Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Die Übernahme-Formel: Praxisleitfaden: Post-Merger-Integration nach einer US-amerikanischen Übernahme
Die Übernahme-Formel: Praxisleitfaden: Post-Merger-Integration nach einer US-amerikanischen Übernahme
Die Übernahme-Formel: Praxisleitfaden: Post-Merger-Integration nach einer US-amerikanischen Übernahme
eBook376 Seiten3 Stunden

Die Übernahme-Formel: Praxisleitfaden: Post-Merger-Integration nach einer US-amerikanischen Übernahme

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Mittelständische Unternehmen sind begehrte Übernahmeobjekte von US-amerikanischen Konzernen. Kommt es – etwa im Rahmen einer Nachfolgeregelung – zu einem Verkauf, sind die Folgen für deutsche Unternehmen enorm. Das Buch zeigt auf, wie Unternehmen die Post-Merger-Integration systematisch meistern und dabei ihre Mitarbeiter für den anspruchsvollen Prozess gewinnen. Das praxiserprobte Konzept beruht auf neun Bausteinen von der Bestandsaufnahme bis zu den neuen Routinen. Es greift zentrale Themen auf wie das Accounting, die Einführung von SOX und die ungeschriebenen Gesetze in der Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Unternehmen. Zahlreiche Praxisbeispiele und Tipps unterstützen die Leser bei der Umsetzung im Unternehmensalltag.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum10. Mai 2021
ISBN9783658329402
Die Übernahme-Formel: Praxisleitfaden: Post-Merger-Integration nach einer US-amerikanischen Übernahme

Ähnlich wie Die Übernahme-Formel

Ähnliche E-Books

Management für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Die Übernahme-Formel

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Die Übernahme-Formel - Judith Geiß

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021

    J. GeißDie Übernahme-Formelhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-32940-2_1

    1.  Einführung

    Judith Geiß¹  

    (1)

    the Bridge • Consulting & Training, Kreuzstraße 91, Viernheim, 68519, Deutschland

    Zusammenfassung

    Der Verkauf eines Unternehmens ist für die gesamte Belegschaft meist ein Schock. Dies gilt umso mehr, wenn der Käufer nicht in Deutschland, sondern in den USA seinen Hauptsitz hat. Obwohl solche Übernahmen fast schon an der Tagesordnung sind, bedeutet dies in der Regel nicht, dass die betroffenen Unternehmen hierfür auf Routinen zurückgreifen können. Die mit der Übernahme verbundenen Veränderungen werden oft unterschätzt, und es fehlen grundlegende Informationen. Deshalb gilt es zunächst, einige Fragen anzusprechen, die für das Verständnis der Situation hilfreich sind: Was sind typische erste Reaktionen, mit denen die Weichen in eine ungünstige Richtung gestellt werden? Warum sind deutsche Unternehmen für eine US-amerikanische Übernahme so attraktiv? Und warum wird der Faktor Zeit immer wieder unterschätzt?

    1.1 Es kann jeden treffen

    Stellen Sie sich vor: Sie wachen morgens auf, holen die Zeitung und lesen auf der ersten Seite, Ihre Firma wurde von einem US-amerikanischen Konzern gekauft. Sie haben nichts geahnt und dachten, dass es Ihre Firma niemals treffen würde. Ihr erster Gedanke ist: Das kann nicht sein! Es fühlt sich unwirklich an. In Ihrem Kopf beginnt sich ein Karussell zu drehen.

    Dann fahren Sie ins Büro und hören, wie Ihr Handy brummt und summt. Sie ahnen schon, was jetzt vor Ort los ist. Es gleicht einem Hühnerhaufen, alle rennen wie wild umher. Denn alle haben wie Sie auf dieselbe Art und Weise erfahren, dass die Firma verkauft wurde. Alles ohne Vorwarnung, und dann war die Presse schneller als Ihre Vorgesetzten.

