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Fegoria - In den Wäldern des Faunus
Fegoria - In den Wäldern des Faunus
Fegoria - In den Wäldern des Faunus
eBook311 Seiten4 Stunden

Fegoria - In den Wäldern des Faunus

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Über dieses E-Book

HIER ENDET UNSERE GESCHICHTE NICHT, SIE BEGINNT ERST. 
»Es gibt nichts, was ich mehr begehre als meine Seelengefährtin.« 
Der letzte Kampf steht bevor. Crispin braucht eins mehr als alles andere: Verbündete. Er hat Fegoria bewiesen, dass ein Bündnis mit den Alben möglich ist. 
Nun liegt es an Elil, Crispins Befehl auszuführen und ihm seine Loyalität zu beweisen. Die Götter haben hingegen andere Pläne und spinnen die Fäden im Hintergrund geschickt zu ihren Gunsten. Was für eine Hexerei hält ihn auf der Insel, auf der er gestrandet ist, gefangen? 
Licia ist die letzte ihrer Art - die letzte Tochter des ewigen Waldes. Der Faunus hat von ihrer Welt Besitz ergriffen. Als ist ein Monster nicht genug, strandet auch noch ein Alb auf ihrer Insel. Sie ist sich sicher, dieser Krieger führt nichts Gutes im Schilde: Wer tötet sie zuerst? 
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum30. Juni 2022
ISBN9783947115389
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    Buchvorschau

    Fegoria - In den Wäldern des Faunus - Annika Kastner

    Fegoria

    In den Wäldern des Faunus

    Roman

    Annika Kastner

    Erstausgabe im Juni 2022

    Alle Rechte liegen beim Verlag

    Copyright © Juni 2022

    Booklounge Verlag

    August-Bebel-Str. 57

    23923 Schönberg

    Cover: @Subbotina | @Booklounge Verlag

    9783947115389

    Inhalt

    Willkommen

    Zitat

    Fegoria - In den Wäldern des Faunus

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Elil

    Licia

    Playlist

    Willkommen

    Hal­lo, mei­ne lie­ben Le­ser. Schön, dass ihr wie­der den Weg nach Fe­go­ria ge­fun­den habt.

    Dies­mal ste­hen nicht Ali­ce & Cri­spin im Vor­der­grund und doch ist die­se Ge­schich­te ein wich­ti­ger Schritt, den un­se­re Freun­de ge­hen müs­sen, da­mit Cri­spin sein Schi­cksal er­fül­len kann. Ich ha­be beim Schrei­ben nie er­war­tet, dass Elil sich so in un­ser Herz schlei­chen wird, aber er tat es. Da­her ha­be ich be­schlos­sen, ihm sei­ne eige­ne Ge­schich­te zu ge­ben. Es wird uns vor al­lem die Al­be nä­her­brin­gen. Wie sagt man so schön? Nichts ist ein­fach nur schwarz und weiß, nein, es gibt auch Grau­tö­ne. Und un­se­re Grup­pe muss ler­nen, ein­an­der zu ver­trauen, zu­sam­men zu ar­bei­ten und da­rauf hof­fen, dass die Göt­ter ih­re Plä­ne ha­ben.

    Ich wid­me die­ses Buch je­dem, der Bü­cher und Fan­ta­sy so liebt wie ich.

    Ich wid­me es dir, mein lie­ber Le­ser, denn oh­ne dich gä­be es die­se Welt nicht.

    Mei­nem Mann Phi­lipp und mei­nem wun­der­vol­len Sohn dan­ke ich von Her­zen. Jungs, ich lie­be euch so sehr!

    Und mei­nen Freun­den und mei­ner Fa­mi­lie. Dan­ke, dass es euch gibt.

    Vor al­lem auch mei­nem Vater, ich wünsch­te, du könn­test noch ein­mal in die Welt von Fe­go­ria ein­tau­chen, und die Rei­se mit uns er­le­ben.

    Und auch ein Dank an Sa­bri­na, für all die Jah­re, die wir nun zu­sam­men­ar­bei­ten. (Anm. v. Ver­lag – Sa­bri­na dankt dir eben­so und hat dich vol­lends ins Herz ge­schlos­sen.)

    Eu­re An­ni­ka

    Zitat

    Dem Schi­cksal kann man nicht aus dem Weg ge­hen, wenn zwei Seelen sich tref­fen.

    Zi­tat – Ver­fas­ser un­be­kannt

    Fegoria - In den Wäldern des Faunus

    Image4.jpg

    Vielen Dank an Diana Gus!

