Viele kleine Schritte...: Geschichten und Gedichte
Von Katja Hildebrand
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Über dieses E-Book
Katja Hildebrand
Schon als Kind entdeckte ich, wie aus einzelnen Zeichen Wörter und ganze Geschichten werden. Aus Kurzgeschichten und Gedichten in der Jugendzeit, die teilweise veröffentlicht wurden (unter anderem in der Anthologie "Der rote Mohn ist abgeblüht" bei der Edition Strahalm in Graz und im "Großen Jugendbuch" bei Reader's Digest) wurde während des Studiums eher journalistisches Handwerk als freie Mitarbeiterin bei einer Tageszeitung. Immer wieder verfasste ich Beiträge für Zeitschriften, das Fachbuch "First Steps into English" 2000 beim Verlag an der Ruhr und ein Sachbuch zur Medienerziehung, das 2006 beim AOL Verlag erschien. Mein erster Roman mit dem Titel "zufällig-alles" erschien 2018, im März 2019 erschienen "Mohomad" und im November "Die Rätsel von Regenbach". Im Herbst 2020 veröffentlichte ich "Anmerkungen eines ganz gewöhnlichen Hundes", in dem ich unsere Hündin Senta erzählen lasse, wie sie unsere Welt vielleicht sehen könnte. Im Sommer 2021 erschien mein Kinderbuch "Udos Mütze". Im Mai 2022 erschien mein sechstes Buch "Das Kind der Magd", im Dezember 2022 "Udos Mütze und der Zoo". Ich lebe mit meinem Mann und meinen beiden Kindern im idyllischen Hohenlohe auf einem Hobbybauernhof mit zwei Hunden, zwei Katern, zwei Ponys, mit Schafen und Hühnern. Damit erfüllt sich mein Kindheitstraum. Meinen Beruf als Grundschullehrerin übe ich mit ganzem Herzen aus – er fordert meine Kreativität täglich aufs Neue heraus und macht jeden Tag spannend und einzigartig. Wenn ich neben Familie, Beruf und Bauernhof noch Zeit habe, singe ich im Chor "drundernêi" und erkunde auf dem Rücken meines Ponys "Sisco" und begleitet von unseren Hunden Senta und Abby das wunderschöne Hohenloher Land.
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Buchvorschau
Viele kleine Schritte... - Katja Hildebrand
Über’m See
tief über den Bäumen
senkt die Sonne ihre Strahlen
in den See
ganz tief hinein
und ganz unten
betanken sie das Wasser
mit neuer Kraft
für den nächsten Tag
tief hinter den Bäumen
hebt die Sonne ihre Strahlen
aus dem See
ganz hoch empor
und ganz oben
begrüßen sie den Tag
voll heller Freude
Es heißt Weihnachten
Es hatte überhaupt nicht geschneit, obwohl er sich so gewünscht hatte, am Weihnachtsmorgen aufzuwachen und am Fenster Eisblumen sehen zu können. Er hatte sich vorgestellt, wie er an dem Eisblumenfenster hauchen würde, so dass ein Guckloch entstand, durch das er dann nach draußen sehen könnte. Und draußen wäre alles mit einem wunderbar weißen Glitzerschneeteppich überzogen gewesen. Aber es hatte nicht geschneit und durch das eisblumenlose Fenster sah er, wie draußen der Regen in traurigen Tropfen vom Himmel fiel. Lukas war enttäuscht und rollte sich wieder in seine Decke ein. Wenn das so war, dann wollte er auch nicht aufstehen. Dann wollte er auch kein Weihnachten. Schnee hatte er sich gewünscht. Und – hatte er ihn bekommen? Dieses ganze Weihnachten war also reiner Humbug, nichts weiter. Lukas schob schmollend seine Unterlippe vor. Weshalb gibt es eigentlich Weihnachten? Während er überlegte, konnte er die geschäftigen Geräusche von Thea hören. Thea war ihre Haushälterin. „Weihnachten, pffh!", schnaubte Lukas verächtlich und war schrecklich unzufrieden mit sich im Speziellen und der Welt im Allgemeinen. Draußen war so richtiges Schmuddelwetter. Der Himmel zeigte sich grau in grau anstatt schön blau und schneekalt zu sein. Die Fichten im Garten ließen trostlos den Regen an sich heruntertropfen. Wie schön hätten sie doch aussehen können, hätte es heute Nacht geschneit. Dann wäre heute wenigstens Weihnachten.
