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Ein unheimlicher Auftrag
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eBook295 Seiten3 Stunden

Ein unheimlicher Auftrag

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Über dieses E-Book

Fanny liest den dritten Band aus der geheimnisvollen alten Kiste. Gespannt verfolgt sie, wie Felix, Tobi und die Rote Bohne einem Ring skrupelloser Autodiebe auf die Spur kommen. Gleichzeitig wird ihr mit jeder Seite, die sie liest, immer klarer: Mit den Büchern war von Anfang an ein Auftrag verknüpft, den nur sie erfüllen kann. Gemeinsam mit ihren Freunden Hannah und Anton tritt Fanny eine Reise an, die ihren ganzen Mut erfordert. *

"… eins der besten Kinderbücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Und das waren extrem viele, da ich Buchhändlerin bin." (Daniela Scherkenbeck über den ersten Band, "Der Mondsichel-Ohrring") *

Ein Krimi für Leser ab 10 Jahren
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum2. Apr. 2019
ISBN9783748260134
Ein unheimlicher Auftrag

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    Buchvorschau

    Ein unheimlicher Auftrag - Ulla Hesseling

    Der dritte Band

    „Kommt doch mal raus auf die Terrasse, ihr zwei!, rief mein Vater von unten. „Diesen Sternenhimmel müsst ihr euch unbedingt ansehen!

    Ich machte auf meinem Weg ins Bad kehrt und sprang die Treppe wieder hinunter, während im Wohnzimmer meine Mutter mit einem gespielten Seufzer ihr Buch zur Seite legte und vom Sofa aufstand.

    Gemeinsam traten wir hinaus auf die Terrasse.

    Der Nachthimmel war wirklich sensationell: Sterne über Sterne, wie glitzernde Diamanten, ausgestreut auf dunkelblauem Samt. Dazwischen gab es milchig-weiße Flächen, unscharf und wolkig, wie schwach leuchtendes Pulver – man konnte nur ganz still und andächtig werden bei diesem Anblick.

    Das Tollste von allem aber, so beschloss ich, während mein Vater leise die typischen März-Sternbilder aufzählte, das Tollste war der Mond: eine ganz schmale, strahlende Sichel mit messerscharf abgegrenzten Rändern, das silbrig-weiße Licht unendlich fern, aber auch irgendwie tröstlich.

    Fröstelnd zog ich die Schultern hoch.

    „Jetzt aber schnell wieder rein mit dir, Fanny, du hast ja nur Strümpfe an!", entsetzte sich meine Mutter.

    Kurzerhand packte mein Vater mich unter den Armen, hob mich in hohem Bogen über die Türschwelle und setzte mich im Wohnzimmer ab.

    Rasch gab ich beiden einen Gute-Nacht-Kuss, und während mein Vater die Vorhänge zuzog und meine Mutter die beiden Gläser auf dem Sofatisch noch einmal mit Rotwein füllte, flitzte ich die Treppe hinauf ins Bad. Ich hatte heute Abend schließlich noch etwas vor!

    „Lasst mich bloß morgen ausschlafen – Osterferien!", rief ich, bevor ich die Badezimmertür hinter mir schloss.

    Nach einer heißen Dusche wieder warm und wach, kniete ich wenig später im Schlafanzug auf dem Flickenteppich in meinem Zimmer und beugte mich über die Kiste.

    Diese geheimnisvolle Kiste mit Büchern, die Frau Mayer auf dem Speicher für mich zurückgelassen hatte, als sie und ihr Mann letzten Sommer ausgezogen waren und meinen Eltern und mir das Haus übergeben hatten.

    „Für Fanny. Ich glaube, sie sind für dich bestimmt" – der Zettel klebte immer noch auf dem Kistendeckel.

    Mit diesem merkwürdigen Hinweis hatte Frau Mayer Recht gehabt, davon war ich inzwischen restlos überzeugt. Denn die dreißig Jahre alten Geschichten schienen auf rätselhafte Weise mit mir zusammenzuhängen.

    Was ich erlebt hatte, während ich „Der Mondsichel-Ohrring" las, war ja schon ziemlich unheimlich gewesen, wenn auch noch nicht wirklich bedrohlich.

    Dann jedoch, beim Lesen des nächsten Bandes mit dem Titel „Das zweite Auge", war ich mit meinen Freunden Hannah und Anton in ein gefährliches Abenteuer hineingeraten.

