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Predictive Intelligence für Manager: Der einfache Weg zur datengetriebenen Unternehmensführung – mit Self-Assessment, Vorgehensmodell und Fallstudien
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Predictive Intelligence für Manager: Der einfache Weg zur datengetriebenen Unternehmensführung – mit Self-Assessment, Vorgehensmodell und Fallstudien
eBook552 Seiten4 Stunden

Predictive Intelligence für Manager: Der einfache Weg zur datengetriebenen Unternehmensführung – mit Self-Assessment, Vorgehensmodell und Fallstudien

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Über dieses E-Book

Dieses Buch beschreibt, wie Unternehmen pragmatisch und ohne externe Unterstützung den Weg hin zu einem datengetriebenen Unternehmen aufsetzen und realisieren können. Anhand des Predictive Intelligence (PI)-Ökosystems werden die wichtigsten Begriffe eingeführt und erklärt. Das PI-Reifegradmodell beschreibt in welchen Phasen Sie ein PI-Ökosystem im Unternehmen aufbauen können. Der PI-Selbsttest hilft Managern zu erkennen, von wo aus sie starten müssen. Zusätzlich wird erstmals ein Bauplan für einen PI-Tech-Stack definiert, das zeigt, wie IT-technisch das Thema unterstützt werden kann – die gute Botschaft: das geht ohne große Investitionen. Das PI-Kompetenzmodell fasst abschließend alle Elemente in ein Handlungsmodell für das Unternehmen zusammen. Das gesamte Buch ist mit Beispielen aus der Praxis untermauert. Drei Fallstudien zeigen, wie Predictive Intelligence kurzfristig, mittelfristig als auch langfristig im Sinne einer datengetriebenen Unternehmensführung gewinnbringend eingesetzt werden kann.
Aus dem Inhalt
  • Warum nur mit Predictive Intelligence das Überleben in einer disruptiven Wirtschaft möglich ist
  • Der Unterschied zwischen Business Intelligence, Data Science und Predictive Intelligence.
  • Die relevanten und wichtigen Begriffe im Umfeld der Predictive Intelligence
  • Das Vorgehens- und Kompetenzmodell zur Predictive Intelligence
  • Der Bauplan für den perfekten PI-Tech-Stack im Zusammenspiel mit Mar-Tech-Stack und Sales-Tech-Stack
  • Das Predictive-Intelligence-Team – das Kompetenz-Modell für dessen Aufbau und Entwicklung
  • Mit vielen Beispielen aus der Praxis, drei Fallstudien und einem PI-Self-Assessment



SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum28. Mai 2021
ISBN9783662627761
Predictive Intelligence für Manager: Der einfache Weg zur datengetriebenen Unternehmensführung – mit Self-Assessment, Vorgehensmodell und Fallstudien

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    Buchvorschau

    Predictive Intelligence für Manager - Uwe Seebacher

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021

    U. SeebacherPredictive Intelligence für Managerhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62776-1_1

    1. Predictive Intelligence und die ökonomischen Grundprinzipien

    Uwe Seebacher¹  

    (1)

    Graz, Österreich

    1.1 Woher kommen wir?

    1.2 Wie das industrielle Management entstand

    1.3 Welche Rolle spielt die Trennung von Eigentum und Management?

    1.4 Welche sind die aktuellen Herausforderungen

    1.5 Auch die ökonomischen Grundprinzipien werden disruptiert

    1.6 Welche Rolle spielt die Corona-Pandemie?

    1.7 Was wissen wir?

    Literatur

    Zusammenfassung

    Dieses Kapitel skizziert, warum das Thema der Daten-getriebenen(e) Unternehmensführung und der vorausschauenden Intelligenz in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung ist. Unternehmen und deren Manager, die nicht die Zeichen der Zeit erkennen und bereits jetzt eine eigene Predictive Intelligence aufbauen, werden zwangsläufig das Nachsehen haben. Warum dem so ist, wird in diesem Kapitel fundiert diskutiert.

    1.1 Woher kommen wir?

    Die angloamerikanischen Managementhistoriker sind sich einig, dass die Ausübung von Managementaufgaben im Sinne der Unternehmenssteuerung im heutigen Sinn erstmals im Zuge der Industrialisierung ab 1750 nachzuweisen ist (Pollard 1965; George 1972; Wren 1979). Sie sind es, die aber auch verdeutlichen, dass es bereits in der Antike Funktionen gab, die man aus heutiger Sicht als Management bezeichnen kann. Allerdings fehlte zum damaligen Zeitpunkt noch die ökonomische Orientierung. Hintergrund dafür war die generelle Geringschätzung des ökonomischen und leistungsorientierten Denkens, vor allem durch Religion und Philosophie sowie feudale Gesellschaftsverhältnisse bedingt.

