Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Wind in den Kiefern: Haiku und Haibun - Zenkunst der Achtsamkeit
Wind in den Kiefern: Haiku und Haibun - Zenkunst der Achtsamkeit
Wind in den Kiefern: Haiku und Haibun - Zenkunst der Achtsamkeit
eBook161 Seiten1 Stunde

Wind in den Kiefern: Haiku und Haibun - Zenkunst der Achtsamkeit

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Haiku und Haibun im japanischen Stil. Eine Einheit von Kurzgedichten im japanischen Haiku-Stil und kurzen Texten. Eine neue Form von poetischer Literatur auf uralter Basis.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum4. Okt. 2018
ISBN9783746981062
Wind in den Kiefern: Haiku und Haibun - Zenkunst der Achtsamkeit
Autor

Gerhardt Staufenbiel

Der Autor blickt auf eine Jahrzehnte lange Erfahrung als Philosophie Dozent zurück. Aber auch die japanischen Übungswege des Zen, der Teezeremonie haben sein Denken geprägt. Langjähriger Lehrer, Gründer und Leiter des Myōshin An, Dōjōs für Zenkünste und der Zen Shakuhachi . Er ist Verfasser einer ganzen Reihe von Büchern über die Zenkünste, Hölderlin und Zenmeister Dōgen, die immer aus dem Dialog zwischen dem Abendland und dem fernen Osten geprägt sind. Sein Bemühen gilt dem Dialog zwischen dem abendländischen Denken und dem Denken und der Praxis des japanischen Zen und des chinesischen Denkens im Daoismus.

Mehr von Gerhardt Staufenbiel lesen

Ähnlich wie Wind in den Kiefern

Ähnliche E-Books

Poesie für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Wind in den Kiefern

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Wind in den Kiefern - Gerhardt Staufenbiel

    Vorbemerkung

    Haiku und Zen

    Nein, ein Haiku ist keine Kreuzung von Fisch und Rindvieh und auch keine japanische Kuh, die statt ‚MU - Nicht‘ immer nur ‚HAI - Ja‘ ruft. Es ist eine japanische Versform, die versucht, den gegenwärtigen Augenblick in knappen, ungereimten 5-7-5 Silben¹ festzuhalten und poetisch zu gestalten.

    Günter Wohlfart, der als ganz gewöhnlicher Philosophieprofessor gelehrt, sich dann aber immer mehr der ostasiatischen Weisheit zugewendet hat, nennt sein Büchlein über Haiku:²

    »Zen und Haiku: Mu in der Kunst Haikühe zu hüten nebst anderen Texten für Nichts und wieder Nichts.«

    Also ist das Verfassen von Haiku¹ eine Zenkunst wie der Teeweg oder die Zen-Shakuhachi, zwei Künste, die ich viele Jahren übe und praktiziere?

    Beim Shakuhachi Spiel, dem Spiel mit der Bambusflöte, gehen die Meinungen in Japan ein klein wenig auseinander. Es gibt die Meinung, das Shakuhachi Spiel sei ursprünglich von Zen Mönchen praktiziert worden und darum ganz klar eine Praxis des Zen. Aber es gibt in Japan nur noch einen einzigen Zenpriester, der in einer über dreihundertjährigen Überlieferungslinie das Spiel der Zen-Shakuhachi in seinem Tempel unterrichtet. Ich selbst spiele in dieser Tradition. Wir nennen unser Instrument auch nicht Shakuhachi, sondern Hō-chiku „Buddha Gesetz Bambus oder „Dharma Bambus. In unserer Tradition heißt es: ‚Ichi On - Busshin‘ ‚Ein Ton - Buddhaherz‘. Wir spielen keine Melodie, sondern immer nur: JETZT DIESEN TON. Das Spiel soll fließen wie Wasser und Wolken, die unbekümmert ihre Wege ziehen. Immer im Jetzt.

    Die andere Meinung, vertreten von Spielern der Kinko Linie, in deren Tradition die meisten Shakuhachi Spieler heute stehen: »Wer meint, das Shakuhachi Spiel habe in irgendeiner Weise mit Zen zu tun, der ist naiv oder dumm!« Tatsächlich ist für die meisten Japaner das Spiel dieses Instrumentes keine Zen - Übung, sondern einfach nur Musik. Aber vielleicht kommt es nicht auf die tatsächliche Anzahl der Spieler in der jeweiligen Richtung an, sondern auf den Geist, in dem man das Instrument spielt. Es KANN eine Zen-Übung sein oder auch einfach nur Musik.

    Genauso verhält es sich mit dem Teeweg. Ursprünglich galt das Wort: »Cha Zen - ichi mi« »Tee und Zen: Ein Geschmack.« Wir waren auf Einladung chinesischer Zen-Mönche in Südchina. Dort haben wir an einer Konferenz teilgenommen, bei der es genau um diesen Spruch ging. In der wissenschaftlichen Diskussion auf der Tagung ging es lediglich darum, welcher der frühen Zenmeister Chinas diesen Spruch geprägt hatte. Niemand bezweifelte, dass Tee und Zen eins sind. Aber in Japan hört man in den etablierten Schulen des Teeweges: »Tee ist Tee und Zen ist Zen!« Mit anderen Worten: Wer meint, dass der Teeweg irgendetwas mit Zen zu tun hat, ist entweder dumm oder naiv. Der Teeweg ist für die meisten Japaner zu einer Unterhaltung oder einer Art von Gesellschaftsspiel geworden. Man trifft sich, trägt traditionelle Kimono, plaudert ein wenig und trinkt Tee. Aber das hat nur noch wenig gemein mit dem Zengeist, in dem die früheren Meister, allen voran Sen no Rikyū¹ den Teeweg geübt haben. Vielleicht müssen wir wieder zurückkehren in die Ursprünge der Teekunst um wieder zu lernen, dass Tee und Zen eins sind.

