Patente in der Praxis: Einführung für Ingenieure und Naturwissenschaftler beim ersten Umgang mit technischen Schutzrechten
Von Stefan Basler
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Über dieses E-Book
Das Buch gibt einen Einblick in die Gewerblichen Schutzrechte, im speziellen, Patente und Gebrauchsmuster. Es ist in drei Hauptkapitel eingeteilt. Das erste Kapitel gibt eine kompakte Einführung in das Patentwesen und führt wesentliche Begriffe ein. Das zweite Kapitel erläutert die Elemente einer Patentschrift. Der Leser lernt in kurzer Zeit, eine Schrift zielgerichtet zu lesen und für sich zu bewerten. Das dritte Kapitel nimmt sich verschiedener Themen an, die für Personen von Interesse sein werden, die in ihrer Fachabteilung weiterführende Aufgaben im Patentwesen innehaben oder übernehmen möchten. Ausführliche Literaturlisten geben Hinweise für weiterführende Literatur der Patentämter und allgemeiner Natur.
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Buchvorschau
Patente in der Praxis - Stefan Basler
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
S. BaslerPatente in der Praxishttps://doi.org/10.1007/978-3-658-29630-8_1
1. Einführung in die technischen Schutzrechte
Stefan Basler¹
(1)
Brigachtal, Deutschland
Stefan Basler
Email: stb_1@gmx.de
Zusammenfassung
Warum sind technische Schutzrechte so wichtig und interessant und welche Bedeutung haben diese in der Praxis? An dieser Stelle findet sich eine kurze Einführung in das Patentwesen und werden wichtige Begriffe eingeführt.
1.1 Was macht Patente so interessant?
An keiner anderen Stelle ist technisches Wissen so umfangreich und so geordnet dokumentiert wie in der Patentliteratur¹. Es wird sogar angenommen, dass 2/3 des technischen Wissens ausschließlich in technischen Schutzrechtsschriften veröffentlicht ist. Wieso ist das so? Eines der Grundprinzipien im Patentwesen ist das der Dualität des gewerblichen Rechtsschutzes. Die zwei Funktionen, auf die dabei Bezug genommen wird, sind zum einen die Schutzfunktion für technische Erfindungen und zum anderen die Informationsfunktion.
Sind Monopole eigentlich verboten, um den Wettbewerb zu fördern, so ist bei den gewerblichen Schutzrechten das Monopolrecht gesetzlich verankert. Der Staat bietet demjenigen der eine technische Erfindung zu einem Patent oder einem Gebrauchsmuster anmeldet ein zeitlich und regional begrenztes Monopol an (Schutzfunktion, Ausschließlichkeitsrecht). Ein Unternehmen kann so seine Innovationen vor Nachahmern schützen. Die Innovationstätigkeit wird unterstützt und die damit verbundenen Investitionen werden abgesichert. Dem Monopolrecht bzw. dem Besitz von Schutzrechten sind mehrere Möglichkeiten und Chancen zuzuordnen:
.
Direkter wirtschaftlicher Nutzen durch das exklusive Recht Produkte und Dienstleistungen anzubieten und Umsatz daraus zu erwirtschaften.
Schaffung von Alleinstellungsmerkmalen gegenüber dem Wettbewerb (engl.: „unique selling point"; USP).
Blockieren des Wettbewerbs in seiner Handlungsfreiheit (auch durch Schutzrechte, die selbst nicht genutzt werden).
Erlösen von Lizenzeinnahmen durch ausschließliche oder nicht-ausschließliche Überlassung an einen oder mehrere Lizenznehmer.
Darstellung des Unternehmens oder des Erfinders als Innovator.
Steigerung des Unternehmenswertes, da Schutzrechte einen immateriellen Vermögenswert darstellen.
Verwirren des Wettbewerbs durch irreführende Veröffentlichungen.
Positive Darstellung gegenüber Investoren und Anteilseignern.
Zum Ausgleich für die Schutzfunktion ist geregelt, dass gewerbliche Schutzrechte öffentlich gemacht werden (Informationsfunktion). Durch die Offenlegung wird neues technisches Wissen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht², was wiederum die Innovationstätigkeit Dritter befördert. Andererseits wird über die Veröffentlichung über ein Schutzbegehren informiert, d. h. eine Technologie, die geschützt werden soll bzw. ist. Der Informationsfunktion wird oft, aber völlig zu Unrecht, eine untergeordnete Rolle zugewiesen. Die folgende Auflistung verdeutlicht die Vorteile der Kenntnis der veröffentlichten Patentliteratur:
.
