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Führung im Widerspruch: Management in Sozialen Organisationen
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eBook279 Seiten3 Stunden

Führung im Widerspruch: Management in Sozialen Organisationen

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Über dieses E-Book

Das Management von Organisationen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen ist komplex und spannungsvoll. Die zahlreichen Anspruchsgruppen – Mitarbeitende, Aufsichtsgremien, Finanzierer, Klientinnen und Klienten – haben unterschiedliche Interessen, der wirtschaftliche Druck ist groß. Der Nutzen von Drogenprävention oder die Qualität einer glücklichen Kindheit lassen sich zwar nur sehr ungenau berechnen, dennoch muss mit den eingesetzten Mitteln ein guter Return erzielt werden. Es gilt, langfristige Wirkungen und kurzfristige Ergebnisse, Ethik und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Die daraus resultierenden Widersprüche im Spannungsfeld von Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit lassen sich nicht überwinden oder auflösen. Das Buch zeigt, wie Führungskräfte damit einen professionellen und produktiven Umgang finden können.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer VS
Erscheinungsdatum18. Sept. 2013
ISBN9783658014209
Führung im Widerspruch: Management in Sozialen Organisationen

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    Buchvorschau

    Führung im Widerspruch - Michael Herzka

    Michael HerzkaFührung im Widerspruch2013Management in Sozialen Organisationen10.1007/978-3-658-01420-9_1© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

    1. Einleitung und Überblick

    Michael Herzka¹  

    (1)

    Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Pfingstweidstraße 96, 8005 Zürich, Schweiz

    Michael Herzka

    Email: michael.herzka@zhaw.ch

    1.1 Zielgruppen

    1.2 Aufbau

    Zusammenfassung

    Die Ökonomisierung des Nonprofit-Sektors hat in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Dass sich gemeinschaftsorientierte, sozialwirtschaftliche Leistungen wie beispielsweise der Seniorennachmittag im Quartierzentrum, das Ferienlager mit behinderten Jugendlichen, die Beratung von Familien in Krisen oder der Brunnenbau im Sahel rechnen müssen, scheint heute unbestritten. Diejenigen, welche solche Leistungen finanzieren, möchten den besten Gegenwert erhalten. Die Leistungserbringer sollen nachweisen können, dass die vom Staat, von gemeinnützigen Stiftungen oder von Privatpersonen zur Verfügung gestellten Mittel effizient und effektiv eingesetzt wurden, dass also für eine bestimme Investition ein möglichst großer Return erzielt worden ist. Nonprofit-Organisationen müssen zeigen, dass sie gut wirtschaften können und haben in diesem Sinne eine „Bringschuld" (Finis Siegler 2009: 201).

    Die Ökonomisierung des Nonprofit-Sektors hat in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen. Dass sich gemeinschaftsorientierte, sozialwirtschaftliche Leistungen wie beispielsweise der Seniorennachmittag im Quartierzentrum, das Ferienlager mit behinderten Jugendlichen, die Beratung von Familien in Krisen oder der Brunnenbau im Sahel rechnen müssen, scheint heute unbestritten. Diejenigen, welche solche Leistungen finanzieren, möchten den besten Gegenwert erhalten. Die Leistungserbringer sollen nachweisen können, dass die vom Staat, von gemeinnützigen Stiftungen oder von Privatpersonen zur Verfügung gestellten Mittel effizient und effektiv eingesetzt wurden, dass also für eine bestimme Investition ein möglichst großer Return erzielt worden ist. Nonprofit-Organisationen müssen zeigen, dass sie gut wirtschaften können und haben in diesem Sinne eine „Bringschuld" (Finis Siegler 2009: 201).

