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Skratschko & Patsch
Skratschko & Patsch
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eBook219 Seiten2 Stunden

Skratschko & Patsch

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Über dieses E-Book

Der Leser sei gewarnt. Dieses Buch wird seine bisher so vertraute Welt auf den Kopf stellen und ihm grauenhafte, zuvor nie vorstellbare Wahrheiten zumuten. Jedem möge es frei stehen, sich diesen Wahrheiten zu stellen oder sein Leben weiterhin im süßen Halbschlaf zu verbringen.

"Ich bin einer der wenigen Menschen, die die beiden persönlich kannten. Skratschko und Patsch. Wenn ich mich nun, im hohen Alter, entschlossen habe, mein Schweigegelübde zu brechen, so einzig und allein, weil ich den Gedanken nicht ertragen kann, dass Skratschkos heldenhafte Taten in den endlosen Tiefen der Vergessenheit versinken. Selbst die Angst vor Hohlscheins Rache kann mich nicht mehr davon abhalten. Schon oft im Verlauf der letzten Jahre hatte ich die Feder in die Hand genommen, doch kaum hatte ich die mit Tinte getränkte Spitze auf das stumme, weiße Blatt Papier gesetzt, fuhr mir die Angst vor Hohlschein wie ein eisiger Wind durch mein schlohweißes Haar und ließ meine Hand erstarren. Mehr als ein großer, schwarzer Fleck, der mir wie dunkelrotes Blut erschien, floss nie aus der Feder. Doch nun bin ich alt genug, dieser Angst zu trotzen. Mein Alter duldet keinen Aufschub mehr."

Ein absurder, wilder Ritt durch die phantastische Literatur, von der griechischen Mythologie über die Nibelungen und Märchen bis zum Herrn der Ringe. Eine Fantasy-Parodie für Jung und Alt, doch garantiert nichts für schwache Nerven! Denn der Leser erfährt nicht nur schockierende Wahrheiten, sondern wird auch selbst gehörig auf den Arm genommen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum4. Mai 2014
ISBN9783844293913
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    Buchvorschau

    Skratschko & Patsch - P.C. Friedrich

    Vorwort des Herausgebers

    Der Herausgeber fühlt sich verpflichtet, den Leser, der dieses Buch in Händen hält, zu warnen. Dieser hier zum ersten Mal veröffentlichte Tatsachenbericht der Vera Thies wird dem Leser den Atem verschlagen. Er wird ihm seine bisher so vertraute Welt auf den Kopf stellen und ihm grauenhafte, zuvor nie vorstellbare Wahrheiten zumuten. Und ich möchte niemanden zwingen, sich diesen Wahrheiten zu stellen. Es soll niemandem verübelt werden, der sein Leben weiterhin in einem süßen Halbschlaf verbringen will.

    Ich erhielt das Manuskript auf dem Postweg ohne Angabe eines Absenders. Auch über den Autor, der sich hinter dem Pseudonym Vera Thies verbirgt, konnte ich bis heute nichts herausfinden. Trotzdem habe ich gute Gründe, mich für den Wahrheitsgehalt des Berichtes zu verbürgen.

    Näheres zu diesen guten Gründen kann ich nicht sagen. Nur so viel möchte ich andeuten: Selbst wenn ich irgendetwas über die Identität der Vera Thies wüsste, dürfte ich nicht die geringste Andeutung machen. Nach der Lektüre der erschütternden Enthüllungen wird jeder Verständnis für dieses etwas nebulöse Vorwort haben.

    1. Kapitel

    in dem der Verfasser berichtet, wie er Skratschko und Patsch kennen lernte, und in dem er das Ende ihres unfassbaren, aber dennoch wahren Abenteuers vorweg nimmt. Dergestalt, dass der siegreiche Ausgang ihres Kampfes mit dem Bösen ohne großes Zaudern bekannt gegeben wird.

    Ich bin einer der wenigen Menschen, die die beiden persönlich kannten. Skratschko und Patsch. Nicht, dass ich damit angeben will, ganz bestimmt nicht. Nein – wenn ich mich nun, im hohen Alter, entschlossen habe, mein Schweigegelübde zu brechen und ihre Geschichte niederzuschreiben, so einzig und allein, weil ich den Gedanken nicht ertragen kann, dass diese beiden und Skratschkos heldenhafte Taten in den endlosen Tiefen der Vergessenheit versinken. Auch wenn genau das ihr eigener Wille und der Grund für das Schweigegelübde war, das sie mir abnahmen, bevor sie von uns gingen. Vielleicht lade ich durch das Brechen dieses Gelübdes schwere Schuld auf mich – allein, ich kann nicht anders.

