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Einkauf und Supply Chain Management
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eBook537 Seiten5 Stunden

Einkauf und Supply Chain Management

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Über dieses E-Book

Dieser Sammelband anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Arbeitskreises Einkauf und Logistik thematisiert einige der aktuellsten Fragestellungen im Zuge einer hochprofessionellen und zukunftssicheren Einkaufs- bzw. Supply-Chain-Management-Funktion im Unternehmen. Die zehn Beiträge von renommierten WissenschaftlerInnen und erfahrenen Praktikern fokussieren Zukunftsszenarien für Wertschöpfungsnetzwerke und den Einkauf sowie die strategische Transformation des Einkaufs hin zu einer stärker wertschöpfenden Funktion. Dabei werden Fragen der fortschreitenden Digitalisierung und des agilen Managements aufgegriffen. Außerdem werden neuere Formen des Contractings vor dem Hintergrund moderner digitaler Technologien vorgestellt. Ein weiterer Fokus liegt auf konkreten Managementpraktiken und Steuerungsmechanismen im Einkaufs- und Logistikbereich.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum2. Aug. 2021
ISBN9783658328955
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    Buchvorschau

    Einkauf und Supply Chain Management - Ronald Bogaschewsky

    Band 76/21

    ZfbF-Sonderheft

    Reihe herausgegeben von

    Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswi

    Schmalenbach-Gesellschaft, Köln, Deutschland

    Die ZfbF-Sonderhefte sind aktuellen Themen aus allen Gebieten der Betriebswirtschaftslehre gewidmet. Sie enthalten entweder Monografien oder Sammelbände mit Aufsätzen zu dem jeweiligen Spezialthema, vor allem aus Rechnungswesen und Steuern, Finanzierung, Marketing sowie Organisation, Management und digitalen Märkten. Besonderes Kennzeichen ist die enge Verbindung von Theorie und Praxis.

    Die Reihe der ZfbF-Sonderhefte wurde 1972 neben der Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (ZfbF) etabliert. Bisher wurden pro Jahr ein bis zwei Sonderhefte zu einem breiten Spektrum von Themen der Betriebswirtschaftslehre veröffentlicht. Die Qualitätssicherung der ZfbF-Sonderhefte erfolgt durch die renommierten Herausgeber der ZfbF.

    Die ZfbF ist die älteste und renommierteste betriebswirtschaftliche Fachzeitschrift im deutschsprachigen Raum. Sie wurde 1906 von Eugen Schmalenbach als Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung (ZfhF) gegründet und ab 1949 in neuer Folge geführt. 1963 erhielt sie den heutigen Namen. 2000 wurde ihre Schwesterzeitschrift in englischer Sprache, die Schmalenbach Business Review (SBR), ausgegliedert. Träger der ZfbF und der SBR ist die Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V.

    Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

    Schriftführender Herausgeber

    Prof. Dr. Dr. h.c. Alfred Wagenhofer, Universität Graz, Österreich

    Redaktion

    Dr. Birgit Beinsen, Universität Graz, Österreich

    Herausgeber

    Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser, Universität München, Deutschland

    Prof. Dr. Marina Fiedler, Universität Passau, Deutschland

    Prof. Dr. Karen Gedenk, Universität Hamburg, Deutschland

    Prof. Dr. Martin Klarmann Karlsruher Institut für Technologie, Deutschland

    Prof. Dr. Rainer Niemann, Universität Graz, Österreich

    Prof. Dr. Tobias Kretschmer Universität München, Deutschland

    Prof. Jörg Rocholl, PhD, European School of Management and Technology, Deutschland

    Prof. Dr. Ulrich Schreiber, Universität Mannheim, Deutschland

    Prof. Dr. Thorsten Sellhorn, Universität München, Deutschland

    Prof. Dr. Martin Spann, Universität München, Deutschland

    Prof. Dr. Erik Theissen, Universität Mannheim, Deutschland

    Prof. Dr. Marliese Uhrig-Homburg, Karlsruher Institut für Technologie, Deutschland

    Herausgeberrat

    Prof Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser (Vorsitz) Universität München, Deutschland

    WP StB Klaus Becker, KPMG AG,Deutschland

    Ludger Becker, Bayer AG, Deutschland

    Prof. Dr. Clemens Börsig, Deutschland

    Prof. Dr. Mark Ebers,Universität zu Köln, Deutschland

    Prof. Dr. Edgar Ernst, Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung, Deutschland

    WP StB Georg Graf Waldersee, Ernst &Young GmbH, Deutschland

    Dr. Lars Grünert, Trumpf GmbH & Co. KG,Deutschland

    Dr. Alan Hippe, F. Hoffmann-La Roche AG,Schweiz

    Stefan Krause, Deutschland

    Prof. Dr. Bernhard Pellens, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland

    WP StB Prof. Dr. Martin Plendl,Deloitte, Deutschland

    Prof. Dr. Caren Sureth-Sloane,Universität Paderborn, Deutschland

    Dr. Markus Warncke,Villeroy & Boch AG, Deutschland

    Weitere Bände in der Reihe http://​www.​springer.​com/​series/​15235

    Hrsg.

    Ronald Bogaschewsky

    Einkauf und Supply Chain Management

    1. Aufl. 2021

    ../images/500976_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.png

    Logo of the publisher

    Hrsg.

    Ronald Bogaschewsky

    University of Würzburg, Würzburg, Deutschland

    ISSN 2567-1081e-ISSN 2749-3679

    ZfbF-Sonderheft

    ISBN 978-3-658-32894-8e-ISBN 978-3-658-32895-5

    https://doi.org/10.1007/978-3-658-32895-5

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://​dnb.​d-nb.​de abrufbar.

    © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung der Verlage. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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    Planung/Lektorat: Lisa Woetzel

    Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature.

    Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

    Die Zukunft der Beschaffungsfunktion gestalten – 50 Jahre Arbeitskreis Einkauf und Logistik der Schmalenbach-Gesellschaft

    Kurz nach dem 75-jährigen Jubiläum hinsichtlich der Gründung der ersten Arbeitskreise der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. feiert nun einer der ältesten dieser Arbeitskreise sein 50-jähriges Bestehen. Die Tatsache, dass bereits 1951 der bis 1960 aktive Arbeitskreis „Der Einkauf im Industriebetrieb" als zweiter Arbeitskreis der Gesellschaft überhaupt gegründet wurde, macht deutlich, dass die Bedeutung des Themas Einkauf bereits früh erkannt wurde. Nach fünf Jahrzehnten darf man wohl von einem Dauerarbeitskreis sprechen und es stellt sich die Frage, was in den vielen Jahren geschafft wurde und ob dessen weitere Fortführung Sinn macht.

    Der Arbeitskreis ist eine Gruppe von ExpertInnen aus Wissenschaft und Praxis, die dazu beitragen möchte, das komplexe Aufgabenfeld der Beschaffung, mit den – nicht einheitlich definierten – Bereichen Einkauf, Materialwirtschaft, Logistik und Supply Chain Management stetig weiterzuentwickeln, dessen Wertbeitrag für die Praxis permanent zu steigern sowie die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den tangierten Fragestellungen zu fördern. Dass dies eine dauerhafte Aufgabe ist, versteht sich angesichts der dynamischen Umwelt, die stark auf diese Disziplin wirkt, eigentlich von selbst. Von besonderer Bedeutung mag auch sein, dass viele Unternehmen auf der obersten Führungsebene das sehr große Potenzial, dass in einer bestmöglichen Ausgestaltung und Umsetzung einer modernen Beschaffungsfunktion liegt, nach wie vor nicht vollends erkannt haben.

    Dies stellt auch das Leitthema dieser Schrift dar. Hierzu haben einige Mitglieder des Arbeitskreises die im Folgenden skizzierten Beiträge verfasst. Dabei fokussieren die ersten beiden Beiträge Zukunftsszenarien für Wertschöpfungsnetzwerke bzw. für den Einkauf. Drei Artikel betrachten die strategische Transformation des Einkaufs hin zu einer stärker wertschöpfenden Funktion, wobei Fragen der fortschreitenden Digitalisierung sowie des Agilen Managements aufgegriffen werden. Zwei Beiträge widmen sich neuen Formen des Contracting vor dem Hintergrund moderner digitaler Technologien. Die letzten drei Artikel gehen auf konkrete Managementpraktiken und Steuerungsmechanismen im Themengebiet ein.

    Ronald Bogaschewsky diskutiert die Frage, welche Auswirkungen die heutigen und erwarteten zukünftigen Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns auf globale Wertschöpfungsketten haben und wie die Unternehmensführung hierauf reagieren sollte. Die Diskussion wird basierend auf sechs Kernfaktoren – Politik und Gesellschaft, Menschen und MitarbeiterInnen, Rohstoffe & Energie, Natürliche Umwelt, Ökonomie sowie Technologien – geführt, womit ein holistisch orientierter, multidisziplinärer Ansatz gewählt wird. Dies erscheint angesichts der Komplexität der realen Einflussfaktoren unternehmerischen Handelns und deren Vernetztheit untereinander sinnvoll. Eine resultierende Forderung ist eine deutlich stärkere Langfrist- und Nachhaltigkeitsorientierung und einer der hohen Komplexität besser gerecht werdenden Führung und Organisation des Unternehmens. Dies müsse sich auch stärker in der Managementlehre niederschlagen.

    Marcell Vollmer, Christoph Bode und Davide Burkhart wagen in ihrem Beitrag eine Prognose, wie der Einkauf im Jahre 2030 aussehen könnte. Dabei werden insbesondere Einflüsse durch disruptive Technologien und weitere wesentliche Trends in die Analyse einbezogen. Das Fundament stellt hierbei eine international angelegte empirische Befragung unter EinkaufsleiterInnen und weiteren Führungskräften, die 564 TeilnehmerInnen verzeichnen konnte, dar. Adressiert werden Fragen zur Strategie und zum Wertbeitrag des Einkaufs, zu Prozessen, zur Organisation, zu eingesetzten Technologien sowie zu MitarbeiterInnen, die nachfolgend zu einem integrativ ausgerichteten Zukunftsbild zusammengefasst werden. Hierin zeigt sich insbesondere eine intensive Unterstützung durch digitale Systeme bei hohem Automatisierungsgrad operativer Prozesse sowie einer primär wertorientierten Funktion, deren Tätigkeitsschwerpunkte sowohl im Risiko- als auch im Innovationsmanagement hinsichtlich der Supply Chain liegen und die auf einen breiten und teilweise stark spezialisierten Talent Pool zurückgreift.

    Elisabeth Fröhlich und Maximilian Nuyken fokussieren die strategische Transformation des Einkaufs mittels Digitalisierung. Ziel des Beitrags ist die Ableitung eines Handlungsrahmens, der Hinweise gibt, wie Unternehmen ihre Einkaufsfunktion weiterentwickeln können, um diese zukunftsfähig aufzustellen. Dabei stehen die problemfeldbezogenen Einsatzmöglichkeiten neuerer digitaler Technologien und Anwendungen und deren Beitrag zur Generierung eines erhöhten Wertbeitrags, insbesondere auch bei strategischen Aufgaben, im Vordergrund. Basierend auf zwei Szenarien, der vollständigen Automatisierung des Einkaufs mittels künstlicher Intelligenz und Robotics Process Automation einerseits und der Wandlung zu einer Servicefunktion unter massiver Nutzung von Big Data/Advanced Analytics andererseits, sowie mithilfe von ExpertInneninterviews werden die möglichen Handlungsfelder analysiert und Empfehlungen abgeleitet.

