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Verzweifeln hilft doch nichts
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eBook347 Seiten5 Stunden

Verzweifeln hilft doch nichts

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Über dieses E-Book

Die 45-jährige Anna muss nach 25 Jahren Ehe feststellen, dass ihr Mann sie betrogen hat. Wie konnte das nur geschehen? Waren sie denn nicht glücklich miteinander? Anna bleibt nichts anderes übrig, als noch mal von vorn zu beginnen und ihr Leben in die Hand zu nehmen.
Mutig und voller Tatendrang stürzt sie sich in ihr neues Leben. Anna hätte nie gedacht, welche Kraft in ihr steckt. Bei der Suche nach einer neuen Liebe findet sie nicht nur ein neues Selbstbewusstsein, sondern entdeckt dabei auch ihren Körper neu - mit aufregenden Seiten, die sie früher nie vermutet hätte.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum22. Aug. 2016
ISBN9783734549083
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    Buchvorschau

    Verzweifeln hilft doch nichts - Anna S. Sommer

    Kapitel 1

    Eine Ehe zerbricht

    Anna sitzt im kahlen Wohnzimmer auf einer weißen Gartenliege mit grüner Auflage mit Blumenmuster. Hinter ihr stapeln sich Umzugskartons, vor ihr steht der Fernseher am Boden; zumindest das Laminat glänzt und versprüht durch den Holzton Wärme. Wie Anna so in ihrem Gartenstuhl kauert, denkt sie:

    Was tue ich hier eigentlich?

    Die Gedanken schwirren im Zickzack durch ihren Kopf, und sie kann ihr momentanes Gefühlsleben nicht so recht einordnen.

    Was ist denn eigentlich geschehen? Wie ist es nur dazu gekommen, dass ich jetzt allein in einer 67qm-Wohnung sitze?

    Immer und immer wieder versucht sie, Ordnung in ihren Kopf zu bekommen. Ihre Gedanken gehen zwei Jahre zurück in den kalten November, als sie einen Zettel gefunden hatte. Irgendwo belanglos zwischen ein paar CDs. Eigentlich wollte sie nur eine leere CD für ihre Tochter suchen. Dabei öffnete sie eine Hülle, wo eigentlich keine leere darin sein konnte. Warum hatte sie diesen Handgriff überhaupt gemacht? Es ergab keinen Sinn. Wollte es das Schicksal so?

    Dabei fiel ihr ein Zettel in die Hände, auf dem stand:

    Ich möchte immer dein Schutzengel sein. Hannelore.

    Wie jetzt? Hannelore? Was bedeutete das? Schutzengel? Hannelore? Welche Hannelore? Heißt nicht die Eule bei Harry Potter Hannelore? Nein, die heißt anders, zwar auch mit H, aber anders.

    Anna kannte nur eine mit diesem seltsamen Namen, und die war Bedienung im Gasthaus in dem kleinen Ort, wo Anna die letzten 25 Jahre wohnte – glücklich mit Mann und zwei Kindern, Katzen, großem Garten, Nachbarn und allem, was man zum Glück brauchte. Okay, nicht ganz, ihr Schwiegervater wohnte mit im Haus, und das machte so manches schon etwas schwierig. Aber er gehörte nun mal mit zur Familie, und man akzeptierte und respektierte sich gegenseitig.

    Anna konnte den Zettel nicht einordnen und beschloss, ihrem Mann Peter erst mal nichts zu sagen.

    Auch am nächsten Tag sagte sie nicht gleich was, erst am Abend, als sie mit ihm zu Bett ging. Da konnte sie es sich nicht länger verkneifen und sprach ihn auf den Zettel an. Peter war wie vor den Kopf gestoßen, er konnte nichts mehr sagen und er wollte auch in dem Moment nichts sagen. Das Einzige was er hervorbrachte, war: »Ich kann jetzt nicht reden.«

    Aha, was sollte das heißen? Tut ihm der Hals weh? Hat er keine Stimmbänder mehr? Anna standen nur noch Fragezeichen im Kopf.