Vermeiden von Patentverletzungen und somit Sicherstellen der eigenen Handlungsfreiheit.
Vermeiden von Doppelentwicklungen durch Anlehnung an bekannte frei umsetzbare Lösungsansätze.
Finden von Impulsen für neue Innovationen.
Beobachten der technischen Aktivitäten von Wettbewerbern und Technologieanbietern.
Feststellen von Lizenzierungsmöglichkeiten für neue Technologien.
Identifizieren von Lücken in den technischen Schutzrechten, die durch eigene Erfindungen beansprucht werden können.
All diese Aktivitäten sind Bestandteil des Innovationsmanagements. Entsprechend sollte das Patentwesen fest in Innovations-, Technologie- und Produktentstehungsprozessen von Unternehmen verankert sein.
Sieht man sich die beiden Auflistungen an, fällt schnell auf, dass die Aspekte positiv wirken, wenn man selbst im Besitz eines Schutzrechts ist. Dies kehrt sich aber um, wenn man mit Schutzrechten Dritter konfrontiert ist. Diese Wechselwirkung macht den gewerblichen Rechtsschutz so spannend – auch für Ingenieur*innen und Naturwissenschaftler*innen in Fachabteilungen³.
1.2 Einführung in das Patentwesen und Begriffsbestimmung
In diesem Kapitel werden verschiedene Themen und Begriffe rund um das Patentwesen angesprochen und Konventionen für dieses Buch festgelegt, die zum Studium von Kap. 2 und 3 relevant und nützlich sind.
Ist einer der Grundsätze für dieses Buch auf Fachjargon zu verzichten, lässt er sich dennoch nicht völlig vermeiden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Zusammenhänge in Gesprächen mit Patentexperten, im Umgang mit Schutzrechten und der einschlägigen Literatur verloren gehen. Letztlich handelt es sich beim Patentrecht um ein juristisches Fachgebiet mit präziser Sprache. Verzichtet wird allerdings konsequent auf Verweise zu den Normen des Patentrechts (Gesetze, Verordnungen, usw.) sowie einer ausführlichen Einführung in das Patentwesen und dessen Geschichte. Hierzu gibt es viel und umfangreiche Literatur – sei es als Fachbuch [2–20], Veröffentlichungen der Patentämter [21] oder Normtexte, wobei [22] auch eine Einführung enthält, die einiges über das Entstehen des Patentwesens und die Wesenszüge des deutschen und internationalen Patentrechts erläutert. Auch im Themenfeld allgemeines Management, Innovations- oder Technologiemanagement spielt der Technologieschutz eine wichtige Rolle und wird in entsprechenden Büchern berücksichtigt [23, 24, 25–27, 39]. Hilfreich sind auch einige auf das Patentwesen spezialisierte Internetseiten [1, 28, 29, 30]. Ferner gibt es zahlreiche Dissertationen zu Forschungsthemen rund um den gewerblichen Rechtsschutz (z. B. [31, 32, 33–36]).
Der gewerbliche Rechtsschutz umfasst die Schutzrechte der Patente (engl.: „Patents), Gebrauchsmuster (engl.: „Utility Model
), Marken (früher Warenzeichen; engl.: „Trade Marks) und Designs (ehemals Geschmacksmuster; engl.: „Industrial Design
). Dieses Buch beschäftigt sich ausschließlich mit den Patenten und Gebrauchsmustern, also den technischen Schutzrechten oder umgangssprachlich mit dem Patentwesen. Konsequenterweise müsste in diesem Buch meist von den technischen Schutzrechten die Rede sein. Das kann beim Lesen allerdings eintönig werden. Aus diesem Grund werden die Begriffe Patent, gewerbliches Schutzrecht und technisches Schutzrecht oder schlicht Schutzrecht synonym verwendet – auch wenn dies patentrechtlich nicht immer korrekt ist⁴ Der Begriff des Gebrauchsmusters wird dann verwendet, wenn sich ein Aspekt ausschließlich auf ein solches bezieht. Dieses Vorgehen wird auch deshalb als legitim betrachtet, da dieses Buch sich primär auf Inhalte fokussiert und nur sekundär auf die formal rechtlichen Aspekte.
Im Zusammenhang mit dem gewerblichen Schutzrecht wird oft die englische Bezeichnung „Intellectual Property" verwendet (eigentlich „Intellectual Property Rights"; kurz: IP). Steht diese in der wörtlichen Übersetzung für das geistige Eigentum allgemein wird es im deutschen Sprachgebrauch mit dem wirtschaftlich orientierten Umgang damit verknüpft, in Unternehmen konkret mit den gewerblichen