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Wenn Jakobus dich ruft, dann geh!: Tagebuch einer Pilgerin
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Wenn Jakobus dich ruft, dann geh!: Tagebuch einer Pilgerin
eBook169 Seiten2 Stunden

Wenn Jakobus dich ruft, dann geh!: Tagebuch einer Pilgerin

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Über dieses E-Book

Pilgern alleine als Frau?
Petra beschreibt in ihrer Erzählung von ihrer Unsicherheit und ihren Ängsten, sich alleine auf den Jakobsweg zu machen. Jahrelang träumt sie nur ihren Traum, bis endlich der Tag kommt, an dem sie ihre Entscheidung trifft.
Mit der Aufforderung im Titel ihres Buches richtet sie sich an die noch unschlüssigen Pilger. Sie sollen nicht so lange auf ihren Weg warten, wie die Autorin selbst.
Ehrlich und unterhaltsam erzählt sie von ihren täglichen Etappen auf dem Camino Frances von Saint Jean Pied de Port bis Santiago de Compostela.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum24. Nov. 2020
ISBN9783347182820
Wenn Jakobus dich ruft, dann geh!: Tagebuch einer Pilgerin

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    Buchvorschau

    Wenn Jakobus dich ruft, dann geh! - Petra Wald

    Wenn Jakobus dich ruft, dann geh !!!

    Die Entscheidung ist gefallen. Patric hat sich bereit erklärt, mich drei Wochen lang auf dem Camino Frances zu begleiten und somit steht mein Entschluss nun fest: ich werde es tun!

    Zur Vorgeschichte:

    Seit mehr als zwanzig Jahren, als ich mein erstes Buch von Paulo Coelho gelesen habe, träume ich vom Jakobsweg und habe den Wunsch, diesen am Ende meines Lebens einmal komplett zu Fuß gegangen zu sein. Nun ist das ja bei einer zweifachen Mutter und Ehefrau nicht so einfach. Da kann man nicht einfach sagen: „Ich bin dann mal weg." Außerdem bin ich nicht unbedingt die Mutige, die muttergottseelenalleine in ein Land reist, ohne zu wissen, wo ich heute oder morgen übernachten kann.

    Letztes Jahr erzählt mir Patric, ein gemeinsamer Freund der Familie, dass er auf den Jakobsweg gehen wird. Ich bin total überrascht. Zu dieser Zeit – Hape Kerkelings Buch kommt gerade erst heraus – kennen noch nicht so viele Leute diesen Pilgerweg im Norden Spaniens, der sich, in Frankreich beginnend, über achthundert Kilometer durch Spanien bis nach Galizien, dem westlichsten Teil Europas zieht. Wenn ich Freunden davon erzähle, sind nur sehr wenige darunter, die wissen, dass es sich hierbei um einen Pilgerweg in Nordspanien handelt, der in Santiago de Compostela sein Ziel am Grab des Apostels Jakobus hat.

    Ich bin total neidisch auf Patric, als er sich auf den Weg macht, freue mich aber riesig für ihn, dass er diesen besonderen Wanderweg geht. Wir tauschen uns viel aus und bleiben auch während seiner Reise über SMS – Whats App mit Fotos gibt es noch nicht - miteinander in Verbindung.

    Seine Begeisterung und strahlenden Augen bei seinen Berichten, als er wieder zu Hause ist, lassen meinen Traum einer eigenen Wanderung wieder aufkeimen.

    Da Patric wetterbedingt die erste Etappe über die Pyrenäen nicht laufen konnte und diese auf jeden Fall noch einmal nachholen möchte, dazu bereits im Vorruhestand ist und somit nicht auf Urlaub angewiesen, bietet er mir an, mich die ersten vierhundert Kilometer zu begleiten. Nun, eine längere Teilstrecke des Weges kann ich mir sowieso nicht vornehmen, da ich höchstens drei Wochen Urlaub bekomme. Ich spüre ganz deutlich: Da ist sie, meine Chance. Wenn, dann muss ich JETZT zugreifen. Alleine wäre ich viel zu ängstlich und würde wahrscheinlich mit achtzig noch von meinem Traum träumen. Ich sage zu.