    In dieser Nacht konnte Anna nicht richtig schlafen. Als der Wecker in der Früh klingelte, war sie wie gerädert. Sie stand auf, wie immer als Erste, denn sie wollte im Bad fertig sein und den Kaminofen anzünden, damit es schön warm war, bevor die anderen aufstanden. Anna war ihr Leben lang versucht, ihren Lieben alles gut zu tun, sie war von der Sorte „Glucke". Schon immer bereitete sie allen das Frühstück vor, deckte den Tisch und frühstückte zusammen mit ihrer Familie. Die Kinder gingen meist zuerst aus dem Haus. An diesem Tag mussten sie sich beeilen, um den Schulbus zu erreichen.

    Ihr Mann saß noch am Frühstückstisch.

    Kein Wort. Auch nicht, als er aufstand, um ebenfalls zur Arbeit zu gehen. Anna konnte sich nicht mehr erinnern – hatte er ihr einen Kuss gegeben, so wie immer, bevor er das Haus verließ?

    Der Tag verging, ihre Gedanken waren nicht mehr so wirr. Eigentlich war für sie wieder alles im Reinen, schließlich war Peter doch keiner, der fremdging. Außerdem war er in guter, hoher Position, und sie konnte sich in keinster Weise vorstellen, dass so jemand etwas mit einer Bedienung anfangen sollte. Der Zettel musste sich irgendwie anders erklären lassen. Aber trotzdem ließen sie die Gedanken daran nicht mehr los. Abends hielt sie es nicht mehr aus und sprach ihren Mann nochmals an.

    Es war ein Moment, den man nicht beschreiben kann und den man für immer aus seinem Kopf löschen möchte – aber so ein Moment brennt sich ein wie ein heißes Eisen, das eine Wunde und Narben hinterlässt.

    Peter konnte ihr nicht in die Augen sehen, seine Stimme war leise und ein Kloß saß in seinem Hals, als er ihr eröffnete, dass er ein Verhältnis hatte.

    Das saß! Ihr Mann ein Verhältnis? Pah, so was konnte doch nicht sein, so was gibt’s doch nur im Fernsehen!

    Jetzt war Anna diejenige, die nichts mehr sagen konnte.

    Die kommende Nacht war für sie gelaufen, ihre Gedanken sprangen nur wirr durcheinander. Die Augen wollten einfach nicht zugehen, an Schlaf war gar nicht zu denken. Aber so ging es Peter wohl auch. Schließlich kennt man seinen Partner nach so vielen Jahren. Man hört, wie er atmet, ob er einen leichten Schlaf hat oder im Tiefschlaf ist oder eben, ob er überhaupt nicht schläft.

    Am nächsten Morgen stand für sie fest, dass sie nie mehr in ihrem gemeinsamen ehelichen Bett schlafen konnte. Im Haus gab es im Keller ein Gästezimmer. Aber wie sollte sie es anstellen, dass niemand was mitbekommt? Sie wollte nicht, dass die Kinder etwas merkten, auch nicht der Schwiegervater. Das war eine Situation, die nur sie und ihren Mann etwas anging.

    Anna wusste überhaupt nicht, was sie denken oder tun sollte. Im Fernsehen war immer alles schnell klar, die Paare blieben beieinander oder sie trennten sich. Aber bei ihr? Was sollte sie tun? Wenn ein Film lief, wo irgendeiner irgendeinen betrogen hatte, stand für Anna immer felsenfest klar, dass wenn es ihr passieren würde, es für sie kein Zusammenbleiben geben könnte. Aber jetzt? Jetzt ist es kein Film und keine Story, jetzt ist es Realität!

    Anna war verzweifelt. Sie liebte doch ihren Mann, so wie sie ihn die letzten 25 Jahre geliebt hatte. Beendet man dann einfach so alles? Schließlich sind doch auch die zwei Kinder da. Gut, Kinder im Sinne von Kinder sind sie nicht mehr, sie sind doch schon erwachsen, zumindest fast, und gehen auch schon recht ihre eigenen Wege. Aber trotzdem sind es ihre Kinder. Irgendwie musste sie es schaffen, dies alles zu retten.

    Aber hier ging es doch nicht um irgendwelche Gegenstände, die man vor Feuer oder dem Untergehen rettet, hier ging es doch um Gefühle, ums Herz. Auf jeden Fall war ihr klar, dass ihr Verstand nicht mit ihrem Herzen auf gleicher Linie fuhr. Und an sofortiges Verlassen war einfach nicht zu denken. Also, doch erst mal ins Gästezimmer.