Der Staubsauger dröhnte durchs ganze Haus und machte es furchtbar ungemütlich im Bett. Lukas hörte unten seinen Vater fluchen – wahrscheinlich war der Weihnachtsbaum wieder einmal zu lang und passte nicht in den Ständer. Die Mutter verhandelte mit Thea, was heute noch alles zu tun war und seufzte die ganze Zeit. Lukas verstand nicht, weshalb seine Mutter immer seufzen musste, wo doch sowieso Thea die ganze Arbeit tat. Und überhaupt, seinetwegen müsste man dieses Jahr gar kein Weihnachten feiern.
Es wäre eigentlich an der Zeit gewesen, aufzustehen, doch der Gedanke an die hektische Stimmung im ganzen Haus, die nur auf den einen Punkt hin konzentriert war, nämlich am Abend in einem vor Sauberkeit strahlenden Haus vor einem festlich geschmückten Baum ein paar alte Lieder zu singen und dann Geschenke auszupacken, schreckte Lukas davor ab, aus dem Bett zu steigen. Sobald er sein Bett verließe, das wusste er, wäre er mitten in dieser grauenvollen Hektik gefangen. Sie würde ihn überrollen, einnehmen, festhalten. Dann wäre auch der letzte Rest von Vorfreude erstickt. Natürlich freute er sich auf die Geschenke, aber er hatte sich Schnee dazu gewünscht. Nur wegen der paar Geschenke bräuchte keine solche Hektik gemacht werden, fand er. Er fand außerdem, dass man die Geschenke ja nicht unbedingt heute auszupacken bräuchte, wo doch ohne Schnee ohnehin nicht richtig Weihnachten war. Man könnte doch mit den Geschenken warten, bis das Wetter die richtige Weihnachtsstimmung brachte. Lukas war ganz fasziniert von dieser Idee und wollte sie gleich seinen Eltern unterbreiten. Vorsichtig stieg er die breite Treppe hinunter und sah seinen Vater, der immer noch leise vor sich hinfluchend mit dem Weihnachtsbaum beschäftigt war. Als er Lukas sah, hielt er erschrocken inne und setzte sein Weihnachtsgesicht auf. „Na, du Langschläfer! Heute ist Weihnachten!, begrüßte er Lukas und legte einen frohlockenden Ton auf das letzte Wort. „Ja, aber warum ist ausgerechnet heute Weihnachten?
, entgegnete Lukas, anstatt sich darüber zu freuen, dass eben am heutigen Tage Weihnachten war. Der Vater zog erstaunt die Augenbrauen hoch und war für Augenblicke sprachlos. „Na, weil heute der 24. Dezember ist, Lukas, erklärte er, ohne die Frage seines Sohnes verstanden zu haben. Lukas ließ nicht locker. „Nein, ich meine, wieso muss immer am 24. Dezember Weihnachten sein? Es hat doch nicht mal Schnee.
„Was weiß denn ich, es ist einfach so. Freu‘ dich doch, Kind. Wir haben so schöne Geschenke für dich gekauft. Was sollte aus denen wohl werden, wenn heute nicht Weihnachten wäre? Lukas überlegte kurz, zuckte dann mit den Schultern und beschloss, seinen Vorschlag anzubringen: „Die Geschenke könntet ihr mir doch geben, wenn es mal Schnee hat.
Der Vater sagte nun gar nichts