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Erfindungen, Patente, Lizenzen: Ratgeber für die Praxis
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eBook383 Seiten3 Stunden

Erfindungen, Patente, Lizenzen: Ratgeber für die Praxis

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Über dieses E-Book

Dieser Ratgeber behandelt die häufigsten Fragen in der patentanwaltlichen Erstberatung. Woran erkenne ich eine Erfindung? Wie kann ich meine Ideen schützen? Welche Rechte und Pflichten hat ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmererfinder? Was muss ich tun um internationalen Schutz für meine Innovationen zu erhalten? Wie recherchiere ich nach Schutzrechten und wie vermeide ich eine Schutzrechtsverletzung? Neben den Fragen des Patent- und Gebrauchsmusterrechts werden auch die Möglichkeiten des Marken- und Designschutzes dargestellt. Der Ratgeber gibt viele praxisrelevante Tipps und hilft bei kostenintensiven Entscheidungen.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum27. Jan. 2014
ISBN9783642419850
Erfindungen, Patente, Lizenzen: Ratgeber für die Praxis

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    Buchvorschau

    Erfindungen, Patente, Lizenzen - Renate Weisse

    Renate WeisseVDI-BuchErfindungen, Patente, Lizenzen4. Aufl. 2014Ratgeber für die Praxis10.1007/978-3-642-41985-0_1

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    1. Einleitung: Schutz von Ideen

    Renate Weisse¹  

    (1)

    Patentanwaltskanzlei Weisse, Berlin, Deutschland

    Renate Weisse

    Email: berlin@weisse-patent.de

    1.1 Vorüberlegungen

    1.2 Erfindungsbesitz

    1.3 Auswahl der Schutzrechtsart

    1.4 Nutzen einer Schutzrechtsanmeldung

    1.5 Aktive und passive Schutzrechtspolitik

    1.6 Auswahl des Anmeldezeitpunkts

    Zusammenfassung

    Unternehmerischer Erfolg wird häufig mit der Frage verbunden, wie innovativ ein Unternehmen ist. Innovationen begründen Wettbewerbsvorsprung. Dabei können innovative Ideen nicht nur technischer Art sein. Es stehen verschiedene Schutzrechte zur Wahl, mit denen Innovationen geschützt werden können.

    1.1 Vorüberlegungen

    Unternehmerischer Erfolg wird häufig mit der Frage verbunden, wie innovativ ein Unternehmen ist. Innovationen begründen Wettbewerbsvorsprung. Dabei können innovative Ideen nicht nur technischer Art sein. Neue Marketinginstrumente, ideenreiche Personalpolitik und ein überzeugendes Auftreten des Unternehmens und seiner Produkte am Markt beruhen häufig ebenfalls auf innovativen Ideen mit denen sich viel Geld verdienen lässt.

    Erfolg führt zu unerwünschter Nachahmung. Produktpiraten verärgern auch große Unternehmen und kleine Betriebe müssen befürchten, dass Weltunternehmen ihre Ideen einfach „einkassieren". Es stellt sich also die Frage, wie die Innovationen mit ihren zugehörigen Investitionen und die unternehmerische Leistung allgemein geschützt werden können.

    Wettbewerbshüter haben ein Interesse, den Wettbewerb zu fördern. Wettbewerb führt u. a. zu niedrigeren Preisen für die Verbraucher. Politisch ist Wettbewerb daher gewollt. Monopole hingegen sind politisch zumindest unbeliebt. Ein Monopolist steht im Verdacht, den Händler oder Verbraucher zu erpressen. Hohe Preise, Vorgaben bei Vertriebswegen und andere Händlerpflichten sind unerwünschte Nebeneffekte von Monopolen.

    Wirtschaftlich ist es aber das Ziel des Unternehmers ein Monopol oder zumindest einen Wettbewerbsvorsprung mit möglichst vielen Alleinstellungsmerkmalen zu erreichen. Es ist oft nur dann lukrativ Investitionen zu tätigen und Innovationen zu fördern, wenn ein Monopol als Belohnung in Aussicht gestellt wird, damit sich die Investitionen lohnen. Monopole werden daher in Form von „gewerblichen Schutzrechten" in der Regel zeitlich befristet und geographisch und sachlich beschränkt gewährt. Im Gegenzug muss der Schutzrechtsinhaber einige Verpflichtungen eingehen: technische Erfindungen und Gestaltungsleistungen müssen vollständig offenbart werden und eine Marke schützt nur solange sie auch im geschäftlichen Verkehr benutzt wird.