    Als alle wieder frühmorgens das Haus verließen, ging Anna in das Gästezimmer im Keller.

    Es war schon lange niemand mehr hier drin, dachte sie. Als erstes musste gelüftet, ja und auch Staub gesaugt werden. Ein paar Spinnweben hingen an der Decke und vertrocknete Käfer lagen auf dem Teppich. Nachdem Anna alles sauber gemacht hatte, holte sie frische Bettwäsche und überzog das Bett. Irgendwie ging ihr alles flüssig von der Hand. Das Zimmer war jetzt fertig.

    Der Vormittag verging wie im Flug. Sie musste ans Kochen denken, die Kinder kamen bald aus der Schule und wollten ihr Mittagessen. Auch ihr Mann kam jeden Tag mittags zum Essen heim. Ja, jetzt schlichen sich wieder die Zweifel in ihren Kopf. Sollte sie ihrem Mann überhaupt noch ein Essen kochen? Sollte sie sich mit ihm an einen Tisch setzen? Sollte sie versuchen, mit ihm zu reden oder doch eher auf stumm schalten oder sich wie ein verletztes Tier zurückziehen? Hilft es, alles totzuschweigen oder sollte sie eher in die Vollen gehen – ihn anschreien, kratzen, beißen, ihm eine runterhauen? Ihre ganzen Überlegungen, wie sie sich beim Zusammentreffen mit Peter verhalten sollte, waren wie weggefegt, als er ins Zimmer kam. Grau und fahl war er im Gesicht, und er hatte tiefe Schatten unter seinen Augen. Sie sah ihm an, dass er keine Spucke mehr im Mund hatte. Alles war ausgetrocknet. Ein tiefes Mitgefühl überkam sie. Sie liebte ihn doch und jemanden so zu sehen, den man liebt, schnürt einem das Herz zusammen.

    Sie gingen leise aufeinander zu. Keiner konnte etwas sagen. Es dauerte eine Weile, bis Anna ihre Stimme fand und sie ihn leise fragte, ob diese Affäre überhaupt noch andauerte.

    Er schaute sie an und sagte nein.

    Sollte sie jetzt aufatmen und alles beiseitefegen? Oder wie verhält man sich in dieser Situation? Anna wollte nun natürlich von ihm alles auf einmal wissen, wie lange die Affäre gedauert hat, wie lange sie schon beendet ist und warum sie beendet wurde und vor allem von wem.

    Peter konnte dies alles jetzt nicht beantworten, er sah sich dazu momentan einfach nicht in der Lage, versprach ihr aber, dass sie bald ein Gespräch führen und er ihr alles erzählen würde.

    So standen sie also beide in der Küche und keiner wusste, was er sagen sollte. Hunger hatten sie auch nicht.

    Die Zeit verging, und da kamen auch schon die Kinder heim. Jetzt hieß es, Kopf hoch, lächeln, und so tun, als ob nichts wäre. Die Kinder sollten auf keinen Fall etwas mitbekommen. Anna setzte sich mit den Kindern an den Tisch und versuchte, eine Kleinigkeit zu essen. Ob ihr Mann sich mit an den Tisch setzte, merkte sie nicht, so tief war sie in ihre Gedanken versunken.

    Die Kinder erzählten von der Schule und was sie am Nachmittag noch so alles machen würden. Anna kostete es viel Mühe, sich auf die Gespräche zu konzentrieren. Zum Glück waren die beiden bald mit dem Essen fertig und gingen auf ihre Zimmer.

    Es war ein jahrelanges Ritual, dass Peter und sie sich nach dem Mittagessen für eine halbe Stunde auf die Couch gelegt hatten, um ein bisschen die Augen zu schließen und neue Kraft für den restlichen Tag zu sammeln.

    Als sie beide so dalagen, konnte keiner Ruhe finden. Anna starrte an die Decke und merkte, wie sich ihre Augen füllten. Die Decke verschwamm vor ihren Augen, und sie spürte, wie die Tränen immer mehr wurden und sich irgendwann nicht mehr aufhalten ließen. Die Tränen flossen nur so aus ihr heraus.