    Die Sache im Museumskeller war zwar glimpflich ausgegangen; trotzdem hatten die turbulenten Tage vor Silvester uns drei ganz schön umgehauen. Deshalb hatte ich danach auch erst mal für ein paar Monate die Finger von der Kiste gelassen.

    Inzwischen jedoch war die Aufregung verflogen, meine Neugier dagegen von Tag zu Tag gewachsen – Zeit also, mir das nächste Buch vorzunehmen!

    Entschlossen griff ich in die Kiste und holte es heraus: „Ein unheimlicher Auftrag".

    Ein bisschen ängstlich drehte ich den Band in meinen Händen hin und her: Welche neuen Geheimnisse und Gefahren mochten diesmal zwischen den verblichenen Buchdeckeln auf mich warten?

    Ach was, versuchte ich mich zu beruhigen. Ich würde einfach nur lesen, ohne links und rechts zu gucken, und komische Zufälle gar nicht erst beachten!

    Ich erhob ich mich vom Flickenteppich, löschte das große Licht, knipste stattdessen das Leselämpchen auf dem Nachttisch an und kroch ins Bett. Während ich die Decke um mich herum feststopfte, spürte ich, wie die leise Sorge sich mehr und mehr in wohlige Spannung verwandelte: Vielleicht würde mir dieses Buch ja endlich die Fragen beantworten, zu denen Frau Mayer mir bisher keine Auskunft geben konnte – oder wollte, wie es mir manchmal schien. Obwohl sie sich ja immer auffallend dafür interessierte, welches Buch ich gerade las und wie es mir damit erging.

    Egal, jetzt freute ich mich erst mal darauf, endlich wieder eines von Felix’ und Tobis Abenteuern mitzuerleben! Besonders ihr kleiner Bruder Mathis, genannt Schnatti, hatte mir richtig gefehlt, mit seinem vielen Geplapper und Geschnatter, dem er seinen Spitznamen verdankte. Und natürlich die Rote Bohne, die Freundin der Jungen, die eigentlich Johanna hieß, nur dass sie eben diesen roten Haarschopf hatte und lang und dünn wie eine Bohnenstange war.

    Ich schlug das Buch auf und musste gleichzeitig gähnen: Im warmen Bett kam nun doch die Müdigkeit angekrochen.

    ‚Wenigstens noch sehen, wie es anfängt’, beschloss ich.

    Ein Schreck am Morgen

    Der Hund stand mit gesträubtem Fell an der Zimmertür und knurrte leise, aber anhaltend. Im Halbschlaf tastete Felix neben seinem Bett nach der Stelle auf dem Bettvorleger, wo Mimmo nachts normalerweise lag. Diesen Schlafplatz hatte der schwarzgelockte Mischlingshund sich gleich am ersten Tag ausgesucht, nachdem sie ihn in den vergangenen Sommerferien aus dem Tierheim geholt hatten.

    Felix’ Hand griff ins Leere.

    „Mimmo, was ist denn?", murmelte er schlaftrunken und schielte mit einem Auge auf die Leuchtziffern seines Weckers. Erst zehn nach zwei!

    „Komm, gib Ruhe", flüsterte er, drehte sich um und war nach wenigen Sekunden schon wieder eingeschlafen.

    Mimmo blieb noch eine Weile mit schiefgelegtem Kopf vor der Tür stehen, bis er sich schließlich umdrehte, zum Bettvorleger zurücktrottete, sich dort dreimal um sich selbst drehte und sich mit einem Seufzer niederplumpsen ließ.

    „Und vergiss die Eier nicht – weiße!"

    Während die Haustür hinter ihrem Mann ins Schloss fiel, drehte Frau Jansen sich wieder zu ihren drei Söhnen am Frühstückstisch um.

    „Braune Eier sind doch auch ssöön!", wandte der dreijährige Mathis ein, den Kakaobecher bedenklich schräg in einer Hand haltend.

    „Die weißen lassen sich aber besser färben, Schnatti", belehrte Felix sein Brüderchen und nahm einen großen Bissen von seinem Leberwurstbrot.

    „Genau!", ließ Tobi sich vernehmen, bevor er den nächsten Löffel seines geliebten Müslis in den Mund schob.