    Probleme im Bereich von Organisation und Führung traten zu dieser Zeit vor allem bei der Verfolgung religiöser, politischer und militärischer Ziele auf. So verweisen die Managementhistoriker darauf, dass schon mit der Entstehung der ersten Konglomerate mit formalen Strukturen bei den Ägyptern im Bereich von großen Bewässerungs- aber auch Pyramidenprojekten, den Hebräern im Bereich der Gesetze Moses, aber auch den Chinesen in Bezug auf die Beratung durch Stäbe, den Babyloniern und Indern hinsichtlich der Aufzeichnung zum Zweck der Steuereintreibung bis hin zu den Griechen bezüglich der Arbeitsteilung im Handwerk und auch den Römern zur Entwicklung der Infrastruktur des römischen Reiches Management-Prinzipien und Techniken zur Anwendung kamen.

    Im Verlauf der Kreuzzüge traten neben religiösen und machtpolitischen erstmals auch ökonomische Interessen in den Mittelpunkt. In dieser Zeit haben sich Handel und Bankwesen ausgehend von Oberitalien und hier vor allem von Venedig ausgehend entwickelt, aber selbst bei der umfassenden Fertigung von Waffen, Schiffen und Tonprodukten verließ man sich nach wie vor auf handwerkliche Produktionsweisen. Es waren somit erst die sozialen, politischen, technologischen und ökonomischen Veränderungen des 18. Jahrhunderts, die zur Industrialisierung führten und somit die Notwendigkeit als auch die Voraussetzung für Entwicklung des Managements in ökonomischen Organisationen schufen (Michel 1953; Bendix 1960).

    1.2 Wie das industrielle Management entstand

    Die industrielle Revolution kann somit als Geburtsstunde des industriellen Managements und somit der modernen Unternehmensführung erachtet werden. Ausgehend von der Industrialisierung Mitte des 18. Jahrhunderts in England vollzog sich in weiterer Folge gegen Ende des 18. Jahrhunderts auch die Industrialisierung in Deutschland. Zu dieser Zeit lebten noch 85 % der Bevölkerung auf dem Lande (Kocka 1983). Die Industrialisierung in Deutschland führte zur Vereinheitlichung der Währung und Wirtschaftspolitik sowie zur Schaffung eines wirtschaftlichen Großraums, denn noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Deutschland in eine Vielzahl von Einzelstaaten zersplittert. Die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse, der Gesundheitsfürsorge sowie der Ernährung führte zu einer signifikanten Senkung der Sterblichkeitsrate. Das Bevölkerungswachstum führte zu sinkenden Lohnkosten aufgrund einer hohen Nachfrage nach Arbeit. Durch flankierende staatliche Maßnahmen, wie Abschaffung der behördlichen Konzessionierung des Fabrikbetriebs, Erleichterung der Kapitalbeschaffung durch die Rechtsform der Aktiengesellschaft sowie Maßnahmen staatlicher Sozialpolitik wurde die Industrialisierung weiter gezielt vorangetrieben. Der Ausbau der Verkehrswege vergrößerte zudem die Absatzmärkte und erleichterte den überregionalen Handel.

    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts beginnt dann auch die Industrialisierung in Nordamerika, das bisweilen fälschlicherweise als das Ursprungsland des Managements angesehen wird. Zu diesem Zeitpunkt ist noch keine mit England vergleichbare Beschäftigung mit Fragen des Managements festzustellen, denn bis etwa 1840 überwiegen in Nordamerika kleine Produktionsstätten mit hohem Anteil an Kinderarbeit aufgrund des latenten Mangels an Arbeitskräften. Um 1900 tragen die Einwanderer mit 40 % zum Bevölkerungswachstum und mit über 70 % zum Wachstum der Industriearbeiter bei. Ab 1850 ist ein signifikantes Wachstum der Industrie festzustellen, ausgelöst durch große Einwandererströme und hohen Kapitalzufluss. Die wichtigsten Wachstumsbranchen waren Bergbau, Stahl, Textilien, Leder, Fleisch konservieren und vor allem Erdöl. Diese Bereiche bescherten den Vereinigten Staaten von Amerika das große Geschäft und die ersten „Robber Barons" wie Vanderbild oder Rockefeller. Unterstützt von einem Laissez-Faire-Kapitalismus und fehlender Sozialgesetzgebung konnten sie lange Zeit das Land beherrschen.

    Im weiteren Verlauf der globalen Industrialisierung kam es zu einem Wandel der Produktionsformen von handwerklichen, kleinen Produktionsstätten hin zu großflächigen Produktionsstätten in Form der Fabriken. Mit dem industriellen Wachstum und im Zuge der weiter oben beschriebenen Veränderung von Produktionstätigkeiten veränderten sich auch die Management-Aufgaben. Der Aufgabenbereich des Managements lag ursprünglich in der Durchführung der planmäßigen Arbeitsvorbereitung, -einteilung und -überwachung. Durch die geänderten Produktionsformen wurden die Aufgaben auch für alle anderen Funktionsbereiche der Unternehmungen relevant, wie zum Beispiel Einkauf, Personalverwaltung, Forschung und Entwicklung, Finanzierung, Rechnungswesen sowie Absatz.