    Typischerweise lautet nun die erste offizielle Kommunikation, dass sich nichts ändern wird. Dies ist leider meine Erfahrung aus der Praxis. Zunächst möchten Sie das natürlich glauben. Aber ich sage Ihnen: Wieso sollte alles beim Alten bleiben? Was wäre dann der Grund, warum Ihre Firma gekauft wurde? Stellen Sie sich vor, Sie kaufen eine gebrauchte Immobilie – ein Haus oder eine Wohnung. Lassen Sie hier auch alles beim Alten? Ich glaube nicht.

    Erst mit der Zeit werden die Auswirkungen deutlicher. Manchmal schleichend, manchmal gefühlt auf einen Schlag. Sie bekommen E-Mails von amerikanischen Kollegen und müssen auf einmal jemandem erklären, was Sie genau tun. Meist auch noch auf Englisch, was Sie noch mehr verunsichert. Letztendlich sind Sie enttäuscht, dass die Ankündigung, alles bleibe wie bisher, sich als falsch erweist. Denn es wird sich vieles ändern. Sie sollten also darauf gefasst sein, dass bei Ihnen irgendwann alles anders sein wird. Nicht besser, nicht schlechter, aber anders. Alte Hierarchien gelten nicht mehr. Der neue Vorgesetzte sitzt in den USA und kommt nur ab und zu bei Ihnen in Deutschland vorbei. Oder Sie sitzen öfter im Flugzeug in die USA statt in Deutschland das Geschäft voranzubringen.

    Aber Stopp – hier gibt es praxiserprobte Lösungen, um das alles leichter und besser zu bewältigen und nicht im Chaos unterzugehen. Viele Betroffene holen sich meist erst Unterstützung, wenn es (fast) schon zu spät ist. Das können Sie nun anders machen. Mit diesem Buch erhalten Sie eine Vorstellung, was auf Sie zukommt und was Sie als Nächstes tun müssen. Es schärft das Verständnis dafür, dass es nur gemeinsam als Team weitergeht. Durch diesen Prozess kommt keiner alleine durch. Aber er ist machbar, wenn man die richtigen Dinge zur richtigen Zeit tut.

    1.1.1 Sie müssen die Zeit nach der Übernahme nicht alleine schaffen

    Als wir damals gekauft wurden, haben wir eine Menge Lehrgeld bezahlt in Form von zahlreichen Überstunden bis in die Nacht und an den Wochenenden, die wir im Büro und nicht mit den Familien oder Freunden verbracht haben. Ich hätte mir gewünscht, dass wir nicht alles hätten alleine machen müssen. Seither habe ich viele Jahre als Interim- und Projektmanagerin mehrere Firmen über 6 Monate bis zu 2,5 Jahren nach ihrer Übernahme durch ein US-amerikanisches Unternehmen begleitet und unterstützt. Mein Know-how aus dieser Zeit und aus nahezu 20 Jahren Accounting-Expertise teile ich in diesem Buch mit Ihnen, damit Sie in dieser Situation nicht allein sind, sich vorbereiten können und gut durch den Integrationsprozess nach der Übernahme kommen.

    Ich habe für Sie die „Übernahme-Formel" entwickelt, die Sie bei sich im Unternehmen anwenden können. Eine Formel, die Ihre Aufmerksamkeit auf drei entscheidende Punkte lenkt. Die Umsetzung erfolgt dann mithilfe von 9 Bausteinen, sodass der Prozess geregelt und ohne Chaos für alle Beteiligten ablaufen kann.

    Durch das abgestimmte Vorgehen in Ihrem Unternehmen merken die Käufer nach kurzer Zeit, dass die Integration gut läuft. Sie haben weniger das Bedürfnis, einzugreifen, stehen nicht ständig auf der Matte, und die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass der Unternehmensführung jemand vor die Nase gesetzt wird. Der Prozess läuft so einfacher und auch schmerzfreier ab, und im Gesamten führt dies zu einem besseren Ergebnis für das Unternehmen und für Sie.