    Elil

    Wie ein Dieb schlei­che ich mich im Mor­gen­grau­en da­von, noch be­vor die er­sten Vögel zum Mor­gen­lied an­set­zen oder die er­sten Wüs­ten­mäu­se ih­re Na­sen aus dem Sand schie­ben. Un­be­merkt ver­schmel­ze ich mit dem Zwie­licht, ehe die Son­ne wirk­lich auf­geht und dem Mond sei­ne Schran­ken weist, um die Schat­ten der Nacht zu ver­trei­ben. Es ist die Zeit, die ich am meis­ten mag. Die Stil­le. Die Dun­kel­heit. Die Ru­he, die sie für mei­ne auf­ge­wühl­ten Ge­dan­ken bringt. Das Wis­sen, dass hell und dun­kel ne­ben­ein­an­der exis­tie­ren kön­nen. Mei­ne Schrit­te sind lei­se, kaum zu ver­neh­men, denn ich ver­ste­he mich in dem, was ich ma­che.

    Es liegt mir im Blut, mich wie ein Schat­ten zu be­we­gen, ein Trug­bild in der Fins­ter­nis, und wenn ich nicht ge­se­hen wer­den möch­te, so blei­be ich un­be­merkt. Ei­ner der Grün­de, wie­so Cas­tiell stets auf mich ge­setzt hat und ich jah­re­lang sei­ne Trup­pen an­füh­ren durf­te, ehe Grimm sich be­quem­te, mei­nen Platz ein­zu­neh­men. Un­ver­dient wohl­ge­merkt, wo­für ich sei­nen Kopf noch immer in den Boden ram­men könn­te. Wäh­rend ich mir mei­nen Ruf hart er­kämp­fen muss­te und ihn mit Blut und Schweiß be­zahlt ha­be, so be­kam er mei­nen Rang vor die Fü­ße ge­legt, nur, weil er als Sohn des Königs ge­bo­ren wor­den war. All das Leid, die An­stren­gun­gen und die Schmer­zen, die ich er­dul­det ha­be, nur um mir ei­nen Na­men zu ma­chen. Und all das ha­be ich auf­ge­ge­ben, für das hier. Die­sen Ort, den ich jetzt Heimat nen­ne und der so an­ders ist als alles, was ich ken­ne – in jeg­li­cher Hin­sicht.

    Ein kur­zes Ge­fühl des Be­dau­erns durch­zuckt mich, oh­ne es ver­hin­dern zu kön­nen. Ein Le­ben löscht man nicht von heu­te auf Mor­gen aus. Nein, ich bin noch nicht vol­lends an­ge­kom­men, hier, in mei­ner neu­en Heimat, mei­nem neu­en Platz und der Ver­ant­wor­tung, die er mit sich bringt. Eben­so dem Ver­trauen, wel­ches Cri­spin und Ali­ce mir zol­len. Es ist ein neu­es, ein an­de­res Le­ben. Eins, das mir noch nicht so ganz passt, aber immer mehr zu mei­nem wird. Es ge­fällt mir, wie son­der­bar es hier ist und wie an­ders ich sein kann. Ei­ne ganz an­de­re Ver­sion von mir als je­ne, die ich all die Jahr­hun­der­te ver­körpern ha­be müs­sen.

    Spion, Mör­der, Krie­ger – im Lau­fe der Jahr­hun­der­te, die ich nun in Fe­go­ria ver­wei­le, hat es viele Be­zeich­nun­gen für mich ge­ge­ben. Ich hö­re sie flüs­tern, die an­de­ren We­sen, spü­re ih­re Angst und das Miss­trauen, wel­ches sie mir ent­ge­gen­brin­gen. Ich wer­de an­ders an­ge­se­hen als die El­ben, da­bei sind sie uns im Kern ähn­li­cher, als man denkt. Aller­dings ist mir gleich, was sie über mich re­den oder gar den­ken. Ich ha­be mir nie viel aus der Mei­nung der an­de­ren ge­macht. Eh­re für den Na­men der Fa­mi­lie. Loya­li­tät, An­er­ken­nung, Ruhm. Alles Din­ge, nach de­nen wir stets stre­ben, nach de­nen ich bis vor Kur­zem ge­strebt ha­be, weil ich der Mei­nung ge­we­sen bin, dass es für mich nur ei­nen Weg gibt. Gna­den­los, töd­lich, oh­ne Ge­wis­sen, so sagt man es mei­nem Volk nach und so ha­be ich mich ver­hal­ten. Wenn sie über uns re­den und die­se Wor­te wäh­len, ha­ben sie kein Un­recht. Aber ist es nicht die Welt selbst, die uns ge­nau da­zu macht? Er­fül­le ich nicht die Rol­le, die mir an­ge­dacht ist? Ha­be ich ei­ne Wahl – bis jetzt? Nein. Ich bin in die­ses Le­ben und die­se Welt hin­ein­ge­bo­ren wor­den, ha­be un­ter der Herr­schaft von Cas­tiell je­nes ge­tan, um zu über­le­ben und das Über­le­ben mei­ner Schwes­ter zu si­chern. Es ist nun mal die Art und Wei­se, wie wir le­ben.

