Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Und ewig küsst mich Dornröschen wach
Und ewig küsst mich Dornröschen wach
Und ewig küsst mich Dornröschen wach
eBook240 Seiten3 Stunden

Und ewig küsst mich Dornröschen wach

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Was würden wir am liebsten anzünden, an die Wand werfen und anschließend drauftreten?
Richtig! Unseren Wecker. Ihn, der einfach nicht aufgibt. Der klingelt. Und klingelt. Und klingelt. Jeden verdammten Tag.

Wiederholungen? Gibt's nicht nur im Fernsehen! Auch im realen, oft so aberwitzigen Leben finden wir sie. Immer wieder. Skurrile Alltagsmomente, in denen unfassbar schlechte, unfreiwillig komische Darsteller ihren großen Auftritt erleben. Meine absolute Lieblingsdarstellerin in diesem schrägen Laienensemble: das liebliche Dornröschen, das mich jeden Morgen (am Wochenende besonders sanft) wachküsst.
Übrigens: Ihr allein hat mein Wecker sein Leben zu verdanken.

Und jetzt? Bühne frei für alle Darsteller!
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum29. Apr. 2020
ISBN9783347064119
Und ewig küsst mich Dornröschen wach

Ähnlich wie Und ewig küsst mich Dornröschen wach

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Und ewig küsst mich Dornröschen wach

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Und ewig küsst mich Dornröschen wach - Wolfgang Paul

    Kapitel 1 – Aller Anfang ist schwer

    Ich habe es gewusst. Selbsterfüllende Prophezeiung oder soll ich einfach weniger poetisch sagen: so ne‘ Kacke. Der Wecker klingelt schon wieder. Das muss nun zum vierzehntausendsechshundertsten Mal sein. Und bevor jetzt jemand tatsächlich den Taschenrechner hervorkramt: Es sind genau vierzig Jahre.

    Als wenn es mit jeder Wiederholung besser werden würde, das morgendliche Aufstehen. Man könnte glatt schreien vor Glückseligkeit. Nee. Eigentlich hasse ich diesen Wecker. Dieses ekelhafte digitale Ding. Ich hasse meinen Wecker dafür, dass er die Frechheit besitzt, sich nicht mal (digital wie er ist, mit all seinem Funktionsschnickschnack, das der Verkäufer mir so angepriesen hat) an meine Schlafbedürfnisse anzupassen. Nein, das teure Ding besitzt null Komma null Feingefühl. Nichts von dem, was moderne Technik heutzutage können sollte, Empathie übernehmen oder ähnliches. Meinem Wecker ist davon rein gar nichts in seine digitale Feinfühligkeitsplatine einprogrammiert worden.

    Er ist einfach ein ganz unsensibles Ding. Tatsächlich überlege ich gerade, ihn einfach mal nicht mit neuer Energie aus dem Stromnetz zu betanken. Strafe muss sein. Basta!

    Und während ich noch auf der Bettkante sitze und meine Socken suche, muss ich feststellen, dass die verstreut im dunklen Raum liegen. Alles deutet auf den missglückten Versuch hin, sie vor dem Zubettgehen ordentlich hinlegen zu wollen. Ich erinnere mich, übel auf dem Boden weggerutscht zu sein, die Socken in alle Richtungen fliegend …

    Genau, so war es! Ich rutschte vor dem Bett aus und schlug mit dem Kopf auf den Boden, wurde kurz ohnmächtig und bin irgendwann auf dem eisigen Boden und vor Kälte zitternd zu mir gekommen – und daraufhin wohl halbbenommen ins Bett geklettert. Ich ziehe mir nun die Socken, endlich aus den verschiedenen Ecken des Zimmers zusammengeklaubt, gemächlich an. Einer lag hinter dem Wäscheständer, der andere unter dem Bett. Mein Blick fällt eher rein zufällig auf das Thermometer vor dem Fenster: 21° Celsius. Frühling.

    Verdammt, vielleicht muss ich mir einfach nur mal merken, wohin ich meinem Kram lege. Dann kann ich mir die eigens so fein konstruierten abenteuerlichen Ausreden sparen. Und wie immer geht es als nächstes ins Bad. Zum üblichen Hygieneprogramm.

    Allein das Wort macht einem schon Angst, denn es lässt jeden unbescholtenen Menschen wissen, dass nun ein größeres Pflegeprogramm folgt. Duschen? Check. Achselspray? Check. Ankleiden? Mist! Hose falschherum angezogen. Wieder ausziehen, umdrehen, neu anziehen. Check! Hemd anziehen … geht nicht. Es muss wohl eingelaufen sein, denn es passt auf einmal nicht mehr. Na, das wollen wir doch mal sehen.

