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Lena Down Under
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eBook278 Seiten3 Stunden

Lena Down Under

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Über dieses E-Book

Die 17-jährige Segelflugpilotin Lena hat sich den Schüleraustausch nach Australien ganz anders vorgestellt. Dagegen ist ihr erster Alleinflug vor drei Jahren ein Klacks gewesen!
Lena muss kämpfen. Um das Vertrauen ihrer Familie. Für Piet. Um die Freundschaft ihrer verkorksten Gastschwester Olivia, die sie am Boden und in der Luft in die unmöglichsten Situationen bringt. Um die ganz große Liebe - vorausgesetzt, Lena findet am anderen Ende der Welt, Down Under, endlich heraus, für wen ihr Herz nun wirklich schlägt. Und nicht zuletzt für den Segelflug auf ihrem geliebten Flugplatz Moorbach.

Band 3 entführt Fliegerherzen auf die Südhalbkugel und zeigt auch hier: Auf einem Flugplatz ist man nie allein!
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum11. Nov. 2020
ISBN9783748290834
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    Buchvorschau

    Lena Down Under - Judith Spörl

    BRIEFING

    Normalerweise steht an dieser Stelle Vorwort, aber dies ist ja ein Buch über die junge Pilotin Lena, also verwenden wir auch gleich das richtige fliegerische Fachvokabular: Briefing. Darum wird es auch, wie nach jedem Flug, ein De-Briefing geben – sozusagen ein Nachwort.

    Die fliegerischen Abläufe und Fachbegriffe sind nicht mehr so ausführlich erklärt wie in Teil 1 »Lena fliegt sich frei«. Wenn du es genauer wissen möchtest und keine fliegerischen Vorkenntnisse hast, findest du Erklärungen im Glossar am Ende des Buches.

    NOTAM 20190522

    Das Projekt »YPFF – Young Pilots For Future« ist frei erfunden und gibt es in Wirklichkeit nicht. Ich habe da einigen Behörden, Organisationen, Verbänden und Referenten etwas angedichtet und in den Mund gelegt. Aber das wäre doch mal eine Idee und Überlegungen wert, oder?

    FLUGPLAN

    Flugplatz Moorbach:

    Hier fliegen Lena und ihre Klassenkameraden Isabella (genannt Bella) und Martin. Isabella ist noch Flugschülerin, Martin und Lena haben schon ihren Segelflugschein.

    Fluglehrer: Piet, Fritz, Marianne (oft begleitet von ihrer kleinen Tochter Melli)

    Flugschüler: Isabella, die Zwillinge Lennart und Lauren (genannt Lenny und Lala, zusammen heißen sie Teletubbies), Faris

    Weitere Piloten: Maxl, Bolle (mit Freundin Zahra, die Schwester von Faris), Georg, Stefan

    Flugleiter auf dem kleinen Tower: Hosen-Horst

    Flugplatz Niederfelden:

    Hier regiert Fliegerlegende Betsy Immelmann, ihre erwachsenen Enkel Charly (Charlotte) und Jonas fliegen auch.

    Niederfelden liegt etwa 50 Kilometer entfernt von Moorbach.

    Flugplatz Tocumwal, Australien:

    Fluglehrer: Ian Summer, Ehefrau Julie, Kinder Chloe und Noah (Isabellas Gastfamilie)

    Jim Miller, hat vier Schwestern

    (Martins Gastfamilie)

    Granny Debbie Jones mit Ehemann John und Enkelin Olivia Fergusson-Jones (alle aus Sydney)

    Olivias Vater Randolph Fergusson

    (Lenas Gastfamilie)

    Den Flugplatz Tocumwal gibt es wirklich. Die geschilderten Abläufe im Flugbetrieb und den Segelflugverein habe ich frei erfunden. Seit ich dort vor über 25 Jahren geflogen bin, hat sich bestimmt einiges verändert!

    Große Pläne

    Eigentlich war Lena ein mutiges Mädchen. Wenigstens hielt sie sich dafür. Allerdings war es im Moment gut, dass sie nicht wusste, was in den nächsten Wochen und Monaten auf sie zukommen sollte. Vielleicht wäre sie sonst weniger überzeugt ihren Weg gegangen, als ihre Mutter sie eines Abends nach einer endlosen Diskussion völlig entnervt über den Küchentisch hinweg böse anfunkelte.