    Nie­mand hat je ge­fragt, ob wir uns nicht auch nach mehr seh­nen. Nach ei­nem Zu­hau­se, wo die Son­nen­strah­len mich durch das Fens­ter we­cken, statt auf den kal­ten Stein zu star­ren. Nicht, dass ich es zu­ge­ben wür­de, aber ich ge­nie­ße es, den war­men Wüs­ten­sand un­ter mei­nen Fü­ßen zu spü­ren und jetzt im Wüs­ten­hain die Son­ne auf­ge­hen zu se­hen. Ich mag die Hit­ze und woh­li­ge Wär­me. Und es geht nicht nur mir so. Ich se­he es mei­nem Volk an, all den Al­ben, die mir hier­her ge­folgt sind. Es wirkt so, als wür­den sie das er­ste Mal frei at­men kön­nen, denn Cas­tiells Augen wachen nicht län­ger über sie. Je­ne, die alles ris­kie­ren, weil sie mir ver­trauen und hier­her ge­folgt sind, zu ih­rem ein­sti­gen Feind. Nur mein Wort da­rauf, dass wir Will­kom­men sein wer­den. Ja, selbst ich ha­be ler­nen müs­sen, zu ver­trauen, in Ali­ce und Cri­spin, auch wenn es mir an­fangs schwer­ge­fal­len ist und ich nur mei­ne Schwes­ter vor Är­ger be­wah­ren ha­be wol­len, kann ich heu­te ei­nen El­ben mei­nen Freund schimp­fen.

    Freund. El­ben­freund. Es geht mir noch nicht lo­cker von der Zun­ge. Manch­mal ir­ri­tiert es mich, aber es ist die Wahr­heit. Der Kö­nig der El­ben und Ge­mahl mei­ner Cou­si­ne ist mein Freund. Mein Ver­bün­de­ter. Cri­spin, je­ner, der seit Jahr­hun­der­ten mein Feind ge­we­sen ist. Ein ge­nau­so gro­ßer Krie­ger wie ich, auch wenn ich ihm das nie sa­gen wür­de. Wä­ren wir je ge­gen­ein­an­der an­ge­tre­ten, weiß ich nicht, wer von uns ge­siegt hät­te. So un­gern ich es mir ein­ge­ste­he, sind wir uns ähn­li­cher, als man mei­nen mag. Mein Le­ben hat sich wirk­lich von Grund auf ge­wan­delt.

    Die Aben­teu­er, die ich nun er­le­be, sind an­ders als alles Vor­he­ri­ge. Cri­spins Auf­ga­ben an mich sind nicht ver­gleich­bar mit de­nen Cas­tiells. Er er­war­tet nicht, dass ich Angst und Schre­cken ver­brei­te oder Ge­walt an­wen­de, um Furcht zu schü­ren. Ich kann frei ent­schei­den, mich ein­brin­gen und da­zu bei­tra­gen, die­se neue Ord­nung auf­zu­bauen, oh­ne mit ei­ner Be­stra­fung rech­nen zu müs­sen, wenn ich an­de­rer An­sicht bin als mein Kö­nig. Ich bin nicht nur ein Zu­schau­er, son­dern kann für mein Volk das be­ste er­wir­ken. Die­ses Wis­sen ver­ur­sacht ei­ne tie­fe Be­frie­di­gung in mir und be­weist, dass es wert ist, al­tes hin­ter sich zu las­sen. Ich füh­le mich als wert­vol­ler Teil von et­was Gro­ßem und glau­be fest an Cri­spin als Kö­nig. Sei­ne Ideale sind edel­mü­tig und groß. Mit Ali­ce an sei­ner Sei­te wird er uns Frie­den brin­gen, da bin ich si­cher.

