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Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die Schwarze Stadt
Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die Schwarze Stadt
Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die Schwarze Stadt
eBook340 Seiten4 Stunden

Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die Schwarze Stadt

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Über dieses E-Book

Von Cornelius' Tod aufgewühlt, machen sich der magische Löffel Drachenzunge und der Drache Paternus gemeinsam auf zu Drachenzunges zweiter Abenteuerreise. Ihre Suche nach anderen Drachen führt sie tief in die verschneiten Bergregionen östlich der Drachenberge.
Als sie Terg verlassen und entlang der Rhun hinauf ins Gebirge reisen, ahnen sie noch nichts von den schicksalhaften Begegnungen und Abenteuern, die ihnen bevorstehen. Sie finden Freunde an längst vergessenen Orten. Sie kämpfen auf Leben und Tod gegen die lebendigen Schatten. Sie ziehen mit ihren treuen Verbündeten in den aussichtslos scheinenden Krieg gegen die Schwarze Stadt. Das Schicksal der gesamten freien Welt liegt in ihren Händen. Werden sie die Schwarzen Magier bezwingen und ihre verwerflichen Pläne durchkreuzen? Können sie die Welt vor der Zerstörung durch das lebendige schwarze Feuer bewahren? Begleiten sie die ungewöhnlichen Helden Drachenzunge und Paternus in eine von Zauber und Zerstörung beherrschte Welt voller Abenteuer und Entdeckungen.


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Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die Schwarze Stadt ist für Leserinnen und Leser ab dem Alter von 12 Jahren bis ins hohe Alter geeignet. Das Buch hat sozusagen FSK 12. Es handelt sich nicht um ein Kinder- oder Jugendbuch, sondern um Fantasy für alle Altersklassen.

Ich schreibe dies, da auf manchen Plattformen die Einstufung "ab 12 Jahren" beispielsweise in eine Angabe "Altersklasse 10-14 Jahre" geändert wird. Dies ist hier explizit nicht gemeint.

Es ist nicht notwendig, den ersten Band von Drachenzunges Reisen gelesen zu haben, bevor man den zweiten Band liest. Es wird aber empfohlen, da die Bücher inhaltlich aufeinander aufbauen.

Mehr Informationen zum Buch und zum Autor auf www.Drachenzunge.com.

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Bisher erschienen in der Buchreihe Drachenzunges Reisen von Thomas Wehlus:
Drachenzunge - Seine erste Reise: Der letzte Drachenreiter, ISBN: 978-3-755-79930-6
Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die Schwarze Stadt, ISBN: 978-3-756-24059-3
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SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum23. Nov. 2022
ISBN9783756896332
Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die Schwarze Stadt
Autor

Thomas Wehlus

Thomas Wehlus wurde 1980 in Worms am Rhein geboren. Heute ist er glücklich verheiratet und Vater von vier Kindern. Er lebt mit seiner Familie in Regensburg. Wenn er Zeit hat, erfindet er Geschichten.

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    Buchvorschau

    Drachenzunge - Seine zweite Reise - Thomas Wehlus

    Für meine Familie.

    Bisher erschienen in der Buchreihe

    Drachenzunges Reisen von Thomas Wehlus:

    1. Drachenzunge - Seine erste Reise:

    Der letzte Drachenreiter

    ISBN: 978-3-755-79930-6

    2. Drachenzunge - Seine zweite Reise:

    Die Schwarze Stadt

    ISBN: 978-3-756-24059-3

    DANKE allen, die durch ihre Unterstützung der StartNext Kampagne, zum Erscheinen von

    Drachenzunge - Seine zweite Reise - Die Schwarze Stadt beigetragen haben:

    Elke und Alexander Uffinger, Augsburg

    Christian Kolb, Kleestadt

    Uwe Stenzel, Regensburg

    Peter und Brigitte Wilz, Worms

    Lena, Dormagen

    Kapitelübersicht

    Der Drache Cornelius

    Die Reise nach Osten

    Die Zwerge unter dem Berg Dhul

    Schatten in der dunklen Nacht

    Die Ruhe vor dem Sturm

    Eine helle Nacht vor einem dunklen Morgen

    Der Angriff auf die Schwarze Stadt

    Kazgasch

    Der Winter naht

    Das Glück, Freunde zu haben

    Der Drache Cornelius

    Cornelius schaute aus dem Fenster. Draußen war es wolkig und trübe. Die Sonne war hinter den Wolken versteckt und lediglich ein fahles Licht erhellte die Höhle des alten Drachen. In den letzten Wochen war er wieder müde geworden und schlief lange, manchmal tagelang. Aber heute war er einigermaßen wach und saß im Schaukelstuhl am Fenster im fahlen Licht. Er war guten Mutes, auch wenn ihn seit einiger Zeit ein Gedanke plagte, der ihn auch heute wieder beschäftigte. Es war das Ende eines kalten Winters und die Sonne gewann jeden Tag ein wenig Kraft. Heute war sie zwar nicht zu sehen, aber das tat seiner guten Stimmung keinen Abbruch, vor allem, weil Paternus und Drachenzunge zu Besuch waren. Draußen lagen die Berggipfel noch tief verschneit, aber in seiner Drachenhöhle war es warm.

    Drachenzunge und Paternus waren in der Küche und bereiteten Kaffee und Kuchen zu. Cornelius freute sich über die Gesellschaft der beiden. Seit Drachenzunge von seiner ersten Reise mit Wolfgang zurückgekehrt war und wieder bei Cornelius lebte, war der alte Drache oft sehr glücklich gewesen. Er genoss das gemeinsame Kochen und die guten Gespräche mit Drachenzunge. Paternus schaute alle paar Tage vorbei, um nach dem Rechten zu sehen und Nachrichten von Wolfgang und Julia aus Terg zu überbringen.

    Paternus kam mit einem Tablett in das Zimmer. Drachenzunge schwebte neben ihm und trug eine große Kaffeekanne in seiner Löffelschale. Als sich alle gesetzt hatten und jeder ein Stück Kuchen vor sich hatte, saßen sie eine Weile schweigend beisammen. Nur das Schlürfen und Schmatzen der Drachen war zu hören. Dann wischte sich Cornelius mit einem Tuch den Mund ab und ergriff das Wort: „Das war vorzüglich. Drachenzunge, du kochst und backst wirklich wunderbar. Ich bin so dick geworden, seitdem du zurück bist, dass ich gar nicht weiß, ob ich noch fliegen kann. Ich werde vom Berg fallen wie ein Stein, wenn ich es versuche. Zum Glück liegt Schnee im Tal, um mich weich aufzufangen." Er grinste über das ganze Gesicht. Drachenzunge errötete ein wenig.

    Cornelius fuhr fort: „Ich war der stärkste und wildeste der Menschen. Dann wurde ich erwählt, ein Drache zu werden. Die Zauberer verbrachten einen Tag und eine Nacht mit dem Ritual. Ich war der Erste der wenigen Drachen, die erschaffen wurden. Das war vor fast tausend Jahren, als das Böse über die Welt rollte und alles zu verschlingen drohte. Feuer regnete vom Himmel und die Welt verschwand im Rauch. Es war eine traurige Zeit voller Verlust und Angst. Wir Drachen waren ein Zeichen der Hoffnung, geboren aus Magie, um der dunklen Kraft des Feindes entgegenzutreten. Ilia, Siegfried, Amelia, Herekles, Enai und wie sie alle hießen." Er schaute aus dem Fenster in die Weite und hielt eine Weile inne.

    Seine Gedanken schweiften zurück durch die Zeit. So viel war passiert. Mächtige Könige waren gekommen und gegangen. Tausend Mal war aus dem warmen Sommer der goldene Herbst, aus dem Herbst der kalte Winter und aus dem Winter schließlich wieder der Frühling geworden. Der blühende Frühling, der auch damals die Hoffnung brachte, nach den dunklen Jahren. Vieles vom Ende des Ersten Zeitalters hatte er vergessen. Aber er war einer der wenigen, die sich noch an den Zeitenwechsel erinnern konnten, die selbst dabei gewesen waren. Plötzlich kam die verdrängte Erinnerung an den Schmerz. Der Schmerz nach dem gewonnenen Krieg, jedes Jahr einen anderen Freund an die Zeit zu verlieren. Die Sehnsucht wieder ein Mensch zu werden, sterblich zu sein.