    Schützenswert sind dabei alle Aspekte geistigen Eigentums: technische Erfindungen, Know-How der Mitarbeiter, Reputation, Kundenlisten, Bezugsquellen, Designs und vieles mehr. Ob und wie das geht, ist Gegenstand dieser Ausführungen. Alle Ausführungen, Beispiele und Verweise beziehen sich auf Deutschland, sofern nicht explizit etwas anderes angegeben ist. Viele der Aspekte zur Vorgehensweise bei der Anmeldestrategie lassen sich aber auch auf Länder außerhalb Deutschlands übertragen.

    Je nach Branche stehen verschiedene Schutzmöglichkeiten zur Verfügung, die mit unterschiedlichem Aufwand verbunden und an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft sind. Während Urheberrechte automatisch entstehen, müssen die sogenannten „gewerblichen Schutzrechte" bei einer Behörde zum Schutz angemeldet werden und können ggf. nach Prüfung eingetragen oder erteilt werden. Diese Vorgänge sind komplex, verursachen Kosten und erfordern gewisse Kenntnisse.

    Umgekehrt sind Schutzrechte Dritter zu beachten. Langwierige und kostspielige Rechtsstreitigkeiten beispielsweise in Nichtigkeitsverfahren und Verletzungsprozessen können Ressourcen binden, die besser für die Entwicklung weiterer Innovationen genutzt werden. Ein Ingenieur hat in der Regel gar keine Lust, Juristen bei Gericht zu erklären, wie eine Technologie funktioniert und es ist schwierig, Unterschiede in Detailfragen so zu erläutern, dass eine sachgerechte Entscheidung ergeht. Strategische Überlegungen sind sinnvoll um unnötige Kosten zu vermeiden und ein optimales Verhältnis zwischen Schutz und den damit verbundenen Investitionen zu erreichen.

    1.2 Erfindungsbesitz

    ¹

    Zwischen materiellem Gut, d. h. Geld und Kapital, Grundstücken, Maschinen und dergleichen und dem geistigen Gut besteht ein grundlegender Unterschied, den man sich klarmachen muss, um den Sinn des Erfindungsschutzes zu verstehen: Wenn man materielles Gut überträgt, dann wechselt es seinen Besitzer. Derjenige, der es überträgt, hat es nicht mehr. Geistiges Gut lässt sich in diesem materiellen Sinne überhaupt nicht übertragen. Eine Idee oder eine Erfindung, die man einem anderen mitteilt, besitzen nach diesem Vorgang beide. Bei einer Veröffentlichung der Idee besitzt sie theoretisch jeder. Das geistige Gut vervielfältigt sich bei jeder Übertragung, das materielle nicht. Die Eigentumsverhältnisse am materiellen Gut lassen sich daher verhältnismäßig leicht und einfach gesetzlich regeln. Die Gesetze, die das geistige Eigentum sicherstellen sollen, müssen von Natur aus viel komplizierter sein.

    Natürlich kann nicht alles, was ein Mensch geistig produziert, sein geistiges Eigentum sein. Aus dem Kreis der vielfältigen geistigen Produkte muss der Gesetzgeber bestimmte auswählen und diese zum geistigen Eigentum des Urhebers erklären. Dabei muss das Gesetz diese Geistesprodukte der Verfügungsgewalt der Allgemeinheit, die sie ja auch besitzt, entziehen und dem Urheber durch einen Rechtsakt ein Eigentumsrecht einräumen. Dieser Rechtsakt der Schutzverleihung richtet sich demnach gegen die Allgemeinheit. Primär hat diese also ein Interesse daran, dass möglichst wenig zum geistigen Eigentum des Einzelnen erklärt wird. Bei diesen Überlegungen taucht nun sofort die Frage auf: „Warum schützt man dann überhaupt noch Ideen und Erfindungen? Steht nicht das Interesse der Allgemeinheit höher als die Belange des Einzelnen? Es muss deshalb dargelegt werden, weshalb ein solcher „geistiger Kommunismus den Fortschritt unmöglich macht und zwangsläufig zur geistigen und wirtschaftlichen Sterilität führt. Mit jeder schöpferischen Arbeit ist eine erhebliche geistige Anstrengung verbunden. Einfälle kommen nur scheinbar von selbst. Ihnen gehen oft ein jahrelanges „Wälzen des Problems", Versuche und Fehlschläge voraus. Zu dieser geistigen Bemühung gehört ein intensiver innerer Antrieb und finanzielle und zeitliche Investitionen, die erfahrungsgemäß nur von der Aussicht auf wirtschaftliche Vorteile gegeben werden können. Nun könnte man natürlich dafür sorgen, dass die Allgemeinheit, d. h. der Staat, den Erfinder unmittelbar durch eine Prämie oder sonstige Zuwendungen belohnt. Das erscheint viel einfacher als es ist.

