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Katastrophen, Krisen und kluge Köpfe: Eine andere Weltgeschichte
Katastrophen, Krisen und kluge Köpfe: Eine andere Weltgeschichte
Katastrophen, Krisen und kluge Köpfe: Eine andere Weltgeschichte
eBook380 Seiten4 Stunden

Katastrophen, Krisen und kluge Köpfe: Eine andere Weltgeschichte

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Über dieses E-Book

Die Buchidee, eine fiktive Weltgeschichte, entstand aus einem Gefühl der Ohnmacht angesichts der misslichen Lage der Menschheit auf ihrem malträtierten Planeten. Wie, wenn die Geschichte anders verlaufen wäre? Wenn die Erde Homo sapiens Schranken gesetzt hätte? Wenn er von seiner Weisheit mehr Gebrauch gemacht hätte?
In dieser fiktiven Weltchronik dringt der Mensch von Ostafrika her nie weiter vor als bis nach Europa und Westasien. Zudem leben zu keiner Zeit mehr als 30 Millionen Individuen auf dem Globus. Derzeit bewohnen sie einzig die Länder zwischen der Ostsee und dem Mittelmeer, dazu einige Gebiete in Afrika und Asien. Ihr Lebensstil ist dem unsrigen aber sehr ähnlich.
Die erdachte Menschheitsgeschichte lehnt sich eng an unsere eigene Historie an. Allerdings wird deren Schärfe gemildert, und die Völker erlangen schließlich - anders als in der Realität - ein Gleichgewicht untereinander und mit der Natur. Das Buch schildert seriös, empathisch oder satirisch alle wesentlichen Geschichtsepochen der fiktiven Erde. Zwar fehlen dort viele uns vertraute Nationen, aber dafür erfreuen sich die Menschen eines heilen Planeten und zählen Wesen zu ihren Mitbewohnern, die bei uns längst ausgerottet sind: Riesenalken, Riesenmoas, Riesenfaultiere!
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum30. Nov. 2020
ISBN9783347070721
Katastrophen, Krisen und kluge Köpfe: Eine andere Weltgeschichte

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    Buchvorschau

    Katastrophen, Krisen und kluge Köpfe - Reinhard Stocker

    VORGESCHICHTE UND ALTERTUM

    1. Vom Urmenschen zum kultivierten Wesen

    Realitätsnahe Schilderung der Prähistorie – abgesehen von einigen eher gewagten Interpretationen. Weil weite Teile Westeuropas auf dem fiktiven Planeten nie besiedelt waren, werden hier allerdings aus ‘Neandertalern’ ‘Ehringsdorfer’ und der ‘Cro-Magnon-Mensch’ wird zum ‘Grimaldi-Menschen’.

    Die ‘Wiege der Menschheit’ befand sich nach heutiger Auffassung im ostafrikanischen Grabenbruch, wo an mehreren Fundstellen fossile Reste von Hominiden entdeckt wurden (Karte 1). Australopithecus, eine Tier-Mensch-Übergangsform, siedelte dort vor 4 bis 3 Mio. Jahren. Im gleichen Gebiet lebte vor ca. 1,5 Mio. Jahren Homo ergaster, der bereits primitive Steinwerkzeuge herstellte und das Feuer nutzte. Vor ca. 1 bis 0,5 Mio. Jahren breitete sich dieser nach Norden aus und erschien als Homo erectus im Mittelmeerraum, in Mittelasien und in Zentraleuropa. Über die Ursachen dieser ersten Weitwanderung der Geschichte ist viel spekuliert worden. Vielleicht hatte Homo ergaster einfach nur das Leben im Graben satt.