    Das Gefühl in seinem Inneren kam ganz plötzlich. Ein Stechen und Summen. Genau wie damals. Ihm wurde mulmig zumute. Sollte heute der Tag sein?

    Cornelius sprach weiter: „Ich habe nicht jeden Tag als Drache genossen. Gerade am Anfang habe ich mir oft gewünscht, wieder ein Mensch zu sein. Deshalb lebten die Drachen auch nach dem Krieg noch mit den Menschen zusammen. Nach dem Krieg lebten wir eine Weile gemeinsam in den Drachenbergen. Die verbliebenen Magier stellten ihre Kraft in den Dienst der Drachenreiter. Menschen und Drachen sicherten den Frieden, den sie so hart errungen hatten. Die anderen Völker hatten sich in ihre Reiche zurückgezogen. Nicht alle, die gekämpft hatten, wollten Teil der Allianz bleiben. Aber Drachen und Menschen standen für eine Weile füreinander ein."

    Cornelius trank einen Schluck aus seiner Tasse, dann fuhr er fort: „Doch die Menschen vergaßen all zu schnell. Schon nach hundert Jahren war der Krieg vergessen. Kaspian vom Rosental war der Letzte, der den alten Orden weiterführen wollte, doch die Drachen waren fast alle schon fort. Ich war der Einzige hier in den Bergen." Cornelius schaute prüfend in die Runde.

    „Das hast du noch nie erzählt, rief Drachenzunge, „du warst mal ein Mensch?

    „Vor ganz langer Zeit. Ich bin nicht aus einem Ei geschlüpft wie Paternus."

    Cornelius sah Paternus prüfend an. Paternus war groß geworden. Ein stattlicher Drache, wenn auch etwas zu dick. Aber das würde sich ändern, wenn Cornelius einmal nicht mehr sein würde. Dann würde sich Paternus sicher aufmachen, um die Welt zu erkunden. Er hatte das Vorrecht genossen, Paternus aufwachsen zu sehen. Hatte sich um ihn gekümmert, wie um einen eigenen Sohn. „Paternus war der Sohn, den ich nie hatte", durchzuckte es Cornelius.

    Das innere Brummen wurde stärker. Der Ort, an dem die Perlen eingeschlossen waren, vibrierte. Jetzt war er sich sicher. Heute würde der Tag sein.

    Er zwinkerte dem jüngeren Drachen zu. „Das ist jetzt aber auch schon eine ganze Weile her", meinte Paternus lachend.

    „Paternus ist ein Kind der Liebe. Einer der Drachen, die nicht durch Magie erschaffen wurden. Leider mussten seine Eltern Ilia und Enai fliehen, als er sehr klein war, und konnten ihn nicht mitnehmen. Ich konnte ihn bei mir verstecken. Das war vor etwa sechzig Jahren, als die Drachenjäger ihr Unwesen trieben. Ich habe nie wieder von ihnen gehört."

    Paternus schnaubte: „Ich frage mich, was aus ihnen geworden ist. Ich würde sie doch immer noch gerne wiedersehen. Auch nach all den Jahren. Gibt es noch Drachenjäger?"

    „Ich habe zum Glück seit langer Zeit keinen mehr gesehen." Cornelius legte sich im Sessel zurück und schloss kurz die Augen.

    Cornelius reiste im Traum zu den Sternen. Er ließ seine Drachenhülle zurück. Sie zerfiel zu Staub. Er war frei. Ein Blitz in der Dunkelheit. Ein Nebel am Morgen. Ein Tautropfen auf einem Blatt nach einem Sommerregen. Alles und nichts, aber frei. Er lächelte.

    „Er schläft wieder, sagte Drachenzunge. Paternus nickte. „Ich frage mich immerzu, was aus meinen Eltern geworden ist. Ich war gerade geschlüpft, als meine Mutter von Drachenjägern aufgespürt wurde. Sie jagten sie unbarmherzig und sie rettete sich zu unserem Unterschlupf. Mein Vater und meine Mutter versuchten die Drachenjäger zu vertreiben, aber es gelang ihnen nicht. Schlimmer noch. Meine Eltern wurden von einem Zauber der Drachenjäger getroffen, der sie leicht auffindbar machte. Egal wohin sie flohen, am nächsten Tag waren die Jäger wieder bei ihnen. Auf ihrer Flucht trafen sie Cornelius. Er versprach auf mich aufzupassen, bis die Drachenjäger aufgeben würden und meine Eltern mich wieder abholen könnten. Sie sind nie zurückgekehrt.