    1.1.2 Ihre Übernahme ist kein Einzelfall

    Wenn Sie glauben, dass Ihr Unternehmen eines von wenigen ist, das betroffen ist, muss ich Ihnen mitteilen: Eine Übernahme durch US-amerikanische Unternehmen ist alles andere als eine Ausnahme. Das statistische Bundesamt (Nahm und Söllner 2014, S. 758) verzeichnete bereits im Jahr 2012 insgesamt 3232 Unternehmen in Deutschland, die zu diesem Zeitpunkt eine Tochtergesellschaft eines amerikanischen Unternehmens waren. Sie können davon ausgehen, dass dieser Trend anhält. Allein für das Jahr 2016 berichtete die Publikation von Ernst & Young (2017, S. 11), die viertgrößte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Welt, von 162 Übernahmen deutscher Unternehmen durch Amerikaner. Eine Veröffentlichung des Börsenportals Finanzen100 (2019), das zu Focus Online gehört, bestätigt dies aufgrund einer Studie des Deutschen Investor Relations Verbandes (DIRK). Aus dieser Studie geht hervor, dass über ein Drittel der Aktien des DAX (Deutscher Aktienindex) in 2019 bereits in amerikanischer Hand war.

    1.2 Warum deutsche Unternehmen so spannend für US-Unternehmen sind

    Sie fragen sich sicherlich, wie es kommt, dass deutsche Unternehmen bei den Amerikanern so beliebt sind. Aber zunächst möchte ich Sie auf einen Exkurs einladen, denn auch auf deutscher Seite gibt es ein gesteigertes Interesse an einer Firmenübernahme durch ein US-amerikanisches Unternehmen.

    Schauen wir uns zunächst diese Zahlen an: Für die Zeit von 2018 bis 2022 schätzt das Bonner Institut für Mittelstandsforschung (Kay et al. 2018, S. 9), dass 150.000 Familienunternehmen in Deutschland einen Nachfolger suchen. Der Generationenwechsel im deutschen Mittelstand nimmt also Fahrt auf. Doch der wird viel zu selten gut geplant. Dabei wird vor allem deshalb über einen neuen Eigentümer nachgedacht, weil eine Nachfolge aus den eigenen Reihen nicht realisiert werden kann.

    2018 veröffentlichte ich einen Beitrag zum Thema „Generationenwechsel" auf Xing, und auch die Diskussionsteilnehmer teilten meine Sorge und sprachen davon, dass hier einiges zu tun ist. Gerade dann, wenn ein Verkauf an ein US-amerikanisches Unternehmen erfolgen soll, ist eine vollkommen neue Mentalität erforderlich. Vieles wird gerade in Familienunternehmen per Handschlag vereinbart. Der Inhaber kennt alle wichtigen Kontaktpersonen. Er weiß, wo er sich hinwenden muss, wo er in seinen Unterlagen nachschlagen kann, oder er hat die entscheidenden Informationen schlicht im Kopf. Doch dieses persönliche Wissen kann er nicht einfach zu einem Paket schnüren und mit übergeben. Sie können sich vorstellen, was dies für die Fortführung eines solchen Unternehmens bedeuten kann.

    1.2.1 Der Verkauf ist oft Plan B, wenn ein Nachfolger fehlt

    Inhaber von Familienunternehmen sollten das Thema Nachfolge nicht unterschätzen – und vor allem nicht, dass es dafür ein Konzept braucht, das Jahre vor dem Führungswechsel erarbeitet werden sollte. Es braucht immer einen Plan B. Nicht zuletzt steht ein Verkauf des Unternehmens zur Wahl, wenn eine Nachfolgeregelung aus eigener Kraft nicht möglich erscheint oder es schlicht an geeigneten Kandidaten fehlt.

