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UNSTERBLICHE TODESSTRAFE
UNSTERBLICHE TODESSTRAFE
UNSTERBLICHE TODESSTRAFE
eBook244 Seiten3 Stunden

UNSTERBLICHE TODESSTRAFE

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Über dieses E-Book

Die vorliegende Arbeit ist eine Fortsetzung der Überlegungen des Autors über das philosophische Wesen der Strafe, die er zuvor in den Büchern »Kriminalität und Strafe« (»Prestupnostj i nakasanije« - Moskau, 2012), »Philosophie der Straftat und der Strafe« (»Filosofija prestuplenija i nakasanija« - Sankt Petersburg, 2013) dargelegt hat. Darin wird behauptet, dass die Rechtswissenschaft lediglich eine formelle Definition der Strafe geben kann und unfähig sei, mehr zu bieten. Das Philosophieren über das Wesen dieses Phänomens gibt uns hingegen die Möglichkeit, zu versuchen, sich in dessen Sittlichkeit einzumischen, es den Kategorien zuzuordnen, welche in der Philosophie erarbeitet wurden.
Ist die Strafanwendung überhaupt sittlich, insbesondere wenn es um die Todesstrafe geht? Handelt es sich bei der Strafe um Vergeltung, Abschreckung oder um psychologische Einwirkung? Worauf beruht die Sittlichkeit der Strafe? Vermag die Gesellschaft mittels Strafe jene Ziele zu erreichen, welche sie sich dabei gesetzt hat? Ist es in der heutigen Situation möglich, auf die Strafe gänzlich zu verzichten?
Soweit eine unvollständige Liste von Fragen, die Prof. I. M. Rahimov in dieser interessanten Arbeit zu beantworten versucht. Das Buch richtet sich an Studierende, Forschungsstudenten und Dozenten juristischer Hochschulen, Mitarbeiter von Rechtsschutzorganen, an Theoretiker und Praktiker, die sich auf das Strafrecht spezialisiert haben, sowie an Philosophen, Soziologen und an alle, die sich für die Problematik »Straftat und Strafe« interessieren.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum22. Mai 2018
ISBN9783746938608
UNSTERBLICHE TODESSTRAFE

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    Buchvorschau

    UNSTERBLICHE TODESSTRAFE - I. M. Rahimov

    Einführung

    Die Geschichte der Todesstrafe ist ohne Zweifel eine Geschichte menschlicher Vorstellungen über diese Bestrafungsart. Obwohl der Begriff Todesstrafe auf den ersten Blick recht simpel, zugänglich und verständlich erscheint, gibt es keine einheitliche, für alle Zeiten allgemein anerkannte Definition für das Wesen und die Bedeutung dieses Phänomens. Oft haben wir keine klare Vorstellung über jene Schwierigkeiten, mit denen die Vertreter verschiedener Forschungsrichtungen konfrontiert werden, wenn sie versuchen, diese Bestrafungsart genau zu beschreiben. Das ist nicht verwunderlich, denn im Strafrecht-Bereich gibt es kein anderes Problem, das in ihrer kultur-historischen Bedeutung wenigstens annähernd mit dem Problem Todesstrafe vergleichbar wäre. Keine andere Frage bringt die Gedanken, Gefühle und Sitten des Volkes beliebiger Epoche besser zum Ausdruck, keine andere Strafform ist so eng mit allen Phasen der sittlichen Entwicklung des Volkes verbunden, wie die Todesstrafe. Gerade in dieser Strafform widerspiegelt sich die Individualität des Volkes, dessen Ruhe und Leidenschaften sowie dessen Entwicklung, also seine Seele. Falls die Geschichte keine Zeugnisse über irgendwelches Volk bewahrt hat – außer der Dimensionen der Anwendung von Todesstrafe und deren Vollstreckungsformen -, so ist das bereits ausreichend, um eine klare Vorstellung über das Niveau dessen sittlichen und kulturellen Entwicklung in einer bestimmten Etappe des historischen Prozesses zu gewinnen.