    1.3 Welche Rolle spielt die Trennung von Eigentum und Management?

    Einhergehend mit dieser Erweiterung der Aufgaben der Unternehmensführung ist auch die Trennung von Eigentum und Unternehmensführung vor allem als Folge der laufend zunehmenden Unternehmensgrößen. Die ständige örtliche, aber auch funktionale Ausdehnung der Unternehmensaktivitäten und die damit verbundene höhere Komplexität der Führungsaufgaben zwingen Unternehmer als Inhaber oder Kapitalgeber dazu, besonders qualifizierte leitende Angestellte heranzuziehen. Es begann damals daher schon ein Prozess der allmählichen Loslösung der Leitung vom Kapitaleigentum und der ihm innewohnenden Entscheidungsgewalt (Berle und Means 1932). Diese zunehmende Loslösung, die heute in fast allen mittleren und großen Unternehmungen anzutreffen ist, hat den Manager als Vertreter einer neuen Berufsgruppe, eines neuen sozialen Standes, erst ermöglicht. Zwar kam es nie zu der von Burnham (1941) prophezeiten „Managerial Revolution" , aber der Typus Manager ist heute aus dem Berufsalltag nicht mehr wegzudenken.

    Wichtig ist anzumerken, dass in deutschen Unternehmen auf der obersten Managementebene schon Mitte des 19. Jahrhunderts eine Zweiteilung in eine kaufmännische und eine technische Direktion festzustellen war, wobei zunächst keine eigene Stelle für eine Generaldirektion oder einen General Manager vorgesehen war. Erst mit Beginn des 20. Jahrhundert finden sich vereinzelt Abteilungen für allgemeine Verwaltung bzw. eine Generaldirektion und somit ein dreigeteiltes System. Einen weiteren wesentlichen Impuls in Bezug auf die Entwicklung der modernen Managementlehre gab es dann Ende des 19. Jahrhunderts (ab 1870), als in britischen ingenieurwissenschaftlichen Zeitschriften Publikationen über Produktionsmanagement und Kostenrechnung erschienen. In den USA wird das Jahr 1886 als der Beginn der neuen Disziplin Management betrachtet. Am 26. Mai 1886 hält der Präsident der American Society for Mechanical Engineering, Henry Towne, eine Rede vor dieser 1880 gegründeten Gesellschaft, der auch F. W. Taylor angehörte, zum Thema „The Engineer as an Economist". Diese wird von den Managementhistorikern als Beginn der Management-Wissenschaften gefeiert (Bluedorns 1986), die sich in Anlehnung an Staehle (1994) in drei Gruppen von Modellen bzw. Ansätzen unterteilen lassen:

    Traditionelle Ansätze:

    Ingenieurmäßig-ökonomische Ansätze

    Administrative Ansätze

    Bürokratische Ansätze

    Physiologisch-psychologische Ansätze

    Sozialpsychologische und soziologische Ansätze

    Moderne Ansätze:

    Disziplinäre Spezialisierung (verhaltens- und formalwissenschaftliche Ansätze)

    Systemtheoretische Ansätze (naturwissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Ansätze)

    Situative Ansätze (klassisch situative und verhaltenswissenschaftlich situative Ansätze)

    Konsistenz-Ansätze

    Organisationsethymologische Ansätze:

    Kybernetik

    Positivistische Ansätze

    Antipositivistische Ansätze

    Konstruktivismus

    Forschungsergebnisse im Bereich Unternehmensführung und Management liegen in vielen verschiedenen Disziplinen vor, wie zum Beispiel in der Psychologie, Soziologie, Politologie, aber auch in den Ingenieurwissenschaften und den Rechtswissenschaften. Unabhängig von ihrem eigenen Forschungsbeitrag gelten die Disziplinen Business Administration im angelsächsischen Bereich und Betriebswirtschaftslehre für den deutschsprachigen Raum als prädestiniert zur Vermittlung von Wissen im Bereich Unternehmensführung, Unternehmenssteuerung beziehungsweise Management. Der Manager kann sich jedenfalls bei der Suche nach Managementwissen nicht alleine auf eine dieser Disziplinen beschränken, sondern sollte auch immer die einschlägigen Forschungsergebnisse der Nachbardisziplinen zur Kenntnis nehmen. Ein Ingenieur wird ohne entsprechende Management-Ausbildung und Kompetenz nicht im Stande sein, ein Unternehmen der Neuzeit mit entsprechender Komplexität, Dynamik und Vernetzung nachhaltig zu führen. Wie bereits zuvor erwähnt, war dieser Umstand bereits in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt, als es kaufmännische und technische Betriebsleitungspositionen erstmals gab.

    1.4 Welche sind die aktuellen Herausforderungen

    Die Neuzeit im Bereich des Managements ist von einer immer größeren Anzahl an Modewellen charakterisiert, wie dies bereits Byrne (1986) in einem Leitartikel der Zeitschrift Business Week aufzeigte und in dem er das amerikanische Management kritisierte. Waren es in den fünfziger Jahren Ansätze wie Computerisierung, Theorie Y, Operations-Research oder Management-by-Objectives, so sprach man in den sechziger Jahren von Matrix-Organisationen, Mischkonzernen und auch der Zentralisation und Dezentralisation. Im Laufe der siebziger Jahre lauteten dann die Management Schlagworte Zero-Base-Budgeting, Erfahrungskurve und Portfolio-Management, die in den achtziger Jahren von Theorie Z, Intrapreneurship, Lean Management, Restructuring, Organisationskultur, Management-by-Walking Around oder auch dem One-Minute-Managing abgelöst wurden.