    Dieses Buch beschäftigt sich damit, was eine solche Entwicklung für Führungskräfte in Nonprofit-Organisationen, genauer im Teilsektor der Sozialen Organisationen, bedeutet. Fachpersonen, die in diesen Organisationen Leitungsfunktionen übernehmen, bleiben auch als ManagerInnen durch ihre Berufsidentität als Sozialarbeiter, Psychologin, Lehrerin oder Pflegefachmann geprägt. Ihr professionelles Selbstverständnis muss als große Stärke gewertet werden, kann aber für die Einzelnen auch zu massiven Spannungen führen. Zahlreiche Führungskräfte in Sozialen Organisationen beklagen, dass ihre Betriebe fast nur noch einer betriebswirtschaftlichen Logik unterworfen seien. Die Verwirtschaftlichung führe vor allem zu zusätzlichem Aufwand, der nicht mit einer größeren Effizienz oder gar einer besseren Betreuungs- oder Beratungsqualität einhergeht. So habe das Tun immer weniger Platz neben dem Rechenschaft ablegen über das Tun. Manchmal so scheine es, sei für die Auftraggeber das Zählen und Messen der Leistungen wichtiger als die zu erbringenden Leistungen selbst. Viele ManagerInnen Sozialer Organisationen sind verunsichert, einige – glücklicherweise nur wenige – sehen ihr Wirken grundsätzlich in Frage gestellt.

    In einer liberalen Marktwirtschaft sind die Spielregeln klar: Angebot und Nachfrage definieren den Preis eines Produkts, Aufwand und Ertrag zeigen zum Jahresende, ob ein Betrieb erfolgreich gewirtschaftet hat. Schwarze Zahlen sind gut, schwärzere Zahlen im nächsten Jahr sind besser und nach einigen Jahren mit roten Zahlen geht die Sache in die Binsen. Dafür entstehen wieder Chancen, neue Mitspieler treten in den Markt ein, vielleicht auch wieder aus usw. Gelegentlich beschließt der Gesetzgeber die Regeln für einige Produkte oder auch für ganze Wirtschaftszweige außer Kraft zu setzen. So werden beispielsweise staatliche Subventionen an landwirtschaftliche Betriebe ausgerichtet und Bauern damit faktisch zu Teilzeit-Staatsangestellten. Oder es werden Höchstpreise für Medikamente festgelegt und damit die Pharmaunternehmen in ihrer Preisgestaltung eingeschränkt. Eingriffe in den freien Wettbewerb werden je nach ordnungspolitischem Standpunkt unterschiedlich beurteilt: Aus wirtschaftsliberaler Sicht ist der Staat ein Störfaktor. Der freie Markt regelt die Dinge am besten, schafft Mehrwert für alle und verteilt diesen nach fairen Prinzipien. Der Staat soll sich darauf beschränken, das freie Spiel der Marktkräfte zu ermöglichen und zu schützen, aber nicht selber mitspielen. Hoheitliche Aufgaben sind auf die Sicherung der äußeren und inneren Sicherheit zu begrenzen (Armee, Polizei, Justiz)¹. Nach staatsinterventionistischer Meinung funktioniert der Markt hingegen nur ungenügend, die Spielregeln sind immer schon manipuliert und deshalb unfair. Das zyklische Marktversagen führt zu großen Ungerechtigkeiten, sozialen Spannungen und hohen Kosten für die Gemeinschaft. Es braucht daher einen aktiven Staat als Korrektiv.

    Ob Güter privater oder kollektiver Natur sind, das heißt ob sie (nur) durch den Markt oder (auch) durch den Staat angeboten werden sollen, kann also ökonomisch unterschiedlich begründet werden und muss daher in demokratischen Gesellschaften politisch entschieden werden. Dies gilt in besonderem Masse für meritorische Güter², wie sie das Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen produzieren. Für einen fruchtbaren Entscheidungsprozess muss dabei die Notwendigkeit betriebs- und volkswirtschaftlicher Rechnungen anerkannt sein. Gleichzeitig braucht es eine Verständigung darüber, dass die erbrachten Leistungen und ihre Ergebnisse (Wirkungen) mit den bisher zur Verfügung stehenden Messinstrumenten immer nur ungenau erfasst werden können. Viele ÖkonomInnen werden eingestehen, dass sich der gesellschaftliche Nutzen von Drogenprävention oder die Qualität einer glücklichen Kindheit nur ungenau in Preisen ausdrücken lassen. Und ebenso werden die meisten LeiterInnen von Drogenberatungsstellen oder Jugendheimen anerkennen, dass sie trotzdem in der Lage sein müssen, ein plausibles Budget zu erstellen und ihre Leistungen nachvollziehbar abzurechnen.

