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Bòdy macht Ferien: Kriminalroman mit Geza Bòdy
Bòdy macht Ferien: Kriminalroman mit Geza Bòdy
Bòdy macht Ferien: Kriminalroman mit Geza Bòdy
eBook274 Seiten3 Stunden

Bòdy macht Ferien: Kriminalroman mit Geza Bòdy

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Über dieses E-Book

Auf einer Karibikinsel wird der urlaubende Bòdy beauftragt, einen Doppelgänger zu besorgen, mit dessen - ausgeliehenen -Papieren der in Deutschland steckbrieflich gesuchte Auftraggeber persönliche Dinge in Berlin regeln will: Er habe mit falschen Papieren eine reiche Amerikanerin geheiratet, ohne von seiner ersten Frau geschieden zu sein, was er nun diskret in Ordnung bringen wolle. Bòdy findet den idealen Ersatz-Mann, bringt ihn auf die Insel, wo er feudal, aber abgelegen eingemietet wird. Inzwischen fliegen Bòdy und sein Auftraggeber mit dem Paß des Schutzbefohlenen nach Berlin. Die Ehefrau des Abwesenden reagiert recht eigenartig. Die entstehenden Verwicklungen führen in ein Labyrinth von Täuschung, Lüge, Schuld - und großen Geschäften.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum29. Apr. 2020
ISBN9783347058026
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    Buchvorschau

    Bòdy macht Ferien - Thomas Til Radevagen

    Die 1. Reise: Berlin - Karibik, Saint Martin - Amsterdam Berlin

    1. Wow! Das ist besser als Sex! jauchzte Geza Bòdy. Er schrie, brüllte aus vollem Halse, so ausgelassen vor lauter Begeisterung war er. Mann, ist das geil! Er hing im Trapez, voll im Wind. Sein ganzes Körpergewicht wurde vom dreieckigen Segel getragen; er fühlte sich schwerelos. Das war 'planing'! - Mit den Füßen ließ sich das Brett kinderleicht aufkanten und wegschieben. Das Steuern ging fast von selbst, weil nur das Heck des Boards im Wasser auflag.

    Er war hinauf aufs Board und hatte einen sauberen Wasserstart hingelegt, der ihn selber überrascht hatte in seiner Rasanz. Und dann ab!

    Er hatte sich nicht mehr umgesehen, kaum bemerkt, wie er aus der Bucht hinaus war, Richtung Karibisches Meer. Nur zwei Katamarane fegten ebenfalls mit einem Affenspeed hier draußen herum. Es hätte ihm zu denken geben müssen. Plötzlich war er unter Wasser.

    Wassnlos?brabbelte er. Als Geza rasch wieder auftauchte, dümpelte das Brett ein Stück weiter weg vor sich hin, das Segel trieb daneben, es wurde von der Schot gehalten.

    War der Mastfuß, der Powerjoint, aus seiner Arretierung im Brett gerutscht? Er hatte die Sicherheitsleine belegt an seinem Fußknöchel und mit dem Board verbunden. Mit wenigen Kraulzügen war er am Surfbrett, konnte sich hinaufschieben. Mit der Aufholschot zog er das Rigg näher. Er besah sich die Ursache seines Abfluges: Der Powerjoint war gebrochen. Sein Board war manövrierunfähig!

    Bòdy blickte in Richtung der Insel. Saint Martin lag irgendwie schon ganz schön weit weg, hinter ihm. Donnerwetter, war das eine Tempofahrt gewesen! Wie viele Meilen, Seemeilen, mochten das sein? Oben ragte die höchste Bergspitze noch beruhigend nah aus dem Meer, aber unten sank die Insel ein Stück weit in der dünenden See, verschwamm die Horizontlinie.

    Wie lange war er unterwegs gewesen bis hierher? - Kaum eine knappe Stunde! 10.36 Uhr zeigte seine Casio Shock Proof am Handgelenk; AST, Atlantik Standard Time. Es war sein erster Urlaubstag in der Karibik.