    Gerade der letzte Ansatz, der in dem gleichnamigen Buch von Blanchard und Johnson (1983) erstmals veröffentlicht wurde, ist symptomatisch für die kritisierte Form von Managementmoden und -büchern als Rezept für erfolgreiches Führen. Byrne forderte von Wissenschaft und Praxis ein, zum Schutze der Arbeitnehmer und Kaptalgeber, sich nicht immer stärker von Managementmoden leiten bzw. verleiten zu lassen, die in den meisten Fällen von verkaufsorientierten Beratungsunternehmen in den Markt gepusht wurden. Das Aufkommen unzähliger und immer neuer Modelle zur Unternehmensführung ging einher mit dem Boom der gesamten Beratungsbranche.

    In krassem Widerspruch dazu stehen Aussagesysteme, die jeglichen Bezug zur Organisationsetymologie verneinen und somit den Anspruch raum-zeitlich unbeschränkter Gültigkeit und eine universelle Anwendbarkeit, was den Objektbereich anbetrifft, erheben. Im Grundsatz gehen Vertreter dieser Denkrichtung, wie unter anderem Fayol (1916), davon aus, dass für alle Formen von Organisationen wie privaten und öffentlichen Unternehmungen, Kirchen, Schulen, Gefängnissen, Theatern politischen Vereinigungen und anderen immer gleiche, anwendbare Managementmodelle zur Verfügung stehen müssten.

    In Bezug auf die heutigen Herausforderungen hinsichtlich Unternehmensführung ist es entscheidend, die beiden Denkschulen der analytisch-funktionsorientierten und empirisch-handlungsorientierten näher zu betrachten. Die erste Denkschule geht auf die Arbeiten von Fayol (1916) zurück und bezieht sich auf die funktionale Gliederung der Unternehmung. Der empirisch-handlungsorientierte Ansatz findet seinen Ursprung in einer empirischen Studie von Carlson aus dem Jahr 1951. Beiden Ansätzen gemein ist jedenfalls, dass sie der Funktion des Managements im Sinne der Unternehmensführung und Unternehmenssteuerung wesentliche Zielkriterien unterstellen. Diese sind der langfristige Schutz der Arbeiterschaft und der Kapitalgeber unter gleichzeitiger Einhaltung der ökonomischen Grundprinzipien wie Gewinn und Ertrag.

    1.5 Auch die ökonomischen Grundprinzipien werden disruptiert

    Allerdings wurden diese ökonomischen Grundprinzipien grundlegend disruptiert als zur Jahrtausendwende durch die rasante Verbreitung des Internets und der damit verbundenen Möglichkeiten und Technologien die sogenannte New Economy entstand.¹ Plötzlich investierten Kapitalgeber, die nunmehr Investoren und Venturer genannt wurden, bereitwillig auch in verlustträchtige Unternehmen ihr Geld, solange ein „e oder „Internet im Pitch Deck zu finden war.² Die Manager dieser Unternehmen waren plötzlich zwischen 20 und 30 Jahre und verfügten teilweise nicht einmal mehr über eine abgeschlossene Ausbildung. Nicht, dass ich an dieser Stelle diesen jungen Unternehmen die entsprechende Kompetenz absprechen möchte, war es aber jedenfalls für das gesamte Ökosystem des ökonomischen Handelns eine Disruption, plötzlich 25-jährige mit vermeintlich milliardenschweren Unternehmen an eigenen Handelsplätzen, wie unter anderem an der Frankfurter Börse im Neuen Markt Index, notiert zu sehen. Wie viele Geschichtsbücher der Finanzbranche zeigen, dauerte es nicht lange und die New Economy Bubble platzte und hinterließ viele verlustreiche Investoren.

    Nur wenige Jahre später ereilte uns die Bankenkrise im Jahre 2008, verursacht durch eine völlig neue Art von Finanzprodukten, die wiederum nur durch neue Technologien und das Internet möglich geworden waren, und immer riskantere Spekulationen auch der bis zum damaligen Zeitpunkt renommiertesten Finanzinstitute. Das Ergebnis war eine devastierte Deutsche Bank und eine Commerzbank, die unter den Rettungsschirm der Teilverstaatlichung schlüpfen musste. Ausführlich habe ich die Entwicklung der letzten Jahrzehnte in meinem Buch „Template-based Management" (2020) beschrieben und die Auswirkungen interpretiert.

    Die Phänomene, mit denen wir uns heute im Rahmen der modernen Unternehmensführung zu beschäftigen haben, sind vielschichtig und komplex. Neue Technologien ermöglichen ein immer rascheres Agieren und Handeln. Die globale Vernetzung ermöglicht ein globales Verschieben von Kapital. Alles vom eigenen Smartphone aus erledigen zu können, lässt oft an sich bestehende Hemmschwellen zu rasch verschwinden. Erst kürzlich hat der Fall Wirecard gezeigt, dass wir uns in einer Zeit der technologie-basierten Entethisierung befinden. Enron oder Worldcom belegen dies ebenso. Es stellt sich die Frage, warum grundsätzlich ehrliche und ethische Manager und Führungskräfte in die vermeintlich legale Illegalität abdriften. Es stellt sich die Frage, wie in der heutigen Zeit 1,9 Milliarden € über Jahre hinweg vorgetäuscht werden können, wie dies bei Wirecard der Fall war.