    „Warum jagen sie euch Drachen?", fragte Drachenzunge.

    „Wegen unserer Kraft und dem Feuer in uns. Sie verwenden uns als Waffe gegen ihre Feinde. Manche wissen außerdem von den magischen Perlen, sagte Cornelius, der wieder aufgewacht war. „Die Perlen sind in uns und geben uns unsere Kraft, so wie sie dir Kraft geben, Drachenzunge. Man kann sie benutzen, um Zauber zu wirken. Sie sind sehr wertvoll und sehr selten geworden.

    Cornelius nahm wieder einen Schluck Tee und schaute lange aus dem Fenster. „Ihr werdet euch sicher fragen, warum ich euch das erzähle." Paternus und Drachenzunge nickten.

    Es würde schneller gehen als gedacht. Er musste sich beeilen. Er hatte immer gedacht, es würde langsam kommen. Aber die Perlen brummten schon so sehr, dass er meinte, er würde zerspringen. Es musste jetzt sein. Er musste es ihnen sagen. Eine Erinnerung durchzuckte ihn. Perlen dürfen nicht in die Sonne. Das musste er ihnen noch sagen. Er schaute Drachenzunge und Paternus an. Er liebte sie beide sehr. Er hatte es nie über das Herz gebracht, es Paternus und Drachenzunge zu sagen.

    „Was ich euch eigentlich sagen wollte, ist etwas ganz anderes. Als ich erschaffen wurde, waren die Magier noch ungeübt. An manchen Stellen des Rituals mussten sie improvisieren. Meine Lebenszeit als Drache ist daher begrenzt auf ungefähr eintausend Jahre. Meine Zeit als Drache geht heute zu Ende. Meine Drachengestalt wird schwach und müde und bald werde ich ganz von dieser Welt verschwinden. Alles was zurückbleiben wird, sind die Perlen, mit denen ich verzaubert wurde. Die rohe Kraft ihrer Magie wird mich überdauern. Warum erzähle ich euch das? Cornelius schaute auf und sah den beiden in die Augen. „Solange die Perlen nicht erneut Teil eines Zaubers sind, dürfen sie auf keinen Fall der Sonne ausgesetzt werden. Wenn die Perlen der Sonne ausgesetzt werden, dann verderben sie und wecken das Böse bei allen, die mit ihnen in Kontakt kommen. Habt ihr das verstanden? Es ist wichtig!

    Drachenzunge und Paternus nickten. Sie hatten beide einen Kloß im Hals und wussten nicht recht, was sie sagen sollten.

    „Aber sicher wird das noch eine Weile dauern!", rief Drachenzunge, um die Stimmung etwas aufzuhellen. Er konnte sich ein Leben ohne den alten Drachen nicht vorstellen.

    Cornelius lächelte ihn liebevoll an und sprach: „Drachenzunge, mein lieber Drachenzunge. Ich wünschte, es wäre so. Aber so ist es nicht. Es wird heute sein. Ich werde meinen Drachenkörper zurücklassen und zu den Sternen reisen, wo meine Freunde auf mich warten. Ich war sehr glücklich mit euch beiden in den letzten Monaten. Ihr habt mir meine Lebenskraft zurückgegeben und mir gezeigt, dass es sich lohnt zu leben. Mehr noch. Ich liebe euch beide sehr. Ich werde immer bei euch sein. Aber meine Kraft schwindet und der Feuerlilientrank verliert nun endgültig seine Wirkung. Vergesst mich nicht. Ich werde euch auch nie vergessen. Eine dicke Drachenträne kullerte über Cornelius‘ Gesicht. Auch Paternus und Drachenzunge weinten. Drachenzunge sagte schließlich: „Wir werden dich auch nicht vergessen, alter Freund.

    Cornelius spürte, wie sich die Verbindung aufbaute. Die Perlen überlagerten ihre Schwingungen, genau wie damals. Wenn die Resonanz erreicht war, war es zu Ende. Es war nur noch eine Frage von Minuten. Dann hörte er die Stimmen. Sie riefen ihn.