    Noch bis vor wenigen Jahren standen viele Mitarbeitende von Nonprofit-Organisationen dem betriebswirtschaftlichen Denken und dem Managerialismus defensiv und gelegentlich mit offener Ablehnung gegenüber. Führungskräfte im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen haben sich lange schwer damit getan, Businesspläne vorlegen zu müssen, Leistungen mittels Marketingmaßnahmen zu verkaufen und mit anderen Einrichtungen in einen Wettbewerb zu treten. Inzwischen haben sie gelernt, sich des Instrumentariums der gewinnorientierten Wirtschaft zu bedienen und dabei ihre hohen professionellen Ansprüche zu bewahren. Zahlreiche Publikationen und eine wachsende Zahl von Aus- und Weiterbildungslehrgängen befassen sich mit dem Transfer von Wissen und Erfahrung aus dem Profit- in den Nonprofit-Bereich. Bewährte Methoden und Instrumente wurden ausgewählt, sorgfältig übersetzt, angepasst und weiterentwickelt. Die Prinzipien von Effizienz und Effektivität sind in den Nonprofit-Organisationen angekommen und werden nicht mehr länger als „Zumutung" (Staub-Bernasconi 2000: 170) empfunden.³ Im besten Fall hat dies zu einem sorgsameren Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen einschließlich der eigenen Person geführt. Ebenso häufig ist ein unreflektierter „Taylorismus mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten (Anhorn et al. 2012: 2) zu beobachten, der immer die Gefahr der „qualitätsminderenden Deprofessionalisierung (Beckmann et al. 2009: 30) in sich birgt. So oder so: Die Integration von betriebswirtschaftlichem Know-how in die Nonprofit-Welt scheint vollzogen. Auf diesem Hintergrund lässt sich (wieder) darüber diskutieren, welche Besonderheiten in Nonprofit-Organisationen hinsichtlich Führung und Management zu beachten sind. Im Dialog zwischen Profit- und Nonprofit-Sektor, so die Hoffnung, könnten Soziale Organisationen ihre genuinen Erfahrungen selbstbewusst in die Managementlehre einbringen und aktiv an der Weiterentwicklung von Theorie und Praxis der Betriebs- und Menschenführung mitwirken. Dieses Buch möchte dazu einen Beitrag leisten.

    Organisationen, die ihre Leistungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen erbringen, sind im Auftrag der Gemeinschaft und für die Gemeinschaft tätig. Dabei stellt sich die Frage, ob die Erbringung solcher Leistungen mit dem für die Marktwirtschaft fundamentalen Prinzip der individuellen Nutzenmaximierung überhaupt kompatibel ist. Lassen sich Solidarität und Egoismus auf einem Kontinuum verbunden denken (Anheier et al. 2012) oder ist dies ein Trugschluss (Foley 2008)? Und was bedeutet diese Ausgangslage für diejenigen, die tagtäglich diesen Auftrag erfüllen, die Mitarbeitenden und ihre Führungskräfte? Können Soziale Organisationen überhaupt geführt, das heißt einigermaßen kontrolliert gesteuert werden? Oder ist nicht vielmehr eine fundamental steuerungskritische Position angezeigt (Mowles 2011a)?

    Auf diesem Hintergrund gehe ich in diesem Buch von folgenden Annahmen aus:

    1.

    Sogenannt Soziale Organisationen unterscheiden sich in verschiedener Hinsicht deutlich von anderen Unternehmen. Zwischen dem gemeinschaftsbildenden Auftrag (Herstellung von Chancengleichheit, Förderung von Teilhabe und Teilnahme) und den Vorgaben der Wirtschaftlichkeit, nach denen dieser erfüllt werden soll, kann in der Praxis ein beträchtliches Spannungsverhältnis – allenfalls gar ein elementarer Widerspruch – konstatiert werden.

    2.

    Dadurch werden diejenigen Widersprüche, Dilemmata und Paradoxien noch potenziert, welche Führung und Management ohnehin immer kennzeichnen. Der sehr hohe Grad an Widersprüchlichkeit wird zum konstitutiven Merkmal von Führung in Sozialen Organisationen.

    3.

    Für die Bewältigung dieser Spannungsverhältnisse sind im betrieblichen Alltag Sozialer Organisationen in erster Linie die Führungskräfte zuständig. An sie werden außerordentlich hohe multiprofessionelle Anforderungen gestellt.

