Das Leben findet während der Fahrt statt: Unwichtiges und Lehrreiches, Bescheuertes und Tiefschürfendes, Witziges und Ernstes, Erlebtes und Gefühltes
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Über dieses E-Book
Nur mal ein kleiner Zeitlauf: Kriegsende in der Mark und in Berlin.
Die Zeit der Berliner Street-Gangs nach 45, Blockade, Baden-Baden und der Schwarzwald, Heidelberg, Paris, Korsika, Algerien, England, USA.
Oder die vielen zum Teil skurrilen Begegnungen mit Verwandten, verrückten Freunden, Gangstern und liebenswerten Trotteln, tollen unerreichbaren und ebenso tollen aber höchst erreichbaren Frauen.
Sie werden den Jagdhaus-Schorfheide Krimi und beamtete Idioten kennenlernen, sowie merkwürdige Leute wie Herrn Rowedder, und bescheuerte Institutionen wie die Treuhandanstalt.
Natürlich erfahren Sie alles über den Mord im Kruger Busch, und wie das Gasthaus am Weiher abbrennt, wobei die brennende Wiese meiner Jugend nicht zu kurz kommen darf.
Genug genug – schauen Sie in das Inhaltsverzeichnis; dann können Sie selektiv oder von hinten nach vorn oder gleich von vorn loslesen.
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Buchvorschau
Das Leben findet während der Fahrt statt - Dr. Wolfgang Lipps
Imprint
Das Leben findet während der Fahrt statt
Wolfgang Lipps
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2011 Dr. Wolfgang Lipps
ISBN 978-3-8442-2709-3
Für Astrid
und für
Fiona, Margot und Stephanie
Inhalt
Beim Wildschweinessen
1. Ortsbestimmung.
2. Das literarische Quintett
3. Die Klammer
Disclaimer
Warum dieses Buch diesen Titel hat.
Mord im Kruger Busch
Holde Jugend
Welche Wiese?
Eine bedeutende Grossmutter
Der Karl
Die Familie von Heyl
Von der Planitz
Kriegsende
Alt Heidelberg
Liebe und das leichte Gewerbe
Das Duell
Der Volponische Kongress
Die Wiedervereinigung
Als Anwalt zur BAUKEMA
Sozialistische Bilanzen
Der Jagdhaus-Schorfheide-Krimi
1. Teil
in dem einige Abstauber ein Finanzministerium her einlegen.
2.Teil
in welchem eine schöne Pleite hinge legt wird und die wirklichen Retter auftreten.
3. Teil
in welchem ein inkompetenter Ministerialbeamter einen Überfall inszeniert und so ziemlich alles falsch macht, was man falsch machen kann.
4. Teil
der nochmal zeigt, mit was für Schnarchnasen wir es damals zu tun hatten.
Nachwort zur Wiedervereinigung
Die erste Episode
Die zweite Episode
Rechtsreferendar – das Rückrat der Justiz
Amtsgericht Wiesloch
Die Wahlfeststellung
Die Geschäftsstelle
Nichtige Urteile
Der Assistent des Landrats
Berlin
Wie F-K so arbeitete
Der Schwager
Zauberkunst
Der Hubschrauber im Wohnzimmer
Ein Gasthaus brennt
Exkurs
Korsika
„Der Korse im Bild „des Franzosen
Die Inselbahn
Exkurs: Notariat in Schwetzingen
Fanfan
Korsischer Käse
Schweinejagd
Paris und Algerien
„Adolph Menzel"
Im Chambre de Bonne
Algerien und zurück
Jazz
Vier Frauen
Afrikanische Abenteuer
Hinreise und Ankunft
Fricke und der Pool
Die Dienerschaft
Die roten Schuhe
Liebesdienste
Wir lernen das System kennen
Die deutsche Botschaft
Die Druckerei
Der kongolesische Minister
Abreise mit Hindernissen
Niger und Niamey
Das Hotel
Die deutsche Botschaft
Fahrt ins Land