    In der Ferne donnerte es und dunkle Wolken stoben über den Himmel. Das Gewitter kam schnell näher. Ein Blitz zuckte um die Berge und schlug ganz in der Nähe in einen Berggipfel ein. Der Lichtblitz tauchte den Raum für kurze Zeit in ein gleißendes Licht. Die Drachen und der fliegende Löffel warfen scharfe Schatten an die weiße Wand der Höhle. Nahezu gleichzeitig ertönte ein ohrenbetäubender Donnerschlag.

    Als der Donner verflogen war, sagte Cornelius: „Geht nun. Es ist so weit. Es ist noch so viel zu sagen und doch so wenig Zeit. Sie rufen mich bereits. Auf Wiedersehen, meine Freunde. Grüßt Julia und Wolfgang von mir. Ich hätte sie gerne nochmal besucht, aber ich war so müde."

    Paternus umarmte den alten Drachen, dann ging er wortlos hinaus. Viele Worte waren nicht sein Fall. Cornelius drückte Drachenzunge an sich.

    „Auf Wiedersehen, mein Freund", sagte Cornelius nochmals.

    „Ich werde dich so vermissen, weinte Drachenzunge. „Denk an mich, wenn du traurig bist. Ich werde immer bei dir sein. Du wirst es sehen. Er zwinkerte dem Löffel zu. „Nun geh. Die Zeit ist nah und ich möchte nicht, dass dir etwas passiert."

    Drachenzunge rief: „Auf Wiedersehen, mein Freund." Er schwebte zur Tür des Zimmers hinaus. Cornelius saß noch in seinem Schaukelstuhl. Dann sprang er auf und ging eilig zu einer Kommode.

    Der Drache und der verzauberte Löffel standen vor der Höhlentür im Schnee. Hier war eine ebene Fläche zum Starten oder Landen angelegt worden, die mehreren Drachen Platz bot. Der Schnee war tief und es wehte ein kalter und unbarmherziger Wind. Cornelius hatte weitgehend auf das Schneeräumen verzichtet und die wenigen Besucher hatten es ihm bisher nicht übel genommen. Paternus zitterte leicht in der Kälte, nach dem langen Sitzen in der warmen Drachenhöhle und den überraschenden und traurigen Neuigkeiten.

    Es war nicht nur ein äußerliches Zittern, auch sein Innerstes fühlte sich an, als würde es zerreißen. Das Gefühl seinen Ziehvater zu verlieren, ließ ihn hilflos und verzweifelt zurück. Vor allem, dass er nichts tun konnte, dass er es einfach hinnehmen musste, machte ihn fast wahnsinnig. Er ballte seine Krallen zu Fäusten und presste so fest zu, dass sie schmerzten. Seine Knöchel traten hell hervor. Die Kälte des Windes und des eisigen Schnees ließen ihn schließlich etwas ruhiger werden.

    Frostige Windböen fauchten um den Berggipfel und es war fast, als würde man wilde Stimmen in ihnen hören, die in einer alten Sprache nach jemandem riefen. Aus weiter Ferne hörten sie ein dumpfes Donnergrollen.

    „Das Beste, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, ist ein Aufenthalt im Freien", meinte Paternus.

    „Da hast du wohl recht", antwortete Drachenzunge. Er war in Gedanken versunken und dachte an die vergangene Zeit mit Cornelius. Würde er wirklich für immer verschwinden? Einfach so und ganz plötzlich? Das konnte nicht sein. Es war bestimmt ein Missverständnis, das sich bald aufklären würde und über das dann alle herzhaft lachen würden. Paternus würde ihm sicher zustimmen.

    „Was denkst du über Cornelius?", fragte er.

    Paternus schwieg lange. Dann sagte er leise: „Er ist schon sehr alt und er hat sich lange nach dem Ende gesehnt. Es macht mich traurig, dass er bald fort sein wird, aber gleichzeitig auch froh. Ich habe ihn seit langen Jahren nicht mehr so glücklich und zufrieden gesehen. Das ist auch dein Verdienst, als sein engster Freund."