    Diesen spezifischen Bedingungen von Führung muss Rechnung getragen werden: Von den Vorständen im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht, von den Führungskräften durch achtsame Selbstsorge sowie von externen Fachpersonen in der Beratung und in der Aus- und Weiterbildung. Es ergeben sich sodann vielfältige, praxisnahe Fragestellungen, denen sich dieses Buch basierend auf eigenen und fremden Erfahrungen von Mitarbeitenden und Führungspersonen, Lehrenden und Lernenden widmen will. Das Buch enthält keine Rezepte oder Anleitungen für gute Führung, sondern gibt in der Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis Impulse für die Weiterentwicklung des persönlichen Führungsverständnisses aller am Prozess der Führung Beteiligter. In Anlehnung an frühere Beiträge (Herzka 2012a, b) werden dabei die Gestaltung der Beziehungen (Dialogik), Selbstführung und Selbstsorge der Führungskraft (Reflexion) sowie Fragen der Gesamtorganisation und ihres Auftrages (Wertekohärenz) in den Blick genommen. Daraus ergibt sich ein bewusst minimal gehaltener Orientierungsrahmen für gelingende Führung.

    1.1 Zielgruppen

    Ich befasse mich seit gut 20 Jahren mit dem Nonprofit-Sektor als Forschender, als Praktiker in operativer und strategischer Verantwortung sowie als Berater und Ausbildner. Dabei treffe ich Menschen, welche in unterschiedlichsten Kontexten, im In- und Ausland Organisationen des Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesens mit Professionalität und Engagement gestalten. Aus diesen vielfältigen Zusammenarbeitserfahrungen heraus möchte ich mit diesem Buch drei Zielgruppen in ihren je spezifischen Rollen ansprechen:

    Erstens will ich erfahrene Führungskräfte in Nonprofit-Organisationen in ihrem Wirken unterstützen. Sie leisten beeindruckende Arbeit unter schwierigsten Bedingungen und sind zwangsläufig in einem Netz von widersprüchlichen Erwartungen verstrickt. Viele haben ihren Weg gefunden, andere sind verunsichert. Ich möchte aufzeigen, wie sie durch Reflexion, Vernetzung und Austausch sich selbst und andere stärken können.

    Zweitens will ich künftigen Führungskräften in Nonprofit-Organisationen Mut machen. Sie werden Zweifel hegen wie andere vor und neben ihnen, werden die gleichen Fehler machen und feststellen, dass man die Dinge nie in den Griff bekommen kann. Je früher man sich mit diesem Gedanken anfreundet, desto mehr Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich in der paradoxen Welt der Führung.

    Drittens möchte ich diejenigen Personen ansprechen, welche als Mitglieder der strategischen Ebene Führungskräfte in Nonprofit-Organisationen rekrutieren und ihnen die Aufträge erteilen. Häufig handelt es sich dabei um Personen, die zwar eine reiche Berufserfahrung vorweisen, für die Rolle eines Vorstandsmitglieds oder Stiftungsrates aber nicht spezifisch ausgebildet sind. Hier plädiere ich für die Professionalisierung der obersten Leitungsgremien hinsichtlich ihrer eigenen Führungsverantwortung.

    1.2 Aufbau

    In diesem Buch geht es um ganz bestimmte Organisationen als Betriebe. Was im Weiteren als Soziale Organisation bezeichnet wird, muss zunächst definiert werden (2). Zu beachten sind der spezifische Auftrag oder Zweck sowie die für dessen Erfüllung geeigneten Formen und Strukturen. Dabei soll wie erwähnt der Fokus eher auf die Spezifika gelegt werden. Daran schließen Überlegungen zu Führung an (3), wiederum entlang der Frage, was denn in Sozialen Organisationen das Besondere sein könnte (4).

    Eine Organisation, eine Abteilung oder ein Team zu führen/zu leiten ist anspruchsvolle Facharbeit, die man lernen kann und die man weiterentwickeln muss. Aus dem besonderen Auftrag sowie aus den häufig widersprüchlichen Interessen aller möglichen Anspruchsgruppen ergeben sich im Kontext Sozialer Organisationen vielfältige Spannungen, mit denen Führungskräfte – aber nicht nur sie – konfrontiert sind. Wie man damit umgehen kann und muss, wird in den weiteren Kapiteln skizziert. Angesprochen werden dabei weniger Techniken sondern vielmehr Haltungen, die man sich erarbeiten kann und mit denen man sich als Führungskraft dauernd beschäftigen muss (5). Drei Dimensionen können modellhaft als Orientierungshilfe dienen: Dialogisches Führungsverständnis in der interpersonellen Zusammenarbeit (6), individuelle und gemeinsame Reflexion der Führungsarbeit (7) sowie Wertekohärenz auf der Ebene der Gesamtorganisation (8). Führung bleibt jedoch immer eine unvollendete Entwicklungsaufgabe, für die eigene Praxis ebenso wie für die Aus- und Weiterbildung (9).

