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Romantic Thriller Spezialband 3040 - 3 Romane
Romantic Thriller Spezialband 3040 - 3 Romane
Romantic Thriller Spezialband 3040 - 3 Romane
eBook322 Seiten4 Stunden

Romantic Thriller Spezialband 3040 - 3 Romane

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Romane:
(399XE)


Saphire des Grauens (Ann Murdoch)

Unheimlicher Nordsturm (Jonas Herlin)

Das Erbe der Geister (Carol East)







Der Klingelton schnitt in ihr Bewußtsein wie mit einer Feuerlanze. Schlagartig erwachte Anke und richtete sich in ihrem Bett auf.

Das Klingeln wurde von einer blinkenden Warnlampe begleitet. Sie wußte: Wenn beides ansprach, dann war es besonders dringend, denn dann ließ ihr Vater nicht mehr den Daumen vom Rufknopf.

Sie brauchte nicht auf die Uhr zu schauen, um zu wissen, dass es mitten in der Nacht war. Eilig schlüpfte sie unter der warmen Decke hervor. Nun war auch der letzte Rest ihres süßen Traumes verflogen, und die grausame Wirklichkeit hatte sie wieder.

Es fröstelte sie leicht. Noch im Hinauslaufen streifte sie den Morgenmantel über, der sie wenigstens ein wenig wärmte. Diese dicken Mauern von Blackwood-Castle, das ihr Vater nach dem Vorbild eines englischen Schlosses hatte erbauen lassen, schienen immer nur kalt sein zu können, egal, wieviel man sie auch aufzuheizen versuchte. Im Hochsommer war das natürlich angenehm, aber zwischen den Jahreszeiten... Doch Anke wusste auch, dass es genauso war, wie ihr Vater es liebte, trotz seiner tödlichen Schwäche, die ihn nun schon seit drei Wochen an das Bett fesselte. Nur widerwillig war sie hergekommen, nicht aus Liebe zu ihrem Vater, sondern aus bloßem Respekt gegenüber seiner dominanten Persönlichkeit. Er, der vor Jahrzehnten aus Deutschland in die USA eingewandert war, lange vor ihrer Geburt, hatte kaum Anlass dazu gegeben, ihn zu lieben. Auch seiner eigenen Frau und Mutter von Anke nicht. Anke war überzeugt davon, dass ihre Mutter Kummer und Gram viel zu früh ins Grab gebracht hatte.
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum20. Aug. 2023
ISBN9783753210346
Romantic Thriller Spezialband 3040 - 3 Romane

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    Buchvorschau

    Romantic Thriller Spezialband 3040 - 3 Romane - Jonas Herlin

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

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    Alles rund um Belletristik!

    Saphire des Grauens

    von Ann Murdoch

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 104 Taschenbuchseiten.

    Bei einem Besuch in Venedig findet sich Clarice Ambrid zwischen zwei Verehrern wieder, Lord Culter und einem geheimnisvollen Magier. Schon bald darauf führt sie das Vermächtnis ihres Vaters auf gefahrvolle Wege. Enthüllungen bahnen sich an, und die junge Frau muss Entscheidungen treffen, die ihr sehr schwer fallen. Zudem zieht sie ein rätselhaftes Artefakt unentrinnbar in einen düsteren Abgrund hinein …

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    1

    Ein Luftzug ließ die Kerzen flackern, kalter Wind wehte über die Menschen hinweg, nackte Schultern erzitterten, vereinzelte Haarsträhnen bewegten sich, Gänsehaut fuhr Clarice Ambrid den Rücken hoch.

    Welcher Trottel hatte hier die Türen und Fenster aufgerissen?

    Der Durchzug ließ die Temperatur im altehrwürdigen Palazzo Cortese noch etwas tiefer sinken. Wie hat man diese alten Prachtbauten jemals heizen können, fragte sich die junge Frau, lachte dann aber über ihre eigene Frage. Meist war es in Venedig warm genug, zu heizen war nur selten notwendig. Früher standen auch in jedem Raum die sogenannten Kohlepfannen, die zumindest in unmittelbarer Nähe Wärme verbreiteten.

    Heute gab es hier eigentlich genug Menschen rundum, im Nebenraum spielte eine Kapelle im Rokoko-Kostüm, viele Paare drehten sich auf der Tanzfläche, und durch die Bewegung fror man auch nicht mehr.

    Karneval in Venedig.