    Die Todesstrafe als Strafart ist ein multifunktionelles und ungewöhnliches Mittel nach dem Verständnis der Altgriechen bzw. ein „Ding in sich laut Immanuel Kant. Einerseits ist es eine historische Erscheinung, weil die Todesstrafe als Institution der Bestrafung nicht durch ein einziges Volk und nicht durch eine einzige historische Epoche geschaffen worden, sondern ein Produkt der gesamten Menschheit ist. Andererseits ist es ohne philosophische Aufarbeitung unmöglich, den wahren Sinn des Begriffes und des Wesens der Todesstrafe zu begreifen, weil doch die Grenzen, der Inhalt und die Ziele jeder Strafe eben auf der Grundlage sittlicher Grundprinzipien aufzubauen sind. Wenn man dabei diese Strafe vom Standpunkt deren Entwicklung betrachtet, fällt sofort auf, dass deren Charakter in der Wirklichkeit seit jeher durch deren „Philosophie bestimmt wird, während sich diese Philosophie ständig wandelt in Abhängigkeit von der allgemeinen Entwicklung des menschlichen Denkens in Richtung zu einem immer humanistischeren Blick auf den Inhalt, die praktische Anwendung und Ausführung der Todesstrafe. Des Weiteren, ohne sich auf jene Angaben zu beschränken, die uns die Entwicklungsgeschichte der Strafarten insgesamt und der Todesstrafe insbesondere sowie die theoretische philosophische Erkenntnis dieses Phänomens liefert, macht es sich erforderlich, im Interesse einer tiefgründigeren Erforschung auch die Angaben von Soziologie und Psychologie heranzuziehen.

    Kurz ausgedrückt: das Problem Todesstrafe muss man in einem größeren Zusammenhang, in wechselseitiger Abhängigkeit historischer, religiöser, philosophischer, soziologischer und psychologischer Faktoren betrachten und untersuchen. Wie es im Falle einer schweren Krankheit vorkommt, wird hier ein „Konsilium" aus Vertretern verschiedener Wissenschaften benötigt. Bekanntlich wurden über kein anderes Problem des Strafrechts oder anderer Rechtsgebiete so viele Bücher verfasst wie über die Todesstrafe. Kein einziger namhafter Philosoph hat dieses Problem verschmäht und es unterlassen, seine Einstellung zum höchsten Strafmaß zu äußern. Wir sind uns dessen bewusst, dass es schwer erfüllbare Aufgabe sei, etwas Neues über die Todesstrafe zu sagen. Indem wir unseren Beitrag zur Erörterung dieses schwierigen Problems leisten wollen, erheben wir selbstverständlich keinen Anspruch auf die erschöpfende Darlegung aller Fragen und erst recht auf die Wahrhaftigkeit und Unbestreitbarkeit eigener Ansichten. Unser Anliegen ist bescheidener: den Lesern die Möglichkeit zu bieten, nicht allein unsere Betrachtungen über dieses komplizierte Phänomen, sondern auch die wichtigsten Standpunkte kennenzulernen, die in der wissenschaftlichen Literatur vertreten werden. Damit jeder die Frage über das Sein oder Nichtsein der Todesstrafe selber beantworten kann. Wir verstehen, dass es heute bequem ist, ein Gegner dieser schrecklichsten, widerwärtigsten und für den Staat unbeschwerlichsten Strafart zu sein. Aber selbst die bedeutendsten Wissenschaftler und Denker, die gegen diese Strafmaßnahme auftreten, haben stets ihre Meinung mit bestimmten Vorbehalten und Bedenken vorgebracht. Wir hingegen, wobei wir die Todesstrafe vom sittlichen Gefühl aus ablehnen, haben im Grunde immer noch große Zweifel hinsichtlich Nützlichkeit und Gerechtigkeit dieser Strafart als Mittel gegen die grausamsten vorsätzlichen Morde, die in unserer heutigen Wirklichkeit leider immer noch vorkommen.

    Kapitel I

    Geschichte der Todesstrafe

    Der Autor des Werkes „Die positive Philosophie Auguste Comte hat sehr treffend gesagt: jede Konzeption kann nur dann richtig verstanden werden, wenn deren Historie bekannt ist. Demzufolge muss das Begreifen des Wesens und der Bedeutung der Todesstrafe mit der Betrachtung der Entstehung und Evolution der Idee dieses historischen Phänomens beginnen. Auch wenn wir der Ansicht sind, dass die Frage über die Entstehung und Existenz der Todesstrafe von theologischen Positionen aus nicht zu lösen ist, darf deren Bedeutung bei der Erörterung dieses Problems dennoch nicht unbeachtet bleiben, weil sie mit den Anschauungen des Volkes auf diese außerordentliche Strafart, bei der einem Menschen das gottgegebene Leben genommen wird, aufs Engste verbunden sind. Es sei darauf hingewiesen, dass beim Fehlen von Rechtsnormen die Brauche und Traditionen schon immer von der Religion geheiligt wurden, somit eine verbindliche Kraft erlangten und nämlich von allen Religionen legitimiert wurden. Die Unanfechtbarkeit eines Brauchs wurde durch die heidnische Religion der Urmenschen aufrechterhalten, laut deren Aberglauben „der Schatten eines getöteten Menschen keine Ruhe finden kann, solange der Mörder nicht mortifiziert ist¹ Deshalb kann man der Behauptung zustimmen, dass die Religion sich auf die Traditionen und Bräuche – also auf die Erfahrung Hunderter von Generationen – stützt, was deren Normen einen sakralen Charakter verleiht und damit diese in der Regel in eine rigorose Verhaltensnorm, in ein für alle verbindliches Stereotyp verwandelt.