    Die großen Schwierigkeiten, die eine wirtschaftliche Beurteilung und Bewertung einer Erfindung bietet, machen eine gerechte, unmittelbare Belohnung praktisch unmöglich. Gibt man dem Erfinder dagegen ein befristetes Monopolrecht auf die Auswertung der Erfindung, dann ist das Maß der Belohnung, die er in Geldeswert erhält, einem ganz natürlichen Regelvorgang unterworfen. Ist nämlich seine Erfindung wertlos oder versteht er es nicht, sie zum praktischen Einsatz zu bringen, so bleibt er trotz des ihm verliehenen Rechtes tatsächlich ohne Belohnung. Der Anreiz, die Erfindung auch wirklich zum Einsatz zu bringen, denn nur dann nützt sie der Allgemeinheit, fehlt vollkommen, wenn der Erfinder von Staats wegen unmittelbar belohnt und abgegolten würde.

    Es bedarf großer Anstrengungen und Aufwendungen um aus der Erfindungsidee ein brauchbares und nützliches Erzeugnis zu machen. In der Regel ist es nicht der Erfinder selbst, oder nicht allein, der das zu vollbringen hat. Diese Entwicklungsarbeit, die bei allen Erfindungen von vornherein mit dem Risiko des Nichtgelingens belastet ist, wird man nur vornehmen können, wenn auch dafür angemessene Gewinnchancen vorhanden sind. Eine staatlich gesteuerte und finanzierte technische Entwicklung ohne Privatinitiative führt, wie vielfältige Erfahrungen gezeigt haben, selten zum Erfolg. Das Monopolrecht an der Erfindung gibt dagegen auch dem Unternehmer Anreiz, besondere Aufwendungen und Anstrengungen bei der technischen Entwicklung zu machen.

    Somit wird durch ein Schutzrecht zugleich zweierlei erreicht, nämlich ein innerer Antrieb des Erfinders und ein Anreiz des Unternehmers, wobei die Rechtsverleihung an sich noch keine bare Münze ist, sondern erst durch viel nützliche Arbeit in wirtschaftlichen Nutzen umgewandelt werden muss.

    Im Bereich der Informationstechnologien und bei der Gentechnik ist die Vergabe von Monopolen durch Schutzrechte stark umstritten. Die sogenannte „Open-Source"-Bewegung argumentiert, dass Patente teuer sind und es für kleine Unternehmen praktisch unmöglich sei, alle Patente zu beachten, die erteilt wurden. Außerdem sei die Software ja durch das Urheberrecht in ausreichendem Maße geschützt. Entsprechend wurden Modelle (z. B. GNU – General Public License) entwickelt, nach denen jedermann kostenfrei die Nutzung der offenen Software ermöglicht wird.

    Die Argumentation greift aber so nicht. Zunächst einmal erhält der Entwickler der Software keine wirtschaftliche Belohnung. Jedes große Unternehmen kann die der Software zugrundeliegende Idee einfach übernehmen. Denn das Urheberrecht schützt nur das einfache Kopieren, nicht aber die dahinter steckende Idee. Auf diese Weise werden gerade kleine Unternehmen, die sich vehement gegen den Schutz von computerimplementierten Erfindungen wehren, stark benachteiligt. Natürlich sind Patentanmeldungen, die durch einen Patentanwalt betreut werden, mit Kosten verbunden. Wer aber Jahre in eine Entwicklung investiert hat, muss sich fragen, ob diese Kosten nicht gerechtfertigt sind, angesichts der gewöhnlich wesentlich höheren Entwicklungskosten, die geschützt werden sollen.