    Nein, ich kann nicht anders. Selbst die Angst vor Hohlscheins Rache, die mir dadurch unweigerlich droht, kann mich nicht mehr davon abhalten. Schon oft im Verlauf der letzten Jahre hatte ich die Feder in die Hand genommen, doch kaum hatte ich die mit Tinte getränkte Spitze auf das stumme, weiße Blatt Papier gesetzt, fuhr mir die Angst vor Hohlschein wie ein eisiger Wind durch mein schlohweißes Haar und ließ meine Hand erstarren. Mehr als ein großer, schwarzer Fleck, der mir wie dunkelrotes Blut erschien, floss nie aus der Feder. Doch nun bin ich alt genug, dieser Angst zu trotzen. Mein Alter duldet keinen Aufschub mehr.

    Ich war damals elf Jahre alt. Es war einer jener warmen Frühlingstage, an denen man nach langem Bitten und Betteln zum ersten Mal im Jahr kurze Hosen anziehen durfte. Ich stromerte alleine durch den Wald, der direkt hinter unserem Haus begann. Natürlich hatte meine Mutter mir verboten, alleine in den Wald zu gehen. Ich könne mich verirren in dem dunklen Wald und man wisse nie, wer sich da so herumtreibe. Nicht, dass ich ein unerschrockenes oder einfach fantasieloses Kind gewesen wäre. Im Gegenteil – in unserer Klasse gehörte ich eher zu den Ängstlichen. Aber das Dunkle, Geheimnisvolle des Waldes hinter unserem gepflegten Einfamilienhaus mit dem löwenzahnfreien, englischen Rasen und den akkurat abgestochenen Blumenrabatten war stets stärker als meine Angst – zog mich magisch an.

    Meine Mutter ließ ich während meiner Streifzüge durch den Wald im Glauben, ich hätte mich in meinem Zimmer hinter meinen Büchern verkrochen. Sie hielt mich für einen fanatischen Bücherwurm und forderte mich immer wieder auf, doch lieber mit Karl-Jonas von nebenan zu spielen. Doch den fand ich langweilig. Entweder schaute er fern oder er wollte die ganz normalen Spiele spielen. Außerdem nannte er mich immer Lügner, wenn ich ihm die Geschichten aus den Büchern erzählte, die ich gerade las.

    An diesem Frühlingstag ging ich so tief in den Wald, wie ich es noch nie gewagt hatte. Obwohl mir immer unheimlicher zu Mute wurde, kämpfte ich mich wie unter Zwang durch eine dichte Fichtenschonung. Als der Fichtenwald sich urplötzlich öffnete und ich auf eine große, sonnenüberflutete Lichtung trat, stand ich unvermittelt vor den beiden. Hatte mir zwei Sekunden zuvor das Herz noch bis in die Ohren geschlagen, war ich in diesem Augenblick so verblüfft, dass ich nicht einmal erschrak. Auch sie waren wohl völlig überrascht, sonst hätten sie einen ihrer Tricks angewandt und wären sofort verschwunden. Sie kannten eine Menge Tricks, schließlich gehörten sie zu den Eigentlichen.

    Sie gingen mir gerade mal bis zur Hüfte. Patsch war sogar noch ein Kopf kleiner als Skratschko. Trotzdem hatte ich sofort so viel Respekt vor ihnen wie vor zwei Polizisten oder meinen strengen Großeltern. Irgendeine Ausstrahlung, die ich gar nicht beschreiben kann, ging von ihnen aus. Skratschko hatte einen äußerst breiten Oberkörper und trug eine Art Rüstung aus einem mit Rostflecken bedeckten, rötlich schimmernden Metall. Auf der einen Seite der Brust war die Rüstung stark ausgebeult, so als hätte er einen Buckel (aber eben nicht auf dem Rücken, sondern auf der Brust). Erst viel später sollte ich erfahren, was es mit diesem Buckel für eine Bewandtnis hatte. Diese Rüstung trug er immer. Nie habe ich ihn ohne gesehen. Die Beine, die im Vergleich mit dem Oberkörper fast spindeldürr waren, steckten lediglich in dünnen, halblangen Hosen, die gerade mal über die Knie reichten und unten zerschlissen waren. Und die Füße in leichten Sandalen aus Lederriemchen.