    Als ob er die Trauer spüren würde, kam ihr Kater zu ihr, legte sich auf ihren Brustkorb und fing an zu schnurren. Da war es ganz um sie geschehen. Die Gefühle gingen mit ihr durch, und sie fing an zu schluchzen. Jetzt fiel ihr wieder ein, dass die Kinder nebenan in ihren Zimmern waren und sie ja nicht hören sollten, was da draußen im Wohnzimmer vor sich ging.

    Anna stand auf und sah dabei, dass es ihrem Mann genauso elend ging.

    Warum hatte er das getan? Warum nur? Was hatte sie falsch gemacht? Sie ging die Treppe hinunter, irgendwohin, Hauptsache einfach nur raus aus der Wohnung. Sie entschied sich, in den Garten zu gehen, da war immer was zu tun. Sie hoffte, dort ihren Kopf freizubekommen.

    Anna wusste nicht, wie viele Stunden sie im Garten verbracht hatte. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Als sie auf die Uhr sah, waren zwei Stunden vergangen. Sie hatte nicht mitbekommen, ob Peter bereits wieder zur Arbeit gefahren war oder ob er noch im Haus war.

    Sie sperrte die Haustür auf und ging langsam die Treppe hoch. Oben angekommen öffnete sie vorsichtig die Wohnungstür, aber der Einzige, der ihr entgegen kam, war der Kater. Er schnurrte ihr um die Beine und wollte gestreichelt werden.

    Anna war froh, dass ihr Mann weg war. Die Kinder kamen später aus ihren Zimmern und jedes wollte irgendetwas von ihr. Sie hatte die größte Mühe, ein freundliches Gesicht aufzusetzen und so zu tun, als sei alles wie immer – also in bester Ordnung.

    Der Nachmittag verstrich und es wurde schon zeitig dunkel, es war November. Wie sollte sie bloß Weihnachten verbringen? Plötzlich kamen ihr Gedanken an Weihnachten. Aber wieso sollte sie jetzt an Weihnachten denken, wenn sie noch nicht einmal wusste, wie sie die heutige Nacht verbringen sollte. Sollte sie sich nicht vielleicht doch ganz normal ins Bett neben ihren Mann legen oder eher ins Gästezimmer gehen? Deswegen hat sie es ja schließlich hergerichtet.

    Sie spürte, wie eine tiefe Leere über sie hereinbrach. Ihr Körper fühlte sich an, als wäre er nur noch eine Hülle ohne jegliches Innenleben. Der Hals schnürte ihr zu und eigentlich sagte ihr Magen Hunger, da sie beim Mittagessen kaum etwas gegessen hatte, aber sie konnte nichts essen und nichts trinken. Schon beim Gedanken ans Essen wurde ihr Hals noch enger und schnürte sie noch mehr zu.

    Es war später als sonst, als Peter abends nach Hause kam, vermutlich graute ihm genauso vor dem nächsten Zusammentreffen wie ihr. Beide schwiegen. Jeder machte sich irgendetwas in der Küche zurecht, und dann saßen beide auf der Couch und der Fernseher lief. Sie schauten zwar hinein, aber keiner bekam mit, welche Sendung überhaupt lief. So verging der Abend. Anna beschloss für sich, heute doch ins Gästezimmer zu ziehen.

    Als sie so allein im Bett im Gästezimmer lag, durchströmte sie plötzlich ein Gefühl, das sie so schon lange nicht mehr kannte. Das Herz pochte und sprang ihr fast zum Hals heraus, und sie spürte jede Faser ihres Körpers. Sie verspürte Sehnsucht – körperliche Sehnsucht, sexuelle Sehnsucht, und es klopfte nicht nur ihr Herz, es klopfte auch zwischen ihren Beinen. Wieso um alles in der Welt verspürte sie jetzt sexuelles Verlangen? Sollte sie nicht eher ihren Mann jetzt hassen, als ihn zu begehren? Jetzt wusste sie überhaupt nicht mehr, was sie denken sollte. Sie wusste nur, dass sie mit so einer Lust im Körper nicht ans Schlafen denken konnte. Sollte sie jetzt nach oben zu ihm ins Schlafzimmer gehen? Nein, auf keinen Fall. Sie musste jetzt stark sein, diesen Trumpf würde sie ihm nicht vergönnen. Schließlich war er es, der fremdgegangen war.