    Auch die Frage, ob ein kleines Unternehmen es sich leisten kann, in tausenden von Druckschriften zu recherchieren und die Schutzrechte von vermeintlich großen Unternehmen zu beachten, ist klar mit „Ja zu beantworten. Die Patentämter stellen kostenlose Datenbanken zur Verfügung, in denen nach Schutzrechten recherchiert werden kann. Alle Schutzrechte sind klassifiziert und die „einschlägigen Verdächtigen gut zu finden. Ein Patentanwalt ist hierfür gar nicht erforderlich. Im Gegenteil: recherchiert der Entwickler selber, lernt er bei der Durchsicht der Druckschriften des Wettbewerbs dazu und kann sich inspirieren lassen – auch wenn er nicht einfach kopieren darf. Der Patentanwalt kann dann ggf. zur Beurteilung besonders relevanter Druckschriften hinzugezogen werden. Was für den Maschinenbau oder die Chemie gilt, ist natürlich auch im Bereich computerimplementierter Erfindungen richtig.

    Wer also in Besitz einer Erfindung oder neuen Idee ist, sollte sich in jedem Fall gut überlegen, ob und wie das Gedankengut geschützt werden kann.

    1.3 Auswahl der Schutzrechtsart

    Neben den beiden technischen Schutzrechten, Patent und Gebrauchsmuster, stehen Designs (bisher: Geschmacksmuster), Marken (früher: Warenzeichen), Sortenschutz und der Schutz von Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen als sogenannte Registerrechte zur Verfügung. Diese Schutzrechte müssen bei der zuständigen Behörde, beispielsweise dem Deutschen Patent- und Markenamt bzw. dem Bundessortenamt, in Deutschland schriftlich beantragt werden. Demgegenüber wirken Urheberrechte und das Wettbewerbsrecht ohne gesonderten Antrag.

    In der Praxis haben der Sortenschutz und der Schutz von Topographien nur eine geringe Bedeutung. So wurden im Jahr 2011 58997 Patentanmeldungen, 69117 Markenanmeldungen, 15486 Gebrauchsmusteranmeldungen und 52585 Geschmacksmusteranmeldungen eingereicht². Demgegenüber wurden seit 2004 jährlich weniger als 10 Anmeldungen für den Schutz von Topographien³ eingereicht und insgesamt sind nur 1916 Sorten beim Bundessortenamt geschützt⁴.

    Die Auswahl des Schutzrechts richtet sich nach den Gegebenheiten. Häufig sind technische Schutzrechte mit einer besonderen Gestaltung verbunden, die nicht nur technisch bedingt ist. Dann kann der technische Aspekt des Produkts als Erfindung mittels Patent oder Gebrauchsmuster (z. B. wie in Abb. 1.1) und die äußere Gestaltung als Design (z. B. Abb. 1.2) geschützt werden. Das Patent schützt die Erfindung unabhängig von ihrer äußeren Erscheinung, während das Design die äußere Erscheinung unabhängig davon schützt, ob die Technologie der Erfindung mit allen Merkmalen verwirklicht ist oder nicht.

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    Abb. 1.1

    Darstellung aus dem Deutschen Patent 15602 von Thomas A. Edison aus dem Jahr 1880. (Bildrechte: keine; aus dem Register des DPMA)

    A316932_4_De_1_Fig2_HTML.jpg

    Abb. 1.2

    Darstellung des Geschmacksmusters DE 40603810-0001.1 der Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft. (Bildrechte: Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft; aus dem Register des DPMA)

    Zeichen, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, sind als Marke schutzfähig. Das können neben Namen und Logos auch Hörzeichen, die Form einer Ware oder die Verpackung sein. Auch hier kann möglicherweise Schutz sowohl als Marke und als auch als Design erreicht werden. Mit einer Marke (z. B. Abb. 1.3 ⁵) wird die Reputation eines Unternehmens und beispielsweise der Werbeaufwand vor Nachahmern geschützt. Beispiele für sehr bekannte Marken sind Apple, IBM und Google, die im geschätzten Wert vor McDonalds und Coca Cola liegen. Die Marke der Deutschen Telekom rangiert weltweit auf Platz 20.⁶

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    Abb. 1.3

    Wiedergabe der deutschen Marke Nr. DD2075 der Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH vom 20.05.1875. (Bildrechte: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH; aus dem Register des DPMA)

    1.4 Nutzen einer Schutzrechtsanmeldung

    Die Entscheidung, die – bei Vorliegen eines grundsätzlich schutzfähigen Produkts – zu treffen ist, ist die, ob die Erfindung zum Patent, Gebrauchsmuster, Design oder als Marke angemeldet werden soll. Es ist die Frage, ob sich eine solche Anmeldung lohnt. Dies sei am Beispiel einer Erfindung erläutert, für welche hier die Patentfähigkeit angenommen sei.