    Bei einem meiner Kunden verunglückte der Eigentümer an einem Wochenende tödlich. Hier gab es keinen Plan B. Zwar gab es Führungskräfte, aber bis es wieder einigermaßen lief, dauerte es seine Zeit. Weiterhin betrauerten Mitarbeiter den Verlust und verknüpften das Unternehmen eng mit seinem Gründer. Nach einem Verkauf vier Jahre später wurde sehr deutlich, was dies für ein Unternehmen bedeuten kann: Die Mitarbeiter konnten oder wollten sich nicht auf Veränderungen einlassen – mit fatalen Folgen. Das Unternehmen ist mittlerweile erneut in einer Restrukturierung, die Mitarbeiter zeigen ihren Unmut auf Portalen wie kununu.com (Abschn. 8.​7) und die Fluktuation ist enorm. Auch hier handelte es sich um ein klassisches Familienunternehmen.

    1.2.2 Hidden Champions sind ein begehrtes Übernahmeziel

    Zurück zu den Gründen der Amerikaner, ein deutsches Unternehmen zu kaufen bzw. warum der Standort Deutschland der attraktivste Standort für die US-amerikanische Wirtschaft in Europa ist. Wer im Mittelstand tätig ist, kennt in der Regel den Begriff der Hidden Champions (versteckte Gewinner). In keinem anderen Land gibt es so viele Weltmarktführer wie in Deutschland. Sie gehören zum klassischen deutschen Mittelstand und sind eine Erfolgsgeschichte. Die Mehrheit – und zwar annähernd 60 % – der deutschen Beschäftigten arbeiten in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen (BMWi 2018, S. 2). Meist sind diese Unternehmen in privater Hand – teilweise schon seit Generationen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit umso größer, dass sie bei den US-amerikanischen Unternehmen als geeignetes Übernahmeziel angesehen werden.

    In den vergangenen Jahren haben die Übernahmen stetig zugenommen. Bei vielen Hidden Champions handelt es sich um Familienunternehmen, die aus der Familie heraus keine Nachfolger haben und sich daher nach Alternativen umschauen. Gleichzeitig sind Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitons, M&A) schon seit geraumer Zeit die wichtigste Möglichkeit zum Unternehmenswachstum (vgl. etwa Gertsen et al. 2000, S. 4; Adler und Gundersen 2007, S. 5 f.). So ist auf beiden Seiten das Interesse im Laufe der Jahre gewachsen und somit die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Szenario auch Sie in Ihrem Berufsleben (mindestens) einmal treffen wird.

    Was haben die potenziellen Übernahmekandidaten in Deutschland noch gemeinsam? Diese Unternehmen sind nicht unbedingt in den Großstädten zu finden, sondern weit verteilt meist außerhalb der großen Ballungszentren. Von dort haben sie nach und nach die Weltmärkte erobert. Nicht selten arbeiten in einem solchen Unternehmen ganze Generationen, und somit ist die Belegschaft intensiv mit dem Unternehmen verbunden. Die Mitarbeiter können es sich gar nicht vorstellen, dass sich etwas ändert.

    Der Endkunde selbst kennt die Marken oft nicht, auch wenn er deren Produkte nutzt. Besonders in der Automobilzulieferindustrie sind viele Hidden Champions vertreten und kaum mehr wegzudenken. Dies macht deutlich, weswegen deutsche Unternehmen so beliebt sind. Sie verfügen über Know-how und Patente, was ggf. dem Unternehmen, das kauft, im Portfolio fehlt oder eine gute Ergänzung darstellt. Außerdem lieben die Amerikaner die Marke „Made in Germany" und schätzen damit auch die Innovationskraft des Standorts Deutschland. Die deutsche Ingenieurskunst und die damit verbundene hohe Qualität sind das Rückgrat der Hidden Champions. Alles zusammen weckt in hohem Maße das Interesse der US-Amerikaner.