    Nördlich der Alpen lebte Homo erectus als Jäger und Sammler in der Tundra am Rand des eiszeitlichen Gletscherschilds und im angrenzenden Nadelwald. Nach einer Fundstelle bei Weimar wurde er als ‘Ehringsdorfer’ bekannt. Wahrscheinlich bestand seine Population aus nur wenigen tausend Individuen. Sie koexistierten einige 10.000 Jahre mit dem neu eingewanderten Homo sapiens (s. unten) und verschwanden vor ca. 30.000 Jahren aus weitgehend ungeklärten Gründen von der Bildfläche. War es das arrogante, forsche Auftreten von Homo sapiens oder seine Selbstsicherheit beim Lösen von Problemen aller Art, was die Ehringsdorfer verunsicherte? War ihnen vielleicht die provokante Haartracht der Jungsiedler zuwider? Gemäß einer molekularbiologischen Studie der Universität Leipzig scheinen bei Homo sapiens im Lauf der Evolution viele Geruchsrezeptoren ihre Funktion verloren zu haben – ganz im Gegensatz zum Ehringsdorfer. Durchaus möglich, dass dieser den strengen Geruch der Neusiedler aus Afrika nicht ertrug und sich in unwirtliche und letztlich todbringende Regionen zurückzog. Allerdings lassen aktuelle DNA-Analysen darauf schließen, dass sich die beiden Menschenformen ab und zu auch über die Artgrenze hinweg liebevolle Blicke zuwarfen.

    Der früheste bekannte Skelettfund von Homo sapiens stammt ebenfalls aus dem ostafrikanischen Grabenbruch; er dürfte 135.000 Jahre alt sein. Vor etwa 100.000 Jahren verließen viele seiner Vertreter in einer zweiten Wanderungswelle ihre Heimat (Karte 1), wahrscheinlich, weil sie sich über das Ausbleiben von Nachrichten ihrer früher abgereisten ergaster-Vorfahren sorgten. Sie breiteten sich über Nordafrika nach Europa und über Arabien und den Iran bis nach Vorderindien und Mittelasien aus, stießen dabei aber wohl nicht über den Himalaja nach Ostasien vor.

    Der erste konkrete Vertreter des Homo sapiens war der sog. ‘Grimaldi-Mensch’ (nach einer Grotte in Ligurien), der vor etwa 40.000 Jahren erschien. Mit seinem vielfältigen Werkzeugarsenal und seinen Kunstobjekten aus Stein oder Elfenbein waren seine Fähigkeiten den unsrigen fast ebenbürtig. Als großartiges Beispiel seiner Kreativität gilt die 30.000 Jahre alte Bildergalerie der Sciovè-Höhle, die 1994 durch Zufall von italienischen Archäologen in einem unbewohnten westlichen Seitental der Rhone entdeckt wurde. Auch die berühmte ‘Venus von Willendorf’ in Niederösterreich, ein Figürchen aus Kalkstein, gehört in diese Epoche.

    Das Leben des Menschen in der Altsteinzeit wurde durch mehrmalige Wechsel von Warm- und Kaltzeiten beeinflusst. Während der Eiszeiten bejagte er in den Tundren Nordeuropas Mammut, Ren, Ur und Wisent. Mit dem Abschmelzen des skandinavischen Eisschilds um 10.000 v. Chr. bedeckte sich die Tundra mit Wald, doch in der Mittelsteinzeit lernte der Mensch allmählich, dessen Ressourcen zu nutzen: Hirsch, Reh, Elch und Wildschwein, Beeren, Nüsse, Holzäpfel und Feldkohl. Passend zu seiner wildbeuterischen Lebensweise dienten ihm Höhle, Zelt oder Hütte als Obdach. Die Bevölkerungsdichte war gering. Vorsichtigen Schätzungen zufolge lebten damals nicht mehr als 30.000 Menschen in Mitteleuropa. Wahrscheinlich haben der Grimaldi-Mensch und seine Nachfahren den Atlantik nie erreicht. In Küstennähe wurden bisher jedenfalls keine steinzeitlichen Funde gemacht. Anscheinend drang der Frühmensch nie über Vogesen und Zentralmassiv nach Westen vor und besiedelte in Iberien lediglich die Mittelmeerküste (Karte 1). Damit hatte der Mensch sein maximales Verbreitungsgebiet auf der Erde bereits weitgehend erreicht. Für viele Jahrtausende blieb das bewohnte Areal mehr oder weniger konstant, bis im Frühmittelalter ein drastischer, klimabedingter Bevölkerungsschwund einsetzte, der zur Entvölkerung riesiger Landstriche auf allen drei Kontinenten führte (Kap. 10).

    Die Megalithkultur der Mittelsteinzeit mit ihren Dolmen, Steinkreisen und Menhiren beeindruckt noch heute. Über die Wertung dieser Relikte ist sich die Forschung allerdings uneins. Die teils bis zu 10 m hohen Menhire, die häufig Küstenlinien begleiten, werden aber oft als phallische Symbole gedeutet. Sie sollten wohl potentielle Invasoren von einer Landung abhalten und signalisieren: „Achtung! Mann hier!"