    Der Kleine dachte kurz nach, trank den letzten Schluck aus seinem Becher, hob den Kopf mit dem kakaoverschmierten Mund und verkündete: „Iß kann auch Ostereier anmalen, ganz alleine!"

    Er wollte noch etwas hinzufügen, als in der Diele plötzlich krachend die Haustür aufflog.

    Dann stand Herr Jansen im Esszimmer, völlig außer sich, die Augen weit aufgerissen. „Er ist weg!", stieß er hervor und blickte fassungslos in die Runde.

    „Wer ist weg? Frau Jansen musterte besorgt ihren aufgelösten Mann und fügte hinzu: „Jetzt setz dich erst mal, du bist ja kreidebleich!

    Eigentlich ging die Gesichtsfarbe seines Vaters eher ins Grünliche, fand Felix. Was aber nicht weniger erschreckend aussah.

    „Der Wagen …" Hilflos hob Herr Jansen die Hand mit dem daran baumelnden Autoschlüssel, während er sich mit der anderen Hand schwer auf dem Tisch abstützte.

    Felix ließ das Leberwurstbrot auf den Teller sinken; Tobi würgte mühsam sein halb zerkautes Müsli hinunter und krächzte: „Wie, weg?!", und Mathis sah, ausnahmsweise stumm, unsicher von einem zum anderen.

    Wortlos erhob sich Frau Jansen und eilte hinaus. Sie hörten ihre hölzernen Clogs die Eingangstreppe hinunter- und wenige Sekunden später wieder heraufklappern, dann schallte ihre Stimme schrill aus der Diele: „Ich ruf’ die Polizei an!"

    Nun hielt es auch Felix und Tobi nicht mehr am Frühstückstisch. Auf Strümpfen rannten sie hinaus, gefolgt von Mimmo, während drinnen Mathis die Gelegenheit nutzte, um von Felix’ Leberwurstbrot abzubeißen und sich anschließend einen großzügigen Schluck aus Tobis Kakaobecher zu genehmigen.

    Unterdessen standen seine Brüder auf der von frisch erblühten Osterglocken gesäumten Auffahrt und starrten ungläubig durch das offenstehende, meerblaue Tor in die gähnend leere Garage.

    „Mann!" war alles, was Felix herausbrachte.

    Mimmo schnüffelte schwanzwedelnd auf dem Boden vor der Garage herum.

    „Kommt ihr beiden wohl auf der Stelle wieder rein?!, riss die Stimme ihrer Mutter sie aus ihrer Erstarrung. „Auf Strümpfen nach draußen – es ist März! Das fehlt jetzt gerade noch, dass ihr mir Ostern mit Lungenentzündung im Bett liegt!

    Also marschierten Felix und Tobi zurück ins Esszimmer, wo ihr Vater zusammengesunken am Tisch saß und zusah, wie Mathis die letzten Krümel von seinem Teller aufleckte.

    „Wachtmeister Pelzer ist in einer Viertelstunde hier", verkündete Frau Jansen.

    „Der?!" ertönte es in einstimmigem Entsetzen aus Felix’ und Tobis Mund.

    „Nun kommt! Herr Jansen richtete sich auf und schüttelte mahnend den Kopf: „Sicher, er hat sich letzten Sommer nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Aber daraus hat er bestimmt gelernt.

    „Und die Wache in Grohnheim ist nun mal für unseren Ort mit zuständig", ergänzte Frau Jansen schulterzuckend.

    „Wegen dem wären wir im Sommer um ein Haar den Entführern in die Hände gefallen!, entgegnete Felix vorwurfsvoll, und Tobi unkte: „Dann sehen wir unser Auto nie wieder.

    Mit empörten Mienen machten sie sich daran, die Reste ihres Frühstücks zu vertilgen. Herr Jansen stützte wieder den Kopf in die Hände und sah trübsinnig vor sich hin.

    „Was ist denn überhaupt mit dem Garagentor? Haben die das allen Ernstes aufgebrochen?", wollte Frau Jansen wissen.

    „Das ist es ja, erwiderte ihr Mann, und seine Stimme klang verzweifelt. „Der Griff hat schon am Samstagabend geklemmt, als ich mit dem Rad vom Sportverein zurückkam. Und es war zu dunkel, um mir das noch näher anzusehen. Also habe ich das Tor nur angelehnt. Das bedeutet, dass die Versicherung jetzt möglicherweise keinen Pfennig zahlen wird.