    Clarice Ambrid, die vierundzwanzigjährige Maskendesignerin aus Edinburgh, hatte immer schon mal davon geträumt, an diesem Ereignis teilzunehmen. Nie wäre es ihr jedoch in den Sinn gekommen, dass dieser Traum so bald Wirklichkeit werden könnte. Doch seit sie Lymond Culter kannte, hatte sich ihr Leben grundlegend geändert.

    Der junge Lord hatte Clarice vor einigen Wochen fast mit dem Auto überfahren, zum Glück war ihr nichts passiert. Aus dem angebotenen Kaffee zur Entschuldigung war rasch eine tiefe Beziehung geworden, auch wenn sie manchmal dachte, dass irgendetwas zwischen ihnen nicht so war, wie es sein sollte. Aber Lymond hatte weitläufige Verwandte hier in Venedig, und so war es gekommen, dass Clarice eine Einladung in den Palazzo Cortese erhalten hatte.

    Kostüme waren vorgeschrieben, vorzugsweise aus dem Rokoko. Die Damen trugen verschwenderische Kleider mit weit ausladenden Krinolinen, auf den nackten Schultern schimmerte häufig glitzernder Puder, um den Hals lagen mehr oder weniger kostbare Colliers, und Hände mit langen Handschuhen fächelten sich übertrieben vornehm Luft zu. Die Herren trugen über hautengen Hosen verzierte Jacken und üppige Rüschenhemden. Perücken in Weiß oder in zarten Pastelltönen schimmerten im Licht der Kerzen, und die ganze Szenerie wirkte wie aus einem Traum entsprungen.

    Clarice fühlte sich in eine andere, falsche Zeit versetzt, doch dieser kleine Zwischenfall mit dem kalten Luftzug hatte die junge Frau aus den Gedanken gerissen. Sie war vertieft gewesen in die Überlegung, ob die Menschen der damaligen Zeit sich ebenso benommen hatten.

    Lymond kam lächelnd auf sie zu, in den Händen trug er Gläser mit Champagner, eines davon reichte er ihr.

    „Gefällt es dir?", formten seine Lippen über das Gemurmel der Leute und die Musik hinweg. Sie nickte.

    Contessa Cortese stand nicht weit entfernt. Die ältere Dame hatte ihren „lieben Neffen aus Schottland" herzlich begrüßt, ohne ihn jemals zuvor gesehen zu haben. Clarice war mit einem huldvollen Blick zur Kenntnis genommen worden, dennoch hatte sich das Oberhaupt der Familie Cortese nicht mehr um sie gekümmert.

    „Ich finde es ungewöhnlich, interessant – aber so ganz anders, als ich gedacht habe", gab sie zurück.

    „Oh, du hast sicher immer den Karneval in den Straßen und Kanälen im Hinterkopf. Dort findest du natürlich auch die Masken, die hier im Haus verpönt sind. Möchtest du dir das denn unbedingt ansehen?"

    „Gerne, ja, stimmte sie zu, und Lymond verzog das Gesicht. „Es gefällt mir nicht besonders. Lass mich noch darüber nachdenken. Jetzt komm, drüben im Salon gibt es eine besondere Vorführung. Tante Alessandra hat einen Magier engagiert, er soll verblüffend gut sein.

    Das klang interessant, auch deswegen, weil Clarice in ihrem Beruf beim Film arbeitete, wo die Masken und Tricks manchmal auch an Zauberei grenzten. Sie selbst baute Masken und Figuren aus Gummi und einer Vielzahl anderer Materialien, von denen einige so echt wirkten, dass sie später im Film ein eigenes Leben entwickelten. Das hatte allerdings nichts mit dem zu tun, was ein guter Zauberer zu zeigen im Stande war.

    Clarice folgte Lymond in den Salon, wo Stühle mit weichen Polstern und zierlichen Füßen bereit standen. Eine Bühne war etwas erhöht aufgebaut worden, sie lag noch im Dunkeln, ein Tisch war zu erkennen, und eine Art Röhre, die Clarice an eine Telefonzelle erinnerte.

    Der Saal wurde nicht voll. Entweder waren die Leute vom Tanz nicht wegzulocken, oder es wussten zu wenige, dass sich hier eine Attraktion anbahnte.

    „Francis Thysander, Magier" hatte auf einem Schild gestanden, das auf diese Weise dezent den Magier ankündigte.