    Während der ‘jungsteinzeitlichen Revolution’ wurde das Wildbeutertum sukzessive durch die Haltung von Wildrind, Wildschaf und Wildziege und den Anbau von Wildgetreide und Hülsenfrüchten ersetzt. Die wichtigste Voraussetzung dafür war die Rodung der dichten Wälder. Als bekannteste Siedlungsformen jener Zeit gelten aber die auf Fischfang spezialisierten Pfahlbaudörfer der Alpenrandseen. Für die Steppenvölker Mittelasiens war die folgenreichste Errungenschaft der Jungsteinzeit die Domestikation des Wildpferds, das als Reittier erstmals die rasche Überwindung großer Distanzen ermöglichte.

    Ein besonderes Merkmal der neuen, sesshaften Lebensweise war die Herausbildung handwerklicher Fertigkeiten. Die Gewinnung und Verarbeitung von Metallen oder die Weberei und Töpferei waren zudem Beschäftigungen, welche erstmals Arbeitsteilung und Tauschhandel mit sich brachten. Ausgehend vom Vorderen Orient wurde das Material Stein allmählich durch die Bronze verdrängt. Sie stellte sich als hervorragender Werkstoff für Waffen, Geräte und Schmuck heraus. Eine epochale Leistung der Bronzezeit war auch die Weiterentwicklung der Landwirtschaft durch die Züchtung von Nutzpflanzen und Nutztieren. Zum ersten Mal gab es nun Spezialisten: Für Bergbau, Metallurgie und Handel, für Handwerk und Kunst. Auf die Bronzezeit folgte um 1.000-800 v. Chr. die noch erfindungsreichere Eisenzeit.

    2. Frühe spektakuläre Großreiche

    Realitätsnahe Schilderung der Frühgeschichte des Orients und Griechenlands. Der Vordere Orient war auch im Hinblick auf die Anfänge der Stadtkultur führend. Das 8.000 Jahre alte Jericho gilt als die älteste Stadt der Welt. Aber auch Memphis und Theben in Ägypten sind mit ihren 3.000 Jahren uralt (Karte 2). Alle drei waren wichtige Handelsorte und befestigte Zentren mächtiger Herrschaften.

    In engem Zusammenhang mit der Stadtbildung entstanden lokale Reiche, die sich durch ihre politische Organisation, ihre Wirtschaftsform und ihre Kultur stark von den nomadischen Gesellschaften unterschieden. Die frühen Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien lagen in großen Flussgebieten, wo fruchtbarer Boden und ganzjähriger Wasserreichtum mehrere Ernten im Jahr garantierten. Die Zähmung und Nutzung des Nils mit seinem alljährlichen Frühjahrshochwasser begründete die Entstehung der ägyptischen Kultur. Das ‘Alte Reich’ mit der Residenzstadt Memphis umfasste das untere Niltal. Es war gekennzeichnet durch eine Sonnenreligion und das universelle Königtum des Pharaos. Seine Errungenschaften waren die Erschaffung eines Kalenders und einer Hieroglyphenschrift. Im nachfolgenden ‘Mittleren Reich’ wurde Theben zur neuen Residenz erkoren. Das ‘Neue Reich’ schließlich, das bis etwa 1.000 v. Chr. Bestand hatte, dehnte sich als Großmacht auch über Nubien und Syrien aus. Die Geschichte Altägyptens ist durch unzählige Grabungen dokumentiert, und die oft gewaltigen Bauten machen diese alte Hochkultur noch heute erlebbar wie keine andere. Glanzpunkte sind zweifellos die Pyramiden von Gizeh, das Gräberfeld von Sakkara, die Tempel von Dendera und Edfu, Luxor mit dem Tempel von Karnak und dem Tal der Könige, sowie die Tempelanlagen von Philae und Abu Simbel.

