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Dein Weg zum krisenfesten Unternehmen: Tipps aus der Praxis für die Praxis von mittelständischen Unternehmen
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eBook331 Seiten3 Stunden

Dein Weg zum krisenfesten Unternehmen: Tipps aus der Praxis für die Praxis von mittelständischen Unternehmen

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Über dieses E-Book

In ruhigen Fahrwassern bewegen sich auch kleine und mittlere Unternehmen am besten. Was aber, wenn die See rau wird und hohe Wellen schlägt? Wenn unvorhersehbare Ereignisse eintreten und eine gut durchdachte Strategie auf den Kopf stellen? Sind Krisen absehbar und kann man sich überhaupt auf sie vorbereiten?

Alle reden davon, dass eine Rückkehr in die alten Verhältnisse eine verpasste Chance sei. Aber was heißt das konkret? Wie müssen Unternehmen auf Innovationen reagieren? Hilft uns die Digitalisierung wirklich? Wie entwickelt sich die Arbeitswelt in einer Krise und wo bekomme ich neue Mitarbeiter her?

Die Antworten darauf geben die drei Autoren dieses Buches. Unterstützt werden sie dabei von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis, die mit ihren Gastbeiträgen viele zusätzliche Inspirationen und Ideen für den krisenfesten Unternehmensalltag geben.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum8. März 2022
ISBN9783347576322
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    Buchvorschau

    Dein Weg zum krisenfesten Unternehmen - Eckhardt Hamann

    1 Das Unternehmen in seinen Wechselbeziehungen

    1.1 Begriffliche Abgrenzungen

    Krisen treten in allen Bereichen des gesellschaftlichen, unternehmerischen und privaten Lebens auf. In unserem Buch beschränken wir uns auf Krisensituationen in KMU und damit Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten und maximal 50 Mio. € Umsatz.¹

    Tagtäglich sind Unternehmen von unvorhersehbaren Ereignissen betroffen, die die Betriebsabläufe stören und schlimmstenfalls die Existenz bedrohen. Wir können nicht alle Krisen behandeln und grenzen uns bei unseren Betrachtungen hinsichtlich ihrer Ursachen ab: Vom Grundsatz her lassen sich endogene und exogene Krisenursachen unterscheiden. Während endogene Krisen ihre Ursache im Unternehmen haben, lassen sich exogene Krisen außerhalb der Werktore, das heißt betrieblicher Prozesse im engeren Sinne finden. Zu den unvorhersehbaren Ereignissen innerhalb des Unternehmens gehören z. B. ein Großfeuer in der Produktionshalle, ein Wasserschaden im Lager oder ein länger anhaltender Stromausfall (sogenannter Blackout). Neben diesen Elementarschäden gibt es auch betriebswirtschaftlich induzierte Schäden, z. B. plötzlicher Wegfall des Umsatzes mit dem größten Kunden aufgrund dessen Insolvenz oder Unterbrechungen von Lieferketten durch Versorgungsprobleme der Vorlieferanten. So kann das operative Geschäft schnell nachhaltig leiden. Die Ursache ist dann auch eher in einem offensichtlich unzureichenden Controlling zu sehen, dessen originäre Aufgabe es ist, auf solche Risiken hinzuweisen und Alternativen zu generieren. Exogene Krisenursachen können von Unternehmen in der Regel nicht beeinflusst werden, da sie von außen einwirken. Politische oder volkswirtschaftliche Ursachen (z. B. eine plötzliche Wirtschaftskrise aufgrund einer Immobilienblase oder ad hoc fallende allgemeine Aktienkurse bzw. pandemische Ursachen) gehören dazu.²

    Fokus auf exogene betriebswirtschaftlich induzierte Schäden

    Es geht uns bei unseren Betrachtungen weniger um operatives Handeln als vielmehr um zielorientiertes Entscheiden. Die Krisenthematik wird in mehreren Normen definiert, auf deren Inhalte wir immer wieder Bezug nehmen werden: Das betriebliche Kontinuitätsmanagement (DIN ISO 22301) hat zum Ziel, in Unternehmen Pläne zum Schutz und zur Fortsetzung wertschöpfender Geschäftsprozesse im Falle eines Ausfalls zu implementieren. In Form eines sogenannten Business Continuity Management Lifecycle (Analyse, Design, Implementierung, Validierung) werden die Prozesse entsprechend gewürdigt. Das Risikomanagement (DIN ISO 31000) betrachtet Unternehmen eher aus einer handelsrechtlichen Perspektive, die oftmals auch von Wirtschaftsprüfern positiv bewertet wird. Hier bilden Risikoidentifizierung und Bewertung (Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe) betriebswirtschaftlicher Indikatoren die zentralen Elemente.

