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Als ich aufhörte, mich zu bekämpfen: Und mich selbst an die Hand nahm.
Als ich aufhörte, mich zu bekämpfen: Und mich selbst an die Hand nahm.
Als ich aufhörte, mich zu bekämpfen: Und mich selbst an die Hand nahm.
eBook274 Seiten3 Stunden

Als ich aufhörte, mich zu bekämpfen: Und mich selbst an die Hand nahm.

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Über dieses E-Book

» Es ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle.
Es ist ein Leben voller Gegensätze - von intensivsten Gefühlen zu absoluter Leere. Von Hoffnungslosigkeit und Verlorenheit zu Verbundenheit und Vertrauen. Eine tiefe Sehnsucht nach Nähe, aber auch große Angst, sie zuzulassen. Angst zu vertrauen, weil man verletzt werden könnte, aber auch Angst, allein zu sein. Manchmal bedeutet Borderline für mich, einen täglichen Kampf zu führen, um diese Welt auszuhalten und Sicherheit zu finden. Ein stetiges Suchen nach Halt, weil ich ihn in mir selbst nicht immer finde. Ein Balancieren auf einem Seil mit Blick in den Abgrund. Aber manchmal ist es auch Dankbarkeit, die Fähigkeit zu besitzen, so stark fühlen zu können. So intensiv mit anderen Menschen in Verbindung treten zu können und mitzuschwingen. So kreativ, empathisch und mitreißend zu sein. In der Lage zu sein, anderen Menschen das zu schenken, was man selbst so sehr braucht, und es gleichzeitig aber auch wieder zurück zu bekommen. «

Mit diesem Buch möchte Bettina Kilb sowohl Betroffenen als auch Angehörigen die Möglichkeit geben, sich intensiver mit dem Innenleben psychisch kranker Menschen auseinanderzusetzen und helfen, die Blickwinkel zu verändern. Vielleicht ist die Krankheit gar nicht dein Feind - vielmehr ein stiller Freund, der dir zeigen möchte, was du brauchst. Sie möchte über Borderline, Essstörungen und Depressionen aufklären, Verständnis schaffen und Einblick in ein komplexes Gefühls- und Gedankenkonstrukt geben.

Sie nimmt dich mit auf eine Reise, in der sie immer mehr zu sich selbst findet - über Krisen und Verzweiflung zu Selbstakzeptanz und Vertrauen in sich selbst. Und Betroffenen möchte sie vor allem Mut machen, niemals aufzugeben. Denn trotz des ganzen Gefühlschaos und der Dunkelheit gibt es da draußen so viel Schönes zu entdecken, so viele Erfahrungen, die noch gemacht werden wollen. So viel Liebe und Glück, das nur auf dich wartet. Das Leben ist es wert. Und du bist es auch.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum9. Apr. 2021
ISBN9783347150430
Als ich aufhörte, mich zu bekämpfen: Und mich selbst an die Hand nahm.