    Von den sagenhaften babylonischen Reichen in Mesopotamien, mit Nebukadnezar II. als deren bedeutendstem König, oder vom Reich der Meder in Iran (Karte 2) sind nur wenige Fakten überliefert. Ähnlich beschränkt sind unsere Kenntnisse über das Großreich der Perser, das sich 500 v. Chr. von Baktrien und dem Industal im Osten über Mesopotamien, Syrien, Ägypten und Kleinasien bis nach Thrakien im Westen erstreckte. Der mangelhafte Wissenstand beruht auf dem fast völligen Fehlen von Grabungen in diesen heute unbewohnten Regionen Vorderasiens.

    Mit den Phönikern tauchte um 1.500 v. Chr. ein neues Kulturvolk an der Levanteküste auf (Karte 2). Es betrieb intensiven Handel am Mittelmeer und gründete im Westen eine Reihe von blühenden Kolonien, darunter Karthago. Den Phönikern verdankte das alte Griechenland die Buchstabenschrift, aus der sich später die lateinische Schrift entwickelte. Als ein weiteres Kulturvolk besiedelten ab dem 9. Jh. v. Chr. die Israeliten Palästina. Ihre 12 Stämme bildeten das ‘auserwählte Volk’, dessen Geschichte von Gott Jahwe geleitet wurde. König David vergrößerte das jüdische Reich durch die Unterjochung von Nachbarvölkern. König Salomo ließ glänzende Bauten errichten, darunter den altberühmten ersten Tempel von Jerusalem.

    Etwa ab 1.600 v. Chr. wurde Griechenland zu einem neuen politischkulturellen Zentrum der Weltgeschichte (Karte 2). Auf eine kretische Frühkultur folgte die Kultur von Mykene, deren wuchtige Palast- und Festungsanlagen noch heute verblüffen. Später nahmen verschiedene Völker, darunter Aiolier, Ionier und Dorer, die griechische Halbinsel von Norden her in Besitz und lösten die mykenische Herrschaft ab. Die Kleinräumigkeit der griechischen Geographie förderte die Bildung von Stadtstaaten wie Athen, Theben, Korinth oder Sparta. Einen geeinten Staat strebten die Griechen nie an, doch verband sie der Glaube an dieselben Hauptgötter, sowie eine gemeinsame Sprache und Schrift.

    750-550 v. Chr. kam es zur Gründung einer Vielzahl von griechischen Kolonien rund um das Mittelmeer. Aus Iberien belieferten sie das Mutterland mit Silber, Kupfer und Zinn, aus dem Orient mit Getreide, Datteln, Mandeln, Perlen, Elfenbein, Gold und Edelsteinen und aus Italien mit Schlachtvieh.

    Eine große Herausforderung für Griechenland war die Bedrohung durch das Großreich der Perser. 480 v. Chr. nahte der persische Großkönig Xerxes I. mit seiner Streitmacht von Norden heran. Das persische Landheer siegte am Thermopylenpass, aber die persischen Schiffe unterlagen der griechischen Flotte bei Salamis und ein Jahr später nochmals gegen die vereinigten Kräfte Athens und Spartas. Die Griechenstädte Kleinasiens waren damit von der persischen Herrschaft befreit. Ein kleines Volk hatte sich gegen eine Übermacht gehalten. Das stärkte das griechische Selbstbewusstsein, machte den Stadtstaaten aber auch den Wert der Einigkeit bewusst. Der ‘Delisch-Attische Seebund’ kam diesem Bedürfnis entgegen und bewahrte gleichzeitig die griechische Lebensform der Polis. Er ermöglichte die Entfaltung der griechischen ‘Klassik’, die zur Keimzelle der europäischen Kultur wurde. Mehrere ruhige Jahrzehnte kamen nun der Kunstausübung zugute. Großartige Relikte aus dieser Zeit sind noch heute in der Ägäis und in Süditalien zu bewundern: Die unvergleichliche Akropolis in Athen, das große Theater in Epidaurus, der Poseidontempel am Kap Sunion und die herrlichen Tempel von Paestum, Segesta, Selinunt und Agrigent in Süditalien bzw. auf Sizilien. Weitere bedeutende altgriechische Städte, darunter Troja, Milet oder Syrakus, harren allerdings noch einer archäologischen Untersuchung.