    Anna legte ihre Hände auf ihren Bauch, die rechte Hand wanderte nach unten, und die Fingerspitzen glitten sanft durch die Schamhaare ihres Lusthügels. Ihre linke Hand streichelte ganz fein über den Bauch nach oben zu ihren Brüsten. Jetzt merkte sie, dass ihre Brüste hart und die Brustwarzen spitz waren. Als sie über ihre linke Brustwarze strich und an ihr spielte, wurde es immer heißer zwischen ihren Beinen, und als sie sich in die rechte Brustwarze kniff und daran spielte, war kein Halten mehr. Ihr durchströmte so intensiv eine Lust, dass sie sich bäumen musste. Sie hob ihr Becken und die Finger glitten zwischen die Schamlippen. Es fühlte sich alles so herrlich nass an. Mit dem Mittelfinger fühlte sie jetzt ihre Klitoris und umspielte diese, erst ganz langsam, dann immer schneller. Das Spielen an der Brustwarze verstärkte alles, es war eine direkte Verbindung zu ihrem Lustzentrum. Anna hielt die Augen geschlossen und sie stellte sich vor, wie Männerhände an ihr spielten. Sie merkte in dem Moment nicht, dass es ihre eigenen waren. Sie war wie in Trance, ihr Finger umkreiste ihr Hügelchen immer schneller und schneller, das Herz schlug ihr fast zum Hals heraus und sie sah die buntesten Sterne, als sie immer näher zum Orgasmus kam. Sie stöhnte und hielt ihre geöffneten Schenkel weit auseinander, und dann durchzuckte sie ein Blitz und noch einer und kurz darauf genoss sie die Erleichterung. Es durchfloss sie ein warmes Gefühl, leicht kribbelnd, vom Kopf bis zu den Zehen. Als sie so befriedigt dalag, die Bettdecke weit von sich weg gestrampelt, überkamen sie Gewissensbisse. War sie es jetzt, die ihren Mann betrogen hatte? Wenn sie es sich selbst machte, dann doch nur für ihren Höhepunkt, während sie mit ihrem Mann schlief. Aber doch nicht allein – als Selbstbefriedigung! Ihr Herz klopfte so fest, dass sie dachte, das müsste jeder außerhalb des Zimmers hören. Anna konnte nicht lange darüber nachdenken, denn schon nach kurzer Zeit versank sie in einen tiefen Schlaf.

    Die nächsten Tage vergingen ähnlich wie der erste. Jeder von ihnen war bemüht, es für die anderen so wirken zu lassen, als ob alles in Ordnung wäre. Nur war leider nicht alles in Ordnung. Bei jeder Gelegenheit, wo sie allein waren, suchten sie das Gespräch, das heißt, Anna war überwiegend die, die immer und immer wieder nachbohrte und alles wissen wollte. Sie wollte doch nur wissen, warum es von ihm aus zu dieser Affäre kam. Sie wollte über die ganzen Jahre doch alles so gut machen, sie wollte eine gute Mutter und eine gute Ehefrau, ja, auch eine gute Geliebte für ihn sein und sein Kummerkasten. Sie fühlte sich so sicher in ihrer Ehe, sie liebte ihren Mann und sie wusste, dass er sie auch liebte. Aber scheinbar machte sie sich nur was vor. Wie oft hatte sie sich zu ihm gesessen und ihn aufgefordert, mit ihr zu reden, über berufliche Sorgen genauso wie über seine Gefühle und sein Herz. Aber es kam meist nur Belangloses und sie dachte sich, wenn er wirklich etwas Wichtiges auf dem Herzen hätte, würde er schon was erzählen. Und genau das war dann wohl der Punkt. Ihr Mann suchte sich eine andere, der er alles erzählen konnte, bei der er sein Herz ausschütten konnte. Er fühle sich nicht verstanden, weder von Anna noch von den Kindern. Er fühle sich nur noch als der Verdiener und Versorger. Aber warum nur? Sie konnte sich an nichts erinnern, was ihn zu diesen Gedanken veranlasste. Wer hat sich denn ständig zurückgezogen? Wer wollte denn nicht reden? Wenn die Kinder etwas erzählen wollten, warum hörte er nicht zu und saß lieber am Computer oder schloss die Augen auf der Couch. Und nun sollte sie schuld sein, dass man ihn nicht verstanden hatte? Jetzt war sie es, die nichts mehr verstand.