    Die Texte der Göttlichen Botschaften zeugen davon, dass die Bräuche und Traditionen mit der Religion verschmelzen und in der Epoche des Zerfalls der klassenlosen Gesellschaft und der Herausbildung von Staaten eine Göttliche Sanktion bekommen. Derartige Sanktionen waren dringend erforderlich, um die Autorität von Geburtsadel aufrechtzuerhalten. Indem die Religion die Köpfe eroberte, verwandelte sie sich in eine mächtige Kraft und übte einen gewaltigen Einfluss auf Mensch und Gesellschaft, Geschichte und Kultur, Lebensweise und Sitten aus. Selbstverständlich beeinflusste sie stets nicht bloß den Charakter der Strafe und deren Ausführung, sondern hatte auch das Recht auf deren Anwendung.

    W.G. Grafskij behauptet zurecht, dass „die Religion einen großen Einfluss auf die Institution Kriminalstrafe ausgeübt hat, weil bereits in der Urgesellschaft die Strafen mit religiösen Erlaubnissen und Verboten eng verbunden waren"² .

    Es gab Zeiten, als die Kränkung als persönliche Beleidigung wahrgenommen wurde, während die Gegenreaktion darauf als grobe und ungebundene Rache betrachtet wurde, die den Moralvorstellungen jener Zeit entsprach und von ihnen gebilligt wurde. Als aber damit begonnen wurde, diese Kränkung (Verbrechen) als eine Beleidigung der Gottheit zu betrachten, war nunmehr die Reaktion darauf eine Aussöhnung mit Gott, die Reinigung von der Sünde und die Buße. Seit dieser Zeit traten als Grundlage der Strafe und insbesondere einer solchen Strafform wie die Todesstrafe bereits nicht mehr die Bräuche und Traditionen, sondern die Religion. Die biblische Sicht der Entstehung und darauffolgenden Entwicklung dieser Strafsanktion geht davon aus, dass der Begriff „Todesstrafe im Gottesgebot „Du wirst des Todes sterben verwurzelt ist, während das Buch Genesis die älteste alttestamentliche Quelle des Begriffs Strafe ist. Deshalb lassen sich die Anfänge der Rachelehre zweifellos in der Religion nachweisen, wobei die ersten Versuche, das Wesen und die Gründe der Todesstrafe als Strafsanktion zu definieren, eben in religiösen Glaubensvorstellungen und Quellen zu finden sind. Bei der Erforschung der Bibel und des Korans – dieser großartigen und unikalen Bücher bzw. Schriften in der Menschheitsgeschichte – stoßen wir unter anderem auf eine Fülle von Ideen, die das Wesen der Anschauungen des Urmenschen auf Leben und Tod, Mord und Verbrechen, Ahndung und Blutrache widerspiegeln.

    Die ältesten Strafgesetze (die Gesetze von König Hammurabi, das Gesetzbuch des Manu u.a.) haben als Tötung eines Menschen jene Tatbestände fixiert, die im Leben seit langem existiert hatten und eine Reaktion der Gesellschaft hervorriefen. Deshalb kann man feststellen, dass diese Gesetze lediglich in schriftlicher Form die Todesstrafe festgeschrieben hatten, die bereits seit langem beim Mord oder Diebstahl angewandt wurde, da diese als gefährlich für die Gemeinschaft galten.