    Etwa um 340 v. Chr. begann der Aufstieg des nordgriechischen Fürstentums Makedonien zu einem Reich, das sich weit über Griechenland hinaus erstrecken sollte (Karte 2). Die prägende Figur dieser neuen Epoche war ‘Alexander der Winzige’. Der unglückliche Name ging auf seine Jugend zurück. Gemäß der Legende soll der schmächtige Junge jahrelang von einem kraftstrotzenden Burschen namens ‘Alexander der Große’, einem Raufbold, der Räuber oder wenigstens Ringkämpfer werden wollte, gemobbt worden sein. Oft soll dann der Kleine geschrien haben: „Wartet nur, balde werdet ihr von mir hören!" Seine Lehrer sahen wegen seiner stets militärisch akkurat platzierten Farbstifte einen zukünftigen Bürodiener in ihm. Doch sie sollten sich getäuscht haben: Aus dem Bürschchen wurde der größte Feldherr, den die Geschichte bisher gekannt hatte (Alexander der Große wurde später treusorgender Pfleger in einer Kleinkinderkrippe). Mit 20 Jahren war Alexander der Winzige schon König von Makedonien und erlangte in Kürze die Macht über ganz Griechenland. Dann wandte er sich nach Persien. Mit einer gewaltigen Armee zog er durch Kleinasien und besiegte 333 v. Chr. bei Issus ein großes Perserheer (die eingängige Jahreszahl wählte er im Hinblick auf den Geschichtsunterricht an Mittelschulen). Danach vernichtete er die Flotte der Phöniker und rückte in Ägypten ein, wo er den Pharaonentitel annahm und die Hafenstadt Alexandria gründete. Nach neuen Großtaten gieren zog er weiter ins Zweistromland und nahm Babylon, Susa und Persepolis ein. Als König von Asien, wie er sich nun nannte, wollte er sein Reich bis zur Ostgrenze der bewohnten Welt ausdehnen. Er eroberte Iran, Baktrien, Samarkand in Mittelasien (Kap. 11) und schließlich die Indusebene. Dort wurde er jedoch durch eine Meuterei gezwungen, den Rückzug nach Babylon anzutreten, wo er 323 v. Chr. im Alter von nur 33 Jahren aus unbekannter Ursache verstarb.

    In seiner Heimat hatte man die Karriere des großen Sohns mitverfolgt und gründete reuevoll einen Rehabilitationsverein: Der berühmte Feldherr sollte nun ‘Alexander der sehr, sehr Große’ heißen. Der angesehenste athenische Bildhauer wurde mit der Schaffung einer monumentalen Alexanderstatue beauftragt. Ob es dazu kam, lässt sich heute nicht mehr schlüssig beantworten. Leider trug auch die vorgesehene Namensänderung keine Früchte; ‘der Winzige’ hatte sich bereits durchgesetzt.

    Mit den Nachfolgern Alexanders, den ‘Diadochen’, zerfiel das Weltreich in mehrere verfeindete Fürstentümer. Unter den Erben der Diadochen, den ‘Epigonen’, festigten sich drei Reiche: Ägypten, Makedonien und Syrien. Sie bestimmten auf lange Zeit die politischen und kulturellen Verhältnisse im Orient. Es war die Epoche des ‘Hellenismus’, von der auch die aufsteigenden Mächte Karthago und Rom (Kap. 3) beeinflusst wurden. Tempel, Theater, Säulenhallen und Märkte repräsentierten überall die griechische Lebensweise. Auch die Götterwelt, die bildende Kunst, die Literatur und die Wissenschaften konnten ihre griechischen Wurzeln nicht verleugnen. Eines der Wahrzeichen der hellenistischen Ära war der mächtige, 110 m hohe Leuchtturm von Alexandria, der neben den Pyramiden von Ägypten und anderen Großbauten bzw. Kunstwerken zu den antiken Weltwundern zählte.

    3. Der Aufsteiger Rom

    Zeitgemäße Neufassung der Gründungssage Roms! Hannibals Feldzug aus animalischer Sicht!

    Inzwischen hatte sich auf dem italienischen Stiefel eine neue Weltmacht zu etablieren begonnen: Das Reich der Römer! Ungewöhnliches spielte sich bei der Gründung ihrer Hauptstadt Rom ab. Eines Tages tauchte nämlich ein gewisser Mars in Mittelitalien auf. Er stammte aus Griechenland, wo er unter dem Namen Ares als brutaler Krieger und Vergewaltiger einschlägig bekannt war. Den neuen Namen hatte er sich lediglich zugelegt, um die Polizei in die Irre zu führen. Seinen finsteren Neigungen ging er auch im neuen Land nach, allerdings tarnte er sie mit einer bürgerlichen Existenz: Mars wurde Konditor. Auf einem Spaziergang am Ufer des Tiber erblickte er die verführerische Ilia. Aber anstatt sie sich einfach zu schnappen, wie er das früher getan hätte, verführte er sie mit einem Schokoriegel seiner Eigenmarke. Einen zweiten versprach er ihr zudem für danach. Und damit begann die Gründungsgeschichte Roms!