    „Die Beine, sagte Skratschko des öfteren, „müssen beweglich und die Füße stets kühl bleiben, in der Tat. Das hat mir schon in so manchem Kampf das Leben gerettet, in der Tat. (Immer wenn er mir lehrreiche Dinge mitteilte, beendete er jeden Satz mit In der Tat.)

    Im Gegensatz zu dieser sehr nachlässigen Bekleidung der Beine trug er unter der Rüstung ein stets strahlend weißes Hemd mit Spitzenkragen, Puffärmeln und goldenen Manschettenknöpfen. Hierzu bemerkte er einmal: „Das Entscheidende sind Herz und Kopf. Diese Körperregionen sollten trefflich gepflegt und herausgeputzt werden, in der Tat. Diese Pflege wird jedoch umso lächerlicher, je weiter man an seiner Körperlichkeit abwärts geht. Beine und Füße sind Gebrauchsgegenstände, in der Tat. Sie sind zum Laufen und Treten. Und beim Treten kommt es nicht auf Anmut und Grazie an. Das wäre törichte Eitelkeit, in der Tat."

    Patschs Bekleidung war gänzlich anders. Es schien, als wolle dieser lässige Bursche bereits mit den Kleidern seinen zwanghaften Widerspruchsgeist gegen den überlegenen Skratschko ausdrücken. Er trug ein langes, graues Hemd aus grobem Leinenstoff, das nur sehr unordentlich in eine elegante Nadelstreifenhose gesteckt war. Die Füße steckten in schweren Wanderstiefeln. „Die trage ick, so raunte er mir einmal hinter vorgehaltener Hand zu, „damit icke immer schön uffm Boden der Tatsachen bleibe. Im Gegensatz zu diesem Hochstapler da. Dabei nickte er verstohlen zu Skratschko.

    Doch zurück zu meiner ersten Begegnung mit den beiden. Als ich so unvermittelt vor ihnen stand, begannen sie hektisch miteinander zu tuscheln. Bereits da fiel mir das nervöse Zucken des rechten Mundwinkels von Skratschko auf. Er konnte praktisch nicht reden ohne dieses Zucken. Von ihrem Getuschel konnte ich nur einzelne Worte aufschnappen.

    „... ein Menschling ... zu spät ... nur ein Kind ..."

    Schließlich stellte Skratschko sich breitbeinig vor mich, stützte sich mit beiden Händen auf ein – für seine Körpergröße – riesiges Schwert, das an seinem Gürtel gebaumelt hatte, grüßte mich durch ein angedeutetes Kopfnicken und sprach: „Was führt Ihn zu uns? Wird Er von Schnurks verfolgt oder hat ein Schleimbeutler seine Eltern geschändet? Irrt Er seit Tagen hilflos und vom Hunger ausgezehrt durch den finsteren Wald?"

    Außer einem blöden „Äh?" kam nichts aus meinem Mund.

    „Wenn Er Schutz und Obdach für eine Nacht begehrt, fuhr Skratschko fort, „so wird Er in unserer bescheidenen Behausung so sicher ruhen wie in Abrahams Schoß. Dafür stehen wir mit unserem Leben ein.

    Mit Behausung meinte er ein großes, altes Weinfass, das halb verdeckt in einer Brombeerhecke lag.

    „Schutz und Obdach?, stotterte ich. „Nein, das brauche ich eigentlich nicht. Ich wohn gleich da hinter dem Wald, im Erlenweg Nr. 17.

    Patsch stieß Skratschko mit dem Ellenbogen in die Seite, wobei die Rüstung schepperte, und raunte ihm zu: „Der iss noch völlig ahnungslos."

    Skratschko warf einen kurzen, schneidenden Blick zu Patsch und murmelte: „Überlass solch eindeutige Beobachtungen lieber meinem überwältigenden Scharfsinn."

    Patsch hob beide Arme, machte ein gelangweiltes Gesicht und sagte: „Okay, okay, Boss. Du bist hier für die Fehlentscheidungen zuständig."

    Skratschko beachtete ihn gar nicht und sagte mehr zu sich selbst als zu mir: „Du bist also noch keinem Eigentlichen begegnet?"