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    Buchvorschau

    Als ich aufhörte, mich zu bekämpfen - Bettina Kilb

    Vorwort

    Zuallererst möchte ich sagen, dass ich keine Psychologin bin und hier nur von meinen persönlichen Erfahrungen berichte. Ich teile hier das Wissen, das ich mir in den letzten Jahren selbst angeeignet habe, das ich aus Therapiestunden mitgenommen oder in Büchern gelesen habe. Ich habe unglaublich viele Menschen kennenlernen dürfen, mich stundenlang ausgetauscht und mich mit mir selbst auseinandergesetzt. Ich möchte mit meinem Buch Anregungen und Hilfestellungen geben, sich selbst besser kennenzulernen, zu reflektieren und zu verstehen. Und ich möchte denen Mut und Kraft schenken, die es gerade brauchen, damit sie spüren, dass sie nicht allein sind und dass es sich lohnt, weiterzumachen. Denn es wird leichter. Ich möchte dir helfen, Stück für Stück mehr zu dir zu finden und dir das Verständnis schenken, das du verdient hast. Im Leben geht es nicht darum, alles richtig zu machen. Das Leben lebt von Erfahrungen – manche sind voller Liebe, Glück und Freude, andere tun weh. Das Leben ist ein auf und ab, voller Gegensätze und Unsicherheiten. Aber das Universum stellt dir nur Aufgaben, die du auch bewältigen kannst. Verabschiede dich von der Bewertung, dass etwas gut oder schlecht ist, sondern hab Vertrauen, dass alles einen Sinn hat! Mir macht die Ungewissheit des Lebens sehr zu schaffen, da ich ein Mensch bin, der am liebsten für alles einen Plan hätte. Aber umso älter ich werde, desto mehr merke ich, dass man nicht immer einen Plan braucht. Manchmal reicht auch etwas Mut, um in eine neue Situation zu gehen und zu schauen, was passiert. Manchmal darf man einfach in das Abenteuer springen, ohne zu wissen, was es mit sich bringt und sich auf das freuen, was kommt. Die Ungewissheit macht das Leben spannend. Würde ich schon wissen, wann was passiert, dann gäbe es in meinem Leben keine Spannung mehr und es wäre langweilig. Mir würde das fehlen, was mich zum Menschen macht – meine Emotionen hätten keinen Sinn mehr. Ich wäre wie ein Roboter, der einfach nur funktioniert und sein Programm durchläuft. Von daher versuche ich immer mehr, die Ungewissheit des Lebens anzunehmen und die Angst in Kauf zu nehmen. Und du hast Zeit, Nichts und niemand drängt dich zu etwas. Manchmal reicht es, einfach da zu sein.

    Einzuatmen und auszuatmen – sich umzusehen und den Moment zu genießen. Das Leben meint es immer gut mit dir.

    Und vor allem glaube an dich. Du hast alles schon in dir, es wartet nur darauf, gesehen zu werden. Aber dafür musst du erst einmal bereit sein.

    Und Angehörigen oder Außenstehenden möchte ich helfen, indem ich ihnen die Möglichkeit gebe, sich besser in die Gefühlswelt psychisch kranker Menschen hineinzufühlen. Es ist schwer, eine Depression nachzuempfinden, wenn man sie selbst noch nicht erlebt hat. Ein gesunder Mensch wird es nicht verstehen können, warum sich ein Mensch das Essen verbietet oder sich selbst verletzt.

    Dieses Verständnis werde ich dir auch nicht geben können. Aber vielleicht helfen dir meine Gedanken, deine Mitmenschen wenigstens ein bisschen besser verstehen zu können. Und niemand erwartet, dass du alles verstehst. Für mich war es oft das Wichtigste, dass einfach jemand da ist und mich annimmt, wie ich bin.

    Es ist Zeit für eine Veränderung.

    Ich kann so nicht mehr weitermachen,

    nicht mehr weiterleben.

    Ich mag Veränderungen nicht. Sie machen mir Angst

    und ich verliere meine Sicherheit.

    Aber weißt du, was noch viel schlimmer ist?

    Die ganze Zeit da zu bleiben, wo du nicht

    hingehörst. In einem Zustand, der dich kaputt macht.

    Wir wollen uns immer verändern,

    gleichzeitig haben wir aber große Angst davor und

    halten krampfhaft an der Vergangenheit fest.

    Wir müssen uns jedoch bewusstmachen, dass erst mit

    Veränderungen etwas Neues entstehen kann.

    Und meist etwas sehr Schönes.

    Wer in Veränderungen Chancen sieht und lernt,

    die Vergangenheit hinter sich zu lassen,

    ohne einen Schmerz mitzunehmen,

    der lebt im Hier und Jetzt.

    Nur so kann ich Chancen ergreifen, die direkt vor mir

    liegen, die ich sonst gar nicht erst gesehen hätte.

    Weil ich noch in der Vergangenheit

    feststeckte oder schon in der Zukunft lebte.

    Manches kann ich eben nur dann begreifen,

    wenn ich bereit dafür bin.

    Zu mir

    Vielleicht musste ich erst die Orientierung

    verlieren, um klar zu sehen.

    Um zu mir zu finden.

    Um zu erkennen, dass alles,

    was ich brauche, schon da ist.

    Schon in mir ist.

    „Ich bin in diesem Zug,

    obwohl ich gar nicht weiß, wo ich hinmöchte.

    Alle haben ihren Platz, aber für mich scheint es keinen zu geben.

    Alle sind besetzt oder kaputt.

    Nach und nach steigen die Menschen an ihren Orten aus

    und ich? Ich stehe immer noch hier

    und weiß nicht, wohin mit mir",

    habe ich einmal zu meiner Therapeutin gesagt.