    Es hat den Anschein, dass sich das Zusammenspiel von Kräften in ökonomischen Systemen mit den Kapitalgebern, Hedge-Fonds und Aktionären auf der einen Seite und auf der anderen Seite den Vorständen und Managern, mit der Eitelkeit und dem kompromisslosen Streben nach Wohlstand von immer mehr Managern zu einem gefährlichen Cocktail entwickelt. Die vermeintliche Transparenz der globalen Vernetzung in Kombination mit den immer komplexeren und hochentwickelteren Kontrollmechanismen scheint dem Komplexitätsparadoxon von immer größer werdenden Schlupflöchern zum Opfer zu fallen. Ein Beleg dafür ist das aktuelle Beispiel von Wirecard, da Wirecard als IT-Unternehmen nicht der Bankenaufsicht unterlag und daher diese Transaktionen nicht schon bereits früher aufgedeckt werden konnten. Man könnte unterstellen, dass bei einer weniger komplexen Kontrollstruktur Wirecard als börsennotiertes Unternehmen automatisch der Bankenaufsicht unterstellt gewesen wäre und somit der Skandal vermieden bzw. das Ausmaß und der Schaden durch ein bereits früheres Aufdecken hätte minimiert werden können.

    Vor diesem Hintergrund sehe ich zwei große Herausforderungen für die Unternehmensführung des 21. Jahrhunderts:

    1.

    Die erste große Herausforderung ist die kompromisslose Rückbesinnung auf die originären ökonomischen Grundprinzipien der klassischen Managementforschung, wie ich diese bereits zuvor erwähnt habe:

    Langfristiger Schutz der Arbeiterschaft und der Kapitalgeber

    Einhaltung der ökonomischen Grundprinzipien wie Gewinn und Ertrag

    Mehr denn je muss es heute möglich sein, mit den technischen Errungenschaften diese beiden ökonomischen Grundprinzipien stringent zu verfolgen. Und hier kommt das Thema dieses Buches ins Spiel, nämlich Predictive Intelligence. Um diese beiden ökonomischen Grundprinzipien dauerhaft und nachhaltig stringent erfüllen zu können, bedarf es auch, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass gesundes Wachstum nur kontinuierlich und beharrlich in einem überschaubaren Maß realisiert werden kann. Alles, was zu schnell nach oben geht und zu schnell wächst, ist instabil und läuft Gefahr auch sehr schnell wieder nach unten zu tendieren. Beharrlichkeit, Geduld und Reflexion sind drei weitere Eigenschaften, die das Einhalten der beiden ökonomischen Grundprinzipien erleichtern.

    2.

    Die zweite große Herausforderung unserer Zeit besteht in der Rückbesinnung auf die Grundprinzipien des ethischen Handelns des Individuums. Führungskräfte müssen sich wieder des Dreiecks des Vertrauens(Abb. 1.1) aus Authentizität, Ethik und Logik besinnen – aber auch und vor allem der Tatsache, dass ein Manager nur dann seine vielschichtige Verantwortung wahrnehmen kann, wenn er auch die zuvor benannten Kenntnisse in den Nachbardisziplinen seiner eigenen Kerndisziplin grundsätzlich beherrscht. Diesbezüglich müssen sich Vorstände und deren Aufsichtsräte proaktiv darum bemühen, nicht nur auf höchster Unternehmensebene, sondern eben wieder auch auf der zweiten Ebene, im Bereich der Divisions- und Geschäftsbereichsebene duale Führungsstrukturen zu etablieren. Auf Basis meiner fast 25-jährigen Berufserfahrung könnte ich Ihnen zahlreiche Beispiele nennen, bei denen fachlich „eindimensionale Führungskräfte die ihnen überlassenen Geschäftseinheiten brillant nicht erfolgreich geleitet haben. Zu oft muss der Spruch „Arroganz und Ignoranz tanzen einen Tanz leider in diesen Fällen strapaziert werden.

    ../images/503229_1_De_1_Chapter/503229_1_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Dreieck des Vertrauens (basierend auf Frei und Morriss 2020)