    Noch ahne ich nicht, welche Folgen meine Entscheidung mit sich bringen wird. Denn, wie schon befürchtet, kommt mein Plan bei meinem Ehemann gar nicht gut an. Eine Mutter, die ihre Kinder wochenlang alleine zu Hause lässt, um sich bei einer Wanderung zu vergnügen, ist einer seiner harmlosesten Vorwürfe. Als er registriert, dass es mir mit meiner Absicht zu wandern tatsächlich ernst ist und ich nicht mehr im Konjunktiv rede, versucht er sogar, Alternativen zu finden, damit ich bloß nicht mit Patric alleine laufen werde. Warum, das verstehe ich nicht. Patric ist ein sehr guter Freund von uns beiden und ich habe vollstes Vertrauen in ihn.

    Als meine Freundin Moni eines mittags mit ihrem Mann, der ebenfalls ein leidenschaftlicher Wanderer ist, zum Kaffee kommt, lenkt mein Mann das Gespräch in die Richtung, dass ich mit dem Mann meiner Freundin ja den Weg wandern könne und er und meine Freundin könnten immer mit dem Auto zu unserem Tagesziel eintreffen. Dass ich eine ganz andere Vorstellung vom Pilgern habe, versteht er gar nicht. Ich möchte kein Begleitfahrzeug dabei haben, möchte meine „Sieben Sachen" alle in meinem Rucksack auf dem Rücken tragen, und ich möchte vor allem abends in Herbergen schlafen und dort andere Pilger kennen lernen und mich mit ihnen über deren Erfahrungen des Pilgerns austauschen.

    Dass ich abends zu viert - wovon nur zwei Personen pilgern - in einer Bar beisammen säße, geht gar nicht. Alleine die Tatsache, dass er mir einen solchen Vorschlag unterbreitet, bestätigt mir, dass mein Mann absolut keine Vorstellung davon hat, um was es mir überhaupt geht, obwohl ich mehrfach versucht habe zu erklären, dass das eigentliche Pilgern mit allem was dazu gehört bei meinem Vorhaben das A und O sei. Mit ihm über meine religiösen Beweggründe und spirituellen Gedanken zu reden, ist vollkommen vergebens. Aber damit treffe ich nicht nur bei ihm auf Unverständnis. Außer drei vertrauten Personen aus meinem Bekanntenkreis kann niemand nachempfinden, was einem eine strapaziöse Wanderung, verbunden mit dem Verzicht vieler Annehmlichkeiten – sei es die täglich frische Wäsche, ein sauberes Bett in einem Hotel oder die geregelte Essensaufnahme – an spiritueller Erfahrung bringen soll. Aber genau darin sehe ich meine Herausforderung.

    Zu guter Letzt bietet mir mein Mann sogar an, dass er selbst mit mir pilgern würde, wenn ich nur von dem Gedanken abkäme, alleine mit Patric zu laufen. Dabei muss ich ihn schon zu Hause mehrmals und eindringlich bitten, damit er überhaupt einen Spaziergang mit mir macht. Dieser Vorschlag kommt definitiv fünfzehn Jahre zu spät. Damals wäre ich begeistert und überglücklich gewesen, aber heute kommt es für mich nicht mehr in Frage. Wir beide haben uns bereits so weit voneinander entfernt, dass ich über diese Variante erst gar nicht nachdenken muss. Und wenn ich still in mich hinein höre, ist meine Entscheidung in meinem Kopf bereits gefallen.