    Sehr lange habe ich mich gefühlt, als gäbe es auf der Welt keinen Platz für mich. Es fühlte sich an, als hätte jeder einen Plan vom Leben – nur ich nicht.

    Jeder wusste, wo er ein- und wieder aussteigen wird. Ich dagegen stand planlos in meinem Abteil und vegetierte vor mich hin. In der Hoffnung, dass mir jemand einen Platz anbietet und mir sagt, wo ich aussteigen soll.

    Aber so ist das Leben leider nicht.

    Ich darf mir selbst einen Platz suchen und entscheiden, wo ich aussteigen möchte. Und an meinem Platz werde ich verschiedene Menschen treffen, die mich auf meinem Weg ein Stück begleiten werden. Ein paar werden sogar mit mir aussteigen, andere werden sitzen bleiben.

    Ist das nicht irgendwie auch schön?

    Denn es bedeutet, dass allein ich entscheiden kann, wo die Reise meines Lebens hingeht.

    Schon als Kind habe ich mich oft anders gefühlt. Ich habe mir Gedanken über Dinge gemacht, die andere einfach hingenommen haben. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit zehn Jahren im Wohnzimmer saß, die Menschen auf der Straße beobachtete und mich gefragt habe, warum ich eigentlich hier bin. Warum wir alle auf dieser Welt sind. Was das alles überhaupt für einen Sinn hat. Warum muss ich jeden Morgen aufstehen, wenn ich am Ende des Tages wieder schlafen gehe? Warum muss ich essen, wenn ich in ein paar Stunden wieder Hunger bekomme? Warum muss ich zur Schule gehen? Sind wir nur auf dieser Welt, um zu arbeiten? Was ist, wenn ich nichts Passendes für mich finden werde? Ich habe mir so viele Fragen gestellt, anstatt es einfach hinzunehmen und zu leben. Damit habe ich mir das Leben schon sehr früh sehr schwer gemacht. Und als ich älter wurde, ist mir aufgefallen, dass diese Fragen immer in Verbindungen mit „müssen standen. Mir fiel immer öfter auf, wie oft ich in meinem Sprachgebrauch „Ich muss verwende anstatt „Ich darf, möchte oder kann".

    Mittlerweile stehe ich an einem Punkt, an dem ich mir immer wieder vor Augen führe, dass das Leben ein Geschenk ist, das ich nutzen möchte. Ich möchte meine Gedankengänge oder Pläne nicht mehr mit „Ich muss heute… beginnen, sondern mit „Ich darf heute dies und jenes erleben.

    Mit Beginn der Pubertät wurde ich immer nachdenklicher und leider auch depressiver. Ich habe kaum noch Dinge gemacht, die ich wirklich wollte oder mir Spaß machten. Ich hatte immer Angst, etwas falsch zu machen und dafür verurteilt zu werden. Ich hatte große Angst vor Ablehnung, weswegen ich es immer allen recht machte; nur leider habe ich dabei den wichtigsten Menschen in meinem Leben vergessen – mich. Ich habe mich Stück für Stück verloren, bis ich irgendwann gar nicht mehr wusste, wer ich überhaupt bin. Ich habe mir viel verboten und untersagt, weil ich mir das Geld nicht wert war. Mit zwölf Jahren fing ich an, auf meine Ernährung zu achten und mir all die Dinge, die ich so gerne aß, zu verbieten. Ich fühlte mich in meiner Haut nicht wohl und wollte abnehmen. Nach und nach strich ich immer mehr Nahrungsmittel aus meinem Speiseplan, bis ich mich nur noch von Gemüse und Obst ernährte. Langsam, aber sicher schlitterte ich in eine ernsthafte Essstörung, die leider viel zu lange nicht ernst genommen wurde – vor allem nicht von mir.