    Michael Stietz, Jasmin Möller und Meike Westphal behandeln in ihrem Beitrag die Bedeutung von MitarbeiterInnen und der Unternehmenskultur bei der Transformation des Einkaufs hin zu einer zukunftsfähigen, wertschöpfenden Funktion. Ausgehend von der Evolution des Einkaufs hin zu einer strategisch bedeutsamen Unternehmensfunktion werden wesentlich Aspekte der Transformation im Zuge eines Change-Management-Prozesses dargelegt, wobei der Fokus neben der Strategieentwicklung auf dem Human Resources Management sowie kulturellen Herausforderungen und Fragen der adäquaten Kommunikation liegt. Auf die allgemein orientierte, literaturbasierte Diskussion folgt das – aus Umfangsgründen stark verkürzte – Fallbeispiel der Körber AG.

    Heinz Schäffer beschäftigt sich in seinem Beitrag mit Fragen der Agilität im Einkauf. Im Rahmen der Dimension Beschaffungsstrategie wird beschrieben, wie Strategieentwicklungsprozesse auf effektive und effiziente Weise strukturiert werden können. Hierzu wird ein ABC-Modell eingeführt, das in mehreren Unternehmen bereits Einsatz fand. In der Dimension Organisationsstruktur wird u. a. mittels praktischer Beispiele dargelegt, welche Auswirkungen agile Methoden auf die Aufbaustruktur des Einkaufs haben können. Im Rahmen der Dimension Personal werden schließlich Aspekte angeführt, die für eine erfolgreiche Umsetzung agiler Methoden in der Praxis auf MitarbeiterInnenebene erforderlich sind.

    Rainer Lasch und Lorenz Trautmann untersuchen in ihrem englischsprachigen Beitrag den Reifegrad Blockchain-basierter Smart Contracts im Beschaffungsbereich basierend auf einer Technology Readiness Level Analysis. Dabei wird die aktuelle relevante Literatur systematisch ausgewertet. Die potenzielle Bedeutung der Blockchain-Technologie im Beschaffungsbereich ist grundsätzlich als hoch einzuschätzen, wobei es zurzeit lediglich einige Anwendungen gibt, die wohl als fortgeschrittene Piloten anzusehen sind. So kommen die Autoren auch zu dem Ergebnis, dass bisher nur die ersten fünf Level hinsichtlich der Technology Readiness als gegeben anzusehen sind. Noch gäbe es technologische Unzulänglichkeiten (Level 6), insbesondere hinsichtlich der Skalierbarkeit, der Performance sowie des Energieverbrauchs, sowie juristische Unklarheiten (Level 7), u. a. angesichts fehlender international anerkannter Standards. Zuverlässig funktionierende und integrierte Beispielanwendungen (Level 8) sind angesichts weiterer Defizite bisher nicht vorhanden, die wiederum Voraussetzung für den höchsten Readiness-Level 9 sind. Nichtsdestotrotz dürfte die Weiterentwicklung dieser Technologie für den Beschaffungsbereich höchst interessante Anwendungsmöglichkeiten bieten.

    Michael Eßig und Andreas Glas beschäftigen sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf das Performance-Based Contracting (PBC). Letzteres kommt in der Praxis häufig im Rahmen von Dienstleistungsverträgen mit Lieferanten bei komplexen und/oder innovationsintensiven Geschäftsbeziehungen zum Einsatz. Hierbei sind die Verträge in der Regel ergebnisorientiert und die Vergütungen leistungsabhängig gestaltet. Die in der Praxis beobachtete Leistungssteigerung, bspw. durch die Realisierung höherer Servicegrade, bei gleichzeitig attraktivem Kostenniveau hängt allerdings von der konkreten Problemsituation ab. Aufgrund der bereits heute gegebenen Möglichkeiten im Rahmen der Digitalisierung kann sich die relative Vorteilhaftigkeit von PBC-Lösungen gegenüber alternativen Formen der Koordination (Markt oder Hierarchie) verschieben. Dies wird basierend auf der Transaktionskostentheorie analysiert. Um eine strukturierte Analyse vornehmen zu können, kann in Fokussierungs- und Verstärkungseffekte differenziert werden, wie zwei Fallbeispiele erläutern. Bei wenig spezifischen Leistungen, wie sie u. a. im Bereich der Güterbereitstellung zu beobachten sind, werde ein PBC angesichts der fortgeschrittenen Möglichkeiten der Digitalisierung tendenziell vergleichsweise weniger attraktiv. Das Gegenteil sei für spezifische Leistungen zu konstatieren.

    Wolfgang Stölzle und Tim Brandl gehen in ihrem Beitrag der Frage nach, welche Managementpraktiken zur Steuerung und Kontrolle von Contract Manufacturing-Dienstleistern in der Praxis der pharmazeutischen Industrie eingesetzt werden. Angesichts eines relativ hohen Anteils scheiternder Projekte in diesem Bereich erscheint es mehr als lohnend, mögliche Ursachen hierfür näher zu untersuchen. Aufgrund der sechs dargelegten Fallstudien weist die Untersuchung eine gute empirische Breite und der Beitrag einen entsprechenden Umfang auf. Der generierte Mehrwert dürfte einerseits in der Konzeption und Anwendung eines neuen Analyserahmens liegen und andererseits in der Erkenntnis, dass für die Ausgestaltung der Managementpraktiken bestimmte Kontextfaktoren verantwortlich sein dürften. Dieser Zusammenhang bedarf somit besonderer Beachtung für die Gestaltung von entsprechenden Steuerungs- und Kontrollmechanismen in der Praxis. Dabei versteht sich von selbst, dass die konkreten Beispiele nicht wegweisend für andere Branchen und Unternehmen sein müssen. Vielmehr dient der Beitrag einem besseren Verständnis für und einer strukturierten Herangehensweise an ein situatives Management von Contract Manufacturing-Dienstleistern. Der Beitrag fokussiert eine zentrale beschaffungsbezogene Aufgabe, auch wenn diese keinesfalls immer und primär von der Funktion Einkauf und Supply Chain Management verantwortet wird.