    „Einem Eigentlichen?", antwortete ich verwirrt.

    Skratschko legte sein Schwert hin und setzte sich auf einen Stein. „Nun gut, Kleiner. Setzt dich zu meinen Füßen nieder und gewöhne dich erst mal an unseren betörenden Anblick."

    Schüchtern wagte ich zu fragen, was sie denn hier im Wald machten und ob sie hier wohnten. Patsch, der mittlerweile lässig im Gras lag und auf einem Grashalm herumkaute, bemerkte: „Iss bloß so ne Art Urlaub hier. En bisschen Erholung ham wa schließlich vadient nach unserm Kampf jejen die Wilde A..."

    „Patsch!, unterbrach Skratschko ihn heftig. „Will Er ihn umbringen? Der Schleier der Unwissenheit darf nur nach und nach gelüftet werden. Der unvermittelte Anblick der grausamen Wirklichkeit würde einen Ahnungslosen in Wahn und Verzweiflung stürzen.

    Patsch antwortete nur, in dem er auf eine ihm ganz eigene Art aus dem linken Mundwinkel spuckte. Ich habe nie mehr jemanden getroffen, der seitwärts aus dem Mund spucken kann.

    Ja, Skratschko ging sehr behutsam mit mir um. Mir selbst dagegen ist nicht diese Engelsgeduld von Skratschko in die Wiege gelegt worden und ich kann mich nicht länger im Zaum halten, sondern muss gleich jetzt, nachdem diese erste Andeutung von Patsch gefallen ist, die Wahrheit hervorschlüpfen lassen und diesen stolzen Recken auf das Heldendenkmal emporheben, das ihm gebührt. Auch wenn mich Hohlscheins Rache in Gestalt eines jähen Blitzes treffen sollte, weil ich mein Schweigegelübde nun breche, es muss aus mir heraus: Skratschko war es – und niemand anderes, wie manche Sage uns inzwischen weiß machen will – er war es, der die Welt von der Wilden Annamarie befreit hat. Ja, ihr habt richtig gehört: Der Wilden Annamarie. Der Wilden Annamarie.

    Falls der Leser zu denjenigen zählen sollte, die tatsächlich noch nichts von der Wilden Annamarie vernommen haben und, so wie ich damals, noch zu den Ahnungslosen gehören, so frage er seine Großeltern. Hat er sich nie gefragt, warum seine Oma so humpelt oder nur noch auf einem Auge sieht oder warum seinem Opa ein Finger oder ein Ohr fehlt? Aber wenn der Leser sie fragt – lass er sich nicht mit billigen Ausreden abspeisen! Frage er direkt nach der Wilden Annamarie, auch wenn sie dabei blass vor Schreck werden.

    Ich muss meinen Bericht hier unterbrechen und die ersten zarten Blätter dieses Manuskriptes schnell verstecken. Ich höre Schritte auf dem Gang. Hohlschein hat seine Spitzel – überall.

    2. Kapitel

    enthält eine Beschreibung der beiden ungleichen Helden sowie erste Enthüllungen über die Eigentlichen.

    Hätte ich damals auch nur geahnt, welche Enthüllungen mir bevorstanden, ich wäre wahrscheinlich nie wieder zu den beiden in den Wald gegangen, sondern hätte mich zitternd für den Rest meines Lebens im Bett verkrochen. Aber so ging ich gleich am nächsten Tag wieder zu ihnen. Ich hielt sie immer noch für etwas schrullige und zwergwüchsige, aber trotz allem normale Menschen.

    Anfangs besuchte ich sie aus purer Neugier und weil es bei ihnen nie langweilig war. Sie hatten immer etwas zu erzählen. Dass heißt, Skratschko hatte immer was zu erzählen. Patsch dagegen, erklärte mir Skratschko schon bei meiner zweiten Begegnung mit ihnen, könne keine wahrhaft wirklichen Geschichten erzählen. Er würde die Dinge stets verdrehen oder Sachen erfinden. „Seine Fantasie, sagte Skratschko oft, „ist ein von einer Wespe gestochenes Wildpferd, das davon stürmt, sobald er den Mund auf macht.