    Nach gut 7 Minuten und 35 Sekunden hat nicht nur das Hemd nachgegeben, sondern auch diverse Knöpfe. Egal, man trägt heute leger, denke ich. Check.

    Zähne putzen, bis die Zahnbürste vibriert, um mir zu sagen, dass ich die Zeit eingehalten habe. Vielleicht könnte die meinem Wecker mal was beibringen. Und überhaupt, wenn sich hier schon so viele elektrische Geräte befinden, warum können die sich nicht mal zur Schwarmintelligenz zusammentun? Okay, weitermachen. Rasieren. Äh, der Rasierer ist leer. Akku auf null Prozent? Hatte ich den etwa auch schon für irgendein Vergehen bestraft und vom Strom getrennt? Gut, dann Akkurasierer laden, Nassrasierer raus. Analoges Rasieren geht schließlich auch.

    Kaum angefangen mich mit der Klinge zu rasieren, sehe ich schon verdächtiges Rot unter dem weißen Schaum hervorblitzen. Es zeichnet sich in solch einem schönen Kontrast ab, dass man fast poetisch werden könnte. Es sei denn (und das ist die einzige Ausnahme), einem wird bei solchem Blutverlust schummrig vor Augen. In diesem Fall kann man die Farbenvielfalt leider überhaupt nicht mehr genießen.

    Wenn ich jetzt ohnmächtig nach hinten auf die gekachelte Auslage falle, so denke ich noch gerade, habe ich wenigstens schon mal die Socken an. Aber es geht alles gut. Ich kann die Blutung stoppen.

    Auch wenn sich kurzzeitig die Notrufnummer 112 glasklar auf meine Pupille gebrannt hatte, ich hätte sie bei dem Verlust meines Lebenssaftes wahrscheinlich nicht mehr wählen können. Ich stelle nun zudem erleichtert fest, dass kein Nähzeug für die große Wunde genommen werden musste. Jetzt wollte ich es erstmal, risikofreudig wie ich bin, mit einem simplen Pflaster versuchen. Denn nach einer „Näh-Nummer auf Rambo-Art" war mir heute Morgen nun wirklich nicht. Ich hatte ja noch nicht mal gefrühstückt.

    Da ich das Licht im Bad schon vorher eingeschaltet hatte, sah ich nun noch ein weiteres und überhaupt nicht einkalkuliertes Pflegeprogramm auf mich zukommen.

    Als ich den Vergrößerungsspiegel meiner Schminkmeisterin in die Hand nehme, erschrecke ich erneut. Was wuchs denn da aus meiner Nase heraus? Das sah ja schlimmer aus als die Augenbrauen von Theo Weigel, den man in Fachkreisen „die Augenbraue" nannte. Der Nasentrimmer, so stellte ich erleichtert fest, war geladen und nahm seine Aufgabe kreischend laut wahr, nachdem ich erstmal mit der Nagelschere die wallende Pracht zurechtgestutzt hatte. Kurz hatte ich noch überlegt, ob die Menge an Haaren für eine Echthaarspende ausreichen würde und wohin ich sie zu schicken hätte, aber die Zeit drängte nun derart, dass ich diesen Geschäftsgedanken dann doch wieder verwarf. Das Hygieneprogramm musste endlich zum Abschluss gebracht werden. Bis ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Problem urplötzlich auftauchte.

    Auch wenn die Ohren seitlich etwas versteckt am Körper anliegen, war deutlich zu sehen, dass irgendwas aus ihnen heraushing. Schnell die Brille angezogen, erkannte ich erschrocken, dass selbst aus den Ohren nun dicke, unansehnliche Haarbüschel ragten.

    Diese beträchtliche Menge an Haaren, die nun an all diesen Stellen so überdeutlich wuchsen – wo sie weder erwünscht, noch in irgendeiner Weise sinnvoll waren – stellten wohl die Summe jener Haare dar, die mir mittlerweile auf dem Kopf fehlten.

    Als ich jetzt auf den Wecker sah, stellte ich schockiert fest, dass ich es vielleicht gerade noch zur Frühstückspause auf die Arbeit schaffte, würde ich mich jetzt wirklich beeilen.

    Wenn das so weiterging mit diesem Hygieneprogramm und noch weitere, unerwartete Auswüchse dazukämen, benötigte ich wohl über kurz oder lang eine Haarentfernungshilfe. Die müsste dann extra eingestellt werden.