    „Nun mal’ mal nicht gleich den Teufel an die Wand!", versuchte seine Frau ihn zu trösten.

    „Malmal, malmal, malmal", krähte Mathis vergnügt. Als er merkte, dass gerade niemandem der Sinn nach seinen lustigen Darbietungen stand, ging er dazu über, unsichtbare Reste vom Rand seines Kakaobechers abzulecken.

    „Es hilft alles nichts, unterbrach Frau Jansen nach einer Weile seufzend die Stille: „Eier brauchen wir trotzdem!

    „Nämliß weiße!", klang es dumpf aus Mathis Kakaobecher, den er nun wie ein Sprachrohr gegen den Mund gepresst hielt.

    „Wir können ja nachher bei Herrn Wagner gucken, ob er welche hat", schlug Tobi vor, während er aufstand, um seinen Becher und seine Müslischale in die Küche zu tragen.

    „Auaaa! Hiiilfe! Der geht niß mehr ab!", tönte es angstvoll aus dem Becher – er hatte sich um Mathis’ Mund herum festgesaugt.

    „Hihi, Schnatti, jetzt musst du für immer mit diesem Becherrüssel rumlaufen!", feixte Felix, und selbst Herr Jansen konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

    Frau Jansen beugte sich über den Tisch, griff nach dem Becher und drehte ihn mit einem schnellen Ruck. Ein leises „Plopp", und Mathis war befreit; nur ein roter, ringförmiger, mit Kakaoresten gesprenkelter Abdruck prangte noch rund um seinen Mund.

    „Er kommt!, meldete Tobi aus der Küche. „Auf einem Motorrad!

    Durch das Fenster beobachtete er, wie Wachtmeister Pelzer in der Einfahrt von der schweren, weiß-grünen Maschine abstieg, den Motorradhelm abnahm und ihn unter seinen Arm klemmte.

    „Ich mach’ schon auf", rief Herr Jansen und eilte zur Haustür.

    „Haben Sie nachgesehen, ob alle Autoschlüssel noch da sind?", war Pelzers erste Frage, kaum dass er in der Diele einen Notizblock und einen Stift aus der Tasche seiner Motorradjacke gezogen hatte.

    „Nein!, rief Herr Jansen, „Dass ich das nicht gleich als erstes …

    Sein Blick wanderte zu der Truhe neben der Haustür: „Also, der eine lag ja da, auf der Truhe, dort habe ich ihn heute Morgen wie immer weggenommen, oder besser: rausgeklaubt."

    Er wies auf das Durcheinander von Schals, Mützen und Handschuhen, die sich auf der Truhe türmten. „Und der Ersatzschlüssel … – Moment! Er verschwand im Arbeitszimmer. „Hier in der Schreibtischschublade ist er!, hörten sie ihn rufen.

    „Das heißt, der Wagen wurde aufgebrochen, wie in den anderen Fällen auch", folgerte Pelzer, notierte etwas auf seinem Block und musterte mit ernster Miene die Gesichter der ihn umringenden Familie, während Mimmo interessiert seine Stiefel beschnupperte.

    „Kann man das denn so einfach?", erkundigte sich Felix.

    „Klar, was ein geübter Autoknacker ist, der öffnet eine Autotür in wenigen Minuten."

    „Jetzt kommen Sie doch erst mal rein, bat Frau Jansen und ging voraus ins Wohnzimmer. „Kann ich Ihnen vielleicht einen Kaffee anbieten?

    „Danke, ich muss gleich weiter, winkte der Wachtmeister ab. „Aber noch mal zu dem Diebstahl: Ihnen ist in den letzten Tagen nichts Besonderes aufgefallen? Irgendwelche Fremden in der Straße?

    Einmütig schüttelten alle den Kopf.

    „Und er hier, er wies mit dem Zeigefinger auf Mimmo, der ihn aufmerksam beobachtet hatte und nun freundlich mit dem Schwanz wedelte, „hat er denn nichts gehört letzte Nacht?

    „Nö, anscheinend nicht", antwortete Tobi und blickte fragend zu Felix hinüber.

    Den durchfuhr in diesem Moment siedend heiß die Erinnerung an Mimmos nächtliches Knurren.

    „Ähm, doch, verlegen sah er zu Boden. „Er hat heute Nacht mal geknurrt, davon bin ich aufgewacht. Aber ich hab’ mir nichts weiter dabei gedacht.