    Das Patent soll dazu führen, dass vom Erfinder selbst oder einem Lizenznehmer die Erfindung in ein nützliches Produkt umgesetzt wird und dass sowohl der Erfinder als auch der Lizenznehmer damit Geld verdienen. Wenn das nicht das Ziel ist, dann sollte man von einer Patentanmeldung Abstand nehmen. Wem es nur um die wissenschaftliche Ehre geht, der sollte in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publizieren.

    Wenn die Erfindung wirtschaftlich verwertet werden soll, der Erfinder also nicht nur wissenschaftliche Lorbeeren, sondern Euro verdienen will, dann stellt sich in manchen Fällen immer noch die Frage, ob zu diesem Zweck eine Patentanmeldung sinnvoll ist. Das hängt häufig von der Natur der Erfindung ab. Hierzu einige Beispiele:

    Die Erfindung bestehe aus einer recht komplizierten Apparatur, die sehr viel Know-How erfordert, beispielsweise eine Apparatur zur Messung eines exotischen physikalischen Effektes. Die Erfindung sei auch wirtschaftlich verwertbar. Der tatsächliche Bedarf an solchen Apparaturen sei aber weltweit sehr begrenzt. Dann sollte der Erfinder Apparaturen nach seiner Erfindung herstellen und verkaufen. Sein Know-How gibt ihm einen Vorsprung. Andere müssten die Apparatur mit großem Aufwand entwickeln und fänden schon einen Wettbewerber vor, nämlich den Erfinder und einen weitgehend gesättigten Markt. Hier bringt ein Patent mangels zu erwartenden Wettbewerbs nichts. Das gilt im Übrigen auch, wenn die Erfindung etwa durch Lizenzvergabe verwertet werden soll. Hier dürfte ein Lizenznehmer auch an einer reinen „Know-How"-Lizenz interessiert sein.

    Das zweite Beispiel: Die Erfindung bestehe im Wesentlichen aus einer Schaltung, die in einem ASIC versteckt werden kann, oder einem Programm, mit dem ein in einem Gerät vorgesehener Prozessor arbeitet. Hier ergeben sich zwei Fragen: Kann ein Wettbewerber aus dem auf den Markt gebrachten Gerät die Schaltung oder das Programm feststellen und nachahmen? Das wird häufig zu verneinen sein, insbesondere, wenn es sich um teure Geräte handelt, die der Wettbewerber nicht ohne großen Aufwand erwerben und untersuchen kann. Oder wenn besondere Vorkehrungen getroffen sind, um eine solche Feststellung, z. B. das Auslesen eines Programms, zu verhindern. In einem solchen Fall kann die Erfindung auch als Betriebsgeheimnis behandelt oder – von dem Erfinder – in Form einer Know How-Lizenz verwertet werden. Ein Patent, das den Zweck hat, andere an der Benutzung der Erfindung zu hindern, wäre dann nicht erforderlich. Im Gegenteil: In einer Patentanmeldung muss die Erfindung so genau beschrieben werden, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Damit wird die Öffentlichkeit und damit auch der Wettbewerb „schlau gemacht". Das ist Zweck eines Patentes. Es ist zu fragen: Kann an den Produkten des Wettbewerbs eine Patentverletzung ohne Weiteres festgestellt werden? Wenn der Wettbewerb aus dem Gerät nicht feststellen kann, wie die Erfindung funktioniert, dann wird es die gleichen Schwierigkeiten geben festzustellen, ob der Wettbewerb das Patent benutzt. Auch das wäre ein Fall, wo man von einer Patentanmeldung absehen kann.

    Ein dritter Fall: Eine Erfindung ist sehr kurzlebig. Auf manchen Gebieten der Technik ist die Entwicklung so rasant, dass man von manchen Erfindungen bereits weiß: Die sind in zwei oder drei Jahren schon überholt. So lange dauert es aber im Allgemeinen selbst bei größtmöglicher Beschleunigung des Verfahrens, bis ein Patent überhaupt erteilt wird. Es würde dann eine Erfindung geschützt, die zum Zeitpunkt der Patenterteilung schon technisch überholt ist. In diesem Falle sollte man unter Umständen überhaupt auf eine Schutzrechtsanmeldung verzichten oder sich mit einem Gebrauchsmuster begnügen.