    »Ich will aber!« Trotzig starrte Lena ihrer Mutter mit erhobenem Kinn in die Augen und schmiss die geballte Autorität ihrer siebzehn Jahre Lebenserfahrung in die Waagschale.

    »NEIN habe ich gesagt und das ist mein letztes Wort!«, zischte Barbara Reisenberg erbost, drehte sich empört auf dem Absatz um und verließ wutschnaubend die Küche.

    »Barbara, Liebling, jetzt beruhige dich, lass uns noch eine Nacht darüber schlafen, komm, wir …« Lenas Stiefvater Johannes beeilte sich, seiner Frau zu folgen, und verschwand ebenfalls im Flur. Lena blieb frustriert alleine in der Küche zurück.

    Erst jetzt merkte sie, dass sie sich an der Tischplatte festgekrallt hatte. Ihr standen die Tränen in den Augen. Enttäuscht zog sie die Nase hoch und versuchte zu schlucken. Ihre Kehle war staubtrocken. Dann streckte sie vorsichtig die steifen Finger aus und angelte sich die halbvolle Wasserflasche vom Küchentisch. Sie benutzte absichtlich kein Glas und trank direkt aus der Flasche. Schade, dass Mom das nicht sieht, dachte sie bockig. Lena wusste genau, wie sich ihre Mutter davor ekelte und über solche Details aufregen konnte. Sie trank die Flasche in einem Zug leer und knallte sie dann wütend in den Leergutkorb. Das Glas ging zu Lenas größtem Ärger nicht kaputt. Welch Akt der Rebellion, dachte sie sarkastisch, das bringt mich echt weiter. Ihr jüngerer Halbbruder Jakob steckte den Kopf zur Tür herein.

    »Mama und Papa streiten im Wohnzimmer – es geht um dich. Was hast du ausgefressen?«, fragte er neugierig.

    »Ich darf nicht nach Australien«, erwiderte Lena knapp.

    »Waaas? Australien? Was willste denn da? Wann? Cool!« Jakob riss staunend die Augen auf und war mächtig beeindruckt.

    »Ach, vergiss es, ich darf ja sowieso nicht«, motzte Lena ungnädig und verließ fluchtartig die Küche. Ihrem Bruder alles haarklein zu erklären, hätte ihr jetzt gerade noch gefehlt.

    Im Flur verharrte sie einen Moment und lauschte den hitzigen Stimmen aus dem Wohnzimmer.

    »Du wirst sie nicht ewig beschützen können, immerhin wird sie nächstes Jahr schon achtzehn«, redete Johannes auf Barbara ein.

    »Na und? Deswegen muss man es ja nicht gleich übertreiben! Schüleraustausch nach Frankreich oder so – DAS wäre angemessen! Aber Weihnachten, Neujahr weg UND dann noch zwei Wochen Schule verpassen bei IHREN Noten? Und dann gleich ans Ende der Welt, wo es die allergiftigsten Spinnen und Schlangen gibt? Und die ganzen Buschfeuer! Muss das sein? Sie hat erst letztes Jahr so lange flach gelegen nach diesem fürchterlichen Unfall¹, das brauche ich nicht schon wieder … LASS MICH AUSREDEN …«

    Lena hatte sich auf Zehenspitzen näher an die Wohnzimmertür herangepirscht, um alles noch besser zu hören. Leise hockte sie sich in der Nähe der Tür unter die Treppe. Jakob war ihr still gefolgt und quetschte sich schnell neben sie.

    »… kann sie nicht einfach mal zur Ruhe kommen, dann würden auch ihre Schulnoten nicht IMMER so Achterbahn fahren. Aber NEIN. Flugplatz, Wettbewerb, Flugplatz, immer unterwegs, Kopf in den Wolken. Das kann doch nicht so weitergehen! Wie konnte Piet sie da einfach anmelden? Das hätte er doch vorher mit uns besprechen müsssen! Was glaubt dieser Fluglehrer eigentlich, wer er ist? Und DU unterstützt sie auch noch …«

    Ohoh, jetzt geht sie Johannes auch noch an den Kragen, das wollte ich nicht. Lena schämte sich.