    Da ich Patric´s Einstellung, Vorstellung und Erfahrung vom Jakobsweg schon in unendlich vielen gemeinsamen Gesprächen nach seiner Rückkehr kennen gelernt habe, steht für mich bereits fest, dass ich mit ihm laufen werde. Einen Punkt muss ich mit ihm jedoch noch klären, der mir sehr wichtig ist. Ich kenne ihn bereits seit zwanzig Jahren – er war der Trauzeuge meines Mannes - und wir pflegen eine sehr gute Freundschaft, die nach seinem Camino durch die vielen Besuche und Gespräche noch mehr gewachsen ist. Wenn wir uns begegnen, umarmen wir uns sehr herzlich und es gibt rechts und links auch ein Küsschen auf die Wange – un beso a la derecha y a la izquerda :-). Dass dies auf rein freundschaftlicher Ebene abläuft und sich auch auf unserer geplanten Wanderung nicht ändern soll, ist mir ein Bedürfnis anzusprechen. Wie ich Patric´s Reaktion und Zustimmung entnehmen kann, verstehen wir uns und die Sache ist für uns geklärt und muss auch nie wieder angesprochen werden. In der Kreisvolkshochschule melden wir uns zu einem Spanischkurs für Touristen an, damit wir wenigstens ein paar Worte Spanisch verstehen, wenn es los geht.

    Die Stimmung zu Hause wird immer schlechter. Mein Mann steht kurz vor der Verzweiflung, da er erkennen muss, dass er an meinem Plan nichts mehr ändern kann. So kennt er mich ja auch gar nicht. Im Großen und Ganzen bin ich bei Streitfragen immer diejenige, die nach gewisser Zeit einlenkt, da mir Streitereien meist mehr zusetzen, als mir die ganze Sache Wert ist. Aber hier spüre ich zum allerersten Mal eine Kraft in mir, die mich standhaft bleiben lässt, wenn mir auch oftmals bange ist und mir der Gedanke kommt: Wie wird das ausgehen?

    Die Spannung steigert sich noch um einiges, als mein Mann und Patric´s Freundin sich als Verbündete zusammenschließen und beginnen, mit ganz übler Masche zu kämpfen. Sie unterstellen uns ein Verhältnis. Ohne mich jetzt rühmen zu wollen, kann ich doch von mir behaupten, dass ich eine ehrliche Person bin, der Lügen einfach zuwider sind. Wer mich fragt, bekommt immer eine ehrliche Antwort, auch wenn er die nicht immer hören möchte. Selbst kleinste Schwindeleien im Scherz gelingen mir nicht, da man mir diese sofort an der Nasenspitze ansieht. Ein Verhältnis zu einem anderen Mann könnte ich nie verbergen. Dass mein Mann dies jetzt nach einundzwanzig Ehejahren plötzlich ernsthaft in Frage stellt, trifft mich besonders hart.

    Langsam wird es richtig stressig. Er hat sich immer häufiger nicht mehr unter Kontrolle und seine immer schon vorhandenen Aggressionen steigern und häufen sich und machen unser Zusammenleben fast unerträglich. Ich kaufe meine erste Flasche Baldriantropfen.

    Ich gehe meinem Mann so oft es geht aus dem Weg und von meiner Seite aus spreche ich das Thema Jakobsweg erst gar nicht mehr an. Patric bekommt den Streit natürlich auch mit und er bietet mir mehrmals an, unser Vorhaben abzusagen. Doch wie gesagt, diese Kraft in meinem Innern sagt mir: „Dieses Mal gibst du nicht nach! Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich mir ein schlechtes Gewissen bescheren lasse. Frage mich: „Ein schlechtes Gewissen? Wegen was? Was tue ich Unrechtes? Ich weiß genau, es besteht kein Grund für ein solches, kann mich aber trotzdem nicht gänzlich davon befreien.

    Als der Zeitpunkt kommt, die Flüge zu buchen, fragt Patric noch einmal nach, ob ich es mir noch einmal anders überlegen möchte. Ich verneine und beauftrage ihn, zu buchen, ohne vorher noch einmal mit meinem Mann darüber zu sprechen. Ich bemerke wie mich die Kraft verlässt, mit ihm zu streiten und indem ich Patric mein OK gebe, ohne die Rücksprache mit meinem Mann, erspare ich mir einen erneuten Versuch meines Mannes, mich umzustimmen. Ich traue meiner ungewohnten Standfestigkeit wohl selber nicht mehr.