    Drachenzunge errötete. Dann sagte er leise: „Ich mag den alten Drachen. Er hat mich erweckt und die meiste Zeit habe ich bei ihm verbracht. Er hat mir so viel beigebracht. Er ist wie ein Vater für mich. Bist du dir sicher, dass er sterben wird? Vielleicht ist das ja alles ein großes Missverständnis?"

    Paternus wollte etwas erwidern. Er hatte schon seinen Mund geöffnet, da hielt er mitten in der Bewegung inne und spitzte die Ohren. Aus der Höhle von Cornelius kam ein tiefes Summen. Es war noch leise, schwoll aber schnell und stetig an. Wie ein riesiger Bienenschwarm, der sich mit rasender Geschwindigkeit näherte.

    „Da kommt ein Summen aus der Höhle, sagte er schließlich. „Hörst du das auch?

    Drachenzunge nickte. Licht drang aus den Fenstern der Höhle. Klares, helles Mondlicht, aber tausendfach heller. Es kam durch die Türen und Fenster, aber auch durch die Wände der Höhle und die Steine des Berges. Das Summen war so laut, dass sich Paternus die Ohren zuhalten musste. Die Helligkeit blendete ihn und er schloss die Augen. Nur Drachenzunge sah, wie im Licht der Schatten eines großen, stattlichen Drachens davonflog und im Himmel verschwand. Alles ging sehr schnell. Kaum war der Drache im Himmel verschwunden, da fuhr ein Blitz in den Berg und es ertönte ein lauter Donnerschlag. Mit ihm kam eine Druckwelle, die Paternus und Drachenzunge zu Boden warf. Dann war es dunkel und still.

    „Er ist davongeflogen, sagte Paternus traurig, während er sich wieder aufraffte. „Ich kann ihn nicht mehr spüren. Keine Spur von ihm.

    Drachenzunge weinte und rief: „Das kam jetzt aber doch sehr überraschend. Wenigstens ein paar Tage hätte ich noch gerne mit ihm verbracht." Er ließ sich auf den Boden fallen. Dann waren sie eine Weile still und lauschten dem Wind. Die fremden Stimmen waren noch da, aber sie wurden rasch leiser und verklangen schließlich ganz. Nur das Rauschen des Windes blieb zurück.

    Der Wind strich über den Gipfel. In der Ferne sah man einen Adler vorbeiziehen. Langsam hellte es auf. Plötzlich rissen die Wolken entzwei und ein kurzer Sonnenstrahl fiel auf die beiden, die so einsam dort oben auf dem Berggipfel standen.

    Irgendwann ergriff Drachenzunge das Wort: „Lass uns nachsehen, was passiert ist. Kommst du mit?" Unsicherheit schwang in seiner Stimme. Er hatte Angst vor dem, was er vorfinden oder nicht vorfinden würde und doch wollte er auch Gewissheit.

    Paternus schwieg eine Weile und dachte nach. Schließlich sagte er: „Es muss wohl sein. Besser gehen wir zu zweit."

    Die schwere Tür der Drachenhöhle stand, von der Druckwelle aufgesprengt, weit offen. Drachenzunge ging zuerst hindurch. Innen in der Höhle war ein schreckliches Durcheinander. Alle Dinge, die zuvor schön in Regalen und Schränken aufgereiht gestanden hatten, lagen nun verstreut am Boden. Das Porzellan war größtenteils zerbrochen und alle Scheiben der Höhle waren vom Donnerschlag zerborsten. Sämtliche Bücher der Bibliothek lagen übereinander am Boden und die Töpfe und Pfannen waren in der Küche verstreut. Drachenzunge und Paternus besahen den Schaden.

    „Ein ganz schönes Durcheinander, sagte Drachenzunge, „und Cornelius ist einfach verschwunden?

    „Es scheint so", antwortete Paternus.

    Im Wohnzimmer lag der leere Schaukelstuhl umgestürzt neben dem großen schweren Holztisch. Wenigstens der Tisch stand noch an seinem Platz, während das ganze restliche Zimmer verwüstet war. Mitten im Tisch steckte ein silberner Dolch im Holz. An seinem Heft war eine versiegelte Schriftrolle befestigt. Paternus griff nach der Rolle und betrachtete das Siegel. Ein großer Drache in einem runden Schild war mit rotem Siegelwachs auf die Rolle gepresst. Das Wachs war ganz frisch. Daneben stand in geschwungenen Lettern: „Für Paternus und Drachenzunge". Paternus brach das Siegel und entrollte die Schriftrolle. Dann las er vor:

    „Lieber Drachenzunge, lieber Paternus,

    tausend Jahre sind vergangen und meine Zeit als Drache ist zu Ende. Ich habe diesen Moment lange ersehnt und doch hat er mich am Schluss überrascht ereilt.