    Fußnoten

    1

    Vermehrt gelten auch hier marktwirtschaftliche Prinzipien. Zu beachten sind etwa das Erstarken des Söldnerwesens in der internationalen Kriegsführung, die Zunahme privater Sicherheitsdienste und ihre Beauftragung mit polizeilichen Aufgaben oder Experimente mit der Privatisierung des Strafvollzugs.

    2

    Private Güter, bei denen Konsens darüber besteht, dass sie allen zur Verfügung stehen sollen, die aber durch den Markt nicht in ausreichender Menge zum nachgefragten Preis bereitgestellt würden. Meritorische Güter stiften immer sowohl einen individuellen als auch einen gesellschaftlichen Nutzen.

    3

    Die Managerialismus-Debatte (vgl. Meyer und Leitner 2011) kann hier nicht in gebührendem Umfang nachgezeichnet werden. Der Autor steht einer unreflektierten Übernahme von Techniken und Instrumenten aus der profitmaximierenden Wirtschaft in die NPO kritisch gegenüber, hält aber die Auseinandersetzung über den haushälterischen Umgang mit personalen und finanziellen Ressourcen im Sinne einer kontinuierlichen, politisch (öffentlich) auszuhandelnden Prioritätensetzung für unumgänglich. Die Aufgabe ist immer unendlich groß, die Mittel und Kräfte sind hingegen zumeist beschränkt.

    Michael HerzkaFührung im Widerspruch2013Management in Sozialen Organisationen10.1007/978-3-658-01420-9_2© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

    2. For-Profit-, Nonprofit- und Soziale Organisationen

    Michael Herzka¹  

    (1)

    Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Pfingstweidstraße 96, 8005 Zürich, Schweiz

    Michael Herzka

    Email: michael.herzka@zhaw.ch

    2.1 Organisationen als Wirtschaftsakteure

    2.2 Wirtschaften ohne Profitmaximierung

    2.3 Definition der Nonprofit-Organisation

    2.4 Soziale Organisationen

    Zusammenfassung

    Sich einem Gegenstand anzunähern zwingt zu Eingrenzungen und erfordert, bestehende, mehr oder weniger bewährte Ordnungsprinzipien zu übernehmen oder eigene Kategorisierungen vorzunehmen. „Definition lies at the heart of all social analysis" (Salamon und Anheier 1997: 11). Innerhalb der vielfältigen Formen strukturierter menschlicher Interaktion lassen sich beispielsweise Organisationen als Wirtschaftsunternehmen beschreiben. Entsprechend ihrer ökonomischen Zielsetzung können dann sogenannte Nonprofit-Organisationen als eine Untergruppe definiert werden, innerhalb derer sich wiederum die Sozialen Organisationen gewissen Tätigkeitsfeldern oder Sphären menschlichen Zusammenlebens widmen. Im Fokus dieses Buches stehen Organisationen, die wirtschaftliche und gemeinwohlorientierte Leistungen erbringen. Erklärungsbedürftig an diesem Satz ist jedoch fast alles: Es gilt zu definieren, was eine Organisation ist und zu erläutern weshalb Wirtschaft und Gemeinwohl unterschieden werden. Wenn der Begriff Leistung fällt, dann kann gefragt werden, wie denn eine solche allenfalls zu erkennen oder gar zu messen sei. Bereits diese Vorüberlegungen machen deutlich, dass der Gegenstand nicht ganz einfach zu bestimmen sein wird.