    Henry Maine schreibt: „Es gibt buchstäblich kein einziges System des geschriebenen Rechts – von China bis Peru -, welches bei ursprünglicher Entstehung keine Summen religiös-sittlicher Vorschriften und ritueller Regeln enthalten hätte. Über das Römische Recht hatte man gedacht, dass die weltliche und pontifikale Jurisprudenz darin seit Altertum völlig isoliert gewesen waren. Aber das Wenige vom Zwölftafelgesetz, was uns überliefert worden, enthält vieles, was eben als religiöser Ritus eingestuft werden kann"³. Dabei handelt es sich nicht nur um offizielle, anerkannte Göttliche Botschaften, sondern auch um religiöse Lehren und Ideen, ohne Klärung von deren Wesen und Inhalt, sozialer Rolle und Bedeutung es praktisch unmöglich ist, die Bedeutsamkeit der Institution Todesstrafe und deren Werdegang im Leben jedes Volkes zu verstehen. Deshalb kann man behaupten, dass die Idee der Geißel Gottes sich grundlegend auf die Evolution der Idee über diese Strafe ausgewirkt hat, der nicht nur die Jahrhunderte alten religiösen, sondern auch die nationalen, historischen, psychologischen und sozialen Besonderheiten jedes Volkes zugrunde liegen. Der Einfluss der Religion, religiöser Quellen, religiösen Rechts und Lehren auf das Werden und Wachsen der Idee über die Todesstrafe wurde sowohl direkt als auch indirekt ausgeübt.

    Zugleich aber hatten die Altmenschen keine Zweifel hinsichtlich der wohltätigen Wirkung dieser allerhärtesten Strafe auf die religiössittliche Vervollkommnung des Menschen. Und dies wurde von ihnen, soweit möglich, auf verschiedene Art und Weise gerade in religiösen Systemen zum Ausdruck gebracht. Obwohl die Begriffe „der Tod und „sterben dieselbe Bedeutung haben, gewinnt das Gottesgebot „Du wirst des Todes sterben in dieser zusammengefügten Form eine völlig andere, kompliziertere Bedeutung. Vom philosophischen Standpunkt aus bedeutet „der Tod ebenso wie „sterben nicht das Fehlen des Lebens, sondern dessen Ende und Abschluss. Vom medizinischen Standpunkt aus zeugen diese Erscheinungen von einer gesetzmäßigen Beendigung des Lebens, d.h. vom Aufhören und völligem Stillstand biologischer und physiologischer Prozesse der Lebenstätigkeit des Organismus wegen Alterung, Krankheit, Selbstmord, Mord, Unfall. Es gibt auch eine religiöse Deutung für die Begriffe „der Tod und „sterben: das Lebensende eines Menschen ist nicht das Gegenteil von der Geburt, sondern ein fester Bestandteil der Auferstehung. Wenn man das Gebot „Du wirst des Todes sterben von rechtlicher oder genauer gesagt von strafrechtlicher Position aus betrachtet, lässt sich feststellen, dass der Allerhöchste in diese Wortverbindung das Wesen und Ziel jener Strafe legt, die er gegenüber Adam anwendet. Gott hat nicht das Ziel gehabt, ihn zu töten, denn in solchem Fall würde er was anderes als Gebot verkünden: „Ich werde dich hinrichten, „Ich werde dich töten und schließlich „Du wirst hingerichtet werden. Gott hat Adam zu verstehen gegeben, dass der für seinen Ungehorsam in der Form „Du wirst des Todes sterben bestraft sein wird, was aus unserer Sicht bedeutet, sein Leben auf der sündhaften Erde zu beenden. Somit ist der Sinn Göttlicher Strafe für Adam als Übergang von der Unsterblichkeit zum sterblichen Leben zu verstehen.

    Im Alten Testament werden außer der Göttlichen Verfügung „Du wirst des Todes sterben auch andere Ausdrücke gebraucht: „Wer den Namen des HERRN schmäht, wird mit dem Tod bestraft; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen. (Lev 24,16); „Ein Mann, der mit der Frau seines Nächsten die Ehe bricht, wird mit dem Tod bestraft, der Ehebrecher samt der Ehebrecherin. (Lev 20,10); „Wer einen Menschen erschlägt, wird mit dem Tod bestraft. (Lev 24, 21); „..dann musst du geben: Leben für Leben (Ex 21, 23); „Jeder, der mit einem Tier verkehrt, soll mit dem Tod bestraft werden. (Ex 22, 18); „…dann sollst du die Frau und das Tier töten. Sie werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen. (Lev 20, 16)Б „Wer seinen Vater oder seine Mutter verflucht, wird mit dem Tod bestraft. (Ex 21, 17).

    Bekanntlich haben sich sowohl die Theologen als auch die Rechtswissenschaftler stets bemüht, die religiösen Wurzeln der Todesstrafe als Strafart herauszufinden. Dabei beziehen sie sich selbstverständlich darauf, dass in der alttestamentlichen Menschheitsgeschichte als der allererste strafrechtliche Rechtssatz das Bibelgebot gilt, welches Gott für Adam verkündet hat, nachdem sich dieser im Garten Eden angesiedelt hatte: „Dann gebot Gott, der HERR, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben" (Gen 2,16-17).