    Kapitel 2 – Immer wieder montags

    Nach einer erschöpfenden Enthaarung, die mich wohl bestimmt gut über 400 kcal gekostet hatte, überlegte ich schon, ob ich heute Nachmittag überhaupt noch ins Sportstudio fahren sollte. Ich wollte mir noch etwas Zeit lassen mit meiner Entscheidung. Wichtiger war es, jetzt erst einmal zur Arbeit zu fahren. Schon, als ich in die Garage ging, beschlich mich ein unangenehmes Gefühl. Eine seltsame Vorahnung. Man muss an dieser Stelle erwähnen, dass ich ein elektrophiler Mensch bin, eine regelrecht von der Elektrik infizierte Person. Wie sich das äußert? Also erst einmal bin ich der Besitzer eines noch recht neuen Hauses, ausgestattet mit der maximalen Größe an Photovoltaikplatten, die auf das Dach in Südausrichtung noch gerade so gepasst haben. Südausrichtung für die maximale Ausbeute an Sonnenenergie, versteht sich von selbst. Nebst einer Speicherbatterie, die nicht nur immens viel Geld gekostet hat, sondern unseren Eigenverbrauch sogar noch deutlich steigern soll.

    So zumindest das Konzept. Aber, wenn man schon einmal so „grün" ausgestattet ist, ohne weitere fossile Versorgungsanschlüsse, also keine Gastherme und ohne Gasanschluss, was lag da näher, als sich auch noch ein Elektroauto zuzulegen?

    Wenn also Sonnenlicht auf die Platten trifft, dann lässt sich doch mit eigens produzierter Energie auch ein E-Mobil völlig gratis betanken. Der Nachteil der Sache? Seitdem sind die Tankstellenbesitzer nicht mehr ganz so gut auf mich zu sprechen. Vielleicht sollte ich das Fenster schließen, wenn ich laut lachend an ihnen vorbeifahre.

    Sofern also Sonne genügend vorhanden ist und diese auch geneigt ist, sich zu zeigen, funktioniert das Konzept hervorragend. Meine angeheiratete Energiemeisterin wäscht natürlich nur noch, wenn auch genügend Hausstrom vorhanden ist. Ebenso verhält es sich mit dem Wäschetrocknen oder dem Betreiben der Spülmaschine oder anderer elektronischer Verbraucher. Nur beim Kochen macht sie ab und zu Ausnahmen.

    Also habe ich mir noch schnell vor ein paar Wochen einen Elektrowagen zugelegt. Große Autos wurden von meiner Buchhalterin, meiner Frau, die nebenbei ja auch meine persönliche Energieberaterin ist, kategorisch abgelehnt.

    So blieb es einzig und allein bei einem kleinen vollelektrischen Smart EQ. Natürlich hatte ich mir vorher einige Referenzwagen angesehen und geriet förmlich ins Schwärmen, als ich den neuen Tesla Model 3 sah. Wie viele Videos und Kataloge hatte ich mir angesehen? Einfach toll dieser Wagen. Erst recht die Probefahrt. Als ich den Wagen beschleunigte, presste es mich und meine Energiemeisterin förmlich in die vorgewärmten Sitze. Aber eiin Blick von der strengen Geldverwalterin und ich schob den Tesla erst einmal auf meine virtuelle Wunschliste, wohl wissend, ihn mir eh niemals leisten zu können. Es sei denn, die Lottofee wählte mich aus. So aber musste es erstmal bei einem Smart bleiben. Der hatte zwar keine allzu große Reichweite, dafür aber auch keinen allzu hohen Verbrauch. Und als sogenanntes „City Car", so musste ich zugeben, passte es genau zu meinem Fahrradius.

    Ja, ich hörte schon Ole, einen meiner besten Freunde, stöhnen. Ich sehe ihn vor mir, wie er die Augen verdreht und sein Mund verräterisch anfängt zu zucken, bevor er nicht nur in Tränen ausbricht, sondern in schallendes, ohrenbetäubendes Lachen.

    „E-Smart? Ja, nee. Is klar. Auto. Hahaha. Auto! Das ist … (Tränen laufen ihm über das Gesicht) … das ist alles, aber doch kein Auto. Eher ein Elefantenrollschuh.

    Meine Versuche, ihm klarzumachen, dass es sich um einen absolut hochwertigen Elefantenrollschuh, äh… um ein hochwertiges elektrisches Kleinstauto handelt, gingen leider im tränenreichen Gelächter erneut unter, das gleichzeitig wohl beide Hörkanäle verschloss. Einen weiteren Anlauf, ihm die Vorzüge des Wagens zu erklären, unterließ ich, da es keinen Sinn mehr hatte. Ole rollte sich mittlerweile lachend auf dem Boden herum und ich hatte Angst um unsere teuren italienischen, druckimprägnierten Fliesen. Ob die Oles Tränenmeer aushielten?