    »… Ich fasse es nicht! Bei ihrem Vater wundert mich das ja nicht, der ist ja selbst Pilot und besessen von der Fliegerei. Aber DU! Du könntest mir ruhig mal den Rücken stärken«, zeterte Barbara weiter. Johannes murmelte irgendwas, das sie nicht verstehen konnten. Lena blickte ihren Bruder schuldbewusst an.

    »Bin ich wirklich so schlimm?«, fragte sie leise. Sie verstand das nicht. Sonst hatte Barbara sie doch immer unterstützt, wenn es ums Fliegen ging. Aber Lena alleine nach Australien zu schicken, das war ihrer Mutter wohl eine Nummer zu groß.

    Jakob richtete sich kerzengerade auf, so gut das eben unter der Treppe ging. Es kam nicht oft vor, dass seine große Schwester ihn um seine Meinung bat. Er überlegte einen Moment gewichtig. Schließlich teilte er ihr ernsthaft mit: »Ich würde das auch so machen wie du. Mama hat einfach Angst, weil sie sich das niemals trauen würde mit der Fliegerei und so. Wenn du bessere Noten schreiben würdest, dann hätte sie nichts gegen dich in der Hand.«

    Lena schnitt eine Grimasse. Obwohl ihr kleiner Bruder erst zehn Jahre alt war, hatte er manchmal verblüffend gute Erklärungen. Und im Gegensatz zu ihr immer gute Schulnoten, ohne sich jemals dafür groß anstrengen zu müssen. Sowas von ungerecht!

    Wenn ER in vier Jahren mit dem Segelfliegen anfangen würde – und das war sein fester Plan, wenn man dürfte, würde er noch früher anfangen, aber das ging erst mit 14 Jahren–, würde Mom sicher nicht ansatzweise so einen Aufstand machen.

    Aus dem Wohnzimmer drang nur noch Gemurmel, aber die Geschwister konnten nichts mehr verstehen. Lena deutete nach oben und Jakob nickte. Leise zogen sie sich zurück und schlichen die Treppe nach oben.

    »Erzählst du mir, was du in Australien willst?«, bettelte Jakob, bevor Lena ihre Zimmertür vor seiner Nase zuziehen konnte.

    »Später«, versprach Lena, »ich will Bella anrufen.«

    »Versprochen?«, vergewisserte sich Jakob misstrauisch.

    »Hoch und heilig«, versprach Lena und zerzauste Jakob liebevoll die sowieso schon strubbeligen Haare. Sie schloss die Tür, ließ sich seufzend auf ihr Bett fallen und zog ihr Handy aus der Hosentasche. Ihre beste Freundin Isabella hob beim ersten Klingeln ab: »Und?«

    Lena atmete vielsagend. »Meine Mutter flippt voll aus.«

    »Was echt? Wieso das denn auf einmal? Mist!«, stöhnte Isabella mitfühlend. »Meinst du, sie beruhigt sich wieder?«

    »Keine Ahnung. Johannes ist auf meiner Seite, vielleicht kann er sie ja noch umstimmen«, erwiderte Lena matt. Obwohl sie sich das kaum vorstellen konnte, nach dem, was sie vorhin belauscht hatte.

    »Du MUSST nach Australien, das ist ja wohl sowas von klar! Ich wünschte, ich dürfte auch! Aber meine hysterische Flugangstmutter würde das NIEMALS erlauben. Die ist ja noch viel schlimmer als deine Mutter!«

    »Ich verstehe das gar nicht, sonst war meine Mom doch immer ganz cool, was das Fliegen anging, oder? Was soll auf einmal diese Panikmache? Giftschlangen, Spinnen, na und? Die Leute, die da wohnen, kommen ja auch ganz gut damit klar!«, schimpfte Lena. Das Problem mit den Schulnoten erwähnte sie lieber nicht. Es war ihr peinlich. Isabella war nämlich wie ihr Bruder. Sie konnte es überhaupt nicht verstehen, dass man auch etwas anderes als Einser und Zweier mit nach Hause brachte. Lena kam sich neben Isabella manchmal vor wie der Depp vom Dienst.