Der Schnäppchenjäger
Königsberger Klopse
Der „Cuntador"
Das Schnäppchen seines Lebens
Boote
Der preiswerte Jeep
Das Designerkleid
Jagdgeschichten
Revierlose Jäger
Vom Jagdgast zum Jagdherrn
Hubertusfeier
Gedanken zum Hubertustag
Flax
Der Bulle
Geburtshilfe
Der Denunziant
Daimler und Nähmaschinen
Jobsuche
„K&F-Personal-Analyse-Tool" (K&F-PAT)
Bei Pfaff
In der Karibik und andernorts
Elmar
Gary
Bahamas
Der Keiler
ANHANG
Forellenrahmsüppchen
Wildschweinkeule in Weisswein
Brandenburger Quarkkeulchen
Beim Wildschweinessen
Sie haben, geneigter Leser – hoffentlich – ein Buch in die Hand genommen, dessen zunächst einmal unverständlicher Titel Sie neugierig gemacht haben sollte. Wenn´s allerdings jetzt gleich sterbenslangweilig wird, ist alles vorbei. Deshalb werden Sie sofort von mir auf subtile Weise an den Kern, den Sinn, den Unsinn und den Wert dieses Buches herangeführt und zwar in zwei Schritten:
Sie erfahren detailliert, wie ein Wildschwein „Lieper Art", das ist Wildschweinkeule in Weisswein, zubereitet wird. Wieso? Wieso nicht? Das ist nämlich letztendlich der eigentliche Anlass dafür, dass und warum dieses Buch überhaupt geschrieben wurde,
womit wir dann bei der Klammer sind, die den Inhalt dieses Buches mehr oder minder lose zusammenhält – nämlich den sogenannten „Zeitläuften", genauer gesagt, den aufregenden letzten 75 Jahren seit 1936.
Wenn Sie hoffentlich richtig neugierig sind, dann lesen Sie weiter.
1. Ortsbestimmung.
Wir sind in Brandenburg, genauer: auf dem Barnim, noch genauer: in Liepe am Oder-Havel-Kanal, unweit des Schiffshebewerks Niederfinow, in der herrlichen Landschaft zwischen Schorfheide und Uckermark.
Liepe liegt am Ufer der alten Oder, die heute kein Schiffahrtsgewässer mehr ist, seit es den Oder-Havel-Kanal gibt. Nördlich oberhalb des langgestreckten Dorfes steigt das Gelände steil und schluchtenreich an bis zu einer schön gewellten Hochebene, der Choriner Endmoräne. Hier hielten seinerzeit die Gletscher in ihrer Wanderung inne und brachen ab in´s Tal der Oder. Dieses wurde damit zum Urstromtal und später zu einer bedeutenden Handelsstrasse.
Oberhalb des Dorfes auf der Höhe der Endmoräne erstreckt sich eine grosse Feldmark, durchzogen von Knicks, Buschgruppen und Wäldchen. Markante Landschaftsformen sind der Steinberg, ein alter Steinbruch, aus dem u. a. die Steine der Schlossbrücke in Berlin stammen, und der Pfingstberg, ein eisenzeitliches Fürstengrab. Kleine Seen liegen darin, zurückgelassen von den Gletschern. Umgeben ist die Feldmark im Osten von dichten Hochwäldern und Buschwerk und an den Südhängen wuchert Akaziengestrüpp. Dichte Nadelholz- und Mischholzwälder liegen im Norden und Nordosten. Uralte Eichen- und Buchenwälder ziehen sich zusammen bis in die Schorfheide.
In der Feldmark zieht allnächtlich das Rotwild seine Fährte. Sauen stecken in den Knicks, Schilfrändern und in den umgebenden Buschwäldern, und suchen nachts die Felder heim. Rehwild hat zahlreiche Reviere in Feld und Gehölz. Kraniche brüten nahebei, Seeadler jagen über dem Land. Kolkraben, Tauben, Reiher, Störche und zahlreiche seltene Vögel geben sich ein Stelldichein.
