Zauberhafte Stunden an der Côte d'Azur
Von Gastón Pilcher
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Buchvorschau
Zauberhafte Stunden an der Côte d'Azur - Gastón Pilcher
Im beigefarbenen Mercedes Taxi erklang eine angenehme Handymelodie.
„Wo habe ich es denn bloß wieder hingesteckt?"
Annika durchsuchte eilig ihre Handtasche.
„Ah, da ist es ja. Hallo, Papa!"
„Annika, prima, dass ich dich noch erreiche. Bist du bereits unterwegs?"
„Ja, ich sitze im Taxi und bin auf halbem Weg zum Düsseldorfer Flughafen."
„Hast du an die Papiere für den Notar gedacht?"
„Ja, sie sind in meiner Handtasche."
„Dann ist alles in bester Ordnung. Um wie viel Uhr findet der Termin statt?"
„Er wurde vorverlegt, auf zehn Uhr morgen früh. Ich bin gespannt, was mich dort erwartet."
„Rufst du mich bitte nach dem Treffen an und erzählst mir alles? Mich interessiert die Neuigkeit ebenfalls."
„Natürlich, Papa."
„Ausgezeichnet, Annika, ich wünsche dir einen guten Flug."
„Danke, bis morgen."
Sie legte ihr Handy zurück.
Aufgeregt sprach sie der Taxifahrer an. „Sehen Sie! Da vorne bildet sich ein Stau."
Annika schaute beunruhigt hoch.
„Wenn Sie einverstanden sind, nehme ich die nächste Ausfahrt. Die Strecke ist zwar etwas länger, jedoch weniger befahren."
„Das ist eine ausgezeichnete Idee."
Er bog auf die Landstraße ab.
„Wohin verreisen Sie?"
„Nach Nizza, in die Sonne."
„Ah! An die Côte d’Azur, ein ausgesprochen begehrtes Reiseziel."
Während sie sich so unterhielten, näherten sie sich dem Flughafen. Die Strecke schien ein Geheimtipp zu sein, denn sie fuhren zügig durch.
„Da vorne ist er, sehen Sie?"
„Sie hatten Recht, der kleine Umweg hat sich wirklich gelohnt."
Sie erreichten die Abflugebene und er parkte den Wagen direkt vor dem Eingang. Annika holte ihr schickes Portemonnaie hervor, bezahlte die Fahrt und gab ihm ein üppiges Trinkgeld.
„Vielen Dank! Das wäre doch nicht nötig gewesen."
„Doch, doch."
Er sprang aus dem Wagen und holte ihr Reisegepäck aus dem Kofferraum.
Annika warf rasch einen Blick in ihren runden Taschenspiegel, legte ihre Haare zurecht und trug den Lippenstift frisch auf.
Nett zurechtgemacht stieg sie aus und hängte ihre Handtasche über ihre Schulter. Hinter dem Taxi nahm sie ihren Trolley und das Handgepäck entgegen.
„Eine angenehme Zeit wünsche ich Ihnen an der Côte d’Azur."
„Vielen Dank." Annika schenkte ihm zum Abschied ihr bezauberndes Lächeln.
Im Flughafenterminal standen nur wenige Fluggäste wartend an den Schaltern. In bester Reiselaune lief sie gedankenversunken zum Check-in. Im Hintergrund hörte sie die Aufrufe für die aktuellen Flüge über die Lautsprecheranlage. Annika freute sich auf die bevorstehenden Tage und war glücklich, rechtzeitig angekommen zu sein.
Überrascht blieb sie stehen. Aus heiterem Himmel kam ihre alte Schulfreundin Veronika mit einem freudestrahlenden Lächeln auf sie zu.
„Bist du es? Bist du es wirklich?"
„Ja, ich bin es, wie ich mich freue, dich wiederzusehen."
In ihrer Schulzeit waren sie beste Freundinnen. Nach dem Abitur hatten sie sich aus den Augen verloren.
„Annika, das ist ja eine Ewigkeit her, dass wir uns gesehen haben."
„Da bin ich ganz deiner Meinung, Veronika. So ein netter Zufall, dass wir uns hier wiedertreffen. Was führt dich zum Flughafen?"
„Ich habe zwei Wochen Urlaub in Cannes gebucht und mein Flug geht in einer Stunde nach Nizza."
„Stell dir vor, ich fliege ebenfalls dorthin. Morgen früh habe ich in der Innenstadt einen Notartermin. Warst du schon beim Check-in?"
„Ich bin gerade auf dem Weg dahin."
„Prima! Dann fliegen wir mit der gleichen Maschine. Komm, lass uns gemeinsam das Gepäck aufgeben. Vielleicht bekommen wir zwei Sitzplätze nebeneinander."
Sie hatten Glück und ihr Wunsch ging in Erfüllung.
„Veronika, jetzt haben wir ausgiebig Zeit um uns miteinander zu unterhalten."
Nach der Gepäckaufgabe setzten sie sich in ein gemütliches Café in der oberen Etage, mit Blick auf das Rollfeld. Ein Kellner kam an ihren Tisch.
„Was darf ich Ihnen bringen?"
„Wir hätten gerne zwei Tassen Kaffee."
„Zweimal Kaffee, bringe ich ihnen sofort."
„Ach Annika, wie lange ist es her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben?"
„Es dürften so an die acht Jahre sein."