    Risiken und Chancen

    Begrifflich korrekt wird unter ‚Risiko‘ als Oberbegriff zwischen Gefahren und Chancen unterschieden.³ Ein Risiko kann somit negativ (Gefahr) oder positiv (Chance) sein. Wir haben uns dem widersprechend zum allgemeinen Sprachgebrauch und damit einer klaren Unterscheidung von Risiken und Chancen entschieden.

    1.2 Abhängigkeiten in einer immer komplexer werdenden Welt

    In den folgenden vier Hauptkapiteln geht es um die Rahmenbedingungen für Unternehmen in Krisensituationen. Wir haben eine Auswahl aus der Vielfalt der gesellschaftlichen, ökologischen, ökonomischen sowie technisch-technologischen Themen getroffen, die in Krisenzeiten besonders deutlich werden und unternehmerische Relevanz haben. Ziel dieser Betrachtung ist es, die Tragfähigkeit aktueller Geschäftsmodelle und Strategien auf den Prüfstand zu stellen sowie zukunftsorientierte Alternativen aufzuzeigen.

    Krisen wirken nicht isoliert. Vielmehr werden sie von weiteren Entwicklungen beeinflusst und teils überlagert. Es gibt daher nicht den einen richtigen Weg für alle und viele Anzeichen deuten gar auf widersprüchliche Tendenzen hin. Was ist nun für das einzelne Unternehmen wichtig? Die mit Krisen in Zusammenhang stehenden notwendigen Veränderungen im Unternehmen werden vielfach vor sich hergeschoben. Oft fehlen Kapazitäten, um erforderliche Anpassungen umzusetzen. Eine Vernachlässigung ist jedoch riskant, da dies die unternehmerische Zukunft gefährden kann.

    In kritischen Unternehmensphasen wirken zusätzliche überlappende Faktoren, wie bspw. der Fachkräftemangel oder Finanzierungsschwierigkeiten. Plötzlich zeigen sich bisher wenig betrachtete Rahmenbedingungen als überlebenswichtig, sodass sich Unternehmen dann gleich mehreren Ursachen für eine Schieflage stellen müssen.

    Krisensituationen als Brandbeschleuniger vernachlässigter Entwicklungen

    Ein Aussitzen notwendiger Veränderungen können sich die wenigsten Unternehmen in und nach Krisen leisten. Ein aktives Einstellen auf sich abzeichnende Veränderungen kann eine Aufbruchsstimmung erzeugen und damit neue Chancen eröffnen.

    Einen sinnvollen Ansatz für die Betrachtung sehen wir in der Wechselwirkung zwischen den interessierten Parteien eines Unternehmens und den zu berücksichtigenden internen sowie externen Themenfeldern, die wir in den folgenden fünf Punkten beleuchten wollen.

    1) Welche neuen Entwicklungen gibt es bei deinen Geschäftskunden? Richtungsweisend sind deren strategische Entwicklungen. Inwieweit sind sie selbst von der Krise betroffen, wie reagieren sie und welche Auswirkungen hat das für dich als Dienstleister oder Zulieferbetrieb?

    2) In Krisen ergeben sich Modifikationen im Kaufverhalten von Privatkunden. Welche Trends zeichnen sich ab und wie musst du dich mit deinem Angebot darauf einstellen?

    3) Lieferanten und andere Partner haben sich genau wie du auf Krisen einzustellen. Welche Auswirkungen hat das auf dein Unternehmen?

    4) Welche Auswirkungen haben Krisen auf die Weltwirtschaft?

    5) Welche Veränderungen aus Krisen müssen KMU auf dem nationalen Markt beachten?

    Aus diesen Blickwinkeln gesehen spielst du mit deinem Unternehmen unterschiedliche Rollen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Betroffenheiten und damit Perspektiven eines KMU.