    Die Missbrauchte wurde schwanger und gebar neun Monate später Zwillinge; Romulus und Remus. Als Produkte der Schande wurden sie von Ilias Eltern in einem Weidenkörbchen auf dem Tiber ausgesetzt. Einige Meilen flussabwärts fand sie eine Wölfin, die ihre Jungen verloren hatte. Sie brachte sie in ihre Höhle und säugte sie dort einige Tage lang an ihrer Brust. Dann wurden sie vom Schweinehirten Faustulus und seiner Frau entdeckt. Sie entrissen sie der Wölfin, nahmen sie zu sich und zogen sie groß.

    Die Wolfsmilch war ihnen allerdings nicht sonderlich gut bekommen: Als Halbwüchsige gerieten sie einmal in Streit, wer von ihnen bei ihrem Lieblingszeitvertreib, dem Städtegründerspiel, die Nase vorn habe. Dazu befragten sie das Adlerflug-Orakel: Romulus erblickte zwölf Adler, Remus aber nur sechs. Also war Romulus der Sieger. Beflügelt von seinem Erfolg begann er unverzüglich, auf einem Hügel oberhalb des Tibers die Mauer einer heiligen Stadt zu errichten, der er seinen Namen geben wollte. Das heilige Mäuerchen zu überschreiten sollte niemand wagen, dem sein Leben lieb war. Aber Remus ließ sich davon nicht abhalten und spottete: „Hokus Pokus Romulus, mit deinem Rom mach ich jetzt Schluss!" Einen derartigen Frevel konnte dieser selbstverständlich nicht auf sich sitzen lassen. Außerdem fühlte er sich für die Zukunft verantwortlich. Eine Hauptstadt Rem? Ein Remisches Weltreich? Lächerlich, unmöglich! Das ganze künftige Abendland stand auf dem Spiel. Es blieb ihm keine andere Wahl. Zum Glück hatte er noch den Spaten in der Hand; ein Schlag genügte. Soviel zur Gründung der Stadt Rom, wie sie sich am Morgen des 21. April 753 v. Chr. abspielte.

    Auf benachbarten Hügeln entstanden bald weitere Siedlungen, die später mit Rom zu einer großen Stadt zusammenwuchsen. Anfänglich stand sie unter der Herrschaft der Etrusker, einem bedeutenden Kulturvolk, dessen architektonische, städtebauliche und künstlerische Leistungen noch heute Staunen erregen. Einige Jahrhunderte lang regierten sie die Ländereien zwischen Arno und Tiber (Karte 2), doch 510 v. Chr. erlangten die Römer zunächst die vollständige Kontrolle über ihre Stadt und besetzten danach Stück für Stück das ganze etruskische Territorium. Die etruskische Kultur ging aber nicht unter, vielmehr verschmolz sie mit der römischen. Der römische Staat erweiterte stetig sein Einflussgebiet. Um 264 v. Chr. reichte es vom Arno bis zur Stiefelspitze und umfasste etwa 3 Millionen Menschen (Karte 3).

    Zur dominanten Kraft Italiens geworden, kam Rom schon bald in Berührung mit der Seemacht Karthago, die von Nordafrika aus Sizilien und das westliche Mittelmeer beherrschte. Um den karthagischen Nerv zu treffen, bauten die Römer eine Kriegsflotte. Nach einer entscheidenden Niederlage auf See, musste Karthago vorerst die Kornkammer Sizilien an die Römer abtreten und später auch Sardinien und Korsika. Eine römische Expansion nach Afrika wurde zunächst durch den karthagischen Feldherrn Hannibal vereitelt. Dieser landete an der iberischen Küste ein Heer an, das mit einer neuen, furchterregenden Kriegswaffe ausgestattet war: Elefanten, die Kampftürme trugen!