    Ähnlich verhält es sich mit der Kunst, Haiku zu schreiben. Die Mehrheit der vielen tausende Mitglieder der zahlreichen Haiku - Vereinigungen in Japan würde wohl sagen: „Haiku schreiben ist eine Form von Literatur oder Poesie. Es hat überhaupt nichts mit Zen zu tun!" Sicher wäre der wohl berühmteste Haiku-Dichter Japans Matsuō Bashō² da ganz anderer Meinung. Er hatte sich intensiv im Zen geübt. Danach änderte sich die Form seiner Haiku. Er gab dieser Kunst einen tieferen Inhalt, der bis heute nachwirkt. Haiku ist die Kunst der Wahrnehmung des konkreten Augenblickes und der Bewahrung in gestalteter Form. Es ist Zen der Achtsamkeit.

    Denn nicht nur das stille, unbewegliche Sitzen auf dem Sitzkissen ist Zen. Zenmeister Dōgen Zenji spricht zwar davon, dass nur das Sitzen allein die Übung des Zen sei, aber im rechten Geist geübt, ist jede alltägliche Handlung „Sitzen".

    Ein Mönch fragte einmal den alten chinesische Zenmeister Jōshū ¹, was das Selbst sei. Er antwortete mit einer Gegenfrage: „Hast du deinen Reisbrei schon gegessen? Dann wasch deine Schale! Das Waschen der Schale soll Zen sein? Ja, aber nicht jedes Waschen von Ess-Schalen ist Zen. Es kommt auf die Einstellung dazu an. Als Meister Jōshū noch Schüler bei Nansen war, fragte er ihn einmal danach, was der WEG sei. Nansen antwortete: „Der alltägliche Geist - das ist der WEG!²

    Der alltägliche Geist - Hei Jo Shin - kann der Geist sein, der stets gleichbleibend gelassen ruhig ist. Aber auch das ganz Gewöhnliche, Alltägliche kann damit bezeichnet werden. Das Waschen der Reisschale ist das ganz Alltägliche, Gewöhnliche. Aber mit ruhigem Geist und stillem Herzen ausgeübt, ist es Zen.

    So kann auch das Gestalten von Haiku eine Übung sein, das Alltägliche, genau in diesem Augenblick Anwesende wahrzunehmen und bewusst zu gestalten.

    Der Zen wurde einst von Buddha wortlos übertragen, als er auf dem Geierberg vor einer riesigen Versammlung predigte. Zenmeister Dōgen Zenji erzählt die Geschichte von der Weitergabe in seinem Werk Shōbōgenzō, der ‚Schatzkammer des wahren Dharma Auges‘ im Kapitel Udonge:

    »Vor einer Versammlung von tausenden Anwesenden auf dem Geiergipfel hielt der Tathagata (der weltgeehrte Buddha) eine Udumbara-Blüte empor, drehte sie wortlos in seinen Fingern und machte mit seinen Augen ein Zeichen. In diesem Augenblick erschien ein Lächeln auf Mahakasyapas Gesicht und der Weltgeehrte sprach:

    »Ich habe die ‚Schatzkammer des wahren Dharma-Auges‘ Auges‘(Shōbōgenzō) und den wunderbaren Geist des Nirvana. Ich übertrage sie an Mahakasyapa.«

    Udonge ist die japanische Bezeichnung für die Udumbara Blüte. Sie blüht nach der indischen Legende nur alle dreitausend Jahre einmal. Sie erblüht genau in dem Augenblick, als der ‚Weltgeehrte‘ sie emporhält. Aber warum sieht nur Mahakasyapa als Einziger die Blüte, alle anderen bleiben blind?"

    Die Blüte, die der Weltgeehrte drehend emporhält, ist eine ganz besondere Blüte. Es ist die Blüte einer kleinen indischen Feige, die sehr häufig vorkommt, die aber scheinbar niemals blüht. Lediglich die kleinen Feigen wachsen dicht an dicht direkt an den Zweigen. Eine Verwandte dieser Feige steht sogar als Staubfänger in vielen deutschen Wohnzimmern - der Ficus Benjamini, die Birkenfeige.

    Tatsächlich haben die Feigen eine botanische Besonderheit. Ihre weiblichen Blüten, die später die Frucht bilden, erscheinen nicht außen, für alle sichtbar, sondern im Inneren einer unscheinbaren Hülle, die schon wie die spätere Feige aussieht. Im Inneren dieser Hülle blüht nicht nur eine Blüte, sondern ganz viele, dicht an dicht. Eine besondere Wespenart schlüpft durch ein winziges Loch in der scheinbaren Frucht und bestäubt die Blüten. Dann schließt sich die kleine Öffnung, die Wespe ist gefangen und wird von der werdenden Frucht verdaut. Die Blüte der Udonge - Udumbara blüht unsichtbar für die ‚normalen‘ Augen im Inneren der scheinbaren Frucht. Dogen sagt, dass wir unsere normalen Augen verlieren müssen, damit sich das Dharma Auge öffnen kann. Dann sehen wir nicht die Außenhülle, sondern das verborgenen Innere. Die Udumbara blüht nur deshalb so selten, weil niemand einen Blick für das Verborgene, Innere hat. Sie ist überhaupt nichts Besonderes, sondern derart gewöhnlich, dass niemand sie sieht.

    Es gibt auch andere, mehr mystisch esoterische Deutungen der Blüte, aber Dōgen

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1