    Neben den Gründen, die von einer Patentanmeldung abraten, gibt es natürlich viele Gründe dafür eine Schutzrechtsanmeldung einzureichen:

    Einem Unternehmen gibt das Schutzrecht die Möglichkeit, Wettbewerber von der Benutzung einer Erfindung oder eines Designs auszuschließen und damit einen Vorsprung im Wettbewerb zu erlangen.

    Selbst dann, wenn der Schutzbereich eines zu erlangenden Patentes relativ gering sein sollte und vom Wettbewerber durch eine andere Konstruktion umgangen werden kann, kann ein Patent wertvoll sein. Es verhindert nämlich den unmittelbaren Nachbau. In einem Erzeugnis steckt meist nicht nur die erfinderische Grundidee, sondern auch sehr viel nicht geschützte Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit in Form von Berechnungen, Zeichnungen, Materialauswahl, Versuchsergebnissen usw. Das sind gespeicherte Entwicklungskosten und Arbeitsstunden, die nicht geschützt sind. Wenn ein Produkt auf den Markt kommt und keinerlei Schutzrecht besteht, dann kann ein Wettbewerber nicht nur die dem Produkt zu Grunde liegende erfinderische Idee benutzen, sondern auch die durch das Produkt offenbarte, ungeschützte Konstruktion. Er kann so die Entwicklungsarbeit sparen, was sich u. U. in einem niedrigeren Preis des nachgeahmten Produktes niederschlägt.

    Durch den Patentschutz wird somit nicht nur die erfinderische Idee als solche abgesichert, sondern auch indirekt die – nicht geschützte – Entwicklungsarbeit. Ein Nachahmer kann dann zwar versuchen das Patent zu umgehen. Dann muss er aber mit entsprechenden Kosten eine vollständig neue Konstruktion erstellen. Er kann nicht einfach „abkupfern".

    Es gibt grundlegende Erfindungen, die z. B. einen Gerätetyp grundsätzlich schützen. Wenn man ein Patent auf eine solche Erfindung erlangt, dann kann man ein mehr oder weniger großes, technisches Gebiet allein mit diesem Patent vollständig sperren. Wenn das nicht möglich ist, weil der Grundgedanke bekannt ist, dann kann man ein praktisches Monopol dadurch erlangen, dass man ein Bündel von Schutzrechten auf die verschiedenen Details der Konstruktion anmeldet. Jedes dieser Detail-Schutzrechte könnte wahrscheinlich umgangen werden. Das Bündel von Schutzrechten aber liefert praktisch ein Monopol.

    Man kann das durch ein Bild veranschaulichen: Man kann das Bestellen eines Ackers dadurch verhindern, dass man um den Acker einen Zaun zieht und ein Schild: „Betreten verboten! aufstellt. Das wäre die Wirkung eines Grundpatentes auf ein technisches Gebiet. Wenn das nicht möglich ist, dann kann man den Acker mit einer Vielzahl von Wackersteinen belegen. Dann kann man zwar um jeden einzelnen dieser Steine herum pflügen, aber nur, um dann auf einen anderen Stein zu treffen. Ein Weg des Pfluges um alle Steine herum wäre sehr gewunden und aufwendig. Die „Wackersteine sind die Patente auf technische Details.

    Für einen freien Erfinder, der seine Erfindung durch Lizenzvergabe verwerten will, ist ein Patentschutz praktisch unabdingbar. Großunternehmen nehmen Lizenzangebote grundsätzlich nur entgegen, wenn der Anbieter ein Patent oder mindestens eine Patentanmeldung hat. Sie lassen sich unterschreiben, dass die Lizenzverhandlungen nur das patentrechtlich Geschützte zum Gegenstand haben. Erst dann nehmen sie das Lizenzangebot überhaupt zur Kenntnis. Das hat Gründe: Es kann beispielsweise sein, dass das Unternehmen schon selbst ähnliche Arbeiten vorliegen hat und später nutzt oder selbst zum Patent anmeldet. Dann kann es u. U. später zu unangenehmen Auseinandersetzungen kommen, wenn der anbietende Erfinder behauptet (und vielleicht subjektiv überzeugt ist) die Erfindung sei ihm „gestohlen" worden. Durch eine Patentanmeldung liegen Inhalt und Zeitrang einer angebotenen Erfindung fest.