    Sich einem Gegenstand anzunähern zwingt zu Eingrenzungen und erfordert, bestehende, mehr oder weniger bewährte Ordnungsprinzipien zu übernehmen oder eigene Kategorisierungen vorzunehmen. „Definition lies at the heart of all social analysis" (Salamon und Anheier 1997: 11). Innerhalb der vielfältigen Formen strukturierter menschlicher Interaktion lassen sich beispielsweise Organisationen als Wirtschaftsunternehmen beschreiben. Entsprechend ihrer ökonomischen Zielsetzung können dann sogenannte Nonprofit-Organisationen als eine Untergruppe definiert werden, innerhalb derer sich wiederum die Sozialen Organisationen gewissen Tätigkeitsfeldern oder Sphären menschlichen Zusammenlebens widmen. Im Fokus dieses Buches stehen Organisationen, die wirtschaftliche und gemeinwohlorientierte Leistungen erbringen. Erklärungsbedürftig an diesem Satz ist jedoch fast alles: Es gilt zu definieren, was eine Organisation ist und zu erläutern weshalb Wirtschaft und Gemeinwohl unterschieden werden. Wenn der Begriff Leistung fällt, dann kann gefragt werden, wie denn eine solche allenfalls zu erkennen oder gar zu messen sei. Bereits diese Vorüberlegungen machen deutlich, dass der Gegenstand nicht ganz einfach zu bestimmen sein wird.

    2.1 Organisationen als Wirtschaftsakteure

    Währendem wir alle Mitglieder einer Gesellschaft – heute der Weltgesellschaft¹ – sind, gibt es bei einer Organisation immer solche, die dazu gehören und andere, die draußen sind. Eine Gruppe von Reisenden, die sich zufällig im gleichen Bus befinden, würden wir jedoch nicht als Organisation bezeichnen. Und wenn sich die Türen nicht schließen lassen, weil sich niemand hinsetzt oder zur Seite tritt, warten wir alle darauf, dass die Fahrerin zur Ordnung ruft. Damit sind die drei Elemente einer minimalen Definition von Organisation benannt: Mitgliedschaft, Zweck, Hierarchie (Kühl 2011). Organisationen entscheiden nach bestimmten Gesichtspunkten autonom darüber, wer eintreten darf und wer wieder austreten muss. Ebenso setzten sie sich selbst einen Zweck, sei es das gemeinsame Spiel im Sportverein, die Herstellung von Fahrrädern oder die Beratung von Gewaltopfern. Organisationen legen zudem fest, wie sie sich intern strukturieren, also etwa wem welche Weisungsbefugnis zukommt und wieweit dies überhaupt formalisiert werden soll.² Die Autonomie der Entscheide bezüglich Mitgliedschaft, Zweck und Hierarchie wird dabei durch die bestehende Rechtsordnung, die politischen Verhältnisse sowie durch wirtschaftliche Gegebenheiten begrenzt. In diesem Rahmen und über die drei zentralen Bestimmungsmerkmale hinaus können Organisationen die vielfältigste Formen annehmen und sehr unterschiedliche Ziele verfolgen. Ebenso rücken die verschiedenen Perspektiven auf Organisationen, die wissenschaftlichen Versuche sie zu beschreiben und zu verstehen, je nach disziplinärem Zugang und historischem Kontext ganz andere Facetten ins Zentrum der Betrachtung (Gomez und Zimmermann 1999; Wetzel und Aderhold 2009).

    Eine Form von Organisationen sind Unternehmen als Akteure in einem Wirtschaftssystem. Sie stellen Waren her und erbringen Dienstleistungen, produzieren also Güter. Über Austauschbeziehungen (Märkte) gelangen diese zu bestimmten Personen oder Personengruppen (Kunden). Zwischen Käufer und Verkäuferin wird ein Preis ausgehandelt, ein Tauschwert in Einheiten von Geld oder anderen Waren festgelegt. Zwar wäre auch eine Ökonomie von unabhängig agierenden Individuen denkbar. Viele wirtschaftliche Leistungen werden jedoch von arbeitsteilig miteinander verbundenen Personen günstiger oder wirkungsvoller erbracht und viele Produkte könnten von einer Einzelperson gar nicht hergestellt werden. Der zeitliche und örtliche Grad der Verknüpfung reicht dabei von temporären Arbeitsgemeinschaften einiger weniger Einpersonen-Unternehmen bis zum hochgradig strukturierten, aus Hunderten von Produktionseinheiten und Hunderttausenden von Mitarbeitenden bestehenden internationalen Konzern.³

    Wenn wir an Unternehmen denken, gehen wir in der Regel davon aus, dass ihre Waren oder Dienstleistungen käuflich sind, ein Preis über das Spiel von Angebot und Nachfrage

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