    »Pass auf, bei Martin gibt’s garantiert NULL Probleme. Seine Mutter sagt doch zu allem Ja und Amen«, lenkte sie verlegen von sich ab. Martin ging in dieselbe Klasse wie Isabella und Lena und war der Erste aus der Clique gewesen, der in Moorbach angefangen hatte, Segelfliegen zu lernen.

    Außerdem war er lange mit Isabella zusammen gewesen.

    Isabella stieg voll darauf ein: »Das glaube ich sofort. Seine Mutter ist echt ’ne Nummer. Total blind, was ihren Schatzi betrifft. Dabei ist ER doch der große Schussel, dem alle Missgeschicke dieser Welt passieren. Ich kann dir Geschichten erzähen! Bei ihm würde ich mir eher Sorgen machen, ob er nicht irgendwo auf dem Weg nach Australien verloren geht oder dort gleich in ein Schlangennest tritt!«

    »Machst du dir jetzt echt noch Sorgen um ihn?«, hakte Lena nach.

    »Was? Ach Quatsch. Nein«, wand sich Isabella ein bisschen. »Na ja, vielleicht doch. Ach, ich weiß auch nicht. Er ist ja jetzt mit Lala glücklich, oder?«

    Lena stöhnte: »Das sind ja ganz neue Töne! Du warst doch immer so cool? Und was ist mit Maxl? Für mich habt ihr in den letzten Wochen in der Schule und am Flugplatz total glücklich ausgesehen. DAS Traumpaar! Was habe ich denn da verpasst?«

    Sie rollte mit den Augen. Ging das schon wieder los? Lena hatte gedacht, das alles läge weit hinter ihnen. Im letzten Jahr hatte Bella mit Martin Schluss gemacht, weil der heimlich in sie, Lena, verknallt gewesen war. Bella hatte ihn erwischt, wie er sie geküsst hatte. Lena selbst war damals völlig perplex gewesen. Martin hatte sie einfach überrumpelt, obwohl sie ihm schon mal gesagt hatte, dass sie nichts von ihm wollte. Egal. Auf jeden Fall hatte Bella dann später mit dem Moorbacher Flugplatzhelden Maxl angebandelt. Lena hatte erst Bedenken gehabt, sie war auch schonmal auf seinen Charme hereingefallen. Aber er schien sich doch zu ändern und das mit Bella war was Ernsteres. Na, und Martin war jetzt mit Lala vom Flugplatz zusammen, das passte doch auch super? Musste denn immer alles so schwierig sein? Was hatte Bella denn nun wieder für Gefühle und Befindlichkeiten? Und warum hatte sie Lena als ihrer besten Freundin bisher noch nichts davon erzählt? Da war Bella manchmal echt anstrengend. Nach außen hin musste bei ihr wohl immer alles perfekt aussehen. Lena seufzte verhalten. Wann war eigentlich alles so kompliziert geworden?

    »Maxl ist im Abistress. Außerdem will er Berufspilot werden, die Bewerbung läuft schon. Er hat kaum noch Zeit. Muss noch lernen, sagt er. Ich weiß auch nicht …«, lamentierte Isabella.

    »Ja, stell dir vor, manche müssen für die Schule lernen und es fliegt ihnen nicht alles so zu wie gewissen Leuten! Na und? Ist doch normal«, erwiderte Lena spitz.

    »Hast ja recht, ich sollte geduldiger sein«, schmollte Isabella nachdenklich. »Aber zurück zu dir. Australien! Was ist mit Piet? Sollte der sich nicht einsetzen? Schließlich hat ER alles ins Rollen gebracht, ohne deine Mutter zu fragen!«

    Es klingelte an der Haustür. »Warte mal kurz, es hat geklingelt …« Lena öffnete ihre Tür einen Spalt und lauschte. Jakob war sofort die Treppe heruntergepoltert, um zu sehen, wer draußen stand.

