ihren hohen Beifall gewonnen. Das stand gedruckt in den Zeitungen und auf den Plakaten. Er wußte, daß er eine Berühmtheit war und einen Professor ernähren konnte, sogar eine ganze Familie.

    Stolz war er, und berühmt war er, und doch, wenn er und der Professor reisten, fuhren sie auf der Eisenbahn vierter Klasse; die geht ebenso schnell wie die erste. Es war ein stillschweigendes Gelübde, daß sie niemals sich trennen wollten, niemals sich verheiraten, der Floh wollte Junggeselle bleiben und der Professor Witwer; das kommt auf eins heraus.

    Wo man das größte Glück macht, sagte der Professor, dahin soll man nicht zweimal kommen! Er war ein Menschenkenner, und das ist auch eine Kenntnis.

    Zuletzt hatten sie alle Länder bereist, außer dem Lande der Wilden; und so wollte er hin zu dem Lande der Wilden; dort essen sie freilich Christenmenschen, das wußte der Professor, aber er war kein richtiger Christ, und der Floh war kein richtiger Mensch, so meinte er, daß er wohl dahin reisen könnte und einen guten Verdienst haben.

    Sie reisten mit dem Dampfschiff und mit dem Segelschiff; der Floh machte seine Künste, und so hatten sie freie Reise unterwegs und kamen zu dem Lande der Wilden.

    Hier regierte eine kleine Prinzessin, sie war erst acht Jahre, aber sie regierte; sie hatte Vater und Mutter die Macht genommen, denn sie hatte einen Willen und war so unvergleichlich reizend und unartig.

    Gleich, so wie der Floh das Gewehr präsentierte und die Kanone abschoß, wurde sie so eingenommen von dem Floh, daß sie sagte: Ihn oder keinen! Sie wurde ganz wild vor Liebe und war ja schon vorher wild gewesen.

    Süßes, kleines, vernünftiges Kind, sagte ihr eigener Vater, könnte man nur erst einen Menschen aus ihm machen!

    Dafür laß mich sorgen, Alter! sagte sie, und das ist nicht nett gesagt von einer kleinen Prinzessin, die zu ihrem Vater spricht, aber sie war wild.

    Sie setzte den Floh auf ihre kleine Hand.

    Nun bist du ein Mensch und regiert mit mir; aber du sollst tun, was ich will, sonst schlage ich dich tot und fresse den Professor.

    Der Professor bekam einen großen Saal, um darin zu wohnen. Die Wände waren aus Zuckerrohr, da konnte er hingehen und daran lecken, aber er war kein Leckermaul. Er bekam eine Hängematte, um darin zu schlafen, es war, als läge er in einem Luftballon, den Hatte er sich immer gewünscht und der war sein ständiger Gedanke.

    Der Floh blieb bei der Prinzessin, saß auf ihrer kleinen Hand und auf ihrem feinen Hals. Sie hatte ein Haar von Ihrem Kopf genommen, und das mußte der Professor dem Floh ums Bein binden, und so hielt sie ihn an das große Korallenstück gebunden, das sie im Ohrläppchen hatte.

    Das war eine herrliche Zeit für die Prinzessin, auch für den Floh, dachte sie; aber der Professor fühlte sich nicht zufrieden, er war ein Reisemensch, er liebte es, von Land zu Land zu ziehen, in den Zeitungen zu lesen von seiner Unterhaltendheit und Klugheit, daß er einen Floh lehren konnte, menschliche Taten zu tun. Tagaus, tagein lag er in der Hängematte, faulenzte und bekam sein gutes Essen, frische Vogeleier, Elefantenaugen und gebratenen Giraffenohren; die Menschenfresser leben nicht nur von Menschenfleisch, das ist eine Delikatesse. Kinderschultern mit scharfer Sauce, sagte die Prinzessinmutter, ist das Delikateste.