    Der Beitrag von Götz Lauschke und Volker Arning geht der Frage nach, mit welchen Kennzahlen am besten komplexe und vernetzte Wertschöpfungsstrukturen abgebildet werden sollten. Das praktische Ausgangsproblem liegt in der Prozessindustrie und spezifisch in der Chemieindustrie, wo Kuppelproduktionen oftmals die Regel sind. Der Ausweis des Wertbeitrags eines Rohstoffs gestaltet sich dabei schwierig und die klassischen Schlüsselungsmethoden weisen Schwächen auf. So bedarf es einer reflektierten und strukturierten Ermittlung von Key Performance Indicators (KPIs), um den Wertbeitrag einzelner Rohstoffe adäquat abzubilden und beispielsweise in Engpasssituationen zielgerechte Prioritäten setzen zu können. Anhand stark vereinfachender Beispiele wird das Prinzip alternativer Vorgehensweisen erläutert und die potenziellen Auswirkungen des Einsatzes unterschiedlicher KPIs dargelegt. Damit wird gleichsam auf pragmatische Weise verdeutlicht, dass nicht nur strategische Weichenstellungen, sondern auch konkrete und detaillierte Steuerungsaufgaben für die Effektivität des Einkaufs mitentscheidend sind.

    Hans-Christian Pfohl und Nikos Moraitakis widmen sich in ihrem englischsprachigen Beitrag der in der Theorie nach wie vor nicht abschließend geklärten und in der Praxis sehr bedeutenden Fragestellung, wie Einkauf und Logistik hinsichtlich der verfolgten Ziele und Maßnahmen besser abgestimmt und damit in gewisser Weise integriert werden können. Zudem wird untersucht, inwieweit eine solche Integration auch zu einer besseren Integration der Lieferanten mit dem beschaffenden Unternehmen führen kann. Hierzu wird das Instrument cross-funktionaler Anreize auf generelle Weise untersucht und damit die personelle Ebene fokussiert. Auf der Basis literaturbasierter Hypothesen wird eine explorative Studie unter 87 chinesischen Unternehmen durchgeführt. Die Daten werden mit der Partial-Least-Square-Methodik ausgewertet. Wie die Ergebnisse zeigen, können sich die betrachteten cross-funktionalen Incentives signifikant positiv auf die Integration von Einkauf und Logistik sowie der Lieferanten mit dem Unternehmen auswirken.

    Aktuelle Informationen zum Arbeitskreis Einkauf und Logistik finden sich auf der Homepage der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. unter https://​www.​schmalenbach.​org/​.

    Ronald Bogaschewsky

    Würzburg

    im November 2020

    Inhaltsverzeichnis

    Teil IZukunftsszenarien für Wertschöpfungsnetzwerke und den Einkauf

    1 Globale Wertschöpfungsne​tzwerke und Unternehmensführ​ung unter neuen Rahmenbedingunge​n – Zeit für einen Paradigmenwechse​l?​ 3

    Ronald Bogaschewsky

    1.​1 Relevanz von Umfeldveränderun​gen für Unternehmen 3

    1.​1.​1 Kernbereiche der Veränderungen 3

    1.​1.​2 Kernfaktor:​ Menschen und MitarbeiterInnen​ 5

    1.​1.​3 Kernfaktor:​ Politik und Gesellschaft 8

    1.​1.​4 Kernfaktor:​ Rohstoffe und Energie 11

    1.​1.​5 Kernfaktor:​ Natürliche Umwelt 13

    1.​1.​6 Kernfaktor:​ Technologien 15

    1.​1.​7 Kernfaktor:​ Ökonomie 17

    1.​2 Methodische und technologische Unterstützung bei der Gestaltung globaler Wertschöpfungsne​tzwerke 19

    1.​3 Notwendige Schwerpunktverla​gerungen im strategischen Management 24

    1.​4 Fazit 30

    Literatur 31

    2 Die Einkaufsfunktion​ 2030:​ Wie Trends und disruptive Technologien die Zukunft des Einkaufs verändern 37

    Marcell Vollmer, Christoph Bode und Davide Burkhart

    2.​1 Aktuelle Herausforderunge​n für den Einkauf und Lieferketten 38

    2.​2 Status Quo und Folgen für den Einkauf 39

    2.​2.​1 Strategie und Wertbeitrag des Einkaufs 40

    2.​2.​2 Einkaufsprozesse​ 43

    2.​2.​3 Einkaufsorganisa​tion 44

    2.​2.​4 Technologien im Einkauf 45

    2.​2.​5 MitarbeiterInnen​ im Einkauf 48

    2.​3 Zusammenfassende​ Trends und Ausblick auf den Einkauf 2030 49

    2.​4 Synopse des Einkaufs 2020 und des Einkaufs 2030 55

    Literatur 57

    Teil IIStrategische Transformation des Einkaufs

    3 Die strategische Transformation des Einkaufs:​ Wertbeitrag durch Digitalisierung?​ 61

    Elisabeth Fröhlich und Maximilian Nuyken

    3.​1 Relevanz des Themas 61

    3.​1.​1 Die Entwicklung der Beschaffung im digitalen Zeitalter 63

    3.​2 Digitalisierung als treibende Kraft für Procurement Excellence 68

    3.​2.​1 Evolution versus Revolution:​ Ansätze des notwendigen Wandels im Einkauf 68