    1.6 Welche Rolle spielt die Corona-Pandemie?

    Vor diesem Hintergrund kann die aktuelle Corona-Pandemie eventuell neben all den schrecklichen Auswirkungen auf die Menschheit auch etwas Positives bewirken, nämlich hinsichtlich Entschleunigung und Rückbesinnung, wie zuvor dargestellt. Jeremy Rifkin geht sogar einen entscheidenden Schritt weiter und proklamiert den Green New Deal und prognostiziert einen Paradigmenwechsel in Bezug auf Geschäftsmodelle, aber auch Managementmodelle.³ Rifkin (2019) kündigt eine Wasserstoff-Revolution ebenso wie eine Null-Grenzkosten-Gesellschaft an und sein Hauptkritikpunkt ist die Stoik und Beharrlichkeit der Manager, die im Umkehrschluss in mangelnder Veränderungsbereitschaft resultiert. Die neue Normalität wird uns in das Zeitalter einer Remocal Economy führen, bei der an sich globale Ökonomien über Distanz, also remote, dennoch lokale, daher local, Aspekte, Identitäten und Produkte aktiv nutzen und integrieren müssen, um in den jeweils lokalen Märkten entsprechend akzeptiert zu werden. Die aktuelle COVID19-Pandemie führt zu einer Wiedererstarkung lokaler Identitäten, um sich gegen den Virus von außerhalb schützen zu können. Dies bedingt auch das zunehmende Erfordernis zum Neudenken von globalen Lieferketten im Sinne der notwendigen Unabhängigkeit von ausländischen Zulieferern. Regierungen werden es sich nicht mehr leisten können, für die eigene Bevölkerung keine Schutzmasken mehr bereit stellen zu können, weil Lieferanten vom anderen Ende der Welt nicht liefern können. Das alles führt zu einem sinnvollen und notwendigen Umdenk- und Veränderungsprozess.

    Umso entscheidender ist und wird es, immer präziser mögliche Entwicklungen antizipieren und reflektieren zu können. In den 80er- und 90er-Jahren kam das Thema Controlling in Mode. Der Hauptkritikpunkt war, dass nur Daten der Vergangenheit verwendet und verarbeitet wurden, was bis heute fast alle Unternehmen laut der aktuellen Fujitsu-Studie auch so noch praktizieren. Es kann sich keine Organisation mehr leisten, mit Vollgas nur mit dem datentechnischen Blick in den Rückspiegel zu agieren, denn verantwortungsvolle Unternehmensführung der neuen Normalität des 21. Jahrhunderts bedingt vorausschauendes Agieren auf Basis von validen Zukunftsszenarien für alle möglichen Dimensionen, wie Anwendungen, Disruptionen, Industrien, Innovationen, Kunden, Märkte, Regionen, um nur einige zu nennen.

    1.7 Was wissen wir?

    In diesem Kapitel wurde anhand der geschichtlichen Entwicklung aufgezeigt, an welchem Punkt wir heute angelangt sind und warum wir dies sind. Es wird dargestellt, dass wir aus der Historie einiges lernen können und in früheren Zeiten bereits anscheinend einige Dinge besser gemacht wurden als heute. Die Chance in unserer neuen Normalität im Kontext einer Corona-Pandemie besteht nun darin, das Beste aus allen Welten zu vereinen, um das ökonomische Handeln wieder auf die eingeführten ökonomischen Grundprinzipien mit entsprechender Nachhaltigkeit auszurichten.

    Literatur

    Bendix, R. (1956/1960). Work and authority in industry (New York 1956; deutsch: Herrschaft und Industriearbeit, Frankfurt/M. 1960). New York/Frankfurt a. M.

    Berle, A. A., & Means, G.C. (1932/1968). The modern corporation and private property, 2. Aufl. Hamburg.

    Blanchard, K. H., & Johnson, Sp. (1983/1985). The one-minute manager (New York 1983; deutsch: Der Ein-Minuten-Manager, Reinbek b. Hamburg 1985). New York/Reinbek b. Hamburg.

    Bluedorn, A. C. (1986). Introduction to special book review section on the classics of management. AMR 1980(1), 13–23.

    Byrne, J. A. (20. Januar 1986). Business Fads: What’s in – and out. Business Week, 52–61.

    Fayol, H. (1916/1929). Administration industrielle et générale, (Paris 1916; deutsch: Allgemeine und industrielle Verwaltung, München/Berlin 1929). München/Berlin.

    George, C. S., & Englewood Cliffs, N.J. (1972). The history of management thought, 2. Aufl.

    Kocka, J. (1983). Lohnarbeit und Klassenbildung. Berlin/Bonn.

    Michel, E. (1953). Sozialgeschichte der industriellen Arbeitswelt, 3. Aufl. Frankfurt a. M.

    Pollard, S. (1965). The genesis of modern management. A study of the industrial revolution in Great Britain. London.

    Frei, F., & Morriss, A. (Juni 2020). Entfesselt. Der Leitfaden des unentschuldigten Führens zur Befähigung aller um Sie herum. Harvard Business Review.

    Rifkin, J. (2019). Der globale Green New Deal: Warum die fossil befeuerte Zivilisation um 2028 kollabiert – und ein kühner ökonomischer Plan das Leben auf der Erde retten kann. Frankfurt a. M.: Campus.

    Staehle, W. (1994). Management. München.

    Wren, D. A. (1972/1979). The evolution of management thought, 2. Aufl. New York.

    Fußnoten

    1

    NN (oJ). New Economy. https://​de.​wikipedia.​org/​wiki/​New_​Economy. Zugegriffen: 19.11.20.

    2

    NN (oJ). Pitch Deck. https://​unternehmer.​de/​lexikon/​existenzgruender​-lexikon/​pitch-deck. Zugegriffen: 19.11.20.