    Bòdy saß auf dem Brett, die Knie angezogen, und analysierte seine Havarie. So entspannt hatte er im Trapez gehangen, bis der Powerjoint gebrochen war. Schlimmeres konnte einem Windsurfer nicht passieren!

    Rasch war er aufgetaucht, der Auftrieb des mit dem Trapezleibchens kombinierten Lifejackets hatte dafür gesorgt. Der Wasserhang, den er hinaufgetrieben war, schien ihm gewaltig. Wer hatte behauptet, Wasser könne nicht bergauf fließen? Was für eine unglaublich lange Dünung das war! Halblaut hatte er mit sich selber gesprochen, wie oft, wenn er allein war.

    Wie ist das möglich? Warum? Wie kann sowas passieren? Das ist 'n fabrikneues Bord! Die Entfernung zum Ufer besorgte ihn. Sie war verdammt groß!

    Der Wind würde erst ablandig wehen, dann spränge er um. Das waren die Angaben des Boardverleihers gewesen. Der musste es wissen, eigentlich! Doch der Wind hatte ihm nicht den Gefallen getan. Geza Bòdy war weit außerhalb - und trieb immer weiter weg vom Land! Und das beunruhigende war, nicht nach Süden, längs der Küstenlinie, sondern nach Norden, Richtung offener Atlantik!

    Er hatte sich den Schaden genau besehen: Der PJ, der Brett und Mast beweglich verband, war glatt durchgeknackt, unterhalb des Gelenks. Mist!

    Mit Bordmitteln war das nicht zu beheben! Er hatte sich aus der Hocke erhoben und gepeilt, Richtung Saint Martin. Eine grünbraune Linie unterhalb des Pic du Paradis hatte das Unterland der Insel markiert, der Strand war mal ein weißer Strich, mal nicht mehr zu sehen gewesen. Wenn er im Wellental war, sah er nur noch Wasser, Himmel und die Spitze vom Pic du Paradis. Au weia!

    Vor lauter Begeisterung über einen wahnsinnstollen Wind war er weiter hinaus gesegelt als gut war! In einem Revier, das wegen des stetigen Passatwindes in dieser Jahreszeit der Traum jedes Windsurfers sein sollte! -

    Vormittags gehst Du raus. Der Wind kommt morgens vom Berg. - Du brauchst nicht mal zu kreuzen. Mittags lässt er nach. Das käme vom Temperaturausgleich zwischen dem aufgeheizten Land und der See. - Eine Halse - und der Passat nimmt Dich mit. In anderthalb Stunden hast Du die halbe Insel längs abgeritten. Vorausgesetzt natürlich, Du hast genug Kraft! Fahr' runter bis an die Saline im Südosten, im holländischen Inselteil, wo Du ja herkommst. An der Pointe Blanche wirst du aufgepickt. Gegen eine kleine Gebühr bringen wir dich zurück, hierher an die Baie."

    Das waren die Worte vom Vermieter des Bretts gewesen.

    Geza Bòdy hatte die Barometeranzeige seiner Sport Uhr kontrolliert und seinen Augen nicht getraut: Der Luftdruck war total im Keller! Nach dieser Anzeige hätte er sich unter dem Meeresspiegel befinden müssen. Dabei hatte er am Abend davor, gleich nach seiner Ankunft auf Sint Maarten, die Anzeige genullt, auf Meereshöhe eingestellt. Die einzige Erklärung, die es gab, war: Das Teil war kaputt. - Oder über Nacht war ein Tiefdruckgebiet herangeeilt.

    Es wurde eins erwartet, aber erst in Tagen. Ein Sturmtief musste sich plötzlich gebildet haben, zwischen den Inseln und der mittelamerikanischen Küste.