    Cri­spin ist ein an­de­rer Kö­nig als Cas­tiell oder Elon. Er ist zwar meist kühl und re­ser­viert zu an­de­ren, aber nicht grau­sam. Er ver­sucht, et­was zu be­we­gen, mit allen Mittel und We­gen, auf sei­ne Art. Sein Volk ver­ehrt ihn für sei­ne Tap­fer­keit, den Mut und die Hin­ga­be, die er an den Tag legt. Den, der ei­ne Al­bin zu der sei­nen ge­macht hat, ein Zeichen ge­setzt hat, allen Wid­rig­kei­ten zum Trotz. Er hat je­de Re­gel Fe­go­ri­as ge­bro­chen. Für sie, ei­ne Al­bin. Er hat Blut und Schweiß ge­las­sen, das gan­ze Land durch­quert, nur um sie zurück­zu­ho­len und sein Le­ben an­schlie­ßend in die Hän­de ei­nes Al­ben ge­legt – in mei­ne Hän­de wohl­ge­merkt. Sein Wil­le ist un­er­müd­lich, eben­so sei­ne Lie­be zu ihr. Da­ran zwei­felt nie­mand mehr, nicht hier. Ich am Aller­we­nigs­ten.

    Wo wir ge­ra­de bei ihr sind: Ali­ce – sie stellt ganz Fe­go­ria auf den Kopf, aber auf ei­ne gu­te Art und Wei­se, auch wenn sie immer wie­der an­eckt. Sie schenkt uns Hoff­nung, wo es kei­ne gibt, auch wenn ich mir we­nig Chan­cen auf ei­ne Seelen­ge­fähr­tin aus­ma­le, gön­ne ich es mei­nem Volk. Je­dem, dem die­ses Pri­vi­leg zu­ge­teilt sein wird. Viel zu lan­ge ha­ben sie un­ter Cas­tiells Trit­ten und Ty­ran­nei lei­den müs­sen. Dass wir ver­hasst und ge­fürch­tet sind, kann ich Fe­go­ria nicht ver­übeln. Wir sind nicht un­schul­dig an die­ser Angst. Und doch ha­ben wir stets das ge­tan, was un­ser Ober­haupt be­foh­len hat, denn ei­ne Wahl gibt es für kei­nen von uns. Nein, ich kor­ri­gie­re mich – hat es einst ge­ge­ben. Jetzt ha­ben wir sie!

    Ich neh­me die ängst­li­chen Bli­cke der an­de­ren We­sen durch­aus wahr, aber sie wer­den sich an uns ge­wöh­nen und mer­ken, wie sehr wir uns be­mü­hen. Ei­nes Tages. Wir ge­ben un­ser Be­stes, na ja, wir ver­su­chen es we­nigs­tens. Man kann schließ­lich nicht über Nacht ein an­de­rer wer­den. Wir sind, wie wir sind. Aber wer de­fi­niert Gut und Bö­se? Wenn ich ehr­lich bin, wer­de ich gern ge­fürch­tet. Ich ge­nie­ße den Re­spekt, der mir ent­ge­gen­ge­bracht wird. Angst sorgt für Vor­sicht, was wie­der­um für Si­cher­heit und Kon­trol­le sorgt. Nur so ha­be ich mei­ne Fa­mi­lie all die Jah­re schüt­zen kön­nen, oder das, was noch da­von üb­rig ge­blie­ben ist.

    Füh­le ich Be­dau­ern für all die To­ten, die auf den Schlacht­fel­dern durch mei­ne Hand ge­stor­ben sind? Nein. Wür­de ich es tun, wür­de es mich zer­fres­sen. Sie oder ich. Ich ha­be ge­tan, was nö­tig ge­we­sen ist, um zu über­le­ben, und mei­ne Schwes­ter zu schüt­zen. Mit die­sem Wis­sen kann ich nachts ru­hig schla­fen. Wür­de ich es wie­der so ma­chen? Auf je­den Fall, wenn ich die, die mir am Her­zen lie­gen, so schüt­zen kann.