Beide Freundinnen waren glücklich über das unverhoffte Wiedersehen. Sofort fühlten sie die vertraute Freundschaft, die sie seit ihrer Schulzeit miteinander verband.
„Annika, was hast du in den letzten Jahren so erlebt?"
Sie erzählte von ihrem Freund Maik, von dem sie sich erst kürzlich getrennt hatte. Veronika kannte ihre Freundin nur zu gut und bemerkte, dass sie diese Trennung noch arg mitnahm. Schnell lenkte sie das Gespräch auf ein anderes Thema.
„Du erwähntest vorhin einen Notartermin?"
„Ja, vor ein paar Wochen erhielt ich einen mysteriösen Brief von einem Notariat in Nizza. Darin teilte mir der Notar mit, dass der ehemals beste Freund meiner Eltern - Eric Merlanpaux - mir etwas vererbt hat. Was es genau ist, erfahre ich morgen bei der Testamentseröffnung. Jetzt stell dir bloß meine Verwunderung vor."
Veronika hörte gespannt zu. „Wie aufregend, um eine Erbschaft handelt es sich also. Die Reise nach Nizza kommt dir gewiss gelegen."
„Auf jeden Fall bringt sie mich auf andere Gedanken. Nun erzähl mal, was sich bei dir so ereignet hat. Du siehst blendend aus und hast dich kein bisschen verändert."
„Ich bin damals zum Studium nach England zu Tante Rose und Onkel William gezogen. Dort habe ich George, meine große Liebe, kennengelernt. Vor vier Jahren haben wir geheiratet."
„Du bist verheiratet?" Erst jetzt nahm Annika den goldenen Ehering an Veronikas rechter Hand bewusst wahr.
„Wo ist denn dein Mann zurzeit?"
„Er ist beruflich in England unterwegs."
„Wann seht ihr euch wieder?"
„Sobald er mit seiner Arbeit fertig ist, kommt er nach. Voraussichtlich sehen wir uns am Donnerstag in Cannes wieder."
„Wie habt ihr zwei euch denn kennengelernt?"
„Tante Rose und Onkel William begeisterten mich im Handumdrehen für den Segelsport. Onkel William entwirft und baut Segelboote. Sie haben mich auf mehrere Regatten mitgenommen und wir hatten dort zusammen jede Menge Spaß. Eines Tages lernte ich George kennen. Er ist in der gleichen Branche tätig wie mein Onkel. Wir fühlten uns spontan zueinander hingezogen. Annika, was soll ich dir sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. Seine warmherzige, aufgeschlossene Art hat mich nur so dahinschmelzen lassen. Eines Tages lud ihn Onkel William zu uns ein. Wir verbrachten bezaubernde, romantische Tage auf dem Wasser und kamen uns dabei näher. So entwickelte sich allmählich eine innige Liebesbeziehung."
„Veronika, ich freue mich riesig für dich. Wo wohnt ihr?"
„Wir leben in einem Vorort von London und haben uns dort ein Haus gekauft. Annika, erzähl noch ein wenig von dir."
„Wie du dich sicher erinnerst, interessiere ich mich seit meiner Teenagerzeit für die Mode. Ich habe meinen Traum verwirklicht und arbeite für ein französisches Markenlabel."
„Annika, unser Flug wurde gerade aufgerufen. Wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sich viel zu erzählen hat."
Sie bezahlten und begaben sich zum Gate. Im Flugzeug verstauten sie ihr Handgepäck über den Sitzen und nahmen Platz. Die Stewardessen zeigten den Passagieren die üblichen Handgriffe für den Notfall und der Kapitän gab das Zeichen zum Anschnallen. Sie rollten zur Startposition. Die Maschine hob mit vollem Schub ab. Sie beobachteten vom Fenster aus, wie sie den Flughafen allmählich verließen. Wenig später setzten sie ihre Unterhaltung fort.
„Veronika, meine Eltern wohnen nach wie vor in Düsseldorf und mein Vater führt erfolgreich seine Rechtsanwaltskanzlei. Stell dir vor, sie bereisen die ganze Welt und gönnen sich ein angenehmes Leben. Und wie geht es deinen Eltern?"
„Sie vermissen mich sehr, da ich mit George in England wohne. Andererseits freuen sie sich, dass ich glücklich verheiratet bin. Sie leben sorglos in München. Zum Wandern fahren sie gelegentlich in ihre Zweitwohnung nach Garmisch-Partenkirchen. Gesundheitlich sind sie wohlauf."
Von der Plauderei ermüdet lehnten sie sich entspannt zurück. Sie träumten von dem mediterranen Klima, den glanzvollen Städten und den prächtigen Stränden an der Côte d’Azur.
„Schau Veronika, wir fliegen Nizza an. Sieh bloß, wie hinreißend der Anblick von hier oben ist."
Voller Vorfreude rückte ihre Freundin näher heran und sie schauten fasziniert aus dem Fenster hinaus. Die anmutige Küstenlinie und die historisch gewachsene Häuserfront, die von hier oben winzig klein erschien, waren trotz der Entfernung mühelos erkennbar. Beide waren begeistert von der Pracht, die sich ihnen darbot. Auf diesen Augenblick hatten sie sehnsüchtig gewartet.
Das Flugzeug landete sanft und rollte aus. Veronika hätte es niemals offen zugegeben, jedoch war sie jedes Mal erleichtert, nach einem Flug wieder festen