    Und wieder einmal standen sie beide in der Küche, Peters Augen waren gefüllt mit Tränen. Er wollte sie berühren.

    »Maus, es tut mir so leid«, sagte er. »Bitte verzeih mir. Es ist doch schon lange aus, und ich weiß, dass ich dich liebe und bei dir bleiben möchte. Das ist mir jetzt ganz klar geworden.«

    Dieser Satz öffnete irgendwie ihr Herz, aber sie konnte es nicht ertragen, dass er sie berührte. Sie konnte sich auch in dem Moment nicht denken, ihn jemals wieder zu küssen. Sie küsste doch so gerne! Aber sein Mund hatte eine andere Frau geküsst, zärtlich, leidenschaftlich, wohin auch immer. Ihr ekelte. Und trotzdem überkam sie ein Kribbeln. Sie kannte sich selbst nicht mehr. Konnte es sein, dass es sie erregte, dass ihr Mann fremdgegangen war? Nein, plötzlich war ihr klar, dass dieses Kribbeln keine sexuelle Erregung war, es war tiefe Liebe, die durch sie durchströmte.

    An diesem Abend war sie wieder ins gemeinsame Schlafzimmer gegangen.

    Aber auch wenn Anna jetzt wieder im gemeinsamen Schlafzimmer schlief – sie konnte noch keine Zärtlichkeiten geschweige denn Sex mit ihrem Mann ertragen.

    Die Tage vergingen, die Vorweihnachtszeit hatte schon längst begonnen, und für Anna war es immer noch genauso schlimm, mit der Situation umzugehen, wie am ersten Tag, als ihr Mann ihr die Affäre beichtete. Sie redeten viel und Anna erfuhr viele Einzelheiten, ja sogar viel Intimes. Wie die Andere in ihrer Ehe lebte, die eigentlich gar keine Ehe war, eher ein Arrangement, und dass diese Frau noch nie im Leben einen Orgasmus hatte.

    Was für eine arme Sau, dachte Anna. Eigentlich müsste sie sie jetzt bemitleiden, aber das tat sie nicht. Nein, diese Frau hat ihr den Mann weggenommen.

    Mein Mann kann nicht schuld sein, das war diese Frau!, dachte sie. Dieses Biest, die ihn eingelullt hatte, und er ist darauf reingefallen. Anna konnte sich schon vorstellen, dass es für einen Mann sehr reizvoll war, wenn er erzählt bekommt, wie unbefriedigt eine Frau ist, und dann ihr einen schönen ersten Orgasmus beschaffen möchte. Männer sind „Jäger", immer noch, und das seit Urzeiten, und das wird sich auch nicht ändern. Und ihr Mann mittendrin!

    So sehr sie sich auch bemühte, dieses Kopfkino wollte einfach nicht aufhören. Immer wieder stellte sie sich vor, wie ihr Mann es mit dieser Frau getrieben hatte. Aber zum Aufarbeiten wollte sie auf keinen Fall zu einem Psychologen, so einem Seelenklempner, oder mit einem Mitglied ihrer Familie darüber reden, auch nicht mit ihrer Freundin. Sie wollte es allein schaffen! Wenn sie allein war, gab es kein Halten – sie weinte und weinte! Sie weinte sich jedes Mal die Seele aus dem Leib.

    Anna hatte ein Pferd, und das war genau das Richtige, mit dem sie reden konnte. Es hörte ihr still zu. Es gab keine blöden Kommentare ab oder noch schlimmer, wie es bereits geschiedene Frauen gerne machen, Tipps, wie man es am besten seinem Mann heimzahlt oder ihn verlässt und ihn dazu noch schröpft, bis er mit dem Hals im Wasser steht.