    Es ist üblich, gerade diese Verfügung Gottes mit dem Beginn der Strafgesetzgebung in Verbindung zu bringen, die Todesstrafe als ursprüngliche Strafart und die Bibel in gewissem Sinne als Geschichte menschlicher Verbrechen und der Entstehung von Strafen anzusehen. Geht man von so einer logischen Erklärung des Gebotes Gottes, so gelangt man zur Schlussfolgerung, dass es bei der Todesstrafe um eine Strafe handelt, die ausgerechnet von Gott ausgeht. Worin besteht aber der eigentliche Sinn des Ausdrucks: „Du wirst des Todes sterben? Kann man behaupten, dass dieses Gebot vom Sinn und Inhalt her mit dem Begriff „Die Todesstrafe identisch ist? Nirgends stoßen wir in den Göttlichen Botschaften auf den Begriff Todesstrafe, auch wenn es verständlich ist, dass der Ausdruck Du wirst des Todes sterben ebenso wie die aufgezählten Begriffe, die von Gott gebraucht werden, auf jeden Fall wie der Tod aussehen, und dieser kommt vom HERREN, denn ausgerechnet Er gebraucht als erster diesen Ausdruck, als er Adam über das Verbot warnt. Die Besonderheit des Ausdrucks „Du wirst des Todes sterben besteht allerdings nicht darin, dass es der ursprüngliche, allererste Ausdruck sei, sondern im Wesen und im Vorgehen bei der Tötung Adams. Der Begriff „Leben wird von Gott sehr weit gefasst – als vollwertiges geistiges Sein, das auf festem Glauben an den Schöpfer, auf Demut Ihm gegenüber sowie auf einem ständigen Zwiegespräch mit Ihm beruht⁴. Deshalb bedeutet der Ausdruck „Du wirst des Todes sterben einen geistigen und keinen körperlichen Tod von Gott und gilt als „Tod für Gott, als „geistige Trennung des Menschen vom Gott sowie als Entzug Göttlichen Wohlwollens. Ausgerechnet so hat Gott Adam bestraft, indem er ihn in ein anderes, sterbliches Leben überführt hat, obwohl er ihn auf der Stelle töten konnte. Kann diese Strafe Gottes als Todesstrafe angesehen werden? Wir glauben, dass ein solches „Urteil Gottes an eine Verbannung auf die sündhafte Erde mit lebenslanger Haft auf diesem Territorium ohne Anspruch auf Befreiung oder Begnadigung erinnert, wo der „Verurteilte letztendlich des natürlichen Todes stirbt. So ein Abreißen der Lebenstätigkeit Adams in der Verbannung lässt sich wohl kaum als Todesstrafe im heutigen Verständnis bezeichnen. Eine solche Strafe Gottes kann eher als eine Alternative zur Todesstrafe betrachtet werden. Indem Herrgott Adam wie in eine Verbannung in das sterbliche Leben schickt, beschränkt er dessen Aufenthalt dort mit dem physischen Tod. Möglicherweise ist es ein Zeichen von Liebe und Barmherzigkeit zur ersten eigenen Schöpfung und kein Racheakt. Vielleicht war Gott von Anfang an nicht gewillt, Adam zu bestrafen, sondern wollte die dem von ihm erschaffenen Menschen wesenseigenen Eigenschaften – innere Freiheit, Stolz und Furchtlosigkeit – auf den Prüfstand stellen? Adams Verhalten ist im Grunde ein Zeugnis dafür, dass Gott ein ziemlich vollkommenes Wesen erschaffen hat, das selbständig eine Willensentscheidung treffen kann. Gott hat auch Kain für den Mord an seinem Bruder nicht getötet, sondern ihn zusammen mit seiner Frau aus der Gegend verjagt. Das war die zweite Strafe Gottes in Form einer Verbannung mit dem Tode in der biblischen Geschichte nach seinen Eltern. „Der HERR aber sprach zu ihm: Darum soll jeder, der Kain erschlägt, siebenfacher Rache verfallen. Darauf machte der HERR dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn finde (Gen 4.15). Etwas später spricht Kain´s Nachkomme Lamech denselben Gedanken in Versen aus, deren Ausdruckform sehr dunkel, deren Ziel jedoch offensichtlich ist: „Wird Kain siebenfach gerächt, / dann Lamech siebenundsiebzigfach". Wie wir sehen, ist die Rache noch nicht von Gott abgeschafft, Er kümmert sich selber um das

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