    3.​2.​2 Methodisches Vorgehen 69

    3.​2.​3 Ableitung der relevanten Szenarien 71

    3.​3 Disruptive Technologien als Enabler eines digitalen Beschaffungsvers​tändnisses 75

    3.​3.​1 Ein Handlungsrahmen für den digitalen Einkauf 75

    3.​3.​2 Fazit:​ Digitalisierung als Katalysator für den Einkauf 78

    Literatur 79

    4 Humanressourcen und Unternehmenskult​ur als zentrale Stellgrößen der Transformation des Einkaufs 81

    Michael Stietz, Jasmin Möller und Meike Westphal

    4.​1 Einkauf zwischen Status Quo und Vision 81

    4.​2 Dynamische Geschäftsumfelde​r und Evolution von Einkauf und Beschaffungsmana​gement 84

    4.​3 Transformation der Einkaufsfunktion​ 86

    4.​3.​1 Wandel gestalten mit Change Management und Organisationsent​wicklung 86

    4.​3.​2 Aufbau einer tragfähigen Einkaufsstrategi​e 89

    4.​3.​3 MitarbeiterInnen​ im Transformationsp​rozess 92

    4.​3.​4 Unternehmenskult​ur im Transformationsp​rozess gestalten 98

    4.​3.​5 Kommunikation 100

    4.​4 Umsetzung im Körber-Konzern 103

    4.​4.​1 Vorstellung Körber-Konzern 103

    4.​4.​2 Einkauf bei Körber 104

    4.​4.​3 Transformation der Einkaufsfunktion​ bei Körber 105

    4.​5 Fazit 108

    Literatur 109

    5 Dimensionen der Agilität und Unterstützung zur Ausgestaltung im Einkauf 113

    Heinz Schäffer

    5.​1 Agilität im Einkauf:​ Bedeutung und Dimensionen 113

    5.​2 Dimension „Beschaffungsstra​tegie und Systeme" 117

    5.​3 Dimension „Organisationsstr​uktur" 121

    5.​4 Dimension „Personal" 126

    5.​5 Zusammenfassung 128

    Literatur 129

    Teil IIIAuswirkungen der Digitalisierung auf Contracting

    6 Blockchain-based Smart Contracts in Procurement:​ A Technology Readiness Level Analysis 133

    Lorenz Trautmann und Rainer Lasch

    6.​1 Introduction 133

    6.​2 Methodology and Structure 135

    6.​3 Technological Background 136

    6.​3.​1 Blockchain Basics 136

    6.​3.​2 Consensus Mechanisms 138

    6.​3.​3 Smart Contract Technology and Platforms 140

    6.​4 Maturity Model 142

    6.​4.​1 Technology Readiness Levels 142

    6.​4.​2 Model Adaptation 143

    6.​5 Analysis of Smart Contract Technology in Procurement using Adapted TRL 146

    6.​5.​1 TRL 1—Basic Smart Contract Technology Principles Reported 146

    6.​5.​2 TRL 2—Possible Application Fields for Basic Technology Concept In Procurement Formulated 147

    6.​5.​3 TRL 3—Critical Functions and Characteristics of Smart Contract Technology for Meaningful Implementation in Procurement Formulated 148

    6.​5.​4 TRL 4—Smart contract algorithms tested in a controlled and monitored procurement environment 150

    6.​5.​5 TRL 5—Smart Contract Projects Demonstrating Relevant Characteristics and Functions for Individual Activities in Procurement Practice 151

    6.​5.​6 TRL 6—Smart Contract System Demonstration in Procurement without Technological Limitation 153

    6.​5.​7 TRL 7—Smart Contract System Demonstration in Procurement without Legal Limitation 155

    6.​5.​8 TRL 8—Smart Contract System Demonstration in Procurement without Functional Limitations and Qualified Through Test and Demonstration 159

    6.​5.​9 TRL 9—Actual Smart Contract System Proven through Successful Operation 161

    6.​6 Conclusion 162

    References 164

    7 Digital Performance Based Contracting 171

    Andreas H. Glas und Michael Eßig

    7.​1 Geschäftsmodelli​nnovationen als Ausgangspunkt 172

    7.​2 Konzeptionelle Grundlagen 173

    7.​2.​1 Der Einfluss der Digitalisierung auf den Einkauf 173

    7.​2.​2 Das Geschäftsmodell PBC 174

    7.​2.​3 Ansatzpunkte für die Digitalisierung des PBC-Geschäftsmodells​ 177

    7.​3 Bewertung der Nutzung von Digital PBC mithilfe der Transaktionskost​entheorie 180

    7.​4 Fallbeispiele:​ „Contracting 4.​0" 183

    7.​4.​1 Fokussierungseff​ekt:​ Smart Contracting 183

    7.​4.​2 Verstärkungseffe​kt:​ Digital PBC 185

    7.​5 Implikationen und Diskussion Digital PBC 188

    7.​6 Zusammenfassung und Ausblick 190

    Literatur 191

    Teil IVSteuerungsmechanismen in Einkauf und Supply Chain Management

    8 Praktiken zur Steuerung und Kontrolle von Contract-Manufacturing-Dienstleistern in der Supply Chain 197

    Wolfgang Stölzle und Tim Brandl

    8.​1 Contract Manufacturing im Lichte des Supply Chain Managements 198

    8.​2 Wissenschaftlich​e Perspektive zum Management von Contract-Manufacturing-Dienstleistern 199