    Jedenfalls, der Wind wehte verkehrt, sozusagen! Mit gebrochener Masthalterung war nicht zurückzukommen. Jemand musste ihn sehen und reinholen. Ein Boot, eine Yacht, eins der Kreuzfahrtschiffe, Fischer. Es gab genügend Verkehr auf dem Wasser. - Nur heute nicht! Komisch.

    Wenn er um den Red Rock, den nördlichsten Hügel oder 'Berg' herum wäre, würde er Anguilla sehen müssen. Hinter der 'Aalinsel' endete der Inselbogen der Kleinen Antillen im Norden. Mit Fährbooten von der Simsonbaai aus war sie in 20 Minuten zu erreichen. Erst hinter Anguilla begann der richtige offene Atlantik - kein Stück Land mehr bis Afrika…

    Sturmwarnung hat es keine gegeben! beruhigte sich Bòdy.

    Oder hast du sie nicht mitbekommen?

    Kein anderer Surfer, kein anderes Segelboot mehr hier draußen! Komisch! Mehr als das. Keiner war da, der seine Notlage mitbekommen hatte.

    Puh. Dumm.

    Wie zum Hohn war weit über ihm ein kleiner Jet geflogen, lautlos hatte er strahlendweiße Kondensstreifen über den Himmel gezogen.

    Dieser Himmel! Fast wolkenlos war er über ihm, aber abnorm hohe Wolkengebirge standen den ganzen Tag am Horizont, ohne je näher zu rücken. Er hielt Ausschau nach Schiffen. - Nichts! Diese Katamarane waren auch verschwunden. Machten die alle so früh Lunchpause in einer Bucht?

    Wie sah es mit Flugzeugen aus? - Der Flughafen, nach der Königin Juliana benannt, im unteren Teil der Halbinsel Terres Basses, wurde rege frequentiert, sogar zahlreiche internationale Destinationen von Europa, USA und Südamerika gab es. Dazu jede Menge kleinerer Linienverbindungen zu den nahen anderen Inseln der Karibik. Dazu flogen Charterund auch Privatmaschinen. Die er sah, waren alle schon oder noch zu hoch, als dass sie ihn hätten erkennen können. Sie suchten das Wasser nicht ab nach ihm.

    Er wartete. Nichts. Besah sich wieder die Bruchstelle am Board. Ob er irgendetwas provisorisch an der Schiene machen konnte, so, dass das Rigg benutzbar war, wenigstens leichten Winddruck aushielt? Er durchsuchte die Rückentasche seines Trapezleibchens. Was ein Glück, dass er überhaupt etwas dabeihatte, beim ersten Ansurfen hier!

    Du hast kein Werkzeug, außer dem Schweizermesser - Schraubendreher und Pfriem sind da dran. Ob die Hülse des Notsignals provisorisch einen Powerjoint abgibt? Wenn du sie zweckentfremdest, kannst du die Notrakete nicht mehr abschießen.- Wenn es dunkler wird. Jetzt sieht sie sowieso keiner. Es muss irgendwie anders gehen.

    Was hatte er überhaupt dabei? - Das Messer, zwei Reepschnüre. Zwei Angelhaken, mit Blinkern, und ein kleines Bleilot, ein Stück Angelschnur. Bananen, eine Limone, Kaugummi, Drops, Pappcontainer mit O-Saft, noch von der Flugverpflegung Berlin Tegel-Heathrow-Antigua. Wasserdicht verpackt etwas französisches Geld und Antillen-Gulden, die Schlüssel des Leihwagens. Sonnenschutz, Pflaster. Das war es. Das war viel.

    Na, wenigstens ausgerüstet wie ein Weltmeister. Wieder mal - typisch deutsch!

    Bòdy knüpfte aus einem Ende von einer der Reepschnüre eine Art Nest, drückte es in die Schiene. Er packte das Rigg, versuchte, den Powerjoint, seinen Stummel, unten zwischen die Knoten zu drücken. Er riss sich zwar einen Fingernagel dabei an, aber es schien zu halten. Behutsam ging er hoch und zog den Gabelbaum an sich. Es hielt - aber nur einen einzigen Augenblick. Als er das Segel ganz behutsam in den Wind drehte, löste sich unten das Nest sofort, der Wind drückte es einfach aus der Schiene.