    Neben dem originären Zweck eines Schutzrechts ein Monopol zu schaffen, gibt es aber auch weitere Gründe für eine Anmeldung, die nicht zu vernachlässigen sind. Jedes Schutzrecht wird früher oder später veröffentlicht. Es bildet dann einen sogenannten „Stand der Technik oder „Älteres Recht, der Dritte daran hindert, den geschützten Gegenstand zu einem späteren Zeitpunkt für sich zu schützen. Dies gilt bei Schutzrechten mit Neuheitserfordernis, d. h. bei Patenten, Gebrauchsmustern und Designs, selbst dann, wenn das Schutzrecht abgelaufen ist. Selbst wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass die Idee oder das Schutzrecht nicht weiterverfolgt werden soll, so sichert eine Anmeldung einen Anmeldetag, der als Nachweis der Inhaberschaft an diesem Tag geeignet ist. Dem späteren Vorwurf des „Ideenklaus" kann so auf einfache Weise begegnet werden. Ein Schutzrecht kann wie jeder andere Vermögensgegenstand auch Gegenstand einer Übertragung, Verpfändung oder Lizensierung sein. Die Schutzrechtspolitik eines Unternehmens wird daher von Investoren genau beobachtet. Fehlen wichtige Schutzrechte, kann dies die Marktstellung des Unternehmens nachhaltig schwächen.

    Ein Unternehmen, das regelmäßig Schutzrechte anmeldet, bildet mit der Zeit einen Fundus an Stand der Technik, der es Wettbewerbern erschwert, auf dem gleichen Gebiet Fuß zu fassen. Häufig muss der Wettbewerber daher einen völlig anderen Lösungsweg einschlagen, der ihn zu eigenen Entwicklungen zwingt. Der Wettbewerber hat also ebenfalls Entwicklungskosten, die sich bei seiner Preisgestaltung bemerkbar machen. Er kann den Preis nicht einfach dadurch unterbieten, dass er sich die Entwicklungskosten spart. Schutzrechte haben auf diese Weise nicht nur die unmittelbare Wirkung etwa im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs im Verletzungsverfahren, sondern auch langfristige Wirkungen. Häufig merkt der Schutzrechtsinhaber gar nichts davon, dass die Schutzrechte beobachtet und beachtet werden. Das Schutzrecht wird ja nicht verletzt. Trotzdem stellt es den Wettbewerb vor Herausforderungen, die die Wettbewerbsstellung des Schutzrechtsinhabers verbessert. Insofern verhält es sich wie eine Haftpflichtversicherung: man sollte sie haben, aber hoffentlich braucht man sie nicht.

    1.5 Aktive und passive Schutzrechtspolitik

    Die Anmeldung und Aufrechterhaltung von Schutzrechten kostet Geld. Bei weltweit agierenden Unternehmen sogar viel Geld. Keiner ist verpflichtet, seine Ideen zum Schutzrecht anzumelden. Die Idee kann – vorausgesetzt es gibt keine Schutzrechte Dritter – verwirklicht werden ohne derlei Kosten zu verursachen. Wenn ein anderes Unternehmen z. B. ein störendes Schutzrecht anmeldet, könnte man Einspruch erheben oder Nichtigkeitsklage einreichen. Man könnte sogar nur ein Vorbenutzungsrecht geltend machen, für den Fall, dass man aus einem solchen späteren Schutzrecht in Anspruch genommen wird. Das kostet noch weniger.

    Man könnte weiterhin argumentieren, dass diese „passive" Politik den großen Vorteil hat, dass die Ideen und Technologien geheim gehalten werden, bis das Produkt tatsächlich auf den Markt kommt und es auch dann für den Wettbewerber schwierig ist, die Technologie bis ins letzte Detail z. B. durch Retro-Engineering nachzuvollziehen. Schließlich besteht die Möglichkeit Lizenzen zu nehmen, falls ein Schutzrechtsinhaber eine Schutzrechtsverletzung behauptet.

    Eine solche „passive" Schutzrechtspolitik ist mit großen Risiken verbunden. Nicht immer ist der Schutzrechtsinhaber bereit eine Lizenz zu erteilen. Das führt ggf. zu einem Verletzungsprozess. Das Risiko eines Schutzrechtsinhabers im Verletzungsverfahren ist im schlimmsten Fall das Prozesskostenrisiko. Der Verletzer hingegen riskiert im Falle des Unterliegens neben den Prozesskosten und dem zu zahlenden Schadensersatz auch, dass er sein Produkt nicht mehr vertreiben

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