    8.​2.​1 Forschungsströmu​ngen und aktueller Forschungstand 199

    8.​2.​2 Forschungslücken​ und künftiger Forschungsbedarf​ 201

    8.​3 Management von Contract-Manufacturing-Dienstleistern in der Praxis 201

    8.​3.​1 Forschungsfragen​ und Denkrahmen 201

    8.​3.​2 Fallstudien für das Management von Contract-Manufacturing-Dienstleistern in der Praxis 203

    8.​3.​3 Cross-Case-Analyse der Fallstudien 212

    8.​4 Implikationen für das Management von Contract-Manufacturing-Dienstleistern in der Supply Chain 215

    8.​5 Limitationen und weiterer Forschungsbedarf​ 218

    Literatur 219

    9 Bessere Steuerung der Einkaufsaktivitä​ten durch Fokussierung auf die Wertschöpfung 223

    Volker Arning und Götz Lauschke

    9.​1 Die Komplexität der Spezialchemie 224

    9.​2 Die Wichtigkeit des Einkaufs in der chemischen Industrie 225

    9.​3 Merkmale eines „erfolgreichen Einkaufs" in modernen Unternehmen 225

    9.​4 Beschreibung und Limitierung klassischer KPIs 228

    9.​4.​1 Ausgabevolumen (Spend) 229

    9.​4.​2 Einsparungen (Savings) 229

    9.​5 Verbesserte Steuerungsgrößen​ für den Einkauf 230

    9.​5.​1 Ermittlung des Wertbeitrag eines Rohstoffs mit der Gesamtzuschlüsse​lungsmethode 232

    9.​5.​2 Wertbeitrag eines Rohstoffs mit der Prozentschlüssel​-Methode 233

    9.​5.​3 Das Allokationsprobl​em 234

    9.​6 Vergleich der verschiedenen Bewertungsmethod​en 235

    9.​7 Moderne Algorithmen und leistungsstarke IT-Systeme für die Analyse der Geschäftsprozess​e 236

    9.​8 Nutzung wertgetriebener Kennzahlen und Auswirkung auf das Handeln 238

    9.​9 Ausblick 238

    Literatur 239

    10 Cross-functional Incentives for Purchasing-Logistics and Supplier Integration:​ With Evidence from China 241

    Hans-Christian Pfohl und Nikos Moraitakis

    10.​1 Introduction 242

    10.​2 Literature Review and Hypothesis Development 243

    10.​2.​1 Supplier Integration and Logistics Performance 243

    10.​2.​2 Purchasing-Logistics Integration and Supplier Integration 244

    10.​2.​3 Cross-functional Incentives and Purchasing-logistics Integration 246

    10.​3 Method 249

    10.​3.​1 Data Collection and Sample 249

    10.​3.​2 Measures 250

    10.​3.​3 Common Method Bias 252

    10.​4 Data Analysis and Results 253

    10.​4.​1 Partial Least Squares 253

    10.​4.​2 Measurement Model 253

    10.​4.​3 Structural Model 255

    10.​5 Discussion and Implications 256

    10.​6 Limitations and Future Research 257

    References 258

    Autorenverzeichnis

    Volker Arning

    Mühlheim an der Ruhr, Deutschland

    Christoph Bode

    Universität Mannheim, Mannheim, Deutschland

    Ronald Bogaschewsky

    Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland

    Tim Brandl

    Universität St.Gallen (HSG), St. Gallen, Schweiz

    Davide Burkhart

    Universität Mannheim, Mannheim, Deutschland

    Michael Eßig

    Universität der Bundeswehr München, Neubiberg, Deutschland

    Elisabeth Fröhlich

    CBS International Business School, Köln, Deutschland

    Andreas H. Glas

    Universität der Bundeswehr München, Neubiberg, Deutschland

    Rainer Lasch

    TU Dresden, Dresden, Deutschland

    Götz Lauschke

    Gelnhausen, Deutschland

    Nikos Moraitakis

    SCHOTT AG, Mainz, Deutschland

    Jasmin Möller

    Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland

    Maximilian Nuyken

    Köln, Deutschland

    Hans-Christian Pfohl

    TU Darmstadt, Darmstadt, Deutschland

    Heinz Schäffer

    Talheim, Deutschland

    Michael Stietz

    Körber AG, Hamburg, Deutschland

    Wolfgang Stölzle

    Universität St.Gallen (HSG), St. Gallen, Schweiz

    Lorenz Trautmann

    TU Dresden, Dresden, Deutschland

    Marcell Vollmer

    Boston Consulting Group, Frankfurt am Main, Deutschland

    Meike Westphal

    Körber AG, Hamburg, Deutschland

    Teil IZukunftsszenarien für Wertschöpfungsnetzwerke und den Einkauf

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021

    R. Bogaschewsky (Hrsg.)Einkauf und Supply Chain ManagementZfbF-Sonderheft76/21https://doi.org/10.1007/978-3-658-32895-5_1

    1. Globale Wertschöpfungsnetzwerke und Unternehmensführung unter neuen Rahmenbedingungen – Zeit für einen Paradigmenwechsel?

    Ronald Bogaschewsky¹  

    (1)

    Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland

    Ronald Bogaschewsky

    Email: boga@uni-wuerzburg.de

    Zusammenfassung

    In diesem Beitrag werden Auswirkungen wesentlicher Veränderungen im globalen Unternehmensumfeld aufgezeigt und hieraus Schlüsse für erforderliche Veränderungen im Management von Unternehmen, insbesondere hinsichtlich des (Re-)Designs und des Managements von globalen Wertschöpfungsnetzwerken gezogen. Es werden sechs Kernbereiche identifiziert, innerhalb derer kritische Veränderungen zu konstatieren sind. Erhebliche Einflüsse hieraus ergeben sich auf Fragen der Führung, der Unternehmenssteuerung, auf Form und Art der internen sowie externen Kommunikation und Kollaboration, auf Qualifikationsanforderungen an MitarbeiterInnen und Führungskräfte und damit auf Bedeutung und Rolle der Funktionsbereiche Einkauf und Supply Chain Management. Diese Veränderungen begründen die Notwendigkeit neuer Schwerpunktsetzungen und vielleicht sogar einen Paradigmenwechsel im strategischen Management.