    Er selbst fährt einen amerikanischen „Hummer." Der verbraucht ja nur absolut schlanke 35 Liter. Auf 50 Kilometern! Und über meinen Wagen lacht der sich kaputt?

    Gut, ich rege mich wieder ab. Er fährt in Wirklichkeit einen Toyota. Ein Hybridfahrzeug. Und der Wagen liegt laut eigener Angaben unter 4 Liter Super. Ich komme nicht umhin zuzugeben, dass das wirklich nicht schlecht ist. Ich sah, dass er sich langsam wieder beruhigt hatte, denn die beängstigend rote Gesichtsfarbe nahm ganz langsam ab. Ich konnte also den Daumen von der Notrufnummer wieder lösen.

    Nun setzte ich erneut – in gelerntem Expertenton – an, um ihm vielleicht dann doch noch den ein oder anderen Vorteil meines E-Autos schmackhaft zu machen. Sofort ging es wieder los, was eine weitere Lachsalve, eine von vielen, die mir so jäh entgegenschlugen (wie auch sein Knoblauch geschwängerter Atem) und die mir schmerzhaft klarmachten, dass ich mit meiner Elektroleidenschaft wohl ziemlich alleine auf weiter Flur stand.

    Leider hat er sich bis heute vor Lachen nicht wieder vollständig eingekriegt, der liebe Ole. Seitdem mein zweitbester Freund übrigens. Rangordnung muss, neben meiner Leidenschaft für meine Hobbys, sein. Basta! So stand ich nun vor meinem Elefantenrollschuh, äh, vor meinem kleinen Elektroflitzer. Ich umarmte ihn leidenschaftlich, denn es sah ganz so aus, als ob er zutiefst beleidigt wäre über Oles Worte. So ein Elektroauto ist eben ein sensibles Gefährt.

    Als ich sah, dass der Stromladestecker auf dem Boden lag, bekam ich irgendwie einen kleinen Anfall und fühlte mich dabei wie der Terminator auf Speed. Ich zählte gekonnt von zehn rückwärts auf null, wie ich es in irgendeiner der psychologischen Fachzeitschriften gelesen hatte. Es soll dabei helfen, sehr schnell zu entspannen. Und es half tatsächlich.

    Zwar nicht gegen meinen kleinen unkontrollierten Wutanfall – aber immerhin konnte ich mich in der Zeit mit der neuen Situation ausreichend vertraut machen, die nun vorherrschte. Kein Ladestecker in der Steckdose bedeutete kein Strom in der Batterie. Kein Strom in der Batterie hieß nicht genügend Reichweite, um zur Firma fahren zu können.

    Ein genauer Blick auf den Batteriestand gab mir ein wenig von der verlorenen Hoffnung zurück. Ich sah doch noch eine Möglichkeit, dass ich es geradeso hin und auch zurück schaffen könnte. Dass der Ladestecker nicht mehr in der Steckdose steckte, musste nicht groß über Scotland Yard oder Interpol recherchiert werden. Wer die Schuld dafür trug, war auch kein mysteriöser Fall: Die Lösung war offensichtlich. Es war schlicht und einfach meine „Lademeisterin". Denn nur, wenn die Sonne sich mehr als deutlich am Himmel zeigte, erlaubte sie das Laden aller Geräte. Auch mein Auto musste wohl Opfer ihrer Ladestrategie geworden sein. Wenn also keine Sonne da war, zog sie unbarmherzig alles an energiehungrigen Quellen aus den Steckdosen heraus, was irgendwie auch nur annähernd Strom verbrauchen könnte.

    Eine neue Welle von Schauder überkam mich. Hatten sie nicht für heute Regen angesagt? Ohne Sonne kein Strom. Keine Energie heißt auch: Keinen Ofen betreiben, der ein leckeres Abendessen zusammenbrutzeln könnte. Na, toll. Sie würde vermutlich auch alle Lampen ausschalten, wenn nicht sogar ganz herausdrehen. Während ich über all das nachdachte, ergriff eine unsichtbare Hand meine Kehle und drückte erbarmungslos zu. Das Schlucken viel mir plötzlich schwerer. Hieß das etwa auch, dass ich heute Abend weder den Fernseher noch den Computer benutzen konnte? Nachdem sich schon ein deutlich sichtbarer Film von frischem Schweiß auf meiner Stirn gebildet hatte, fiel mir glücklicherweise ein, dass mein Computer wohl aufgeladen sein müsste. Also, auch wenn ich im Dunkeln sitzen würde, könnte ich zumindest noch einige wichtige Dinge am Computer erledigen. Zum Beispiel meinen Facebook Account checken oder ein Spiel weiterspielen, an dem ich schon so lange festhing. E-Mails lesen. Wie gesagt: die wichtigen Dinge.