    Lymond bestand darauf, dass sie beide gleich in der ersten Reihe einen Platz einnahmen. Nur rund zwei Dutzend Menschen interessierten sich für diese Darbietung, und zum ersten Mal an diesem Abend fühlte sich Clarice wohl. Sie mochte es nicht besonders, sich zwischen vielen Menschen aufzuhalten, und dieses bunte, laute Treiben im Palazzo Cortese hatte die Ausmaße eines Menschenauflaufs angenommen. Die Ruhe hier war direkt wohltuend. Lymond griff nach ihrer Hand, führte sie an seine Lippen und musterte ihre schlanke und doch sportliche Gestalt mit bewundernden Blicken.

    „Du siehst einfach zauberhaft aus, murmelte er. „In der alten Zeit hättest du selbst dem Dogen von Venedig den Kopf verdreht. Wie schade, dass du morgen schon wieder in die ganz normale Kleidung schlüpfen wirst. Ich wünschte, diese kleine Zeitreise würde länger dauern.

    Clarice lachte auf. „Ich bin ganz froh darüber, morgen wieder eine Hose und einen Pulli anziehen zu können. Diese Kleider sind doch sehr unpraktisch, und diese Perücke ist eine Katastrophe. Ich schätze, die Kammerzofen haben damals Unmengen an Zeit darauf verwendet die künstlichen oder auch echten Haare in kunstvolle Frisuren zu legen. Das alles dann nur, damit die vornehmen Damen bei jedem Schritt darauf achten mussten, sich nicht schnell oder unbedacht zu bewegen. Nein, danke, solche Zeitreise möchte ich nicht auf Dauer unternehmen."

    „Und doch siehst du phantastisch und fremdartig aus, so dass ich mich auf der Stelle in dich verlieben würde, wenn ich das nicht schon längst getan hätte."

    „Du bist ein Schmeichler, das muss wohl am Kerzenlicht liegen", erwiderte sie, genoss aber dennoch die Komplimente und Aufmerksamkeit des Mannes.

    Das Licht im Salon erlosch, hier hatte man auf die Beleuchtung durch Kerzen verzichtet, da auch für die Vorführung elektrischer Strom gebraucht wurde. Das leise Stimmengewirr erstarb, aller Aufmerksamkeit richtete sich auf die Bühne, wo ein einzelner Lichtpunkt scheinbar planlos durch den Raum tanzte. Es dauerte einen Augenblick, bis Clarice bei genauer Beobachtung darauf kam, dass der tanzende Lichtpunkt die Konturen eines Menschen zeichnete.

    Praktisch übergangslos wurde aus diesen Konturen ein Mann. Beeindruckend und neu, denn obwohl nicht nur Clarice auf genau diese Stelle geschaut hatte, war es keinem anderen gelungen, festzustellen, wie der Mann aufgetaucht war.

    Er schaute gezielt in die Augen der jungen Frau, sein Blick bohrte sich förmlich in den ihren, sie konnte gar nicht mehr wegschauen. Als er jetzt sprach, klang seine Stimme wie flüssiges Silber. Clarice schnappte nach Luft. So etwas hatte sie noch nie erlebt.

    „Guten Abend, geliebte Frau", sagte Francis Thysander, und sie war völlig verzaubert.

    2

    „Das geht ein bisschen zu weit, knurrte Lymond. Als Clarice nicht gleich antwortete, stupste er sie an, langsam erwachte sie wie aus einem Traum. „Du meine Güte, sag bloß, du findest diesen Kerl gut? Er hat gerade mal einen Trick vorgeführt wie ein schlechter Taschenspieler, und du himmelst ihn an. Das ist mir zu dumm. Komm, wir gehen.

    „Nein, ich möchte sehen, was er zu bieten hat", widersprach die Frau. Lymond, der schon aufgestanden war, ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken.

    „Was ist denn schon Besonderes an ihm dran?", machte er noch einen Versuch Clarice umzustimmen. Hinter ihnen wurde gezischt, der Mann war zu laut geworden.

    Francis auf der Bühne hatte mit einem amüsierten Funkeln in den Augen die kleine Auseinandersetzung registriert, die junge Frau aber weiter nicht beachtet. Vielleicht war es auch nur sein üblicher Trick, eine wildfremde Frau im Publikum auf diese Weise zu begrüßten. Er wandte sich um zu den dunklen Kulissen, machte eine Handbewegung, und eine Gestalt trat hervor, ganz in Schwarz gekleidet, bis auf eine rote Maske vor den Augen. Es handelte sich nicht um eine Frau, wie sie Zauberer mit öffentlichen Auftritten meist bevorzugten. Ein schlanker Mann war es, der sich jetzt auf die Röhre zu bewegte.