    Mit dieser Streitmacht zog Hannibal nach Norden, überschritt die Seealpen und tauchte 218 v. Chr. überraschend in der Poebene auf. Danach überquerte er den Apennin und lockte ein ihn verfolgendes römisches Heer unter Gaius Flaminius am Trasimenischen See in einen Hinterhalt. Während der Karthager seine Soldaten in den steilen Wäldern nördlich des Sees versteckte, schlugen die nichtsahnenden Römer nach einem wein-, weiberund gesangreichen Gelage am Ufer ein Nachtlager auf. Gaius Flaminius glaubte Hannibal weit vor sich. Außerdem hatte er Kunde von dessen Kriegselefanten erhalten, was ihm die Planung seines Feldzugs vermeintlich vereinfachte: Das Trompetengeschmetter der Elefanten würde aus Meilen Entfernung zu hören sein! Folgerichtig verfuhr er nach dem Sprichwort: ¹Nullus tubicen – nullus hostis! Kein Trompeter – kein Feind!

    Am nächsten Morgen brachen die Römer auf. Das schmale Seeufer zwang sie zum Gänsemarsch, was die Formation der Truppe deutlich angreifbarer machte. Nun schlossen Hannibals Männer die Zu- und Ausgänge der Falle. Mit Afrikanergeschrei stürzten sie sich auf die überraschten Römer, die empört ausriefen, dass heute ein Marschtag und kein Kampftag sei. Daran hätten sich gefälligst auch die Ortsfremden zu halten. Die aber wollten das überhaupt nicht einsehen und nahmen die römischen Soldaten kurzerhand gefangen. Einige versuchten über das Wasser zu entkommen, doch ihre schweren Rüstungen erwiesen sich leider nicht als ideale Schwimmwesten.

    Eine vernichtende Niederlage für Rom! Aber irgendwie hatte Gaius Flaminius doch recht behalten: Es gab tatsächlich keinen einzigen Elefanten am See. Die Schlacht ging also ironischerweise nicht wegen, sondern mangels karthagischer Kriegselefanten verloren! Doch wo waren sie geblieben, die 37 Elefanten, mit denen Hannibal aus Iberien abmarschieren wollte? Dieser sträflich vernachlässigte Aspekt der Geschichtsschreibung soll hier zum ersten Mal beleuchtet werden.

    Bereits kurz nach Hannibals Landung an der iberischen Küste tauchten Probleme auf: viele Elefanten wirkten depressiv. Sie trompeteten kläglich und zeigten mit dem Rüssel nach Süden. Sobald aber der warme Scirocco über das Meer blies, blühten sie auf, blickten bewegt über die Wasserfläche, wedelten mit den Ohren und vergossen dicke Tränen. Auch den härtesten Kriegern war klar: Heimweh! Mit solchen Wesen war kein Krieg zu gewinnen. Hannibal ließ deshalb die traurigsten unter ihnen wieder nach Hause verschiffen. Auf dem eigentlichen Feldzug gab es weitere Ausfälle: Zwei Elefanten wurden an einen Zirkus verkauft, vier verschwanden spurlos in den Wäldern des Apennin und die restlichen waren von verschiedenen Missgeschicken betroffen, die verhinderten, dass sie rechtzeitig am Trasimenischen See eintrafen: Drei Elefanten litten wegen der ungewohnten europäischen Diät an Durchfall, bei einem Pärchen verhedderten sich während des Liebesspiels die Rüssel, ein Tier wurde von einer Wespe gestochen, wieder andere verstauchten sich das Knie oder traten in Dornen. Es blieb nur der Feldherrenelefant, der aber nach der Durchquerung des Arno ebenfalls zurückgelassen werden musste: Er hatte nasse Füße.