    Hier steht nun mein letzter Wille.

    Alles in der Schatzkammer soll an Wolfgang und Julia übergeben werden. Nur die magischen Perlen nicht. Diese sind für Drachenzunge bestimmt. Drachenzunge, hüte sie wohl. Sie sind wertvoll und sehr mächtig. Achte gut auf sie, erzähle niemandem davon und denke daran: Die Perlen dürfen niemals das Angesicht der Sonne sehen.

    Meine Drachenhöhle mit ihrem restlichen Inhalt vermache ich Paternus.

    Paternus, Drachenzunge, ihr seid beide wie eigene Kinder für mich gewesen. Ich liebe euch sehr. Denkt an mich und tragt mich im Herzen.

    Euer Cornelius, der erste Drache"

    Drachenzunge flüsterte: „Auf Wiedersehen, Cornelius."

    Paternus zerbarst innerlich vor Trauer. Er ging zum Fenster und brüllte ein lautes Drachenbrüllen und spuckte Feuer, bis er keine Kraft mehr hatte und seinen großen Kopf hängen ließ. So blieb er eine Weile stehen. Dann richtete er den hölzernen Schaukelstuhl auf und ließ sich hineinfallen. Mit seinem Blick in die Weite gerichtet saß er da und suchte Ruhe für sein wild pochendes Herz. Drachenzunge ging es ähnlich, auch wenn er es nicht so zeigte.

    Er begann das Zimmer aufzuräumen, ließ es dann aber sein und warf alles wieder auf den Boden. Dann legte er sich auf den Tisch und starrte an die kahle Zimmerdecke. So saßen und lagen sie eine lange Weile, lauschten dem Wind, der durch die zerbrochenen Fenster hineinwehte und hingen ihren Gedanken der Trauer nach. Wie lange sie so die Zeit verbrachten, wussten beide hinterher nicht mehr zu sagen. Nur, dass Paternus es war, der schließlich die Stille brach.

    Paternus sagte: „Lass uns seinen letzten Willen erfüllen. Ich brauche etwas Abstand und ein Flug nach Terg wäre nicht schlecht. Das bringt uns vielleicht auf andere Gedanken."

    Drachenzunge gab sich einen Ruck und riss sich von dem Gedanken los, den er gerade verfolgt hatte. Langsam löste sich der Gedanke auf und wurde vergessen. Zurück blieben wieder nur die Trauer und das Gefühl der Leere. Paternus hatte recht. Etwas pragmatischer Aktivismus würde ihnen beiden sicher guttun.

    „Gute Idee, meinte Drachenzunge schließlich. „Lass uns in die Schatzkammer gehen und nachsehen, was wir dort vorfinden und wie viel wir transportieren müssen.

    Sie gingen zur Schatzkammer und öffneten ihre schweren Türen. In ihrem Inneren sah es aus, als hätte ein Sturm getobt. Es herrschte absolutes Chaos. Alle Dinge waren vermischt und lagen im Raum verstreut, wie von einer unsichtbaren Kraft an die Wand geschleudert. Die Felswände der kahlen, fensterlosen Kammer waren verrußt und es roch verraucht. Verbrannter Staub und Ruß wirbelten durch die Luft. Überall lagen Juwelen, Gold, alte Waffen, Schmuck und edle Kleider verstreut.

    In der Mitte der Kammer lagen drei dicke Perlen in einer Vertiefung neben einer riesigen, doppelflügeligen Axt. Jede der Perlen war so groß wie ein fettes Wachtelei. Eine Perle war feuerrot, eine Perle grasgrün und eine Perle war cremeweiß. Sie schienen im fahlen Licht der Kammer sanft zu strahlen. Paternus nahm eine zwischen seine Krallen und hob sie vor seine Augen, um sie näher zu betrachten. Ein Blitz zuckte durch seine Finger und seine Haut brannte, als wäre die Perle aus Feuer.