    „Der uralte Verschwinde-Trick", raunte Lymond.

    „Nun schweig, warst du es nicht, der mich erst hierher gebracht hat? Dann möchte ich jetzt auch gern weiter zusehen", gab Clarice auf die gleiche Weise zurück.

    Der Mann in der Röhre rüttelte nun an den Stäben, stampfte einmal mit dem Fuß auf und setzte sich auf den Boden. Clarice erwartete, dass ein Tuch über diesen Käfig fallen würde, so wie sie es schon öfter gesehen hatte. Aber Francis Thysander überraschte sein Publikum wiederum.

    Seine Bewegungen waren sparsam und kontrolliert, als er den rechten Arm hob und mit den Fingern einige Zeichen in die Luft malte.

    Der Mann im Käfig stöhnte einmal auf, erhob sich dann wieder, und während er aufstand, wurde aus ihm eine bildhübsche Frau. Langes goldblondes Haar fiel weit in den Rücken, aus dem schwarzen Anzug wurde ein mitternachtsblaues Kleid mit einem tiefen Ausschnitt, und das Lächeln der Frau verzauberte die anwesenden Männer. Beifall brandete auf, der so rasch nicht enden wollte.

    Francis verbeugte sich, aber es wirkte nicht, als wollte er sich für den Applaus bedanken, sondern als machte er sich über all die Leute hier lustig.

    Die nächsten Kunststücke waren das, was die meisten Menschen schon mehr oder weniger oft gesehen hatten, wenn auch wohl kaum in dieser Perfektion. Die Frau war längst wieder verschwunden, der Magier brachte seine Aufführung ganz allein dar.

    „Nun brauche ich jemanden aus dem Publikum, erklärte er. „Am besten gleich zwei Leute, ein Paar. Hier vorne haben wir die ideale Besetzung. Ich darf Sie beide bitten, zu mir zu kommen – Applaus bitte.

    Wieder klatschten die Leute, während Lymond sich noch sträubte. Clarice grinste ihn an. „Willst du hier einen Skandal auslösen? Ich glaube nicht, dass deine Tante besonders glücklich darüber wäre."

    Er verzog das Gesicht, nahm dann aber ihre Hand und stieg die Bühne hinauf. Als Clarice die beiden Männer sah, fiel ihr ins Auge, wie gegensätzlich sie schon auf den ersten Blick waren.

    Hier Lymond, braunes Haar, braune Augen, schlank, insgesamt aber etwas bieder und langweilig wirkend. Demgegenüber Francis Thysander, blond, gut einen halben Kopf noch größer, aufregende, unglaublich blaue Augen, eine Stimme, mit der man die Welt aus den Angeln heben konnte. Und eine Ausstrahlung, die in Unruhe versetzte.

    Clarice rief sich selbst energisch zur Ordnung. Was dachte sie denn da gerade? So ein Unsinn. Sie sah diesen Mann zum ersten und vermutlich auch zum letzten Mal. Sie sollte besser keine Parallelen ziehen. Trotzdem lief es ihr kalt über den Rücken, als sie in seinen Blick eintauchte. Eine Gefahr ging von diesem Mann aus, gleichzeitig eine seltsame Faszination, der sie sich nicht entziehen konnte.

    Lymond betrachtete den anderen Mann, als habe er tatsächlich einen Rivalen vor sich. So eine Einbildung.

    „Wie schön, dass Sie beide sich freiwillig zur Verfügung stellen. Dort drüben ist ein Podest, hier ein anderes. Nehmen Sie bitte darauf Aufstellung."

    Widerwillig ging Lymond zu seiner Seite, Clarice wurde auf den anderen Platz geleitet. Francis lächelte sie an.

    „Sie sind wunderschön, stellte er fest. „Aber in zwei Minuten werden Sie atemberaubend sein. Nach diesen rätselhaften Worten ging er in die Mitte der Bühne.