    Sie ging in dieser schweren Zeit oft zu ihrem Pferd, sattelte es und ritt hinaus in den Wald oder ging einfach nur mit ihm spazieren. In dieser Zeit flossen die Tränen wie es schlimmer nicht mehr ging. Sie sprach entweder leise vor sich hin oder sie schimpfte und wütete, oder sie schluchzte und heulte, oder sie sprach mit sich selbst oder hielt Zwiegespräche, entweder mit ihrem Mann oder mit dieser Frau, der sie die Meinung sagte!

    Ihr Pferd war ihre beste Therapie, nein nicht nur Therapie, es war ihr bester Freund. Es war so geduldig und verständnisvoll, Tag für Tag, Stunde für Stunde. Und trotz Weinen war es für sie einfach nur schön, mit diesem herrlichen Tier allein zu sein. Anna beobachtete es, wie es mit den Ohren spielte, um nicht nur alle Geräusche im Wald aufzufangen, sondern um auch alles mitzubekommen, was seine Reiterin von ihm verlangte. Dieses Tier war einfühlsam, wie es mehr nicht sein konnte. Ja, und es wusste, dass es ihr schlecht ging. Sie liebte dieses Pferd! Außerdem war es für Anna einfach nur schön, es anzusehen und das half ihr hin und wieder, und wenn es nur für ein paar Minuten war, alles Geschehene zu vergessen. Das herrlich glänzende Fell hatte einen wunderbaren Braunton, und dazu hatte es eine lange schwarze Mähne. Der Kopf war schmal und lieblich und die Augen groß und klar. Ja, dieses Geschöpf war ihr Freund!

    Bald stand Weihnachten vor der Tür. Das war immer eine der schönsten Zeiten für sie. Früher, als die Kinder noch klein waren, hatte sie mit ihnen gebastelt, gesungen, dekoriert und gebacken. Was war das immer eine Vorfreunde. Später, als die Kinder größer wurden und keine so große Lust mehr dazu hatten, bastelte und backte Anna selbst. Das ganze Haus wurde von ihr dekoriert. Es war ein großes Haus mit 240 qm, und keine Ecke war vor ihr sicher. Die Weihnachtsdeko strahlte Wärme und Behaglichkeit aus, da musste man sich einfach wohlfühlen. Kerzen kamen auf den Tisch, und es roch nach Zimt und anderen Gewürzen.

    Doch dieses Jahr war es Anna nicht nach Weihnachten und Dekorieren. Und schon gar nicht nach Backen. Obwohl es doch schon länger her war mit der Beichte, konnte sie immer noch nicht richtig essen. In der Zeit hatte sie bereits fünf Kilo abgenommen. Allerdings, das musste sie es sich selbst eingestehen, es stand ihr gut! Mit ihren 45 Jahren war sie gutaussehend. Sie war an sich schon schlank und hatte ein junges Gesicht und glatte Haut. Sie war nicht allzu groß, eher klein, und fünf Kilo weniger merkte man da sofort. Ihre Haare waren halblang und mit dem neuen fransigen Schnitt fühlte sie sich jung und spritzig. Wobei, wenn sie zur Zeit in den Spiegel schaute, blickte sie kein spritziges Gesicht an.

    Die Weihnachtszeit verlangte ihr viel ab, aber nicht nur ihr, auch ihrem Mann. Es kamen die ganzen Weihnachtsessen auf sie zu, wo sie immer beide gemeinsam dabei waren.

    Einmal ging Anna mit zu einem Weihnachtsessen, genau in den Gasthof, in dem „die Andere" arbeitete. Anna hoffte so sehr, dass diese Person an dem Abend keinen Dienst hatte. So war es auch, aber das wusste Anna vorher nicht.

    Als sie die Tür zum Gasthof öffnete, ging ihr Blick ringsum, aber sie konnte ihre Nebenbuhlerin nirgends sehen. Sie setzte sich mit Peter zu der Gesellschaft an den Tisch und hoffte innigst, dass die Frau nicht doch noch kommen würde. Eigentlich war es für Anna schon sehr ungewöhnlich, dass sie nicht da war, denn diese Frau bediente doch immer und schon gar bei solchen Gelegenheiten.

    Anna konnte an diesem Abend nichts essen. Natürlich bekamen die Leute um sie herum mit, dass sie im Essen herumstocherte. Sie sagte, dass sie sich krank fühle und eigentlich zu Hause bleiben solle.