Fuchs, Dachs und Marder, Iltis, Hermelin und Wiesel leben hier und zunehmend auch Marderhund und Waschbär. Gelegentlich gelingt es Fasanen, ein Gelege hochzubringen, das Rebhuhn aber ist verschwunden. Der Hasenbesatz wird von Jahr zu Jahr besser, auch dank der Schonung durch die Jäger; Kaninchen allerdings findet man hier nicht mehr.
Das Muffelwild verirrt sich niemals bis hierher, weil es den Kanal im Süden und die Strasse von Oderberg nach Angermünde im Osten nicht überwinden will, aber gelegentlich zeigt sich ein Stück Damwild aus den grossen Revieren der nahen Schorfheide.
Nachts jagen hier alle Eulen ausser dem – leider fast ausgestorbenen – Uhu, des Tags alle Raubvogelarten bis hin zum seltenen Wespenbussard und natürlich der Wappenvogel Brandenburgs, der Rotmilan – „Steige hoch Du roter Adler …".
Immer öfter erscheinen Wölfe im Revier und alle paar Jahre, wenn die Oder zugefroren ist, auch mal ein polnischer Elch.
Kurzum – seit tausenden von Jahren, auch nach der Ausrottung von Bär, Luchs und Auerochs, ein Jagdrevier, wie es sich das Jägerherz nur wünschen kann.
Dieses herrliche Stück Natur ist seit 1992 mein Jagdrevier. Mitten darin liegt eine frühere Aussenstelle des Lieper Landgutes, das von meiner Frau Astrid und mir zu einem zünftigen Jagdhaus um- und ausgebaute „Lieper Vorwerk. Seit ca. dem Jahre 2009 heisst das Revier nun „Lehr- und Forschungsrevier Lieper Vorwerk
, weil es inzwischen das Revier für das „JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz" ist, im Internet unter www.jagd-umwelt-naturschutz.de.
2. Das literarische Quintett
So sitzen wir also – um endlich zur Sache zu kommen - im „Lieper Vorwerk" um den schön gedeckten Eichentisch herum und lassen uns ein Essen schmecken, wie es nicht nur das Jägerherz, wenn auch dieses ganz besonders, erfreut. Angerichtet hat es meine Frau Astrid, eine begnadete Köchin, deren über Liepe und Berlin hinaus bekannte Kochkurse mindestens ebenso gut sind wie ihre beruflichen Fähigkeiten als Rechtsanwältin und Notarin.
Das Menu – dieses Buch ist nämlich Teil der neuerdings immer wieder beschworenen notwendigen deutschen Bildungsoffensive - soll dem Leser nicht vorenthalten werden:
Amuse gueule
Forellenrahmsüppchen
Wildschweinkeule in Weisswein
Brandenburgische Quarkkeulchen mit Himbeercoulis.
Dazu natürlich Weisswein, Rotwein, danach Espresso, Rum, Cognac, Zigarre usw.; was jeder möchte; auf dem Lande geht es üppig zu.
Wer die Rezepte nachkochen möchte, findet sie im ANHANG.
Wir, das sind unsere Lieper Freunde Burckhard, einer unserer besten Jäger und seine Frau Gundela, der Berliner Architekt Christian und seine Ehefrau Marita, auch Rechtsanwältin und Notarin und Astrids beste Freundin, und natürlich wir, die Gastgeber.
Wie es sich zum Essen bei Gebildeten ziemt, werden die Kau- und Wohlbefindensgeräusche von munteren Reden übertönt. So habe ich, wegen des Wildschweinbratens, gerade die Geschichte vom Bauern Vogt erzählt, der
… vor geraumer Zeit mit dem Fahrrad aus Brodowin kommend auf der Waldstrasse einen sehr kleinen Frischling rumwuseln sieht, noch im gestreiften Schlafanzug. Den hält er – Wilderei hin oder her - für einen willkommenen Braten, aber als er ihn fängt, quiekt das Tierchen ganz erbärmlich, worauf wie eine Dampfwalze die Mutter durch das Unterholz bricht. Diese Bache wiegt schätzungsweise 70 Kilo, hat das Gebräch (jägerisch für: das Maul) weit aufgerissen und wirkt insgesamt einigermassen unverbindlich.