    Übergangslos wurde es dunkel um Clarice, das leise Raunen der Menschen verschwand, absolute Stelle herrschte um sie herum. Ihr wurde schwindelig, dann ein seltsamer Schmerz im ganzen Körper – und sie fand sich auf der anderen Seite der Bühne wieder. Aus dem Publikum kamen erstaunte Rufe, sie blickte an sich herab und konnte nicht glauben, was sie sah. Aus ihrem Kleid, das sie in einem Kostümverleih gefunden hatte, war eine flammende feuerrote Robe geworden, kostbare Seide fiel in üppigen Falten herab, am Saum durchbrochen von goldener Atlasseide und Brokat, besetzt mit Perlen.

    Lymond starrte sie an wie eine Erscheinung, und ringsum wollte der Beifall gar kein Ende mehr nehmen.

    Wütend wandte sich der junge Lord an den Magier. Mit einem strahlenden Lächeln half der allerdings erst einmal Clarice vom Podest.

    „Ich bitte Sie, dieses Kleid zu behalten, die andere Garderobe liegt am Ausgang für Sie bereit. Allerdings ist es kein Vergleich, sobald Sie die Möglichkeit haben, sich im Spiegel zu betrachten, werden Sie mir zustimmen. Lord Culter, ich danke Ihnen für Ihre Hilfe", sagte er dann und nahm dem anderen Mann quasi den Wind aus den Segeln.

    Die Vorstellung war nun beendet, Francis zog sich rasch zurück, so rasch, dass Clarice nicht einmal eine Frage stellen konnte.

    „Scharlatan, knurrte Lymond, schaute Clarice prüfend an und bequemte sich dann doch zu einem Lächeln. „Aber eines muss man ihm lassen. Geschmack hat er. Du siehst einfach umwerfend aus.

    „Das ist alles ganz schön verrückt", stellte sie fest und erholte sich langsam von ihrer Überraschung.

    „Ich glaube, wir haben gerade alles nur geträumt – so wie für mich dies alles nur ein Traum ist, erklärte die junge Frau lachend. „Komm lass uns träumend tanzen.

    Stunden später machten sie sich auf den Weg ins Hotel. Lymond mochte zwar verwandtschaftliche Beziehungen zum Palazzo Cortese haben, die reichten denn aber nicht aus, um ihm und seiner Begleiterin auch Wohnrecht als Gäste zu gewähren. Auf den Straßen, selbst auf den Kanälen herrschte weiterhin buntes Treiben, aber die beiden jungen Leute waren zu müde, um in dieser Nacht noch daran teilzunehmen.

    3

    Ein Traum in einem Traum?

    Clarice erwachte und brauchte einige Augenblicke, bis sie wieder wusste, wo sie sich befand. Ihre Träume waren wirr und beängstigend gewesen. Oder nein, nicht nur beängstigend, auch aufregend. Sie war durch ein düsteres Labyrinth gelaufen, eine sanfte betörende Stimme hatte sie geleitet oder vielleicht auch verfolgt. Blaue Augen versuchten sie zu bezwingen, Augen, aus denen ihr plötzlich Feuer entgegenschlug. Sie war auf der Suche gewesen – auf der Suche nach zwei Augen, die ... Ach, Unsinn, dieser Karneval in Venedig brachte sie wirklich völlig durcheinander. Ihr Blick fiel auf das rote Kleid, welches sie am Abend nur ausgezogen und achtlos über einem Stuhl liegen gelassen hatte. Das war mit Sicherheit kein Traum.

    Francis, der Magier. Ein ungewöhnlicher Mensch. Sie hatte sich gestern noch zusammen mit Lymond den Kopf zerbrochen, wie ihre Verwandlung vor sich gegangen war, aber sie wusste beim besten Willen nichts dazu zu sagen.

    „Dieser Kerl hat dich hypnotisiert", behauptete der Mann.

    „Dann muss er das mit dir auch gemacht haben, und mit dem ganzen übrigen Publikum. Aber vielleicht will ich es auch gar wissen. Überleg nur mal, wie lange es dauert, diese Roben richtig anzuziehen. Er müsste auch die Zeit angehalten haben."

    „Er hat dich sehr beeindruckt, nicht wahr?"

    Clarice spürte den lauernden eifersüchtigen Unterton in seinen Worten. Sie lachte auf und legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.

    „Natürlich hat er mich beeindruckt, ebenso wie dich, gib es ruhig zu. Aber jetzt sollten wir das Thema wechseln, es führt zu nichts. Soll er sein Geheimnis behalten, es bleibt ein bisschen Zauber zurück."