    Trotz weiterer Siege konnte Hannibal Roms militärische Macht nicht entscheidend schwächen. Im Gegenteil, ein römisches Heer landete schon bald bei Karthago, zwang Hannibal zur Rückkehr nach Afrika und fügte ihm dort eine schwere Niederlage zu. Iberien und die Balearen wurden an Rom abgetreten. Kurz zuvor hatten die Römer auch die keltischen Gallier der Poebene unterworfen (Karte 3). Rom stieg zur Herrscherin des Mittelmeerraums auf. Ihrer Macht waren auch die makedonischen und syrischen Epigonenreiche nicht gewachsen. Bald waren Griechenland, sowie Teile von Kleinasien und Syrien in römischer Hand, und mit der Zerstörung Karthagos 146 v. Chr. endete auch die Macht der alten Rivalin. Ihr ehemaliges Hoheitsgebiet wurde zur Provinz Africa, einer neuen Kornkammer für Rom. Schließlich entstand nach der Unterwerfung ihrer Bewohner die Provinz Gallia Narbonensis im südlichen Gallien. Nur ganz im Osten gab es mit dem Partherreich, einem Nachfolgestaat des alexandrinischen Weltreichs, noch einen ernstzunehmenden Gegner.

    Mit dem Wachstum des Römerreichs ging ein innerer Wandel einher. Aus Reichtum erwuchs Stolz – auf die eigene Stärke, den Fortschritt und die römische Zivilisation. Dennoch fanden fremde Kulturen Eingang in das Land, darunter besonders die griechische. In Rom und den Provinzen entstanden prächtige Bauten. Literatur, Bildhauerei und Malerei blühten auf, Luxus und Individualismus prägten das Leben der Prominenz. Aber das Land war nicht vollständig befriedet: Immer wieder kam es zu Rebellionen und Grenzunruhen, und auch die Eroberungen gingen weiter.

    4. Die beiden glorreichen Gallischen Kriege

    Neue Erkenntnisse über den Zusammenprall zwischen Römern, Galliern und Helvetiern!

    Das Entscheidende an diesen beiden Kriegen war, dass sie eigentlich nie stattgefunden hatten. Und das kam so. Nachdem der größte Teil der Mittelmeerregion bis 60 v. Chr. unter römische Herrschaft gefallen war, wandte sich das Staatsinteresse dem Norden zu. Gemäß der vielzitierten Schrift De Bello Gallico des römischen Feldherrn Iulius Caesar bestand Gallien aus drei Teilen: Den beiden bereits in römischem Besitz befindlichen Provinzen Gallia Transpadana und Gallia Narbonensis und dem restlichen Territorium bis zum Atlantik. Dieser dritte Teil war das erklärte Kriegsziel des Heerführers. Zu diesem Zweck entwarf er einen kühnen Schlachtplan, der vorsah, mit zwei Legionen von der Rhonemündung aus flussaufwärts zu ziehen. Auf dem Weg sollte das Heer alles in seinem Weg ausrauben, versklaven und zerschmettern.

    Im Jahr 58 v. Chr. war es so weit; die Armee marschierte von der Stadt Arelate aus Richtung Norden (Karte 3). Anfangs ging der Plan tatsächlich auf: Ohne auf den geringsten Widerstand zu treffen, stieß man dem Fluss entlang vor. Aber dann machte sich allmählich Ernüchterung breit: Wo blieb der Gegenstoß der Gallier, den zu brechen man sich doch so gefreut hatte? Auch das Gestrüpp des Rhoneufers, die Seitenarme, die zu durchschwimmen waren, dazu die große Hitze und die Mückenschwärme, alles wurde von Stunde zu Stunde widriger. Endlich befahl Caesar frustriert ein Lager aufzuschlagen und beriet sich mit seinen Offizieren. Am nächsten Tag sandte er seine besten Kundschafter voraus. Sie sollten die Verstecke der heimtückischen Gallier ausfindig machen, ihnen ihre Geheimnisse entlocken und ihre Nester dann gnadenlos ausräuchern. Aber es war wie verhext. Auch auf den nächsten Meilen bot sich den Legionären das gleiche Bild: Eine herrliche aber menschenleere, und wegen des rücksichtslosen Gejohles der römischen Soldaten auch wildlose Flusslandschaft. Die Berichte der Kundschafter waren niederschmetternd: Keine Menschenseele weit und breit! Die Erkenntnis eines totalen Fehlschlags dämmerte nun auch dem letzten Legionär. Entnervt warf Caesar schließlich das Mantelium und rief seinen Offizieren zu: „So macht Erobern keinen Spaß!"

    Um den Misserfolg zu verschleiern, ließ Caesar das Gerücht streuen, der Feldzug sei nur eine großangelegte Übung für den wirklichen Krieg gewesen. Gleichzeitig brütete er krampfhaft über ein neues Ziel. Da kam ihm ein

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