    1.3 Warum es nicht hilft, den Kopf in den Sand zu stecken

    Erinnern Sie sich an mein Beispiel des Immobilienkaufs? Veränderung ist nach einer Übernahme unabdingbar. Doch ich sehe in meinen Projekten meist, dass erst einmal der Kopf in den Sand gesteckt wird nach dem Motto: Nur nicht auffallen, dann wird es schon vorbeigehen. Quasi wie eine Grippe, durch die man durchmuss. Ich sage Ihnen etwas: Das geht nicht vorbei! Es kommt zwar über Nacht, aber es bleibt.

    In dieser Situation gibt es lediglich drei Alternativen: „Take it, change it or leave it." Ich weiß, das sind harte Worte, und als ich sie selbst damals zum ersten Mal gehört habe, dachte ich mir, wie kann man nur so etwas sagen. Mittlerweile weiß ich, dass diese Worte die Situation sehr gut zusammenfassen. Aber lassen Sie uns gemeinsam die drei Optionen durchgehen, die man in diesem Moment und eigentlich immer im Leben hat.

    Take it.

    Nehmen Sie die Situation an, so wie sie ist, und stellen Sie sich der Herausforderung! Aber wenn Sie sie annehmen, dann stehen Sie auch zu 100 % dazu. Da gibt es keine halben Sachen.

    Hin- und hergerissen zu sein, raubt Ihnen mehr Energie und Konzentration, als Sie es sich vielleicht vorstellen. Daher ist es besser, sich zu entscheiden. Sie müssen sich ja nicht gleich für die nächsten Jahre binden. Setzen Sie sich ein Datum, bis zu dem Sie sich jetzt entschließen können, dass Sie dabeibleiben und nicht mehr zweifeln. Bringen Sie sich ein und nehmen Sie so aus dieser Phase selbst viel mit für Ihren weiteren beruflichen Werdegang. Setzen Sie sich also selbst auch eigene Ziele für diese Zeit. Dies wird Ihren Fokus verändern und Sie entlasten.

    Change it.

    Ändern Sie die Situation, soweit Sie es können. Der Nachsatz ist wichtig. Ändern Sie das, was Sie ändern können. Geben Sie dem Ganzen eine Chance und öffnen Sie sich für das, was kommt. Nur weil sich etwas verändert, muss es nicht schlecht sein.

    Überlegen Sie selbst, was Sie tatsächlich ändern können. Dazu gehört, wie Sie mit der Situation und den Reaktionen Ihrer Kollegen umgehen. Möglicherweise möchten Sie die Chance nutzen und in eine andere Abteilung wechseln oder andere Aufgaben übernehmen. Prüfen Sie, womit Sie genau unzufrieden sind, was Sie belastet oder stört – statt in ein generelles Jammern zu verfallen. Überlegen Sie, was Sie stattdessen begeistern könnte. Nur wenn Sie genau hinschauen, können Sie Ihre Chancen zum Change entdecken.

    Leave it.

    Sie können sich mit den ganzen Veränderungen nicht arrangieren und Sie haben das Gefühl, es ist einfach nichts mehr wie es war. Sie wollen dem Ganzen bewusst keine Chance geben. Das ist ok! Dann gilt es jetzt, Entscheidungen zu treffen. Gerne mit dem Arbeitgeber zusammen, um für alle eine gute Lösung zu schaffen.

    Jeder von uns kennt den Kollegen, der irgendwie unglücklich mit seinem Job ist, aber nichts ändern will. Eine der häufigsten Begründungen lautet: „Da würde ich zu viel Geld verlieren, wenn ich jetzt wechsele." Klar, auch das ist verständlich. Aber es gibt so viel mehr Möglichkeiten da draußen, die nur erkennt, wer sich ernsthaft damit beschäftigt. Jeden Tag mit schlechter Laune zur Arbeit zu gehen und sich montags schon auf das Wochenende zu freuen, ist wohl nicht wirklich die beste Art, seine Lebenszeit zu verbringen. Oder sehen Sie das anders?