    Ich mus­te­re die Wachen im Vor­beige­hen und knei­fe ver­är­gert die Augen zu­sam­men. Ver­fluch­te Zwer­ge, ein­ge­schla­fen mit dem Trink­schlauch in der Hand. Man soll­te sie zur Stra­fe aus­peit­schen, an den Pran­ger stel­len. Sie sol­len Wa­che hal­ten, sich nicht bis zu Be­sin­nungs­lo­sig­keit be­trin­ken. Halt, schal­le ich mich selbst. Das wird hier an­ders ge­re­gelt. Trotz­dem möch­te ich ihm mei­ne Faust in den Ma­gen ram­men und auf­we­cken, weil er nicht nur sich ge­fähr­det, son­dern alle, die sich auf ihn ver­las­sen. Ge­ra­de jetzt ist es um­so wich­ti­ger, acht­sam zu sein. Cas­tiell und Grimm wer­den nicht lan­ge die Fü­ße still­hal­ten – nein, ich ken­ne bei­de bes­ser, als mir lieb ist. Sie wer­den Ra­che neh­men und Plä­ne schmie­den. Schre­ckli­che Plä­ne, in de­nen kei­ner von uns über­le­ben wird. Cas­tiells Ver­gel­tungs­schlag ist uns si­cher. Da­für, dass Cri­spin Ali­ce zurück­be­kom­men hat und vor al­lem auch Ra­che an uns, je­nen, die ihm den Rü­cken ge­kehrt ha­ben. Cas­tiell ver­zeiht nicht, es gibt kei­ne zwei­ten Chan­cen. Auch uns er­war­tet dort nur noch der Tod. Wir sind Ver­rä­ter. Die­ses Wort schmeckt bit­ter. Bin ich ein Ver­rä­ter, wenn ich mir nur das Be­ste für mein Volk er­hof­fe?

    Ich ge­be ein Zeichen mit mei­ner Hand und aus dem Schat­ten löst sich ein Alb, den ich dort in wei­ser Vor­aus­sicht po­si­tio­niert ha­be. Er nickt mir zu, ver­schmilzt dann wie­der mit der Dun­kel­heit – für un­wis­sen­de Augen un­sicht­bar. Vor­sicht ist gut, Kon­trol­le ist bes­ser. Ich ha­be mei­ne ei­ge­nen Wachen auf­ge­stellt, die un­ser Zu­hau­se im Au­ge be­hal­ten. Ich leis­te still mei­nen Bei­trag zum Woh­le aller, oh­ne, dass Ali­ce und Cri­spin es er­fah­ren müs­sen. Ich er­war­te kei­nen Dank oder Lob­prei­sun­gen, mei­ne Krie­ger eben­falls nicht. Sie ver­trauen auf mei­ne Füh­rung und sind stolz auf je­nes, was sie leis­ten. Nein, wir ma­chen das, was ge­tan wer­den muss. Dies ha­be ich stets so ge­hand­habt. Ihr Volk ist nun auch mein Volk. Die­ser Ort ist un­ser Zu­hau­se, wo alle le­ben, die mir et­was be­deu­ten. Die­sen Ort gilt es, zu schüt­zen, und zwar mit allen Mitteln, die mir zur Ver­fü­gung ste­hen.

    Ali­ce und Cri­spin ha­ben ge­nug er­lebt, sie müs­sen Kraft sam­meln für je­nes, was vor ih­nen, ach was, vor uns liegt. Da­rum ist es jetzt an mir, die mir auf­ge­tra­ge­ne Auf­ga­be zu er­le­di­gen. Egal, ob es mir ge­fällt oder nicht, sie zu ver­las­sen. Wie wird das En­de aus­se­hen? Ich weiß es nicht. Bei den Göt­tern, wer­de ich es er­le­ben? Nun aber, hand­le ich im Auf­trag von Cri­spin, un­se­rem Kö­nig.

    Ich wer­de zu der In­sel der Wolfs­men­schen rei­sen und schau­en, ob Cas­tiell be­reits dort ge­we­sen ist oder ob wir dort mehr Ver­bün­de­te fin­den wer­den, nach­dem der letz­te Pos­ten auf dem Fest­land von ihm ver­nich­tet wor­den ist. Wir sind viel zu we­ni­ge, um zu sie­gen. Cas­tiell sam­melt eben­so An­hän­ger wie wir. Alle Stäm­me der Wolfs­men­schen auf dem Fest­land sind aus­ge­löscht. All mei­ne Dra­chen­reiter ha­ben nur noch Schutt und Asche vor­ge­fun­den. Es gibt kei­ne Über­le­ben­den, aber wenn es noch wel­che ge­ben soll­te, dann wer­de ich sie dort fin­den. Die Zeit ar­bei­tet ge­gen uns und ich weiß, wie schwer Cri­spin die­se Bit­te an mich ge­fal­len ist und doch hat er da­rum ge­be­ten – sei­nen einst größ­ten Feind. Dies ist mehr Ver­trauen, als ich je­mals er­war­tet ha­be. Es er­füllt mich mit Stolz. Er weiß um mei­ne Qua­li­tä­ten. Auf Bar­arod, mei­nem Dra­chen, wer­de ich schnell sein, viel schnel­ler als je­des Pferd oder Boot. Ich hö­re sein Schnau­ben schon von Wei­tem, er wit­tert mich, als ich mich den Höh­len nä­he­re.