    Der Professor langweilte sich und wollte gerne fort von dem Lande der Wilden, aber den Floh mußte er mithaben, das war sein Wunder und Lebensunterhalt. Wie sollte er ihn kriegen und fangen. Das war nicht so leicht. Er spannte alle seine Denkkräfte an, und da sagte er: Nun habe ich es!

    Prinzessinvater, gönne mir, etwas zu tun! Darf ich die Bewohner des Landes üben im Präsentieren, das ist das, was man in den größten Ländern der Welt Bildung nennt!

    Und was kannst du mich lehren? fragte der Prinzessinvater.

    Meine größte Kunst, sagte der Professor, nämlich eine Kanone abzufeuern, so daß die ganze Erde bebt und all die leckersten Vögel des Himmels gebraten herabfallen! Das ist der Knall dabei!

    Komm mit der Kanone! sagte der Prinzessinvater.

    Aber im ganzen Land gab es keine Kanone außer der, die der Floh gebracht hatte, und die war zu klein.

    Ich gieße eine größere zurecht! sagte der Professor. Gib mir nur die Mittel! Ich muß feines Seidenzeug haben, Nadel und Faden, Tau und Schnüre und Magentropfen für den Luftballon, die blasen auf, machen leicht und erheben, die geben den Knall in dem Kanonenbau. Alles, was er Verlangte, bekam er. Das ganze Land kam zusammen, um die große Kanone zu sehen. Der Professor rief sie nicht, bevor er nicht den Ballon ganz fertig hatte, um ihn aufzufüllen und aufzusteigen.

    Der Floh saß auf der Hand der Prinzessin und sah zu. Der Ballon wurde gefüllt, er schwoll und konnte kaum gehalten werden, so wild war er.

    Ich muß ihn in der Luft haben, damit er abgekühlt werden kann! sagte der Professor und setzt sich in den Korb, der unter dem Ballon hing. Allen vermag ich nicht, ihn zu lenken. Ich muß einen kundigen Kameraden mithaben, um mir zu helfen. Hier ist keiner, der das kann, außer dem Floh!

    Ich gestatte es ungern! sagte die Prinzessin, aber sie reichte doch den Floh dem Professor, der ihn auf seine Hand setzte.

    Laßt Taue und Schnüre los! sagte er. Nun geht der Ballon!"

    Sie glaubten, er sagte: Die Kanone!

    Und dann ging der Ballon höher und höher, hinauf über die Wolken, fort von dem Lande der Wilden.

    Die kleine Prinzessin, ihr Vater und ihre Mutter, das ganze Volk standen und warteten. Sie warten noch, und glaubst du das nicht, so reise nach dem Lande der Wilden, dort spricht jedes Kind vom Floh und dem Professor, glaubt, daß sie wiederkommen, wenn die Kanone abgekühlt ist, aber sie kommen nicht wieder, sie sind daheim bei uns, sie sind in ihrem Vaterland, fahren auf der Eisenbahn erster Klasse, nicht vierter, sie haben einen guten Verdienst, einen großen Ballon. Keiner fragt, wie sie den Ballon bekommen haben oder woher sie ihn haben, sie sind angesehene Leute, geehrte Leute, der Floh und der Professor.

    Der Schatten

    In den heißen Ländern brennt die Sonne freilich anders als bei uns. Die Leute werden ganz mahagonibraun, ja, in den allerheißesten Ländern brennen sie gar zu Mohren. Aber es war nur zu den heißen, wohin ein gelehrter Mann aus den kalten Ländern gekommen war. Der glaubte nun, daß er dort umherlaufen könne wie zu Hause; aber das gewöhnte er sich bald ab. Er und alle vernünftigen Leute mußten drinnen bleiben. Die Fensterläden und Türen blieben den ganzen Tag über geschlossen; es sah aus, als schliefe das ganze Haus oder als sei niemand zu Hause. Die schmale Straße mit den hohen Häusern, wo er wohnte, war nun auch gerade so gebaut, daß die Sonne vom Morgen bis zum Abend darauf liegen mußte; es war wirklich nicht auszuhalten!