    So ganz war Lymond nicht einverstanden gewesen, hatte sich dann aber ihrem Wunsch gefügt. Und heute nun wollten sie sich unter den Karneval auf den Straßen, Plätzen und Kanälen mischen.

    Auf dem Markusplatz herrschte ein unglaubliches Treiben, in den Kanälen, in den Gondeln, wimmelte es von Menschen, und an jeder Ecke gab es neue Maskeraden zu bestaunen. Die traditionellen venezianischen Masken hatten Clarice seit jeher fasziniert. Ein völlig fremdes, neutrales Gesicht ohne Emotionen unter einem Umhang mit einer Kapuze gewährte absolute Anonymität, obwohl heutzutage oftmals nur die Hälfte des Gesichts bedeckt war. Auch hier herrschte die Garderobe vergangenen Zeiten vor, aufwendige Kleider für die Damen, streng geschnittene Anzüge und Hemden für die Herren, ein Zwei- oder Dreispitz und ein Umhang. Der Phantasie waren selbstverständlich keine Grenzen gesetzt.

    Clarice hatte sich bereits in ihr Kostüm gekleidet. Da sie nicht so gern mit dem hinderlichen Kleinkram durch die Straßen laufen oder mit der Gondel fahren wollte, hatte sie sich schon im Vorfeld entschieden, als Mann aufzutreten. So trug auch sie heute eng anliegende Hosen, ein Rüschenhemd mit Spitzen an den Manschetten, einen schwarzen Gehrock und darüber einen Umhang, der außen schwarz schimmerte, innen jedoch mit violetter Seide gefüttert war.

    So saß sie schon am Frühstückstisch, den Umhang auf einen Stuhl gelegt, als auch Lymond endlich erschien. Er wirkte müde und übernächtigt, doch seine Miene hellte sich auf, als er Clarice erblickte. Anerkennend musterte er ihren Aufzug, dann lachte er leise.

    „Du wirst deine wundervollen roten Haare unter der Kapuze verstecken müssen. Sonst glaubt niemand, dass du ein Mann bist."

    „Oh, wir haben Karneval – Narrenfreiheit, gab sie zurück. „Geht es dir nicht gut?

    „Ich habe rasende Kopfschmerzen, gestand er. „Aber nach einem Kaffee und zwei Aspirin wird es sicher besser werden. Schließlich haben wir heute noch etwas vor.

    Lymond war ähnlich gekleidet wie Clarice, allerdings hatte er farbenfrohe Kleidung gewählt, sein Gehrock leuchtete wie ein Regenbogen, und der Umhang war mit seltsamen Zeichen bedeckt.

    In diesen Tagen schlief Venedig nicht, überall herrschte rund um die Uhr der Mummenschanz. Es war nicht schwer, für die beiden, sich unter das fröhliche Volk zu mischen. Auf dem Markusplatz spielte unter den Kolonnaden eine Kapelle Musik, wie sie vielleicht auch schon Leonardo oder Michelangelo gehört haben mochten.

    Clarice und Lymond stiegen aus der Gondel, die sie hier bis zur Anlegestelle gebracht hatte. Gleich waren sie umringt von einer ganzen Gruppe Menschen, ähnlich gekleidet wie sie selbst, die in raschem Italienisch auf sie einsprachen. Lymond beherrschte die Sprache nicht gerade fließend, und Clarice noch viel weniger. Aber der Sinn der Worte war eindeutig, man lud sie ein. Nun, warum eigentlich nicht, sie waren hier, um sich zu amüsieren. Alle fassten sich bei den Händen und tanzten über den Markusplatz.

    Lymond und Clarice befanden sich in der Mitte der langen Reihe, hatten keine Ahnung, wohin der Weg führte. Erst als sie ein gutes Stück weit in einen Palazzo hineingezogen wurden, versuchten sie auszubrechen. Doch lachend wurden sie weiter gedrängt. Ein riesiger Saal, festlich geschmückt, ähnlich wie im Palazzo Cortese, nahm die fröhliche Gruppe auf. Eine Kapelle saß auf einem Podest und spielte, Paare drehten sich zur Musik, und der Klang war fast unwiderstehlich. Lymond nickte verlegen.

    „Ich will nicht hoffen, dass der Hausherr uns gleich wieder hinauswirft, wenn er feststellt, dass wir nicht eingeladen sind. Tanzt du mit mir?"