    Im Fokus steht die Frage, ob die Globalisierung weiter fortschreitet oder wir uns zumindest partiell, mit einem regionalen Bezug, deglobalisieren werden. Für beide Richtungen sind Anzeichen erkennbar.

    Aufgrund der strategischen Relevanz auch für KMU kommen wir im Folgenden immer wieder auf die Entwicklung von Angebot und Nachfrage zu sprechen. Dir bleibt dabei natürlich vorbehalten, dich aus deiner Rolle (deiner Branche, deinem Produkt usw.) einzuordnen und eigene Schlussfolgerungen zu ziehen.

    1.3 Entwicklung bei Industriekunden

    Unsere Volkswirtschaft ist in den meisten Branchen hoch industrialisiert. Viele Bereiche sind daher unter Kosten- und Effizienzdruck ausgelagert (outgesourct) worden. Ein Ergebnis dieses Prozesses ist, dass sich die Großindustrie und ihre Zulieferer in einem Beziehungsgeflecht gegenseitig bedingen. So hängt zum einen jeder fünfte Arbeitsplatz in der Industrie von der Automobilwirtschaft ab. Zum anderen werden 15 % aller Handwerksleistungen für Industriekunden erbracht.⁴ Das Prinzip des Outsourcings ist in der gesamten Produktionspyramide durchdekliniert worden, sodass die Zulieferer wiederum auf weitere Unterlieferanten angewiesen sind. Reißt auch nur ein Glied, kann die gesamte Produktionskette ins Wanken geraten. Brennt in Japan eine Fabrik der Chipherstellung ab, kann Bosch keine Steuergeräte und VW, Daimler und BMW letztlich keine Fahrzeuge produzieren. Im Umkehrschluss ist es so, dass – wenn sich z. B. pandemiebedingt in der Automobilindustrie eine Absatzkrise abzeichnet – die Zulieferindustrie ihre Waren/Dienstleistungen nicht mehr verkaufen kann.

    Auf absehbare Zeit wird es in der Automobilindustrie⁵ bei konkurrierenden Antriebstechnologien für Fahrzeuge bleiben. Neben der Umstellung auf reine Elektroantriebe mit Batteriespeicher bzw. Brennstoffzelle sind nach wie vor herkömmliche Diesel- und Ottomotoren als Antriebsformen üblich. Darum herum ranken sich Entwicklungen, die für die reine E-Mobilität eine Infrastruktur für Ladestationen zum Gegenstand haben. Stand 2021 würde unser Stromnetz zusammenbrechen, wenn für jeden zweiten in Deutschland zugelassenen Pkw eine Ladestation zur Verfügung stehen müsste. Für Brennstoffzellen gilt es, den benötigten Wasserstoff mithilfe erneuerbarer Energien zu erzeugen. Innovationen im Energiesektor – Erzeugung, Speicherung und Umwandlung – versprechen derzeit die größten Entwicklungspotenziale. Durch den forcierten Einsatz von Elektroautos stehen die Versorgungsunternehmen somit derzeit (2021) vor einer Reihe ungelöster Probleme.⁶ Die C19P hat zudem Nachhol- und Änderungsbedarfe in den verschiedenen Industrie- und Produktionszweigen zutage gefördert, die zwar längst bekannt waren, doch immer wieder unter den Teppich gekehrt wurden.

    Dieser Wandel wird früher oder später alle Bereiche unseres Wirtschaftslebens erfassen, vom großen Automobilkonzern bis zum kleinen Handwerksbetrieb. Wir brauchen eine positive Unternehmenskultur des stetigen Wandels und der Anpassung.

    1.4 Konsumenten während und nach einer Krise

    Während der C19P hat der Onlinehandel einen deutlichen Wachstumsschub erfahren. Im stationären Handel sind die Umsätze dagegen teils bedrohlich eingebrochen. Daher ist es für KMU eine Frage der strategischen Ausrichtung, ob Produkte und Dienstleistungen – eventuell in einem ersten Schritt parallel zum analogen Angebot – auch online vermarktet werden können. Über diesen Vertriebs- und gleichsam Beschaffungskanal lassen sich Kosten reduzieren, da bspw. Personalaufwände für die Materialbereitstellung reduziert oder teure Ladenflächen eingespart werden können.