    Er knallte mit dem Hintern aufs Board.

    Aua! Das gab blaue Flecken am Allerwertesten! Fast, dass er noch einmal ins Wasser gefallen wäre. Er befestigte wieder die Sicherungsleine am Fußgelenk, sie verband ihn sicher mit dem Board. Es sollte schon Leute gegeben haben, die nicht mehr zurück auf ihr Brett gekommen waren. Es hatte sie ganz geschwind abgetrieben…

    Dein sauer verdienter Urlaub fängt ja gut an!

    Bòdy war sauer. Inselhüpfend hatte er die Wochen verbringen wollen, die kostbarste Zeit des Jahres - von hier bis zu den französischen Antillen und zurück.

    "Solange dein Geld reicht. Vielleicht auch bis Florida. Vier, sechs, mehr Wochen, je nach Finanzlage, was es kostete. Zur Not mal bei einem Resort anfragen, ob sie nicht einen vielseitigen Trainer bräuchten, er könnte fast alles, was hier gefragt war…

    - Die einzelnen Inseln abgrasen: surfend, tauchend, faulenzend. Und keinen Gedanken an den Job verschwenden.

    Er hatte sich die Hacken nach günstigen Flügen abgelaufen. Wäre fast mit Lufthansa geflogen, bis sie ihm sagten, ihr Spartarif gelte letztmals am 31. Oktober. Da hatte er eben einen günstigen Flug bis Antigua ab London genommen, und den Super Caribbean Airpass einer Regionalgesellschaft, mit der man fast überall hinkam: sechs verbilligte Flugscheine. Das war der schöne Plan - gewesen!

    Den Rest des Tages studierte er abwechselnd Himmel, Wolken und Wind. Er berechnete die Strömung: ein Papierfitzelchen ins Wasser geworfen, die Strecke geschätzt, die Sekunden gestoppt. Wie schnell entfernte es sich? Geschwindigkeit und Richtung schmeckten ihm gar nicht. Er trieb ziemlich schnell - und immer weiter weg von der Insel! Paddeln, mit dem Schwert, gar schwimmend zurück? Gegen die Dünung? - Ein Witz …

    Bòdy barg das Segel, zog es vom Mast. Er zurrte Gabelbaum und Mast am Brett fest. Aus dem feuchten Segel zog er alle Spreizlatten bis auf eine, er legte sich das bunte Kunststoff-Gewebe um die Schultern. Er hatte nur T-Shirt und Badehose an. Bei dem Wetter hier hatte er auf den Neoprenanzug verzichtet, wie es alle auf der Insel taten, außer den Anfängern. Ein paar Juxbolde waren in Strandnähe sogar ganz ohne gesurft, hatte er am Vorabend beim schnellen Augenschein festgestellt. In der Baie Oriente war das erlaubt. Der Strand hier war offen für Nackte.

    Die Sonne wird dich verbrennen, bis du schlimmer aussiehst als ein Pavian am A…!

    Er streckte sich auf dem Board aus, suchte eine bequeme Position in Bauchlage. Stundenlang trieb er so. Regelmäßig alle fünfzehn Minuten spähte er stehend aus.

    Die höchste Spitze der Insel, der Pic du Paradis, versank allmählich tiefer im Wasser, so schien es ihm. Würde am Morgen auch sie weg sein, bis auf einen lächerlichen Pickel.

    Wo blieb die Nachbarinsel? Backbords hätte Anguilla auftauchen müssen. Er sah erst einmal nur Wasserberge. Sie rollten regelmäßig ab, hinauf und hinab, kleine Schaumkämme überschlugen sich. Anguilla wäre höchstens 30, 40 Meter hoch, hatte er gelesen, eine flache Kalkinsel, im Gegensatz zum gebirgigen Saint Martin/Sint Maarten. Er sah sie deutlich, wenn er auf dem Wellenkamm schwamm. Aber er schien beinahe schon vorbei!