    Mei­ne Mund­win­kel ver­zie­hen sich zu ei­nem ehr­li­chen Lä­cheln, als ich die dunk­le Fels­spal­te be­tre­te, in der er mit den an­de­ren Dra­chen ruht, ge­schützt vor der bren­nen­den Son­ne. Im Ge­gen­satz zu mir mag er es dun­kel und feucht, die Hit­ze setzt ihm eher zu. Ich blei­be im Ein­gang ste­hen, kurz da­rauf er­scheint er aus der pech­schwar­zen Dun­kel­heit. In sei­nen Augen spiegeln sich das Mond­licht und die Ster­ne, die über mir am Fir­ma­ment fun­keln, wi­der. Ma­jes­tä­tisch ragt er über mir empor. Aus ei­nem Im­puls her­aus le­ge ich mei­ne Stirn an sei­ne, nach­dem er den Kopf senkt. Sei­ne Haut ist fest wie Leder und warm. Er ist nicht nur ein Reit­tier, nein, er ist durch­aus mehr.

    »Hal­lo, mein Freund, bist du be­reit für ein neu­es Aben­teu­er«, be­grü­ße ich ihn, mein Schutz­tier. So viele Jah­re sind wir schon an­ein­an­der­ge­bun­den. So viele Kämp­fe ha­ben wir aus­ge­tra­gen und Nar­ben da­von­ge­tra­gen – in­ner­lich und äu­ßer­lich. Er ist mehr als ei­ne Krea­tur an mei­ner Sei­te. Er ist ein treu­er Freund und Ge­fähr­te.

    Das er­ste, was Cas­tiell ei­nem aus­treibt, sind Ge­füh­le. Da­bei ha­be ich immer mehr ge­fühlt als an­de­re Al­be, es nur bes­ser zu ver­ste­cken ge­wusst. Voll­kom­men an­ders als mei­ne Schwes­ter, die all ih­re Emp­fin­dun­gen of­fen dar­legt. Als Cas­tiell ge­merkt hat, wie ziel­stre­big und wert­voll ich für ihn bin, hat er mein Trai­ning per­sön­lich über­nom­men. Mei­ne Fa­mi­lie trägt den Na­men gro­ßer Kämp­fer. Allen vo­ran Ko­ta, Ali­ce‘ Vater. Ich stam­me aus ei­ner an­ge­se­he­nen Fa­mi­lie, mein Rang und das Pres­ti­ge brin­gen ei­ne ge­wis­se Ver­ant­wor­tung, ei­nen Ruf, dem ich ge­recht wer­den will. Es hat da ei­ne Al­bin in mei­ner Jugend ge­ge­ben, sie ist … zu sanft, viel zu sanft ge­we­sen, wenn ich heu­te an sie den­ke. Aber wir sind Freun­de ge­we­sen, wenn man es so nen­nen kann, ich ha­be sie mit durch das Trai­ning brin­gen wol­len, doch Cas­tiell hat es als Schwäche ge­deu­tet, dass ich mich für sie ein­ge­setzt ha­be. Mit­ge­fühl macht schwach. Nichts ver­ach­tet er mehr. Nein, er will sei­ne Krie­ger ge­fühl­los, kalt. Es darf uns nicht küm­mern, was mit den an­de­ren ge­schieht.

    Ei­nes Mor­gens ha­be ich sie ent­haup­tet vor mei­ner Tür auf­ge­le­sen. Ich ha­be die Bot­schaft ver­stan­den. Sie ist in sei­nen Augen ent­behr­lich ge­we­sen, nichts wert. Im Reich der Al­be darf man nicht lie­ben. Man darf nichts füh­len, oder man wird von Cas­tiell ver­nich­tet. Ich bin froh, dass es an je­nem Tag nicht All­ia­ri­as Kopf ge­we­sen ist. Je­der kann ihm von Nut­zen sein oder den Platz frei­ma­chen. Un­ter sei­ner Herr­schaft gibt es täg­lich Aus­peit­schun­gen und Hin­rich­tun­gen. Auch wenn mei­ne Nar­ben ge­heilt sind, spü­re ich sie, die Peit­schen­hie­be für Un­ge­hor­sam, für Feh­ler. Ver­sa­gen darf man nicht. Er hat mich zu dem ge­macht, der ich heu­te bin. Ich ma­che kei­ne Feh­ler mehr und bin stär­ker denn je. Ich zei­ge kei­ne Ge­füh­le, bin zu dem Krie­ger ge­wor­den, den er für mich an­ge­dacht hat, nur, dass ich jetzt für die an­de­re Sei­te mein Le­ben ein­set­ze, mit Freu­den. Dies hat nie­mand vor­her­se­hen kön­nen, ich am we­nigs­ten. Ich kämp­fe nicht nur mit. Nein, ich kämp­fe für ei­nen El­ben.