    Unterzieh dein Unternehmen einer kritischen Betrachtung im Sinne des klassischen Marketings nach der Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik!

    Natürlich modifizieren staatliche Eingriffe, wie die zeitweise Herabsenkung der Mehrwertsteuer oder die Abwrackprämie, den Einfluss von Krisen auf das Kaufverhalten. Wie sich die C19P letztendlich auf den Arbeitsmarkt und damit die Möglichkeiten des Konsums entwickeln wird, bleibt abzuwarten.⁷ Kurzarbeit war bereits ein Teil der vorläufigen Rettung in der Finanzkrise. Man darf jedoch nicht unterschlagen, dass die Auswirkungen seinerzeit aufgrund des diversifizierten deutschen Mittelstands verhältnismäßig gering geblieben sind.

    Wie sich im Zuge des nun endgültig etablierten Onlinehandels die Innenstädte bzw. Shoppingmeilen entwickeln werden, bleibt abzuwarten. Dass hier zukünftig innovative Ideen gefragt sind, liegt auf der Hand. Es vollzieht sich eine Veränderung im Wertesystem.

    „Damit geht auch eine grundlegende Veränderung im Wertesystem der Konsumenten einher: Jeder dritte Deutsche will aufmerksamer für die Bedürfnisse seiner Familie sein und stärker auf seine physische (32 %) wie mentale (29 %)

    Gesundheit achten. Auch das Einkaufsverhalten wird sich zumindest in Teilen ‚deglobalisieren‘; regionale bzw. lokale Produkte werden künftig bevorzugt gekauft oder Geschäfte angesteuert werden."⁸

    Der regionale Markt sowie Produkte mit Fairtrade-, Bio- oder Nachhaltigkeitssiegel werden immer stärker wahrgenommen. Diese teils widersprüchlichen Tendenzen sollten in ihrer Wirkung auf dein Unternehmen genauestens untersucht werden.

    Beim Mobilitätsverhalten gibt es ebenfalls gegensätzliche Trends. Überhaupt ist zu fragen, wie sich der Verkehr insgesamt entwickeln wird. Weltweit müssen Städte umgestaltet werden. Sich ressourcensparend fortzubewegen, kann bedeuten, dass Alternativen gefunden und umgesetzt⁹ werden, die immer größere Herausforderungen an Städteplaner wie auch an den Mittelstand stellen.

    Eine Reaktion auf die globale ökologische Krise ist der verstärkte Fahrradverkehr. So haben in Deutschland die Personenkilometer mit Fahrrad gegenüber 2002 von 82 Mio. auf 120 Mio. im Jahr 2017 zugenommen.¹⁰ Dass wir mit der damit einhergehenden Infrastrukturbereinigung noch lange zu kämpfen haben, verdeutlicht die Situation in unseren Großstädten: Die Straßen sind für ein geordnetes Nebeneinander von Fahrrädern und Pkw/Lkw kaum geeignet. Dies erfordert in allen damit zusammenhängenden Branchen aber nicht nur langfristig große Anstrengungen, sondern bringt auch ein hohes Auftragsvolumen für die damit befassten Unternehmen mit sich.

    Wie viele Fahrradhändler und -werkstätten sind in den letzten zehn Jahren in deinem Umfeld entstanden? Hier zeigt sich für uns augenscheinlich ein Zusammenhang zwischen dem persönlichen Drang nach Bewegung und der Beachtung ökologischer Belange. Auch das ist nur ein Beispiel dafür, wie Krisen in Relation mit individuellen Bedürfnissen Einfluss auf die industrielle Entwicklung nehmen können.