    »Vermutlich kommt eine Erkältung auf mich zu«, log sie. Was Besseres fiel ihr auf Anhieb nicht ein und sie hoffte, dass die Leute es ihr glaubten. Abwegig war diese Notlüge ja nicht, Erkältungen in der Winterzeit waren ja ganz normal.

    Anna überlegte die ganze Zeit über, warum eigentlich diese Bedienung nicht da war.

    Als sie und Peter an dem Abend wieder zu Hause waren, fragte sie ihn, warum dies sein konnte. Hatte er was damit zu tun?

    Und tatsächlich antwortete er ihr, dass er ihr Bescheid gegeben hatte, lieber nicht da zu sein.

    Er hatte also immer noch Verbindung zu dieser Person?! Anna war außer sich. Wie kann er sie einerseits um Verzeihung bitten und so tun, als ob wieder alles in Ordnung wäre und andererseits hatte er noch Verbindung zu ihr! In Annas Kopf ging es wieder zu wie in einer Achterbahn. Wie sollte sie je wieder Vertrauen aufbauen? Ihr Mann versuchte, sie zu trösten und wollte sie in den Arm nehmen.

    Mit verzweifelter Stimme sagte er zu ihr: »Ich hab doch keinen Kontakt mehr zu ihr. Anna, ich hab ihr doch nur Bescheid gegeben, dass sie nicht da sein soll, damit DU dich wohlfühlst.«

    Wohlfühlen – was sollte das denn heißen? Seit wann lag ihm daran, dass sie sich wohlfühlte?

    Anna hasste diese Frau! Wie konnte sich jemand nur in eine intakte Ehe einschleichen?! Andererseits, war diese Ehe überhaupt intakt, dass sich jemand einschleichen konnte? Ja, sie war intakt. Sie hatten alles, was man sich wünscht und nie Streit. Sie hatten auch regelmäßigen Sex, meistens einmal die Woche. Also, was suchte er dann „außerhalb"?

    Als Peter das Wohnzimmer kurz verlassen hatte, nahm Anna sein Handy. Sie hatte noch nie in sein Handy geschaut, das war für sie tabu, genauso wie kein Mann in die Handtasche einer Frau schaut. Aber in diesem Moment konnte sie einfach nicht anders. Sie suchte in den Kontakten, ob diese Frau noch darin war. Und tatsächlich! Anna löschte den Kontakt voller Hass. In dem Moment wünschte sie dieser Frau alles Schlechte auf der Welt.

    Anna ging auf keine Weihnachtsfeier mehr mit, weder in den Gasthof noch woanders hin.

    Die Zeit kam für den Christbaumkauf. Die letzten Jahre hatten sie diesen immer schon ein bis zwei Wochen vor Weihnachten aufgestellt und geschmückt. Aber dieses Jahr war es Anna nicht nach Christbaum. Sie wollte keinen. Was sollte dieses ganze „Glücklichtun und „ach wie schön ist es, eine Familie zu sein, wenn das Herz ganz anders aussah.

    Sie weigerte sich, mit beim Christbaumkauf dabei zu sein und sie weigerte sich, diesen zu schmücken. Sie ließ sich irgendwelche Ausreden einfallen, damit die Kinder nicht Lunte rochen. Oder hatten sie schon bereits etwas bemerkt? Anna konnte sie ja nicht einfach danach fragen, und selbst kam auch keines der Kinder auf sie zu. Also musste das ganze Theater doch gut gespielt sein.

    Die Weihnachtszeit ist ja normal schon sehr gefühlsbetont, aber für Anna war sie es noch mehr. Sie liebte ihren Mann nach wie vor, aber gerade in dieser Zeit musste sie ständig über alles nachdenken. Sie versuchte, sich einen Reim daraus zu machen, wie lange eigentlich diese Affäre angedauert haben musste. Peter gab sich hierzu sehr bedeckt und faselte was von ein paar Wochen. Aber nein, es muss wesentlich länger gedauert haben und Anna kam zu dem Ergebnis, dass dies mindestens ein halbes, wenn nicht eher ein dreiviertel Jahr gedauert hatte. Wie konnte er ihr das antun! In dem letzten dreiviertel Jahr war so viel passiert.

    Und

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