    Das ist ja ein Mist, knurrte er.

    Du lebst, tröstete er sich. Der Magen knurrte. Das war nicht schlimm. Der Durst war schlimmer. Keine Panik!

    Ein Bild stand vor ihm: Jetzt so ein wunderbarer Longdrink aus der Werbung mit den schönen Menschen, die Spaß auf einer paradiesisch einsamen, unbewohnten Insel hatten! - An so 'ner Insel antreiben! unwillkürlich seufzte er. Leckte sich die trocken und spröde gewordenen Lippen. Mensch, du hast doch Saft und Obst dabei! In der Rückentasche. Nur zwei Mundvoll Saft schlürfte er durch den angeklebten Halm. Aß dazu eine kleine, würzige Banane. Göttlich! Sie schmeckten ganz anders als die in Europa, die künstlich mit Gas gereiften.

    Fast sanft ging die Dünung. Man hätte träumen können, die Situation vergessen! Zeitweise gelang es ihm. Zeitweise nicht:

    Konntest es wieder mal nicht abwarten! Hättest dich mal mit Leuten von hier ausführlicher unterhalten sollen - an der Baie. Surfern, die länger hier sind. Blöde Ungeduld. Er schimpfte auf sich. Der Durst kam wieder, größer als zuvor. Die Karte der Karibik: Was war das für ein Maßstab gewesen?

    - Eins zu vier Millionen. Karibik, von Florida bis Caracas. Von Saint Martin/Sint Maarten bis Venezuela flöge man eine Stunde. Mit dem Jet, mit einer kleinen Propellermaschine entsprechend länger, ungefähr 1200 Kilometer. Bis San Juan auf Puerto Rico müssten es rund 350 Kilometer sein, westlich, davor, viel näher lägen die Virgin Islands, britisch und amerikanisch, nur halb so weit, 170 Kilometer, ungefähr.

    In welche Richtung treibst du eigentlich? Östlich an Anguilla vorbei, nach Norden. Mist. Bloß keine Panik.

    Seine Ausgucke teilten die Stunden ein. Irgendwann hatte er den Rhythmus so im Gefühl, dass er automatisch, fast auf die Sekunde genau, aufstand - ohne auf die Uhr zu sehen.

    Dann hörte er es: Ein Motor! Er reckte sich weit.

    Als der Ton kräftiger wurde, wusste er, das war keine akustische Fata Morgana, keine Sinnestäuschung: Ein sonores Brummen kam näher. Aus Richtung Westen. Auf dem Gipfel eines Wellenberges sah er das Boot, vermutlich Hochseeangler. Die Flying Bridge oben war unbesetzt - der Skipper steuerte vom unteren Steuerstand innen. Es war schon vorbei!

    Bòdy fasste nach der Signalrakete, ließ sie wieder in die Tasche fallen. Zu spät.

    Armzeichen 'Brauche Hilfe!' könnten sie sowieso nicht sehen. Das Boot entfernte sich, das Geräusch ebbte ab. StiIle umgab ihn wieder. Dumm, dumm, dumm. Mann! Du bist echt ein Idiot!

    Dann brach die Nacht an, die Uhr zeigte erst kurz nach sechs. Es wurde ganz schnell dunkel, nach dem tropischen Farbfeuerwerk des Sonnenuntergangs. - Glühend, wie eine dicke Blutorange, stieg die Sonne im Zeitraffer herab und verschwand im Ozean, geräuschlos. Gespenstisch.

    Bòdys Abendessen bestand aus einem sauren Drops und einem halben Kaugummi. Da hatte er sich beim Frühstück schon auf das Dinner gefreut, bei einem Inder, den seine Pensionswirtin ihm empfohlen hatte!