    »Maaaaama, Piet ist da und will mit dir sprechen!«, brüllte er extra laut. Ihm war klar, dass seine Schwester das hören wollte.

    »Piet ist da, ich rufe später zurück. Das ist ja Gedankenübertragung«, wisperte Lena ins Telefon und drückte das Gespräch weg. Eine Sekunde später hatte sie von Bella eine Nachricht mit Daumen hoch. Lena seufzte. Trotz allem Beziehungshickhack: Bella war und blieb die allerbeste Freundin, die man sich vorstellen konnte! Sie fieberte voll mit Lena mit!

    Jakob war wieder heraufgekommen und setzte sich auf die oberste Stufe. Leise hockte sich Lena neben ihn.

    »Sagst du mir jetzt, worum es geht? Was will dein alter Fluglehrer Piet denn hier?«, quengelte er leise.

    Mit klopfendem Herzen pfriemelte Lena etwas aus ihrer hinteren Hosentasche und drückte ihm den Brief in die Hand, den Piet ihr heute Morgen auf dem Flugplatz gegeben hatte. »Pssst!«, ermahnte sie ihren Bruder. Sie wollte keinen Piep von dem, was unten geredet wurde, verpassen. Barbara hatte Piet hereingebeten und die Erwachsenen saßen jetzt in der Küche. Die Tür hatten sie zum Glück nicht geschlossen.

    Jakob faltete den verknitterten Brief auseinander. Ein Prospekt fiel ihm dabei auch in den Schoß. Darauf stand von vielen exotischen Flugplatz- und Flugzeugbildern umrahmt:

    YPFF – Young Pilots For Future

    Jakob drehte den Prospekt schnell um und las die deutsche Übersetzung:

    Fliegen, Technik, globale Vernetzung! Die Zukunft unseres Planeten liegt in den Händen der Jugend! Wir möchten eine neue Initiative ins Leben rufen und junge Piloten weltweit zusammenbringen! Werden Sie Teil dieser einzigartigen …

    Blablabla …

    Das klang aber geschwollen. Er übersprang einen ganzen Teil.

    … in der Luftfahrt und speziell beim Segelfliegen beschäftigt man sich seit Jahren mit CO2-freien Möglichkeiten der Fliegerei … blabla … junge Menschen fördern und weltweit zusammenbringen … Kommunikation … innovative Ideen länderübergreifend …

    Jakob gab auf. Das war auch nicht besser und klang immer noch so schwülstig. Darunter waren die Logos der internationalen Luftfahrtvereinigungen und Aeroclubs abgebildet: Argentinien, Australien, Österreich, Canada, China, Japan, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Israel, Ungarn, Litauen, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Polen, Großbritannien, Südafrika, Schweiz, Spanien, Tschechien … ganz schön viele, fand Jakob.

    Er legte den Prospekt zur Seite und las den zerknitterten Brief. Vielleicht wurde er hieraus schlauer?

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihr Verein ausgewählt wurde, um an dem internationalen Austauschprogramm für Schüler, YPFF, teilzunehmen.

    Im Zuge des Losverfahrens wurde für Sie ein Segelflugklub in Tocumwal, Australien ermittelt.

    Genauere Details folgen in Kürze. Bitte füllen Sie das beiliegende Formular zur Anmeldung der Teilnehmer aus, inklusive Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten.

    Tickets und Zuschüsse werden intern beantragt, darum werden wir uns für Sie kümmern. Das Visum für Australien müssen die Teilnehmer privat organisieren. Ein Antrag zur Schulbefreiung wird Ihnen, falls nötig, rechtzeitig vom Deutschen Sportbund zugestellt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ariane Bugmann

    Jugendreferentin Luftsportjugend

    Deutscher Aeroclub, Bundesgeschäftsstelle Braunschweig

    »Boah! Heißt das, du sollst so ein Austauschsdings mitmachen? Hat Piet dich da angemeldet?«, platzte Jakob heraus. Er vergaß vor Aufregung völlig, leise zu sprechen. Unten schloss jemand mit Nachdruck die Küchentür.

    »Na toll. Danke. Jetzt höre ich nichts mehr«, motzte Lena aufgebracht.