    Der gelehrte Mann aus den kalten Ländern, er war ein junger Mann und ein kluger Mann, meinte fast, er säße in einem glühenden Ofen. Das zehrte an ihm; er wurde ganz mager. Selbst sein Schatten schrumpfte zusammen; er wurde viel kleiner als zu Hause, die Sonne zehrte auch an diesem. Erst am Abend lebten sie auf, wenn die Sonne untergegangen war.

    Es war ein wahres Vergnügen, es mit anzusehen; sobald das Licht in die Stube gebracht wurde, reckte sich der Schatten an der Wand hinauf, ja sogar bis an die Decke hin, so lang machte er sich. Er mußte sich strecken, um wieder zu Kräften zu kommen. Der Gelehrte ging auf den Altan hinaus, um sich dort zu strecken, und sobald die Sterne aus der klaren, herrlichen Luft herabschimmerten, war es ihm, als ob er wieder auflebte. Auf allen Altanen der Straße und in den warmen Ländern hat jedes Fenster einen Altan kamen die Leute hervor; denn Luft muß man haben, selbst wenn man daran gewöhnt ist, mahagonifarben zu sein. Überall oben und unten wurde es lebendig. Schuhmacher und Schneider, alle Leute zogen auf die Straße hinaus, Tische und Stühle kamen zum Vorschein, das Licht brannte, ja, über tausend Lichter brannten, und der eine sprach und der andere sang; die Leute spazierten, die Wagen fuhren, die Esel trabten: klingelingeling! denn sie trugen Glöckchen. Da wurden die Toten unter Psalmengesang begraben, die Straßenjungen schossen mit Leuchtkugeln, und die Kirchenglocken läuteten; fürwahr, jetzt herrschte Leben in der Straße! Nur in einem Hause, gerade gegenüber der Wohnung des fremden gelehrten Mannes, war es ganz stille. Und doch wohnte dort jemand, denn auf dem Altan standen Blumen, die gar herrlich trotz der Sonnenhitze gediehen, das hätten sie nicht gekonnt, ohne begossen zu werden, und jemand mußte sie ja begießen. Leute mußten also da sein. Die Tür drüben zum Altan hinaus wurde auch des Abends geöffnet, aber drinnen war es dunkel, wenigstens in dem vordersten Zimmer. Tiefer innen ertönte Musik. Dem fremden, gelehrten Mann erschien diese Musik unvergleichlich schön. Aber das war möglicherweise auch nur Einbildung von ihm; denn er fand alles unvergleichlich schön draußen in den warmen Ländern, wenn nur keine Sonne dagewesen wäre. Der Wirt des Fremden sagte, er wisse auch nicht, wer das gegenüberliegende Haus gemietet habe, man sähe ja keine Leute, und was die Musik anginge, meinte er, daß sie gräßlich langweilig wäre. Es ist gerade, als säße einer und übte ein Stück, mit dem er nicht fertig werden kann, immer dasselbe Stück. Ich bekomme es noch heraus, denkt er, aber es gelingt ihm doch nicht, solange er, auch spielt.

    Eines Nachts erwachte der Fremde. Er schlief bei offener Altantür; da lüftete sich der Vorhang vor derselben im Winde, und es kam ihm vor, als ob ein wunderbarer Glanz von dem Altan gegenüber käme. Alle Blumen leuchteten wie Flammen in den herrlichsten Farben, und mitten zwischen den Blumen stand eine schlanke, liebliche Jungfrau; es war, als ob auch von ihr ein Glanz ausginge. Es blendete ihn fast, er hatte aber die Augen auch gewaltig aufgerissen, als er so plötzlich aus dem Schlafe kam. Mit einem Sprung stand er auf dem Fußboden und schlich sich ganz leise hinter den Vorhang,

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