    Das kommt davon.

    Er beherrschte sich, wurde wieder ruhig, blieb gefasst.

    Wenn der Hunger kommt, versuche, einen Fisch zu fangen. Wie es dieser Einhand-Segler - war er nicht aus Österreich, der verrückte Hund? - dir vor zehn Jahren auf Barbados verraten hat: Den Trick mit der Schleppangel! Haken und Lot hast du dir deswegen ja extra eingepackt, um es mal zu probieren.

    Hatte er damit das Schicksal provoziert? -

    Ob sie auch beißen, wenn du kaum Fahrt machst?

    Spätestens ab jetzt musste seine Wirtin ihn vermissen. Der Verleiher des Boards auch. Er hatte erst einmal nur für einen Tag gemietet. Sie suchten bestimmt nach ihm."

    Eine Nacht ohne Kälteschutz. Es war aber angenehm warm. Eine andere Sorge erfasste ihn: Wenn er einschliefe, würde er nachts vom Brett rutschen!

    Irgendwann schläfst du ein. Wegen des Jetlags!

    In Deutschland war es schon bald Mitternacht. Er schob seine Unterschenkel durch die Gummi-Fußschlaufen, soweit es ging. Er bastelte wieder: Aus den Reepschnüre knüpfte er sich diesmal eine Art Hosenträger. Sie zog er unter dem Board durch. Der Körper war so ans Brett fixiert. Das Segel rollte er ein und schob es unter den Oberkörper.

    Hoffentlich kreuzt dich jetzt nachts kein Schiff, schon gar kein großes! Die pflügen dich unter - und kein Schwein oben an Bord merkt überhaupt was.

    Eine Fackel, wasserfeste Zündhölzer hätte er gebraucht. Nur die eine Leuchtrakete, das war gar nichts.

    Wenn ein Wal dich rammt? Da hilft auch keine Fackel…

    Bòdy döste vor sich hin, mehrmals schreckte er auf, als es laut klatschte in der Nähe - fliegende Fische wahrscheinlich, dem penetranten Geruch nach. Einmal prustete etwas. - Delphine?

    In der Ferne blinkte ab und zu ein Leuchtfeuer. Was war das?

    - Beruhigend. Irgendwo in der Nähe war noch Land!

    Die Nacht ging schneller vorüber, als er befürchtet hatte. Sonnenaufgang: eine silbern goldene Scheibe hob sich mühelos und elegant aus dem Ozean backbord voraus - Bòdy war munter. Er biss auf seiner zweiten Kaugummihälfte herum und benetzte sich das Gesicht. Widerwillig spülte er den Mund mit bittersalzigem Meerwasser, Brrrh.

    8.30 Uhr, Atlantic Standard Time. Der Luftdruck war gestiegen. Die Wolken vom Horizont waren verschwunden.

    Ob sich das Tief aufgelöst hat? Die Dünung hat auch nachgelassen. Diesmal hörte er das Boot spät. Fast gleichzeitig sah er es. Es kam von achtern, direkt auf ihn zu. Es musste ihn kreuzen!

    Ob sie dich sehen?!

    Die hochseetüchtige weiße Motoryacht hielt weiter Kurs auf ihn.

    Die haben dich gesehen! Heda!

    Zwei schwarze Punkte waren im oberen Steuerstand erkennbar. Ein dritter an der Reling. Die Yacht verlangsamte ihren Speed, fuhr eine elegante Kehre und näherte sich von achtern, die Fahrt auslaufen lassend, um die Bugwelle zu verringern, damit er nicht kenterte.

    …You need help? quäkte es aus einem Bordlautsprecher. Bòdy winkte zustimmend. Er stimmte einen leisen Gesang an. Einen Lautsalat, wie morgens bei sich zu Hause im Bad. Freude auf den neuen Tag.