    Aus Krisen entstehen auch bei Privatkunden spezifische Bedürfnisse, auf die Unternehmen und vor allem KMU kurzfristig reagieren können. Ob das die bekannten Maskenprobleme, die Lieferengpässe in der Versorgung mit Desinfektionsmitteln oder zu lösende logistische Aufgaben der Bevölkerung waren: In jeder Krise entstehen neue Möglichkeiten. Es gibt genügend Unternehmen, die ihre eigenen Fähigkeiten und Ressourcen für die Lösung genau dieser Probleme einsetzen konnten. Durch verstärktes dezentrales Arbeiten hat sich bspw. in manchen Wohngebieten der Bedarf an Mittagsversorgung erhöht und konnte durch mobile Dienste bedient werden. Kontaktbeschränkungen verminderten kulturelle Angebote. Plötzlich saß die Familie wieder zusammen zu Hause und war froh über ansprechende gemeinsame Beschäftigungsmöglichkeiten in Form von digitaler Bildungs- oder Freizeitgestaltung. Solcherlei Beispiele lassen sich endlos fortsetzen. Oft haben sich aus der Notsituation Geschäftsfelder für die Zukunft entwickelt.

    1.5 Liefersituationen in einer Krise

    In unserer hoch spezialisierten und arbeitsteilig organisierten Wirtschaft bestehen große Abhängigkeiten beteiligter Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette. Diese Unternehmen stellen dein natürliches Netzwerk dar. Basis für das Funktionieren ist hier ein offener und ehrlicher Umgang auf Augenhöhe miteinander. Sofern ein Partner das Diktat an sich reißen möchte und das Grundprinzip „Gleiche unter Gleichen" verlässt, solltest du dich nach Alternativen umschauen. Dabei stellt sich die Situation im Handwerk und im produzierenden Gewerbe teils sehr unterschiedlich dar. Daher gilt:

    Überprüfe deine Abhängigkeiten regelmäßig!

    Nicht funktionierende Kooperationen haben zwischenzeitlich sicher geglaubte Lieferbeziehungen zum Erliegen gebracht und Schwachstellen veranschaulicht. Eine grundsätzliche Lehre aus Krisen lautet, möglichen Ausnahmesituationen mehr Beachtung zu widmen. In Bezug auf Liefersicherheit bedeutet dies, Lageroptimierung und Vorratsproduktion nicht ausschließlich unter dem Aspekt der Kostenoptimierung zu betrachten.

    Es hat sich erwiesen, dass übertriebenes Knechten der Zulieferer diese instabil macht.¹¹ Du brauchst doch Verlässlichkeit in der Bereitstellung deiner Vorprodukte. Festzustellen ist, dass sich Schwerpunkte und damit notwendige Sichtweisen in einer Krise verlagern.

    Nicht immer hat eine vollständige Produktion just in time die höchste Effizienz. Zur besseren Vorbereitung auf künftige Krisen bleibt es immer erforderlich, genügend Speck auf den Rippen zu haben, um bspw. Lieferengpässe oder auch Umsatz-/Absatzeinbrüche ausgleichen zu können. Bei allen Erwägungen solltest du einen Check vornehmen, inwieweit deine Firma von territorial begrenzten Krisen/Naturkatastrophen oder von globalen Krisen betroffen sein könnte.

    Ein offenes Wort im partnerschaftlich-kollaborativen Netzwerk mit einem Maßnahmenplan ist die beste Prävention – denn: Nach der Krise ist vor der Krise.

    Nun wäre es profan, die C19P als eine kleine Krise zu betrachten. Doch ist die prognostizierte Unterbrechung internationaler Lieferketten weniger drastisch ausgefallen, als viele befürchtet haben, sodass Einschränkungen in weiten Teilen eher überschaubar und temporärer Natur waren. Aus dieser Sicht ergibt sich ein Vorgeschmack auf künftige Krisen angesichts der sich abzeichnenden Rohstoffverknappungen.¹²

    Die akuten Lieferprobleme lösten sich im Verlauf der C19P relativ schnell auf. Die Unternehmen haben mehr damit zu tun, dass ihnen einzelne Zulieferteile eines Auftrags, wie beispielsweise Elektronikkomponenten, fehlen und sie deshalb nicht ausliefern können.

    1.6 Krisen und die Weltwirtschaft

    So wie im Kleinen einzelne Firmen versuchen, sich einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern zu verschaffen, gilt dies auch für einzelne Nationen oder Kontinente. Auf internationaler Bühne gilt als besonders clever, wer seiner Nation einen Vorteil gegenüber anderen Nationen verschafft. In der C19P konnten wir den Wettbewerb von Staaten in der Impfstoffbeschaffung beobachten, wobei diejenigen mit einer schwächeren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (die sich den Impfstoff einfach nicht leisten konnten) oder diejenigen, die sich in einer Staatengemeinschaft auf eine gleichmäßige Verteilung innerhalb des Staatenbündnisses verständigt hatten, letztlich als Loser deklariert wurden, da in der öffentlichen Wahrnehmung andere schneller an die Impfstoffe kamen. Teilweise wurde sogar ein Staatsversagen daraus abgeleitet.