    1.1 Relevanz von Umfeldveränderungen für Unternehmen

    1.1.1 Kernbereiche der Veränderungen

    Nach dem Fall des sogenannten Eisernen Vorhangs im Jahre 1989, der die scharfe Trennung der kapitalistisch orientierten westlichen Staaten von den planwirtschaftlich geleiteten, sozialistischen Staaten im Osten quasi aufhob, sowie der verstärkten Reform- und Öffnungspolitik der VR China ab den 1990er-Jahren durchlebte die Weltwirtschaft eine extreme Dynamisierung mit teilweise sehr hohen Wachstumsraten, insbesondere bedingt durch die Globalisierung im Rahmen eines weitgehend freien Handels. Diese Entwicklung verleitete viele PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen und unternehmerische EntscheidungsträgerInnen zu der Aussage, dass nunmehr die Überlegenheit des kapitalistischen Systems ein für alle Mal bewiesen sei und zudem die Demokratie ihren weltweiten Siegeszug fortsetzen würde. Die Entwicklungen in den letzten Jahren stellen diese These allerdings zunehmend infrage,¹ sehen wir uns doch politischen Unruhen und Kriegen, daraus resultierenden, aber auch wirtschaftlicher Not geschuldeten, massiven Flüchtlingsbewegungen, Fremdenfeindlichkeit in Verbindung mit einem Erstarken extremer politischer Positionen und – insbesondere rechtsgerichteter – Parteien, populistischen Regierungen (siehe hierzu u. a. Fukuyama 2017), zunehmenden Handelsbarrieren sowie einem bisher wirtschaftlich sehr erfolgreichen, staatsgelenkten Wirtschaftsmodell mit marktwirtschaftlichen Elementen in der VR China gegenüber.²

    Offensichtlich wird durch diese Entwicklungen, dass Ökonomie nicht isoliert von Politik gesehen werden darf und umgekehrt.³ Dies gilt keinesfalls nur für die Nationalökonomie, sondern auch für Unternehmen, die bis auf wenige Bereiche heute global agieren und dies – im Gegensatz zur Situation vor einigen Jahrzehnten – nicht nur im Vertrieb, sondern regelmäßig auch hinsichtlich Produktion und Beschaffung. Zudem deutet sich in jüngster Zeit ein Trend an zu einer Transition der Globalisierung, weg von einer andauernden Expansion basierend auf einem mehr oder weniger freien Wettbewerbsparadigma und hin zu einem stärker stabilitäts- und sicherheitsorientierten, kontrollierten globalen Engagement. Ursachen hierfür dürften neben den bereits angesprochenen global-politischen Herausforderungen durch populistisch geprägte und weniger demokratiefreundliche Systeme, vor allem die COVID-19-Pandemie, aber auch die sich immer stärker bemerkbar machende Klimakrise sein. Diese Transitionsbewegungen wurden in Bezug auf den weltweiten Handel und globale Wertschöpfungsketten bereits vor der Corona-Krise untersucht und beschrieben (siehe u. a. Busch et al. 2017; Lund et al. 2019), wobei die Diskussion krisenbedingt aktuell wieder verstärkt geführt wird (siehe hierzu u. a. Pinner et al. 2020).

    Eine eingehendere Analyse der Situation sowie notwendiger Qualifikationen und Managementkonzepte hinsichtlich Führung, Planung und Steuerung global agierender Unternehmen muss damit unabdingbar interdisziplinär fundiert sein und kann sich nicht auf traditionelle (naive) ökonomische Konzepte reduzieren, die in der Regel von völlig anderen Ausgangsbedingungen ausgehen, als dies heute der Fall ist.

    Im Folgenden soll zunächst eine Umfeldanalyse unter Identifizierung von sechs Kernfaktoren vorgenommen und jeweils Bezug zu Fragen der Führung und Steuerung von Unternehmen generell sowie hinsichtlich globaler Wertschöpfungsketten im Besonderen hergestellt werden.⁴ Dabei muss eine alle relevanten Aspekte in den einzelnen Bereichen abdeckende und detaillierte Diskussion aus Platzgründen unterbleiben. Die herangezogenen Kernfaktoren sind eng untereinander vernetzt, sodass eine klare Abgrenzung weder möglich, noch sinnvoll erscheint.⁵ Diese sind in Abb. 1.1 dargestellt.

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    Abb. 1.1

    Sechs Kernfaktoren wesentlicher unternehmerischer Umfeldveränderungen.

    (Quelle: Eigene Darstellung)

    Mit diesen Kernfaktoren wurden die drei Nachhaltigkeitsfaktoren Menschen (People), Natur (Planet) und Wirtschaftlichkeit bzw. Profite (Profit) und damit das Triple-Bottom-Line- oder auch Drei-Säulen-Gerüst der Nachhaltigkeit, bestehend aus Ökonomie, Ökologie und Soziales (zum Triple-Bottom-Line-Ansatz vgl. Elkington 1997) in eine stärker differenzierte Struktur übertragen, die gleichsam über die Betrachtung unterschiedlicher Ebenen und verbindenden Elemente (Technologien) eine holistisch orientierte Sichtweise auf das Gesamtthema erlaubt. Eine andere, detailliertere Strukturierung nach den UN-Sustainable Development Goals (UN-SDGs) (siehe United Nations 2020) kann hier aus Platzgründen nicht erfolgen und würde auch nicht die beabsichtigte Fokussierung erlauben.