    Erschrocken ließ er die Perle fallen, schreckte zurück und schrie laut auf. Er drückte sich an die Höhlenwand und rief: „Drachenzunge, sei vorsichtig. Sie sind sehr heiß. Und sie machen mir Angst. Als ich sie angefasst habe, war es, als ob ein Schatten meine Seele erfasst hat."

    Drachenzunge flog vorsichtig zu den Perlen. Er nahm eine mit dem Löffel auf. Nichts geschah. Sanft rollte sie in der Schale des Löffels hin und her. „Ich spüre nichts dergleichen, meinte Drachenzunge. „Aber ich weiß nicht, was ich mit den Perlen machen soll. Wie soll ich sie transportieren? Vor allem wenn kein Sonnenlicht an sie heran soll.

    „Kannst du sie vielleicht umschließen?, schlug Paternus vor. „Du kannst dich doch der Länge nach aufspalten. Könntest du sie in dir einschließen?

    Drachenzunge versuchte es. Langsam spaltete er den Löffelstiel. Dann ließ er die Perlen aus der Löffelschale wie auf Schienen nach oben rollen, bis sie fast am Heft lagen. Dann versuchte er, die Perlen zu umschließen. Langsam weitete sich das Material und kroch Stück für Stück über die Perlen. Der schlanke Löffelstiel bekam drei dicke Wülste direkt unterhalb des Griffs. Es gelang ihm kaum, die Perlen zu bedecken.

    „Ist irgendwo noch ein Loch?", fragte Drachenzunge Paternus.

    Der schüttelte den Kopf. „Es sieht so aus, als wäre es eine schöne Verzierung. Man sieht nichts mehr von den Perlen."

    Drachenzunge fand die drei Wülste in seinem Körper ungewohnt, hatte aber gerade andere Dinge im Kopf, als sich darüber zu beklagen. Er wollte optimistisch sein: „Es fühlt sich auf jeden Fall komisch an. Aber daran werde ich mich schon gewöhnen."

    Er lächelte schief. Dann fragte er: „Was machen wir mit dem Rest, der hier herumliegt?"

    Paternus sah sich um. „Das ist ganz schön viel und ich glaube nicht, dass Wolfgang und Julia es abholen. Er schmunzelte kurz. Dann wurde er wieder ernst und traurig. „Da ist eine große Kiste und eine Umhängetasche. Die packen wir voll. Ich nehme die Kiste und du die Tasche. Was meinst du?

    Drachenzunge nickte zustimmend und begann Goldmünzen und Juwelen vom Boden in die Tasche zu schippen. Paternus tat das Gleiche mit der Truhe. Sie arbeiteten schweigend und ohne Pause, bis ihre Transportbehälter gefüllt waren.

    Als sie fertig waren, brachten sie die Kiste und die Tasche vor die Tür der Höhle. Sie verriegelten die Fensterläden.

    Die Scheiben waren zwar zerbrochen, aber so würde wenigstens kein Wasser oder keine Tiere eindringen können. Es war nun recht spät am Abend. Bald würde die Sonne untergehen. Ihre feurige Scheibe streifte schon den Rand des weiten Ozeans im Westen. Paternus schloss die Tür mit dem großen eisernen Schlüssel ab.

    „Wir räumen morgen auf, was meinst du?", fragte er Drachenzunge.

    Dieser nickte und sagte: „Ich muss jetzt auch erst Abstand gewinnen. Das Aufräumen läuft uns ja nicht weg."

    Dann sagte er zur Tür gewandt: „Auf Wiedersehen, Cornelius."

    Dann flogen sie mit dem letzten Sonnenstrahl in Richtung Terg los.

    Terg war ungefähr zwei Flugstunden entfernt. Es war schon spät am Abend, als Drachenzunge und Paternus in Terg eintrafen. Aus der Ferne sahen sie bereits das Leuchtfeuer der Grafschaft. Wolfgang hatte auf dem hohen Turm, in dem Julia einst gefangen war, ein Leuchtfeuer erbauen lassen. „Ein Leuchtturm in den Bergen ist zwar etwas ungewöhnlich", hatte er gesagt.

    „Aber so findet ihr zu Not

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