    Ich sollte dazu sagen, dass ich recht groß bin (180 cm) und mich sehr lange ziemlich unwohl damit fühlte. Ich hatte immer das Gefühl, zu viel zu sein und wollte nicht auffallen. 2014 war ich dann an einem kritischen Punkt, denn ich erkannte, dass ich so nicht weitermachen kann, wirklich etwas ändern und zunehmen wollte ich damals aber auch nicht. Ich hatte mein tiefstes Gewicht (BMI 15) erreicht. Ich machte mir Sorgen um meine Gesundheit, weil meine Menstruation schon lange ausblieb, mir die Haare büschelweise ausfielen und ich ständig umkippte. An eine Therapie habe ich damals überhaupt nicht gedacht, ich habe mich nicht einmal als krank eingestuft. Ich war sehr gut darin, alles zu verstecken und mir nichts anmerken zu lassen. Ich muss aber dazu sagen, dass ich vor meiner Familie immer gegessen habe, sodass niemand mitbekommen konnte, was gerade wirklich los ist. Ehrlich gesagt wusste ich das selbst nicht. Meine Freunde und Lehrer dagegen haben ziemlich schnell gemerkt, dass da etwas aus dem Ruder läuft, haben versucht, mit mir zu reden, doch ich setzte mein typisches Lächeln auf und versicherte, dass alles gut sei. Meine Leistungen in der Schule wurden immer besser, ich wurde im Sport ehrgeiziger, vernachlässigte aber das Essen immer mehr.

    Immer wieder wurde ich angesprochen, ob es mir denn gut gehe, weil ich so krank aussehe. Ich war damit ziemlich überfordert, da ich aufgrund meiner Körperschemastörung den Ernst der Lage nicht erkannte. Das bedeutet, dass ich meinen Körper anders wahrgenommen habe, als er tatsächlich war. Obwohl ich anhand meines Gewichtes hätte merken müssen, dass ich untergewichtig und zu dünn bin, nahm ich mich immer noch als zu dick wahr. Ich fand immer mehr an meinem Körper, das mich störte und wollte immer weniger werden. Ich bekam nicht mit, dass ich dabei war, mich selbst zu zerstören. Objektiv gesehen war ich weiterhin die liebe Tochter, die Musterschülerin, die beste Freundin, die alles stehen und liegen ließ, wenn man sie brauchte – eigentlich ein ziemlich glückliches, erfolgreiches, beliebtes Mädchen nach außen hin.

    Dass ich innerlich jeden Tag ein Stückchen starb, ahnte niemand.

    Das ganze Thema hat sich ziemlich im Sande verlaufen, als ich zunahm. Für die anderen war das Thema damit erledigt, doch das war es nicht. Meine Symptomatik und mein Gewicht haben sich vielleicht verschoben, aber meine Gedanken waren genauso krank wie vorher. Bitte glaub niemals, dass jemand mit einer Essstörung geheilt ist, wenn er an Gewicht zunimmt. Die Gedanken und das Gefühl brauchen viel länger, um nachzukommen. Es kann sein, dass sich das Innere des Menschen so gut wie gar nicht verändert hat, weswegen die Rückfallquote sehr hoch ist. Es braucht viel Zeit, Geduld und Ausdauer, eine Essstörung loszulassen. Egal, ob 40 Kilogramm oder 80 Kilogramm, eine Essstörung ist immer ernst zu nehmen und schlimm. Die meisten essgestörten Menschen, die ich kenne, sind nicht im Untergewicht, also glaub bitte nicht, dass alle essgestörten Menschen extrem dünn oder extrem übergewichtig sind.

    Der Leidensdruck ist bei normalgewichtigen Essgestörten meist noch höher als bei Untergewichtigen, da sie in ihrem Leid nicht gesehen werden. Du weißt nie, was ein anderer Mensch gerade durchmacht und wie krank er vielleicht ist.

    Zurück zu mir: Da ich mir selbst aber auch nie eingestanden habe, dass ich unter einer Essstörung litt, habe ich so weitergemacht. Zugenommen habe ich dann nur aufgrund von heftigen Essanfällen. Diese fingen ziemlich harmlos an, arteten aber immer mehr aus. Ich schlitterte also von der Magersucht direkt weiter in die Bulimie. Auch das bekam niemand mit, denn es waren alle einfach nur froh, dass ich endlich wieder mehr aß und zunahm. Meine Gedankenwelt war dagegen immer noch ein Trümmerhaufen und ich wollte nichts mehr, als wieder abzunehmen.