    Tagsüber sitze ich jede freie Minute am PC, lese interessiert Reiseberichte von Pilgern, finde einige nützliche, aber auch viele unnütze Informationen und Tipps, unter anderem eine Packliste eines jungen Mannes, der mit elf Kilogramm Rucksackgewicht gelaufen ist. Mein Wunsch ist es, höchstens zehn Kilogramm auf dem Rücken zu tragen und so mache ich mich daran, schon einmal meine Utensilien nach Gewicht auszusuchen. Die Küchenwaage hilft mir dabei und ich schaue tatsächlich auf jedes einzelne Gramm. Die Funktionsshirts werden einzeln gewogen und ich entscheide mich für die drei leichtesten. Eins am Körper und zwei zum Wechseln. Einen Fleecepulli für darüber und bei der Jackenauswahl beschließe ich, nur eine leichte Regenjacke mitzunehmen. Mit Fleecepulli und Funktionsshirts darunter bin ich mir sicher, dass ich auch an kalten Tagen nicht frieren werde. Bei den Hosen entscheide ich mich für zwei Radlerhosen, da diese erstens weniger wiegen als die kurzen Wanderhosen und zweitens am Bein eng anliegen und somit keine Scheuerstellen verursachen werden. Eine einzige lange Hose soll genügen, da ich tagsüber sowieso nur mit den Radlerhosen laufen will. Wenn ich in Bewegung bin, wird mir ab dreizehn bis fünfzehn Grad nicht so leicht kalt. Das habe ich bereits bei meinem Trainingswandern festgestellt. Eine lange Regenhose muss noch mit, falls es mal wie aus Kübeln gießen sollte, was hoffentlich nicht so oft eintreten wird. Zwei Unterhosen, zwei BHs und zwei Paar Wandersocken und ein kleines Handtuch. Eine leichte Wandersandale, die ich abends tragen will, wenn wir angekommen sind und den Ort erkunden und ein Paar federleichte Gummi-Schaumstoff-Badelatschen. Diese sind zwar giftgrün, aber weich wie Butter und leicht wie eine Feder. Übrigens ist das Aussehen im Moment das Letzte, auf was ich achte. Praktisch und leicht muss es sein!

    Ich habe sogar beschlossen, weder Kamm, noch Bürste oder Föhn mitzunehmen, was mir ganz besonders schwer fällt, denn wenn ich meine Haare nicht mit viel Schaumfestiger und Haarspray bearbeite, habe ich total weiches Babyhaar, und eine Frisur hinzubekommen ist schier unmöglich. Nach der ersten Haarwäsche wird Patric mich wohl nicht mehr wiedererkennen. Außer einem Kajalstift gibt es auch keine Schminkutensilien, die ich mitnehmen werde. An Hygieneartikeln werde ich nur kleine Probepackungen kaufen. Unterwegs gibt es ja schließlich Möglichkeiten, sich zu versorgen, wenn auch nicht unbedingt in jedem Ort.

    An Medikamenten habe ich einige Schmerzmittel und Entzündungshemmer eingepackt. Ich befürchte, dass ich mit meiner Hüfte und den Gelenken Probleme bekommen werde, da ich hier vorbelastet bin. Bei Lidl hab ich mir einen ganz leichten Motorradschlafsack gekauft, der zusammengerollt nur wenig Platz einnimmt. Um mich daran zu gewöhnen, habe ich meine Bettdecke zur Seite gelegt und schlafe seit Tagen bereits in meinem Bett im Schlafsack. Na ja…..bequem ist anders! Wenn ich den Reißverschluss schließe, ist es schon ziemlich eng. Ich kann nicht mehr in meiner gewohnten Liegeposition schlafen, da ich das Bein nicht anwinkeln kann. Nachts werde ich ständig wach, weil mir zu warm ist. Ich befürchte, dass es im Mai und Juni auch in Spanien zu warm sein könnte, und leihe mir von einer Freundin einen Seidenschlafsack aus, den ich zusätzlich mitnehmen werde. Der wiegt fast nichts und es ist ein sehr angenehmes Gefühl, darin zu liegen.

    Von einem Bekannten lasse ich mir erklären, auf was ich bei meinem Rucksack

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