    Ich werde oft gefragt, was ich als die Beste der drei Alternativen empfinde. Dazu kann ich nur sagen: Die Entscheidung für die eine oder andere Option kann niemand treffen – außer Sie selbst (vgl. Berlemann 2018). Denn es ist Ihr Leben, und das liegt nun einmal in Ihrer Verantwortung. Aus meiner Projekterfahrung weiß ich: Seien Sie offen und schauen Sie sich an, was sich verändert. Nutzen Sie die Chance, um sich weiterzuentwickeln. Stecken Sie nicht den Kopf in den Sand. Definitiv ist das Neue anders, aber müssen Sie es sofort bewerten? Ich denke, wie gut Sie sich damit arrangieren können, kann nur die Zeit zeigen. Sie können jeden Tag neu entscheiden. Es zwingt Sie niemand, bei Ihrer Meinung zu bleiben.

    Tauschen Sie sich in Ihrem Netzwerk aus. Schauen Sie, was da passiert, und nutzen Sie die Zeit um dazuzulernen. Das ist sehr spannend – versprochen! Scheuen Sie nicht davor zurück, nach Weiterbildungsmöglichkeiten (vgl. Abschn. 8.​1 und 9.​5) zu fragen, die es Ihnen ermöglichen, den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Meine Bitte jedoch an Sie: Bleiben Sie fair und entscheiden Sie, wenn Sie das Ganze nicht mehr mittragen können oder wollen. Denn am Ende ist niemandem geholfen, wenn Sie keinen klaren Standpunkt für sich persönlich entwickeln. Ihnen nicht und den Kollegen auch nicht. Legen Sie also frühestmöglich die Karten auf den Tisch, wenn Sie einen anderen Weg einschlagen möchten, und suchen Sie mit Ihrem Vorgesetzten nach einer Lösung.

    1.4 Der unterschätzte Faktor Zeit

    Ich kann mich gut daran erinnern, als wir damals gekauft wurden. Zunächst passierte einige Monate tatsächlich gar nichts. Es sah so aus, als ob sich für uns nichts ändern würde. Wie sich herausstellte, war es die Ruhe vor dem Sturm. Der Mutterkonzern hatte gleichzeitig weitere Unternehmen übernommen, und so lag der Fokus zunächst nicht auf uns.

    Dann ging plötzlich alles Schlag auf Schlag und traf uns alle unvorbereitet. Die Flut an Anfragen konnten wir nur durch viele Überstunden abends und an den Wochenenden bewältigen. Wie aus dem Nichts kamen ständig neue Anforderungen. Zeit war jetzt das, was wir nicht (mehr) hatten. Alles musste schnell gehen. Am besten sofort und natürlich in der üblichen Qualität. Sie können sich vorstellen, was das für uns bedeutete.

    In dieser Situation hätten wir helfende Hände gebraucht, die aber so spontan nicht zu finden waren. Wir hätten jemanden gebraucht, der uns durch diese Veränderung führt. Wir waren damals auf uns alleine gestellt und wurden jeden Tag aufs Neue überrascht. Die Deadlines waren knallhart – Diskussionen ausgeschlossen. Wir hätten dazu auch überhaupt keine Zeit gehabt. Es ging darum, anzupacken und das gemeinsam durchzustehen. Unser Glück war, dass wir alle zusammenhielten und die Herausforderung als Team angenommen haben. Wir sahen auch keine andere Chance. Aufgeben oder Widerstand waren für uns damals kein Thema. So halfen manchmal nur Berge von Süßigkeiten als Motivationshilfe. Letztlich haben uns die gemeinsam bewältigten Herausforderungen zusammengeschweißt und gezeigt, was wir leisten können, wenn wir nur

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1