    Mei­ne Schwes­ter All­ia­ria ist wie Ali­ce. Ei­ne Träu­me­rin. Es ist so schwer ge­we­sen, sie all die Jah­re zu schüt­zen und zu ver­tu­schen, dass sie Kran­ke ge­pflegt oder Es­sen an je­ne, die nicht ge­nü­gend da­von ha­ben, ver­teilt hat. Sie und ihr wei­ches Herz sind die größ­te Ge­fahr für sie selbst. Das ist auch der Grund, wes­halb ich heu­te über­haupt hier ste­he. Be­reue ich es? Ab­so­lut nicht! Das Wis­sen, dass sie hier si­cher ist, lässt mich des Nachts bes­ser schla­fen. Mein Pos­ten ist mir stets zu­gu­te­ge­kom­men, um All­ia­ria zu hel­fen, sie zu schüt­zen, wenn sie wie­der zu leicht­sin­nig ge­we­sen ist. Nicht zu ver­ges­sen die Furcht, es sich mit mir zu ver­scher­zen, soll­te man ein fal­sches Wort da­rüber ver­lie­ren, was man even­tu­ell glaubt, ge­se­hen zu ha­ben. Nur so hat sie über­haupt die Stel­le als Zo­fe er­gat­tern kön­nen und ist auf Ali­ce ge­trof­fen – es ist mein Rang, mein Ein­fluss ge­we­sen.

    So, ge­nug da­von, ich ha­be ei­ne Auf­ga­be, die es zu er­le­di­gen gilt und die mei­ne vol­le Auf­merk­sam­keit be­nö­tigt. Ich ver­schrän­ke die Fin­ger in­ei­nan­der und las­se sie kna­cken, ehe ich die Höh­len ver­las­se. Bar­arod folgt mir ins Freie, at­met tief die küh­le Mor­gen­luft ein. Er schüt­telt sich und streckt sei­ne lan­gen mus­ku­lö­sen Glie­der von sich, ehe er mich er­war­tungs­voll an­blickt und drauf war­tet, dass ich auf­sit­ze. Ich wer­fe noch ei­nen Blick auf mein neu­es Zu­hau­se, wel­ches schla­fend vor mir liegt, und ver­ab­schie­de mich still. Mö­gen wir uns wie­der­se­hen, wenn die Göt­ter es für rich­tig er­ach­ten. Wer weiß, wo­hin mein Weg mich noch füh­ren wird …

    Kaum sit­ze ich auf, brei­tet Bar­arod sei­ne lan­gen Schwin­gen aus und steigt empor in den Nach­thim­mel. Der Wind reißt an mir, wäh­rend ich mich an ihm fest­hal­te.

    Ich hal­te mich oben, weit über den Wol­ken, ge­nie­ße den kal­ten Wind, der mir ins Ge­sicht weht, und schlie­ße kurz die Augen, las­se mich völ­lig in die­sem Mo­ment ge­hen. Frei. Hier oben bin ich fes­sel­los. Das Ge­fühl, alles ist rea­li­sier­bar, be­glei­tet mich schon immer. Ge­löst von sämt­li­chen Pflich­ten für ei­nen win­zi­gen Augen­blick. Ein Ge­fühl, wel­ches nicht un­mög­lich zu sein scheint, wenn ich hier oben in die un­end­li­che Ferne bli­cke. Nur ich und mei­ne Ge­dan­ken.

    Als Bar­arod mich ge­fun­den und sich da­zu ent­schlos­sen hat, sich mir an­zu­schlie­ßen, ist es ei­ner der be­sten Ta­ge mei­nes lan­gen Lebens ge­we­sen. Nicht je­dem Alb ist ein Dra­che ver­gönnt. Sie wäh­len ih­re Ge­fähr­ten ge­nau aus und ich weiß die­ses Pri­vi­leg zu schät­zen. Ich le­be für das Flie­gen. Schon immer ist es mein größ­ter Traum ge­we­sen, ei­nes Tages hier oben zu sein, wo sonst nur Mond und Ster­ne in der Nacht fun­keln und die Son­ne uns wärmt. Bar­arod kennt mei­ne dun­kel­sten Ge­heim­nis­se und ist mir stets ein treu­er Ge­fähr­te. Er wür­de für mich ster­ben, das weiß ich. Wie oft ha­be ich mich ihm an­ver­traut, wohl­wis­send, dass er we­der wer­tet, noch ur­teilt. Dra­chen sind über­aus fein­füh­lig und in­tel­li­gent. Es ist mir ein Rät­sel, wie­so El­ben dies nicht er­ken­nen.