    3

    Rifkin. J.: Der globale Green New Deal. Warum die fossil befeuerte Zivilisation um 2028 kollabiert und ein kühner ökonomischer Plan das Leben auf der Erde retten kann. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2019.

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021

    U. SeebacherPredictive Intelligence für Managerhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62776-1_2

    2. Predictive Intelligence im Überblick

    Uwe Seebacher¹  

    (1)

    Graz, Österreich

    2.1 Was ist Predictive Intelligence?

    2.2 Das Reifegradmodell zu Predictive Intelligence

    2.3 Das Predictive Intelligence Self-Assessment (PI-SA)

    2.4 Die Vorteile von Predictive Intelligence

    2.5 Das Fazit

    Literatur

    Zusammenfassung

    In diesem Kapitel wird ein kompakter Überblick und eine einführende Darstellung des Begriffes Predictive Intelligence gegeben. Es wird beschrieben, wie Predictive Intelligence in einer Organisation schrittweise etabliert werden kann. Um die jeweilige Ausgangssituation in einer Organisation analysieren zu können, wird das Reifegradmodell zu Predictive Intelligence ebenso wie das Analyseinstrument beschrieben. Am Ende des Abschnittes werden in kompakter Form die Vorteile von Predictive Intelligence (PI) und vor allem auch die nachhaltigen Effekte diskutiert.

    2.1 Was ist Predictive Intelligence?

    Der Begriff wird erstmals im Jahr 2016 im Umfeld von Marketing erwähnt.¹ Zu diesem Zeitpunkt wird der Begriff wie folgt definiert:

    „Predictive Intelligence ist der Prozess, bei dem zunächst Daten über das Verhalten und die Handlungen von Verbrauchern und potenziellen Verbrauchern aus einer Vielzahl von Quellen gesammelt und möglicherweise mit Profildaten über ihre Merkmale kombiniert werden."

    Predictive Intelligence (PI) wurde demzufolge als ein dreistufiger Prozess von Analyse, Interpretation und Durchführungsbestimmungen für automatisierte Kommunikation definiert. Eines der führenden Beratungsunternehmen betrachtete PI bereits damals als Ansatz, um die Wahrscheinlichkeiten eines Ereignisses möglichst präzise vorherzusagen. Im Jahr 2015 führte die Aberdeen Group für ihre Arbeit mit dem Titel „Predictive Analytics in Financial Services" eine umfangreiche Studie durch, bei der 123 Finanzdienstleistungsunternehmen befragt wurden. Bereits damals bestätigte sich, dass Unternehmen, die Predictive Analytics einsetzen, eine durchschnittlich 11 Prozent höhere Kundengewinnung realisierten im Vergleich zum Vorjahr. Darüber hinaus erreichten diese Unternehmen einen 10-prozentigen Anstieg neuer Opportunities und Leads, im Vergleich mit ihren Mitbewerbern, die Predictive Analytics nicht genutzt hatten.

    Forbes Insights interviewte rund 300 Führungskräfte von Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 20 Millionen Dollar oder mehr. Beeindruckende 86 % dieser Manager erzielten eine signifikant höhere Kapitalrendite, wenn sie seit mindestens zwei Jahren Predictive-Marketing-Initiativen durchgeführt hatten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Predictive Intelligence zu deutlichen Verbesserungen in allen Marketingkanälen führt. Um darauf aufbauend nunmehr eine allgemeingültige Definition für PI herleiten zu können, muss man den Begriff aus dem Themenfeld des Marketings entheben und allgemeingültig definieren:

    Allgemeine Definition Predictive Intelligence

    „Predictive Intelligence ist der Prozess, bei dem zunächst Daten aus der Vergangenheit zu allen internen und externen relevanten Kontingenzfaktoren einer Organisation aus einer Vielzahl von validierten internen und externen Quellen gesammelt, validiert, verknüpft und mittels definierter und validierter Algorithmen verarbeitet, dynamisch extrapoliert und mittels variabler Parameter im Sinne von Annahmen und Eintrittswahrscheinlichkeiten für kurz-, mittel- und langfristige Ereignisse modelliert, aufbereitet und der Organisation 24/7 zur Verfügung gestellt werden zur nachhaltigen Sicherung des Bestandes der betreffenden Organisation."

    Auf dieser Basis kann nunmehr Predictive Intelligence für den Bereich des Managements eingegrenzt bzw. in jenes der Unternehmensführung bzw. -steuerung adaptiert werden. Auf dieser Basis definieren wir Predictive Intelligence für das Management von Organisationen wie folgt:

    Definition Predictive Intelligence für das Management

    „Predictive Intelligence ist der Prozess, bei dem zunächst Daten aus der Vergangenheit zu allen internen und externen relevanten Kontingenzfaktoren einer Organisation aus einer Vielzahl von validierten internen und externen Quellen gesammelt, validiert, verknüpft und mittels definierter und validierter Algorithmen verarbeitet, dynamisch extrapoliert und mittels variabler Parameter im Sinne von Annahmen und Eintrittswahrscheinlichkeiten für kurz-, mittel- und langfristige Unternehmensführung modelliert, aufbereitet und der Organisation 24/7 zur Verfügung gestellt werden zur Optimierung der ökonomischen Grundprinzipien".