    Das Ganze zwar im kalten Zimmer bei eisigen Temperaturen (so um die 20°C), aber was soll‘s.

    Sichtlich erleichtert atmete ich auf, stieg nun schon etwas frohgelaunter ein und startete den Wagen.

    Der Motor war wie immer nicht zu hören, was für ein E-Auto ja nicht untypisch ist. Denn egal, was man am elektrisch betriebenen Gefährt einschaltet, ist nichts zu hören außer dem Abrollgeräusch der Reifen auf dem Asphalt. Gerade, als ich eilig losfahren will, hält mich mein Nachbar Frank an. Ein Hüne von einem Menschen. Bei ihm würde man sich gut vorstellen können, dass selbst seine eigenen Kinder Angst vor ihm haben. Dabei scheint er im Grunde genommen sogar sanftmütig, so hoffte ich zu mindestens. Richtig einzuschätzen vermochte ich diesen Kerl aber bis dato nicht. Und so versuchte ich stets, ihm lieber aus dem Weg zu gehen. Denn: Wenn ich eines nicht mochte, dann waren es seine endgelagerten Witze. Aber ich ahnte, dass mir an diesem Morgen kein Schrecken erspart bleiben würde, dachte ich noch, als er auch schon auf mich zukam, um einen seiner typischen arktisch gefrorenen Scherze zu reißen. Auf alle erdenklichen Arten hatte ich schon versucht, unbemerkt an ihm vorbeizukommen, ohne in ein Gespräch verwickelt zu werden. Nichts davon hatte funktioniert. Ob Tarnanzug oder sonstige Verkleidung. Auf dem Boden schleichend, sodass er mich nicht durch irgendein Fenster erspähen konnte. Sogar schon unter dem Haus entlang, über einen nahegelegenen Kanal, habe ich es versucht, ihm zu entwischen. Alles zwecklos.

    Irgendwann werde ich es schaffen. Da bin ich mir sicher.

    Der Kanal, von dem ich sprach, war übrigens leider dermaßen von Exkrementen verstopft, dass ich zu Umkehr gezwungen wurde. Drei ganze Tage benötigte ich danach, um den Gestank aus der Kleidung wieder herauszubekommen. Noch dazu wurde ich genau für diese Zeit in den Garten verbannt und schlief in einem Zelt, dass wir uns vor vielen Jahren angeschafft hatten. „Zum Auslüften", wie meine Hausherrin sagte. Alles habe ich versucht, um den Gestank loszuwerden, aber nichts hat geholfen. An Frank vorbeizukommen schien wirklich unmöglich. Eine Vermutung dazu hatte ich allerdings: Er musste seismische Detektoren rund um das Haus in den Boden verbaut haben.

    Bei der geringsten Erschütterung, die schon von einer Fliege ausgelöst werden könnte, stand er sofort auf der Straße und fing dann, wen auch immer, sofort ab, um ihm oder ihr den neuesten seiner Witze zu erzählen. Der eigentlich weder neu noch witzig war.

    Naaaaaaa, Paul, brüllt er mir wie immer energiegeladen und dermaßen laut durch die Scheibe meines Autos entgegen, als wäre sie nicht vorhanden. Erst als ich genau hinsehe, entdecke ich: Sie war tatsächlich heruntergefahren. Na egal, jetzt war es sowieso zu spät. Verdammt, wie soll ich es noch pünktlich ins Büro schaffen?

    Naaaaaa, Paul. Raùl Paul, wiederholt er und macht sich aus meinem Namen einen selbstgebauten Witz, der mir aber so lächerlich erscheint, dass ich leider nur mitleidsvoll grinsen kann. Denn er kennt meinen Vornamen nur zu gut. Aaaahhh, der Frank! Mein Bester, entgegne ich in meiner eloquenten Art, die heute Morgen jedoch weniger überzeugend erscheinen musste. Hast du wieder einen neuen Schwank zu erzählen? Mist, dachte ich, biss mir schon auf die Zunge, weil ich nun wusste, dass ich ihn auch noch dazu ermutigt hatte, mir seine endzeitgelagerten Witze zu erzählen. Und prompt setzte er an. Er ließ mich wissen, dass er den Witz auch schon seiner Frau Babsi erzählt hatte. Die Arme hatte aber auch was mitzumachen, mit ihrem Mann, dachte ich. Ich

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1