    Meist gab es gleich eine Balgerei, wenn Skratschko dies sagte, denn in diesem Punkt war Patsch sehr empfindlich. Überhaupt gehörten Balgereien bei den zweien dazu wie bei uns das tägliche Zähneputzen. Obwohl es dabei nicht gerade harmlos zuging. Das Geringste war noch, wenn sie sich ihre Nasen verbogen oder sich gegenseitig Knoten in ihre bis zu den Schultern herabhängenden Ohrläppchen machten. Doch wie übel sie sich auch zurichteten, anschließend waren sie stets bester Laune.

    Da ich gerade die langen Ohrläppchen erwähnt habe, möchte ich kurz noch die markanten Gesichter der beiden beschreiben, von denen es weder Fotos noch Gemälde gibt (Skratschko sagte, es diene ihrem eigenen Schutz, dass niemand ihr Gesicht kenne; aber in erster Linie war es seine übergroße Bescheidenheit, die ihn jede Öffentlichkeit scheuen ließ).

    Skratschkos Gesicht strahlte eine tiefe Würde aus, obwohl es im Grunde eher als hässlich zu bezeichnen war. Es war über und über von Falten zerfurcht und auf der rechten Nasenseite befand sich eine dicke, rote Warze, aus der drei lange, sich kräuselnde Haare wuchsen. Die üppigen, schwarzen Haare auf seinem Kopf machten einen verwahrlosten Eindruck, doch mittlerweile habe ich Gründe zu glauben, dass diese in unseren Augen völlig verschnittene Frisur bei den Eigentlichen eine tiefe symbolische Bedeutung hat. Der Schnurrbart dagegen war auch in unseren Augen eine wahre Pracht. Skratschko zwirbelte die beiden Hälften jeden Morgen auf und machte sie mit Hilfe einer speziellen Pomade so steif, dass er sie in einem rechten Winkel nach oben knicken konnte. Die dünn auslaufenden Spitzen der beiden Schnurrbarthälften endeten in Höhe der stahlblauen Augen, die dadurch einen wahrhaft stechenden Blick bekamen. Das bereits erwähnte nervöse Zucken des rechten Mundwinkels beim Sprechen ließ diese Schnurrbarthälfte ständig hin und her wippen. Ich kann nur vermuten (denn natürlich verrieten die beiden mir nicht alle ihre Tricks), dass dieses Zucken mit so einer Art hypnotisierender Fähigkeit zusammenhing, die Skratschko bei Bedarf auf sein Gegenüber anwenden konnte.

    Doch wichtiger als alle Äußerlichkeiten dieses markanten Gesichts war die Ausstrahlung. Das Gesicht – nein, die ganze Person Skratschkos – strahlte eine solch tiefe Würde aus, dass man gar nicht anders konnte, als ihm mit Ehrfurcht und Respekt gegenüber zu stehen.

    Im Gegensatz zu Skratschko wäre Patsch als außerordentlich schön zu bezeichnen gewesen, wenn er bloß mehr Wert auf sein Äußeres gelegt hätte. Eine ordentliche Haarwäsche hätte wahrscheinlich genügt und jedes Opernhaus hätte ihn ohne Prüfung seiner Gesangsstimme als blonden, jugendlichen Helden engagiert. So aber floss sein langes, blondes, vor Fett triefendes Haar wie kümmerliche Rinnsale an Kopf und Schultern hinab. Skratschko sagte einmal: „Patsch ist und bleibt ein verwahrlostes Objekt. Dabei habe ich schon mächtig an ihm zurechtgebogen und poliert. Du hättest ihn sehen müssen als ich ihn gefunden habe. Ein schmieriger, stinkender Dreckhaufen in Form einer zu kurz geratenen Bohnenstange. Ein unverständlich lallender, lausiger Lump, dem unentwegt der Sabber aus dem Munde floss."

    Patsch, der diese Bemerkung gehört hatte, verdrehte die Augen und machte mit der Hand ein Zeichen, das mir bedeuten sollte, ich solle Skratschko nicht ernst nehmen. Aber weiter regten ihn abfällige Bemerkungen über sein Äußeres nicht auf.

    Das einzige, worauf er achtete, war, die Augenbrauen hoch zu bürsten, damit er etwas wilder aussah. „Muss ja nich gleich jeder merken, erklärte er mir, „dass icke im Grunde von meim Herzen janz zartfühlend bin.

    Aus dem gleichen Grund malte er sich gelegentlich mit Kohle einen schwarzen Bart an. Das passte natürlich nicht zu

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