    Clarice war wie verzaubert, sie nickte stumm und streckte die Arme aus. In diesem Moment wurde der Mann von einer anderen Frau zur Seite gezogen. „Schöner Fremder, jetzt gehörst du mir", sagte sie. Es verwunderte ihn nicht, dass sie Englisch sprach.

    Clarice lächelte, dann eben nicht. Sie schaute sich um. Dort drüben, an der langen Wand, war ein langes Büfett aufgebaut, auch eine Bar mit Getränken war vorhanden. Eine gute Idee, die junge Frau hatte Durst. Mit einem Glas Wasser stand sie da und beobachtete die Menschen. All diese Masken und Verkleidungen – nun, vielleicht konnte sie ja das eine oder andere später in ihre Arbeit einfließen lassen.

    „Gefällt Ihnen mein Fest?"

    Clarice fiel fast das Glas aus der Hand, als sie die Stimme erkannte. Francis Thysander? Sein Fest? Sie drehte sich zur Seite.

    Ja, da stand er und strahlte sie an. Clarice machte eine umfassende Handbewegung.

    „Gehört das Ihnen? Haben Sie das geplant?"

    Er nickte, nahm sie beim Arm und führte sie ein wenig zur Seite, wo der Klang der Musik und der Lärm der Menschen nur noch gedämpft zu hören waren.

    „Ich musste Sie unbedingt wiedersehen, und wo wäre die Gelegenheit besser als beim Karneval?"

    „Sie sind ein außergewöhnlicher Mensch. Doch ich glaube nicht, dass das eine gute Idee war. Sie runzelte die Stirn. „Diese Gruppe von Leuten hat uns am Markusplatz regelrecht erwartet. Haben Sie uns etwa beobachten lassen?

    „Nicht Sie beide, schränkte der Mann ein. „Ich gebe zu, ich hatte gehofft, Sie wären allein unterwegs. So muss ich Ihren Begleiter als notwendiges Übel hinnehmen. Doch für ihn wird gesorgt, sehen Sie? Er deutete in eine Richtung, mitten im Gewimmel der ausgelassen feiernden Menschen tanzte Lymond selbstvergessen mit einer Frau. Die schien eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr selbst zu haben, und Francis nickte, als habe er ihre Gedanken erraten.

    „Lord Culter wird sich später nicht daran erinnern, von Ihrer Seite gewichen zu sein. Aber nun wollen wir doch nicht länger über unwichtige Nebensächlichkeiten reden. Ich habe Sie hierher ..."

    „Nein, stieß Clarice hervor und wich zurück. Angst und Abneigung malten sich in ihrem Gesicht. „Wer sind Sie? Was sind Sie? Woher haben Sie die Macht Menschen nach Lust und Laune zu manipulieren? So geht es nicht, Mr. Thysander. Menschen sind keine Marionetten, die Sie nach Belieben hin und her schieben können. Ein solches Benehmen verabscheue ich zutiefst. Feiern Sie weiter, Sir, aber ohne mich und meinen Begleiter.

    Sie wandte sich ab und wollte davonlaufen, ihre Füße schienen jedoch wie am Boden fest gewachsen. Francis gab sich völlig unbeeindruckt von ihrem Ausbruch. Er hatte aufmerksam zugehört, doch ihre Worte schienen ihn nicht zu treffen.

    „Sie sind viel zu erregt, Clarice Ambrid. Da trifft man rasch eine Entscheidung, die man später bereut. Das sollten Sie nun wirklich nicht tun. Kommen Sie, tanzen Sie mit mir, und Sie werden sehen, dass ich ausgesprochen charmant und nett sein kann. Alles andere spielt im Augenblick keine Rolle. Bitte, Clarice, schenken Sie mir einen Tanz. Kommen Sie." Seine Stimme war zu einem betörenden Murmeln herabgesunken, senkte sich tief in sie hinein, und die junge Frau konnte sich dem beschwörenden Klang nicht entziehen. Wie in Trance reichte sie ihm die Hand, obwohl in ihr jede Faser danach schrie, aus der verwirrenden Nähe dieses Mannes zu verschwinden. Aber sie konnte nicht fliehen, sie war bezwungen von der Ausstrahlung des Mannes mit den unglaublich blauen Augen, in denen sie glatt ertrinken konnte. Ihre Füße bewegten sich ohne ihr Zutun.

    Francis lächelte, und die Welt ringsum versank.

    Die Kapelle spielte einen Walzer, und Clarice drehte

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