    „Weißt du, um welche Uhrzeit das war?" Pelzer musterte Felix so streng, als hätte dieser soeben selbst den Diebstahl gestanden.

    „Ja, zehn nach zwei; deshalb wollte ich ja auch einfach nur weiterschlafen. Und außerdem, versuchte Felix sich zu verteidigen, „wenn da gerade jemand mit unserem Auto weggefahren wäre, hätte ich das doch hören müssen. Aber da war nichts. Und das Garagentor hat auch nicht gequietscht.

    Kleinlaut wich er den auf ihn gerichteten Blicken aus.

    „Tja, rund um die Uhr könnt ihr Herren Detektive wohl auch nicht auf Draht sein, was?" Der zufriedene Unterton in der Stimme des Wachtmeisters war nicht zu überhören.

    „Wissen Sie, wandte er sich jetzt an Herrn und Frau Jansen, „warum das alles doppelt ärgerlich ist? Um seinen Mund erschien ein verkniffener Zug, als er fortfuhr: „Ausgerechnet gestern Nacht waren vorne am Ortsausgang bei der Bushaltestelle meine Kollegen postiert! Wir bewachen nämlich wegen der Diebstahlserie derzeit verstärkt die Ausfallstraßen. Er wedelte nervös mit seinem Notizblock herum. „Die beiden hatten strenge Anweisung, jeden Wagen zu kontrollieren, der den Ort verließ. Als ob ich geahnt hätte, dass die Diebe in der Nacht hier zuschlagen würden … Und trotzdem ist es denen gelungen, sich Ihr Auto zu schnappen!

    „Merkwürdig, wunderte sich Frau Jansen, „wo doch unsere Burgstraße nur in dieser einen Richtung aus dem Ort hinausführt.

    „Oder, überlegte Tobi, „die sind doch in die andere Richtung, an der Obstwiese vorbei, bis zur Sackgasse gefahren und dann durch die Schranke in den Wald – wie die Entführer damals.

    „Hm, die Miene des Wachtmeisters hatte sich bei diesem Stichwort verfinstert, „an den Schlüssel für die Schranke ist aber nicht so leicht ranzukommen. Ich vermute eher, dass meine Kollegen im Auto ein Nickerchen gehalten haben. Was ich natürlich klären werde.

    „Ich frage mich nur eins, meldete sich Frau Jansen noch einmal zu Wort, als Pelzer schon seinen Helm aufsetzte. „Unser Wagen ist doch ein ganz schlichtes Familienauto, keine teure Luxuskarosse. Ist das denn für Diebe überhaupt interessant?

    „Aber ja, wurde sie von Pelzer aus dem hochgeklappten Helmvisier heraus belehrt, „gerade solche Mittelklassewagen werden gern gestohlen und nach Osteuropa oder Nordafrika verschoben. Dort sind sie sehr begehrt. Seit kurzem spricht allerdings einiges dafür, dass neuerdings Griechenland der Haupt-Anlaufpunkt ist.

    „Geben Sie jetzt sofort eine Fahndung nach dem Auto heraus?", erkundigte sich Felix.

    „Aussichtslos. Die bringen als erstes gefälschte Kennzeichen an, und für gefälschte Papiere sorgen sie auch. Und ein Auto zu finden, ohne das Nummernschild zu kennen, das ist praktisch unmöglich – es sei denn, es handelt sich um ein ganz seltenes Modell."

    „Was man von unserem stinknormalen Familienauto nun wirklich nicht sagen kann", bestätigte Tobi.

    „Eh’ ich’s vergesse, ich hab’ extra eins eingesteckt … Der Wachtmeister angelte ein Formular aus seiner Jacke, faltete es auseinander und hielt es Herrn Jansen hin: „Die offizielle Diebstahlsanzeige für unsere Akten. Die müssten Sie noch ausfüllen, unterschreiben und mir so bald wie möglich auf die Wache bringen.

    Herr Jansen nahm das Formular entgegen, wobei dem Wachtmeister der Notizblock entglitt und zu Boden fiel.

    Tobi bückte sich und hob ihn auf. ‚Noch Werbung von der letzten Bürgermeisterwahl’, dachte er, bevor er Wachtmeister Pelzer den Block wieder aushändigte. Am unteren Rand trug jedes Blatt des DIN-A5-Blocks den Schriftzug: „Für unser schönes Grohnheim – Bürgermeister Wittlinger".