    Um mit anderen Ländern ungehindert Waren und Dienstleistungen austauschen zu können, werden international vermehrt Freihandelsabkommen geschlossen. Das größte Freihandelsabkommen RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership) hat jüngst China mit weiteren 14 asiatisch-pazifischen Staaten geschlossen. Die Mitglieder haben einen Anteil am weltweiten BIP von 30 %. Der Binnenmarkt der EU stellt ebenfalls eine Freihandelszone dar, in dem die Mitgliedstaaten einen Anteil von knapp 18 % am weltweiten BIP haben. Die Prognosen des IWF gehen aktuell noch von einem steigenden Anteil der EU am internationalen BIP bis 2024 aus.¹³

    Die Bundesrepublik als rohstoffarmes und exportorientiertes Land ist in besonderer Weise von funktionierenden internationalen Handelsbeziehungen abhängig. In unserer Volkswirtschaft hängt jeder vierte Arbeitsplatz unmittelbar vom Export ab.¹⁴ Einige, wenn auch in ihrer Gesamtwirkung überschaubare Auswirkungen haben wir in der Auseinandersetzung mit den USA während der Präsidentschaft von Donald Trump erlebt. Unter dem Slogan „America first" wurden auf Waren aus Deutschland/der EU Strafzölle erhoben, um die US-amerikanische Wirtschaft zu fördern und Arbeitsplätze in den USA zu erhalten bzw. neu zu schaffen. Im Umkehrschluss bedeutet ein so verstandener „Schutz" der US-amerikanischen Wirtschaft, dass Exporte aus Deutschland nicht oder nur in geringerem Maße getätigt werden können, die Margen der Exportgüter geringer ausfallen und in Deutschland/der EU Arbeitsplätze abgebaut werden. Mit einem Einbrechen von Exporten durch Protektionismus oder Handelsbeschränkungen geht auch die Binnennachfrage nach Produkten und Dienstleistungen zurück. Ansatzweise konnten selbst kleinere Unternehmen dieses Phänomen im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen Russland erleben.¹⁵

    Vor diesem Hintergrund ergeben sich für dich und dein Unternehmen folgende vier Schritte

    1. Analysiere, inwieweit dein Unternehmen mittel- oder unmittelbar von Importen/Exporten abhängig ist.

    2. Bist du stark exportabhängig, solltest du überlegen, ob sich im EU-Binnenmarkt Absatzmöglichkeiten ergeben oder sich dein Unternehmen durch eine Erweiterung der Produktpalette breiter aufstellen kann.

    3. Analysiere zudem, inwieweit eine Produktion innerhalb Deutschlands bzw. der EU Vorteile gegenüber einer Produktion in Drittstaaten haben könnte.

    4. Triff Vorkehrungen angesichts des akuter werdenden Themas der Rohstoffverknappung.

    Du solltest aus der Sicht deines Unternehmens die weitere Entwicklung zu folgenden Fragen im Auge behalten:

    – Bleibt es bei einer zunehmenden Globalisierung?

    – Welche Eigenentwicklungen finden in anderen Ländern statt und wie wirkt sich das auf unsere künftige Zusammenarbeit aus?

    – Entwickelt sich der internationale Wettbewerb in Richtung zunehmender Partnerschaft oder entstehen zusätzliche Handelsbeschränkungen?

    – Welche Auswirkungen haben Krisen auf bestehende Logistikketten?

    Nicht erst seit der C19P stehen Globalisierungsprozesse auf dem Prüfstand. Gründe für diese Überlegungen sind zunehmende Arbeitskosten in den Schwellenländern sowie ein stärkeres Bewusstsein westlicher Konsumenten für die soziale und ökologische Qualität der Produktionsbedingungen vor Ort. Heftig diskutiert wird auch die Frage, wie sich die C19P mittel- und langfristig auf die internationale

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