    1.1.2 Kernfaktor: Menschen und MitarbeiterInnen

    Es wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Weltpopulation von gut 7,8 Mrd. Menschen heute (siehe Countrymeters 2020) in den nächsten Jahrzehnten auf etwa 9 bis 12 Mrd. anwachsen und sich dann stabilisieren wird.⁶ Für eine aufschlussreiche Analyse ist die Verteilung der Weltbevölkerung von Relevanz, da sich hieraus nicht nur Bedarfsgrößen und damit verbundene Absatzmärkte, sondern auch Arbeitsmarktpotenziale ableiten lassen. Betrachtet man die Bevölkerungspyramiden unterschiedlicher Länder (siehe u. a. Laenderdaten 2020) und greift einige wesentliche geografische Regionen heraus, so werden die sehr unterschiedlichen Altersstrukturen der jeweiligen Bevölkerungen deutlich. Projiziert man diese Daten auf eine kaufkraftbezogen definierte „Mittelklasse", die entsprechende Konsumbedarfe mit sich bringt, lassen sich die Absatzmärkte der Zukunft für bestimmte Produktkategorien (z. B. Haushaltsgeräte und -einrichtungen, Kraftfahrzeuge) ableiten. Bei einer beispielhaften Definition eines verfügbaren Einkommens zwischen 10 und 100 US$ pro Person und Tag wird so die vergleichsweise Marginalisierung des US-amerikanischen und – in etwas geringem Ausmaß – des europäischen Marktes gegenüber Indien, China und Restasien in diesem Segment deutlich (Vgl. Kharas 2010, S. 28 f.).

    Entsprechendes gilt für die Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Trotz der insgesamt gesehen häufig noch geringeren Qualifikation der Arbeitskräfte in Ländern wie China und Indien im Vergleich zu Industrieländern, erfolgt eine gewisse Kompensation dieses Nachteils u. a. durch die absolut gesehen erheblich größere Anzahl an Hochschulabsolventen.⁷ Angesichts des prognostizierten Erreichens des Maximums weltweit verfügbarer Arbeitskräfte im Jahre 2050 ergeben sich weitere Herausforderungen hinsichtlich der Realisierung eines quantitativen Wirtschaftswachstums (siehe hierzu Manyika et al. 2015). Eine Kompensation von Arbeitskraftverlusten durch höhere Produktivitäten, insbesondere durch technischen Fortschritt, ist grundsätzlich zwar möglich, jedoch existieren hierfür nach heutigem Kenntnisstand deutliche Grenzen (siehe hierzu auch Abschn. 1.1.6).

    Unter Berücksichtigung von Absatz- und gleichzeitig Arbeitskräftepotenzialen ist von einer nachhaltigen Veränderung weltweiter Wertschöpfungsstrukturen auszugehen. Bereits seit einigen Jahren haben der Wirtschaftsboom in der VR China und die damit verbundenen Absatzpotenziale⁸ dazu geführt, dass zahlreiche Unternehmen vor Ort Produktionsstandorte aufgebaut und auch ihre Supply Chains für die Versorgung mit fremdbeschafften Gütern weitgehend lokalisiert haben. Viele global agierende Unternehmen erwirtschaften bereits heute einen großen Teil ihrer Umsätze außerhalb des jeweiligen Heimatlandes. Vor der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen, teils kritischen Versorgungsengpässen wurde davon ausgegangen, dass sich dieser Trend noch weiter verstärken wird, sodass in vielen etablierten Industriestaaten unter Umständen nur noch Know-how-intensive und strategisch bedeutende Bereiche wie Forschung und Entwicklung, Marketing und die zentrale Führung des Gesamtunternehmens in größeren Teilen verbleiben würden. Angesichts einer nunmehr stärker stabilitäts- und risikoorientierten Sichtweise scheint diese Vermutung allerdings keineswegs mehr gesichert. Zudem wird seit geraumer Zeit für viele dieser Länder ein Mangel an Fachkräften und Ingenieuren beklagt; es wird aber auch verstärkt die Notwendigkeit zur Entwicklung kultur- und landesspezifischer Produkte und adäquater Marketingstrategien erkannt.

    Des Weiteren ist immer häufiger eine geografisch verteilte Führungsstruktur anzutreffen, sodass beispielsweise Mitglieder eines Konzernvorstands nicht mehr selbstverständlich sämtlich in der offiziellen Headquarters-Lokation angesiedelt sind. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, dürften aber häufig der zunehmend global ausgerichteten Arbeitsweise der Unternehmen und einer geforderten Nähe zu den jeweils wichtigsten Märkten geschuldet sein. Die hiermit einhergehenden Mobilitäts- und Flexibilitätsanforderungen sind oftmals, jedoch nicht immer konform zu den veränderten Prioritäten und Karriereplänen der MitarbeiterInnen, worauf im Rahmen der Führung und Steuerung von Unternehmen entsprechend Rücksicht zu nehmen ist. Traditionelle Führungstheorien und -konzepte (siehe u. a. Lang und Rybnikova 2014; Bogaschewsky und Rollberg 1998, S. 25 ff.) scheinen auch nicht in ausreichender Weise die sich bereits im Wandel befindlichen gesellschaftlichen Entwicklungen und die veränderten Prioritäten – zumindest aufseiten der Schul- und Hochschulabsolventen sowie jüngerer ArbeitnehmerInnen – abzubilden. Der bereits seit einigen Jahren beschworene Kampf um die besten Talente wird in vielen Industrieländern zudem häufig mehr verbal geführt als

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