    Hier oben ver­fliegt die Zeit nur so. Ich könn­te ewig weiter rei­sen, bis ans En­de der Welt. Ich len­ke Bar­arod tie­fer, bre­che mit der Abend­däm­me­rung durch die vio­let­te Wol­ken­de­cke und las­se das Land hin­ter mir. Un­ter mir er­streckt sich nur die Wei­te des Meeres.

    Wir sind den gan­zen Tag ge­flo­gen, und doch strotzt er noch vor wil­der Ener­gie. Den Wüs­ten­hain, die Eis­ebe­ne, den Ne­bel­wald und auch die La­gu­nen ha­ben wir weit hin­ter uns ge­las­sen. Mit je­der Mei­le wächst aber auch die Sor­ge, was in mei­ner Ab­we­sen­heit pas­sie­ren wird. Was, wenn sie mich brau­chen und ich nicht schnell ge­nug bin? Es fällt mir schwer, mich auf an­de­re zu ver­las­sen, die Zü­gel ab­zu­ge­ben. Es kann so viel ge­sche­hen. Ich ha­be mich nie zu­vor an­de­ren We­sen so ge­öff­net wie die­sen. Leicht an­ge­spannt mus­te­re ich die Um­ge­bung. Immer wie­der über­flie­ge ich klei­ne In­seln, die un­ter mir far­ben­präch­tig im Licht der Son­ne er­strah­len.

    Doch in die­sem Mo­ment er­streckt sich un­ter mir ein wei­tes, mir un­be­kann­tes Wald­ge­biet. Mit ho­hen Klip­pen und Ber­gen. Der Wald wirkt braun und trost­los, was nicht zu dem war­men Kli­ma passt, durch das ich ge­ra­de flie­ge. Es müss­te nur so strot­zen vor grü­nen kräf­ti­gen Pflan­zen. Mys­te­ri­ös. Ich durch­que­re die­se Rou­te heu­te zum er­sten Mal. Was hät­te mich auch vor­her zu der ab­ge­le­ge­nen In­sel der Wöl­fe füh­ren sol­len? Die Stil­le un­ter mir soll­te fried­lich wir­ken und doch sind all mei­ne Sin­ne plötz­lich auf Vor­sicht. Ein Ge­fühl, dass ich acht­sam sein soll­te, wel­ches mich schon oft ge­ret­tet hat. Doch ich ent­de­cke nichts, was die­ses Ge­fühl aus­ge­löst ha­ben könn­te. Alles ist ru­hig. Zu ru­hig? Kurz er­wä­ge ich ei­ne Pau­se, aber ich hö­re lie­ber auf die in­ne­re Stim­me in mir und wer­de kei­nen Fuß auf das Ei­land un­ter mir set­zen. Tat­säch­lich fra­ge ich mich ge­ra­de, wie­so ich über­haupt die­se Rou­te ge­wählt ha­be. Ich hät­te auch weiter süd­lich flie­gen kön­nen, sie wä­re so­gar schnel­ler ge­we­sen, und es war eigent­lich auch der ur­sprüng­li­che Plan. Ha­be ich mich ver­schätzt? Oder war es mein Un­ter­be­wusst­sein? Es fühlt sich an, als ha­be mich et­was hier­her ge­lenkt. Als müss­te ich ge­nau hier sein, was ich nicht ver­ste­he. Als gä­be es hier mehr als je­nes, wel­ches sich ge­ra­de zeigt. Un­will­kür­lich strei­che ich mir über mein Herz, ver­bor­gen un­ter mei­ner schwar­zen Kampf­mon­tur. Es klopft hart ge­gen mei­ne Rip­pen, als wä­re es auf­ge­regt. Et­was in mir fühlt sich ko­misch an, ich ver­mag nur nicht zu sa­gen, wo­her das Ge­fühl kommt – ein leich­tes Zie­hen in mei­ner Brust.

    »Sei wach­sam«, flüs­te­re ich mei­nen Dra­chen zu, schmie­ge mich an sei­nen Rü­cken und las­se ihn dicht un­ter den Wol­ken flie­gen. Auf­merk­sam be­ob­ach­te ich den Himmel

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