Vogt, der weiss, dass Wildschweine schon mal Menschen umgebracht haben, jedenfalls aber ganz schön wehtun können, saust in geradezu artistischer Behendigkeit auf den nächsten Baum; der allerdings ist blöderweise eine gerade mal armdicke Birke, nicht sehr hoch, und biegt sich schon. Die Bache sieht Vogt aus miesen kleinen Augenwinkeln berechnend an – Wildschweine sind verdammt schlau – und rüttelt an dem Baum, woraufhin der bedenklich in Bewegung kommt; Vogt fängt an zu schreien wie am Spiess.
Das holt zwar keine Hilfe für ihn, aber drei weitere Bachen mit noch mehr Frischlingen aus dem Unterholz.
Dumm gelaufen bis hierher.
Die Bachen beratschlagen, die Frischlinge hören aufmerksam zu.
Dann gehen zwei Bachen zum Fahrrad und nehmen das nach allen Regeln der Kunst auseinander, zerbeissen die Reifen, zertrampeln den Rahmen, und da das Ganze noch zu Zeiten der DDR spielt, wo ein Fahrrad nur gegen sein Gewicht in Gold auf dem Schwarzmarkt erhältlich war, kommen Vogt zu den Tränen der Angst noch welche der Wut.
Aber Wut hilft nicht, denn zu seinem hilflosen Entsetzen fangen die beiden anderen Bachen an, die Birke auszugraben, an der er hängt.
Jetzt wird´s eng.
Sie erinnen sich an das Gedicht, in dem der Friedhofstürmer den Toten die Hemden klaut? - Goethes „Totentanz"?
Das geht stellenweise so:
…..
Da regt sich ein Grab und ein anderes dann:
Sie kommen hervor, ein Weib da, ein Mann,
in weissen und schleppenden Hemden.
…..
Das kommt nun dem Türmer so lächerlich vor;
Da raunt ihm der Schalk, der Versucher, ins Ohr:
Geh! hole dir einen der Laken.
Das entspricht dem Frischling von unserem Freund Vogt
Getan wie gedacht! und er flüchtet sich schnell
Nun hinter geheiligte Türen.
oder in unserem Fall auf eine inadäquate Birke
Der Mond, und noch immer er scheinet so hell
Zum Tanz, den sie schauderlich führen.
Nur einer, der trippelt und stolpert zuletzt
Und tappet und grapst an den Grüften;
Doch hat kein Geselle so schwer ihn verletzt,
Er wittert das Tuch in den Lüften.
Er rüttelt die Turmtür, sie schlägt ihn zurück,
Geziert und gesegnet, dem Türmer zum Glück:
Sie blinkt von metallenen Kreuzen.
Das Hemd muss er haben, da rastet er nicht,
Da gilt auch kein langes Besinnen,
Den gotischen Zierat ergreift nun der Wicht
Und klettert von Zinnen zu Zinnen.
beziehungsweise will mal schnell die Birke ausgraben!
Der Türmer erbleichet, der Türmer erbebt,
Gern gäb’ er ihn wieder, den Laken.
Da häkelt – jetzt hat er am längsten gelebt -
Den Zipfel ein eiserner Zacken.
So ungefähr also fühlt sich unser Freund Vogt.
Der Türmer wird zwar gerade noch gerettet, denn:
Schon trübet der Mond sich verschwindenden Scheins,
die Glocke, sie donnert ein mächtiges Eins,
und unten zerschellt das Gerippe.
Darauf aber kann sich Vogt nicht verlassen. Er ist im Wald von Chorin, hunderte von Metern vor der Dorfgrenze, weit und breit keine Turmuhr, aber unter ihm inzwischen vier hinterlistige Sauen. Die Birke gibt langsam nach.