    Die schnittige Yacht nahm noch mehr Fahrt weg, kam ganz dicht längsseits. Ein kräftiger Arm warf ihm einen Tampen entgegen, Bòdy griff zu und hielt fest, er zog sich dicht bei an die hohe Bordwand. Eine Aluminiumtrittleiter reichte bis zur Wasserlinie. Er wurde heraufgezogen. Der Helfer zog das Board nach, das Bòdy immer noch mit der Fangleine mit sich verbunden hatte. Es wurde hochkant an der Reling vertäut. Das Boot nahm wieder Fahrt auf, die Motoren brummten sonor auf.

    Thank You, sagte er zu dem sonnengebräunten Mann in seinem Alter.

    De nada, gab der zurück und grinste.

    Geza Bòdy befand sich an Bord einer luxuriösen großen Hochseeyacht. Sie hatte auch das typische Hochseeangel-Gestühl am Heck.

    Thank You, Sir! sagte er krächzend zu dem zweiten Mann, offenbar der Skipper. Mehr bekam er nicht heraus aus der trockenen Kehle.

    Welcome on board.

    Ein großgewachsener Mann, Ende vierzig, unverschämt tiefgebräunt, sportlichelegant in Weiß, grüßte vom Steuerstand. Er konnte Amerikaner, Brite oder Holländer sein, die Aussprache verriet es nicht, Franzose weniger. Der Jüngere reichte, ohne dass Bòdy darum gebeten hatte, ein großes Glas mit Flüssigkeit. Sodawasser. Bòdy trank in einem Zuge aus und bat um mehr.

    Vorsichtig massierte er sich den Rücken.

    My goodness. Wo kommen Sie denn her? Bòdy bezog es einen Moment auf seine Herkunft, sagte: Germany. Äh, Sint Maarten - Saint Martin.

    Dann können wir ja deutsch miteinander reden! sagte sein Retter akzentfrei. Er bot ihm einen Sitz an.

    Die Yacht nahm Kurs Sint Maarten.

    Das Boot war eine luxuriöse Yacht - 20 Meter, zweimal 520 PS, sechs Doppelkabinen mit drei Bädern, Salon, volleingerichteter Pantry, Radar, Bordcomputer, automatischem Wetterkartenplotter mit Satellitenempfang, UKW-Funktelefon, Badeinsel, Sonnendeck, Beiboot, Hochseeangeleinrichtung, wie der Skipper später stolz aufzählte. Bòdy sagte So zwei Millionen.

    Mal zwei, hatte der Skipper korrigiert, nachdem er ihn hatte schätzen lassen. Dollar, nicht D-Mark."

    Sie hätten vor etwa zweieinhalb Stunden in Road Harbour auf Tortola abgelegt, dem Hauptort der British Virgin Islands, etwa 100 Meilen westlich Sint Maarten. Dass sie Bodys Seenotkurs kreuzten, um diese Zeit, sei purer Zufall gewesen, Glück für ihn, da sie einen weiten Bogen geschlagen hätten. Das Leuchtfeuer war das von Sombrero gewesen.

    Wir haben uns noch nicht bekannt gemacht: Kurt Van Gennup. Hier nennen mich alle Ken. - das ist Mr. Crane aus Florida, ein Freund. Mein Bootsmann, Jorge Menzi. stellte er vor.

    Geza Bòdy. Danke, dass Sie mir geholfen haben. Ich bin havariert, mit dem Surfboard. Gestern schon. Der Powerjoint war gebrochen. Ich war zu weit ab, um mit eigner Kraft zurückzukommen. No chance! Zu weit draußen. Diese elende Dünung trieb mich immer weiter ab.

    Haben Sie keinen Wetterbericht gehört? Wir sind extra eine Nacht länger in Tortola geblieben, wegen des Sturms! - Woher kommen Sie denn in Deutschland? wollte der Gastgeber wissen. Berlin.

    Die trockene Kehle ließ ihn rau sprechen. Sein Retter winkte dem jüngeren Helfer von der Reling. Der

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