    Der entscheidende Unterschied in Bezug zu Predictive Analytics (PA) ist, dass PA als eine Teildisziplin und eines der Fundamente der Business Analytics in dem Bereich des Data Minings² einzuordnen ist. Zwar befasst sich PA auch mit der Vorhersage zukünftiger Entwicklungen aber die Ergebnisse sind rein deskriptiv analytisch, wohingegen Predictive Intelligence sich der Verfahren und Technologien der Künstlichen Intelligenz, des Deep Learnings³ , des Machine Learnings⁴ und auch des Auto Machine Learnings (AutoML)⁵ bzw. des Meta Machine Learnings (MetaML) bedient, um interpretativ und konstruktivistisch konkrete Handlungsoptionen und -empfehlungen zu entwickeln. Predictive Analytics wird auch für die Ermittlung von Trends genutzt durch den Einsatz von Prädiktoren⁶ als eine oder mehrere Variablen in einer Gleichung, die dazu verwendet werden, um zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Auf dieser Basis entstehen daraus Vorhersagemodelle zur Berechnung von Eintrittswahrscheinlichkeiten.⁷ Das gesamte begriffliche Umfeld wie auch das PI Ökosystem werden im weiteren Verlauf des Buches noch detaillierter und umfassender erörtert und diskutiert.

    2.2 Das Reifegradmodell zu Predictive Intelligence

    Das Reifegradmodell zu Predictive Intelligence (Abb. 2.1) ist aufgrund von verschiedenen Umsetzungsprojekten in Unternehmen entstanden. Das Modell umfasst vier Stufen und wurde im Juli 2020 erstmals öffentlich präsentiert. Das Modell wurde im Rahmen von Experteninterviews und auf Basis der Auswertungen von unterschiedlichen wissenschaftlichen Arbeiten entwickelt.

    ../images/503229_1_De_2_Chapter/503229_1_De_2_Fig1_HTML.png

    Abb. 2.1

    Reifegradmodell zu Predictive Intelligence (Seebacher 2020a, b)

    Das Modell betrachtet schematisch im Zeitverlauf die Entwicklungen der verschiedenen relevanten und zu betrachtenden Dimensionen:

    Kosten für Daten

    Validität und Reliabilität der Daten

    Zeit für Auswertungen und Analysen

    Das Modell gliedert die Entwicklung in vier Stufen bzw. Ausprägungen, wie mit Daten in Organisationen umgegangen wird. Die Ausgangsbasis, auf der sich rund 90 % aller Unternehmen heute noch befinden, wird als reaktiv-statische Business Analytik bezeichnet. Dieses Stadium ist gekennzeichnet durch hohe Kosten für Daten, lange Wartezeiten und eine geringe Validität und Reliabilität hinsichtlich der Daten. In den meisten Fällen werden erforderliche Analysen und Studien extern in Auftrag gegeben, die einmal verwendet werden und dann keiner weiteren Verarbeitung in den Unternehmen zufließen.

    Die Entwicklungsstufe 2 wird als proaktiv-situative Business Analytics (BA) bezeichnet. Auf dieser Ebene wird BA nicht mehr nur reaktiv verwendet, sondern erstmals auch proaktiv in Bezug auf spezifische Situationen und Fragestellungen verwendet. Dies bedingt, dass in den Unternehmen bereits Daten selbst vorhanden, validiert und aufbereitet, aber auch gepflegt werden. Hierfür sind keine spezifischen Instrumente oder IT-Anwendungen erforderlich, denn in den meisten Fällen reichen konventionelle Anwendungen wie Microsoft Excel oder Access ebenso wie Datenaufbereitungsanwendungen wie zum Beispiel MS PowerBI vollkommen aus. Wichtig ist, dass sich im Verlauf der zunehmenden PI-Reife auch das Spektrum der berücksichtigten Daten von initial 90° hin zu letzten Endes einer 360° Perspektive entwickeln muss, um PI nachhaltig sinnvoll umsetzen zu können.

    Die dritte Entwicklungsstufe geht dann einher mit einer bereits 270° umfassenden Datenperspektive und ermöglicht eine interaktive-dynamische Business Intelligence. Operativ bedeutet dies, das die PI-Abteilung laufend in alle operativen und strategischen Maßnahmen der Unternehmensführung eingebunden ist. Mittlerweile ist ein intensiver Austausch und Dialog mit den verschiedenen internen Kundengruppen entstanden, der auf Basis von Daten aus der Vergangenheit in Echtzeit entsprechende Auswertungen und Übersichten liefern kann, zur fundierten und ertragsoptimierten Unternehmenssteuerung.

    Der Entwicklungsschritt hin zur letzten und höchsten Stufe des PI-Reifegradmodells ist ein gradueller und iterativer Prozess. Die dynamisch-modellierende prädiktive Intelligenz verbindet inhaltlich alle relevanten internen und externen Datendimensionen zu einem 360° Blickwinkel. Dieser Rundumblick kann zudem dynamisch über flexibel anpassbare Zeiträume gerechnet und kalkuliert

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