    Ich konnte alles sehr gut verheimlichen und habe versucht, ein ganz normales Leben zu leben. Ich sage bewusst „versucht", da es von da an ziemlich bergab ging. Die Bulimie wurde immer schlimmer, ich nahm immer mehr zu, bis ich 2015 mein Höchstgewicht (+40 kg) erreichte, was mich immer depressiver stimmte. Ich hatte starke Gewichtsschwankungen, nahm immer mal wieder zehn bis zwanzig Kilogramm ab und dann in kurzer Zeit wieder zu. Aus Verzweiflung begann ich tagelang zu fasten, verlor aber immer wieder die Kontrolle und nahm wieder zu. Oft stand ich um 04.00 Uhr auf, um vor der Schule noch joggen zu gehen. Unter Schlafstörungen litt ich auch schon eine Weile und mehr als drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht waren es nie. Ich unternahm nichts mehr mit Freunden, meine schulischen Leistungen wurden schlechter, ich traute mich nicht mehr aus dem Haus. Ich begann, mich selbst zu verletzen. Ich wollte nichts mehr machen, ich wollte nur noch sterben. Diesen täglichen Kampf mit dem Essen, mit mir und meinem Körper hielt ich nicht mehr aus. Ich wusste nicht mehr weiter, konnte mit keinem darüber reden, weil niemand davon wusste. Ich schämte mich so sehr und hatte Angst, was andere von mir denken könnten, wenn sie von all dem erfahren würden.

    Dann hatte ich einen Fahrradunfall, der mich ziemlich aus dem Leben geworfen hat. Aufgrund einer Tibiakopffraktur wurde ich zweimal operiert und durfte fast zwei Monate nicht laufen und mindestens ein halbes Jahr keinen Sport machen. Von heute auf morgen wurde mein kompletter Alltag auf den Kopf gestellt, aber das Schlimmste war für mich, dass ich von anderen abhängig war. Anfangs war ich nicht einmal in der Lage, allein aufzustehen. Ich konnte erst einmal nicht in die Schule, nicht mehr zum Pferd und keinen Sport mehr machen – ich lag wochenlang nur noch im Bett. Dadurch verstärkte sich meine Depression umso mehr und ich wurde immer lebensmüder. Die Essstörung wurde immer schlimmer, die Essanfälle hörten nicht auf und ich nahm immer mehr zu, weil der Ausgleich mit dem Sport fehlte. Doch die Essstörung brachte mich sogar dazu, viel zu früh wieder mit dem Sport anzufangen, obwohl ich es noch gar nicht durfte. Ich war aber so gefangen in ihr, dass mir meine Gesundheit egal war und ich die Schmerzen ignorierte.

    Einerseits habe ich mir so sehr gewünscht, mit jemandem reden zu können, andererseits konnte ich es mir überhaupt nicht vorstellen, weil ich niemandem zur Last fallen wollte. Es war mir unglaublich unangenehm und ich wusste selbst nicht so genau, was mit mir los ist. Ich fing an, meine Gefühle und Gedanken aufzuschreiben, um damit klarzukommen. Schreiben half mir, mich zu sortieren, zu reflektieren und auch loszulassen. Ich startete mit einem Blog im Internet, um meinen Kopf etwas zu entlasten. Es war lange die einzige Möglichkeit für mich, mein Innenleben nach außen zu tragen, weswegen ich mich irgendwann entschied, es mit anderen zu teilen. Der Austausch mit anderen Betroffenen tat mir sehr gut und half mir, mir einzugestehen, dass ich Hilfe brauchte und dass es auch okay ist, sich Hilfe zu suchen. Es tut unglaublich gut, sich mit anderen auszutauschen und zu merken, dass man nicht allein ist.

    Mein Umfeld merkte aber langsam, dass ich mich immer mehr veränderte und zurückzog. 2016 ging ich erstmalig zu einem Arzt, bei dem ich zusammenbrach und nur noch weinte. Viel erzählt habe ich nicht, aber genug, dass er mir eine Überweisung mit der Diagnose „Depression" für einen Psychiater gab. Für mich war das ein riesiger Schock, das jetzt schwarz auf weiß zu lesen. Ich? Depressiv? Nein, das kann nicht sein. Wie soll ich das meinen Eltern beibringen? Es war mir unglaublich unangenehm. Meine Eltern sind damit aber super umgegangen und für sie war das auch keine große Überraschung.

    Zu dieser Zeit begann ich mit einer Lehrerin meiner Schule zu sprechen, die mir eine unglaubliche Hilfe und Stütze war. Sie hat mich die ganze

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