    Wenig später heulte draußen das Motorrad auf, entfernte sich und war bald nicht mehr zu hören.

    „‚Ihr Herren Detektive’", ahmte Felix den Wachtmeister spöttisch nach, während er die Haustür schloss.

    „Hat ihn eben doch schwer getroffen, dass wir letzten Sommer bei der Entführerjagd schneller waren als er", stellte Tobi fest.

    Dann griff er nach seinen Stiefeln und rief ins Wohnzimmer hinüber: „Wie viele Eier brauchen wir denn überhaupt?"

    „Na, so vierzig schon." Frau Jansen trat zu ihnen in die Diele und wühlte zwischen den Wollsachen auf der Truhe nach dem Geldbeutel, der gewöhnlich griffbereit dort lag.

    „Schließlich kommen am Ostersonntag Tante Flora und Onkel Pitt; die vertilgen so einiges. So, da ist das Geld. Ach, und lasst Mimmo bitte hier; den will ich gleich mal gründlich bürsten! Und nehmt am besten den Einkaufskorb mit!"

    „Ja! Ja! Ja!" Tobi verdrehte die Augen.

    „Nee, keinen Korb!, widersprach Mathis eifrig. „Iß fahr’ mit meinem Dreirad mit, und in den Anhänger tun wir dann die Eier rein!

    „Das ist aber eine gute Idee, Schnatti!", antwortete Frau Jansen.

    Jetzt war es an Felix, die Augen zu verdrehen: „Eier, Mami, rohe Eier …!"

    „Reg’ dich nicht auf! Der kippt doch nicht komplett mit Dreirad und Anhänger um!", murmelte Tobi.

    Die verwandelten Mitokas

    „Waartääät!" Mühsam hatte Mathis draußen an der Treppe sein Dreirad bestiegen und kam nun, den kleinen roten Anhänger holpernd im Schlepptau, hinter seinen Brüdern die Einfahrt entlanggestrampelt.

    Tobi trat zur Seite: „Pass’ auf, Schnatti, am besten fährst du vor uns her. Dann sehen wir genau, wie gut du fahren kannst."

    „Schleimer!" Felix schnitt seinem Bruder eine Grimasse.

    Mathis, ein stolzes Lächeln auf dem kleinen runden Gesicht, überholte sie und fuhr schnaufend auf dem Gehweg vor ihnen her.

    Nebenan, im Garten von Beckers, hatte mit hunderten von Osterglocken schon der Frühling Einzug gehalten. Und wie nicht anders zu erwarten, stand dort Frau Becker bereits wieder über ein Beet gebückt und wühlte mit einer Handschaufel in der Erde.

    Ein Haus weiter, im Garten von Morells, war hingegen gar nichts los. Felix musterte den kahlen Pflaumenbaum, in dem er – und nur er, wie es schien, – letzten Sommer das Mädchen mit dem Zopf und dem Feuermal am Arm gesehen hatte, versunken in ein Buch. Und das, obwohl dort überhaupt kein Mädchen wohnte.

    Er riss sich los und folgte seinen Brüdern weiter in Richtung Ortsausgang, wo, schräg gegenüber der Bushaltestelle, Herr Wagner seinen kleinen Laden betrieb.

    Zum Glück hatte der genügend weiße Eier vorrätig, allerdings in Sechserkartons, was eine große Rechen-Aktion auslöste.

    „Also, überlegte Felix, „vierzig geht nicht; dann können wir nur entweder sechsunddreißig oder zweiundvierzig Stück nehmen – was meinst du?

    „Auf jeden Fall zweiundvierzig!, entschied Tobi. „Bedenke doch: Tante Flora! Er grinste zufrieden in Vorfreude auf die mit beachtlichem Frühstückshunger gesegnete Tante.

    „Schokoladencreme ist noch genug da?" Bedeutungsvoll wies Felix auf die Gläser mit dem bei der Tante überaus beliebten Brotaufstrich.

    „Hast Recht, stimmte Tobi zu, „nehmen wir davon auch gleich noch eins mit.

    „Wie, bei euch auch?", rief Herr Wagner entsetzt, als sie ihm an der Kasse von den morgendlichen Ereignissen berichteten. „Das ist ja im Moment eine richtige Serie hier

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