    »Ups. Sorry«, nuschelte Jakob kleinlaut. Er zog entschuldigend die Schultern hoch. Lena seufzte schon wieder. Das wurde langsam zur Gewohnheit. Wenn sie sowieso nichts mehr hörte von unten, konnte sie ihm jetzt genauso gut alles erklären.

    »Okay. Also hör zu. Das ist so eine internationale Ausschreibung für Piloten oder Pilotenschüler unter einundzwanzig Jahren. Gesponsort, also bezahlt wird das von den Aeroklubs, Flugsicherungen, den Fluggesellschaften und was weiß ich von wem, weil die alle irgendwie Nachwuchsprobleme haben und so auch Werbung machen wollen. Jugendliche aus der ganzen Welt sollen zusammengebracht werden und sich vernetzen …«

    »Und ihr trefft euch dann ALLE in Australien?«, unterbrach Jakob sie aufgeregt.

    »Was? Nein! Natürlich nicht! Lass mich ausreden. Im Prinzip ist das einfach ein weltweiter Schüleraustausch. Sie hoffen, dass dadurch mehr als Internet-Freundschaften aufgebaut werden. Und dass diese Luftfahrtbegeisterten Jugendlichen auch später im Berufsleben vielleicht mal toll zusammenarbeiten. Von wegen neue Lösungen in der Luftfahrt für den Klimawandel finden und so …«

    »Häh? Verstehe ich nicht.« Jakob schaute ratlos.

    »Egal, wenn du groß bist, wirst du es schon verstehen. Für mich geht es jetzt um einen Schüleraustausch nach Australien, der mich nichts kosten wird. Piet sagt, er findet das auf jeden Fall eine Riesenchance und da müsse man unbedingt mitmachen, wenn sowas schon mal auf die Beine gestellt wird. Normalerweise gibt’s ja nicht einfach so viel Geld für uns Jugendliche. War wohl ein Riesen-Anmeldechaos, wer wo wann mitmachen darf und so. Er hat es einfach versucht. Und jetzt braucht er drei Leute aus unserem Verein, die auch tatsächlich mitmachen wollen. Er hat uns vorher nichts gesagt, um uns nicht zu enttäuschen, wenn es nicht klappt. So richtig hat er wohl selbst nicht daran geglaubt. Na ja. Martin, Stefan und ich dürfen mitmachen. Weil wir auch schon beim Jugendvergleichsfliegen waren, Engagement gezeigt und den Verein vertreten haben.«

    »Aha. Cooool«, staunte Jakob. »Und kommt dann auch so ein Australier zu uns, mit Cowboyhut und so einem Messer wegen der Krokodile?«

    »Du schaust zu viel Fernsehen. Australierin wohl eher. Mädels zu Mädels?«, grinste Lena.

    »Aber wenn du nach Australien fliegst, ist das ja nicht wirklich klimafreundlich, oder?«, ereiferte sich Jakob weiter.

    »Stimmt eigentlich. Nicht so ganz durchdacht. Vielleicht geht es ihnen doch nur um die Nachwuchswerbung. Na, du kleiner Klugscheißer kannst ja in ein paar Jahren mitmachen und wirst dann ganz sicher später die Welt retten«, frotzelte Lena nachdenklich.

    »Pöh. Ich klugscheißere nicht. Ich weiß es wirklich besser«, konterte Jakob frech. Aber Lena kam nicht dazu, etwas zu erwidern, da in dem Moment unten die Küchentür aufging und die Erwachsenen im Flur erschienen.

    ¹ Mehr darüber erfährst du in Teil 2: Lena startet durch

    Eine fette Lüge

    Flugplatz Moorbach, Segelflugstart, einen Tag später.

    »Wenn ich mich jemals so aufführe, schlag mich bitte ganz, ganz fest«, sagte Isabella mit einem Seitenblick auf das Pärchen, das knutschend am Lepo lehnte. Lena grinste.

    »Versprochen. Immer gerne.«

    Martin und Lala, über die sie da redeten, bekamen in ihrer Glückseligkeit nichts davon mit. Wochenende. Flugplatzzeit. Man hatte

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