Da kommt im letzten Augenblick der Bauer Schulze mit dem Pferdewagen. Vogt lässt sich drauf fallen, die Schweine ziehen sich enttäuscht zurück, und so kann man wenigstens die Reste vom Fahrrad noch bergen, zu retten ist da nix mehr.
Und daraufhin sagt Freund Christian zum vielleicht achtundzwanzigsten Male:
„Wolfgang, nicht nur ich, wir alle haben Dich schon hundertmal gebeten: SCHREIB´ DAS AUF! Was man erzählen kann, kann man auch schreiben."
So habe ich mich schliesslich breitschlagen lassen, dieses Büchlein zu schreiben und es hat mir großen Spaß gemacht, den ich dem Leser gerne vermitteln möchte.
3. Die Klammer
Wenn man keine Biographie schreiben, aber aus seinem Leben berichten will, dann gibt es dafür nur eine einzige Klammer: nämlich dieses Leben selbst. Wenn man das chronologisch schildern wollte, dann hätten wir durch die Hintertür genau das, was ich vermeiden will: eine Biographie in ihrer weniger interessanten Form der Autobiographie. Stattdessen möchte ich aus diesen 75 Jahren lauter bunte Krümel herumwirbeln lassen wie die Scherben im Rohr eines Kaleidoskops, grosse und kleine, helle und dunkle, kantige und vielgestaltige – zusammengehalten und geordnet nur durch den jeweiligen Bildausschnitt.
Was für eine Fülle von Eindrücken haben uns die letzten 75 Jahre gebracht! Und nahezu 67 Jahre davon habe ich als aufgeweckter Zeitgenosse miterlebt und in der Tat sehr genossen. Da gibt es immer wieder Lebensabschnitte, Zusammenhänge, Komplexe, Eindrücke und „Ideen und Glaubensgewissheiten" (Ortega y Gasset), zu denen Gedanken, Erinnerungen und Geschichten gehören.
Nur mal ein kleiner Zeitlauf:
Kriegsende in der Mark und in Berlin,
Die Zeit der Berliner Street-Gangs nach 45
Blockade, Baden-Baden und der Schwarzwald
Heidelberg, Paris, Korsika, Algerien
England, USA.
Oder die vielen zum Teil skurrilen Begegnungen mit
Verwandten
Verrückten Freunden
Gangstern und liebenswerten Trotteln,
tollen unerreichbaren und
ebenso tollen aber höchst erreichbaren Frauen.
Sie werden den
Jagdhaus-Schorfheide Krimi und beamtete Idioten kennenlernen,
sowie merkwürdige Leute wie Herrn Rowedder
und bescheuerte Institutionen wie die Treuhandanstalt.
Natürlich erfahren Sie alles über
den Mord im Kruger Busch, und
wie das Gasthaus am Weiher abbrennt, wobei
die brennende Wiese meiner Jugend nicht zu kurz kommen darf.
Genug genug – schauen Sie in das Inhaltsverzeichnis; dann können Sie selektiv oder von hinten nach vorn oder gleich von vorn loslesen.
Ich drücke mir den Daumen, dass Ihnen die Lektüre Spass macht. Wenn nicht, ist Christian schuld!
Disclaimer
(neudeutsch für: ich hafte für nix):
Für alles, das in diesem Buch steht, trage ich allein die volle Verantwortung, übernehme aber für den Wahrheitsgehalt keine Garantie und rechtfertige die Abwesenheit jeglicher Fussnoten damit, dass ich nichts zitiert habe was so zu kennzeichnen wäre, ausser vielleicht einigem das ich vergessen habe wegen dessen ich aber einen Rücktritt ablehne. Ähnlichkeiten mit lebenden oder nicht mehr lebenden Personen sind rein zufällig auch dort wo sie bewusst erkennbar geschildert oder gar namentlich benannt sind, Haftung ausgeschlossen.
Warum dieses Buch diesen Titel hat.
Jeder Schriftsteller weiss: der richtige Titel ist die halbe Miete. „Deutschland schafft sich ab ist ein Bombentitel, während „Ansichten von Thilo
nicht ganz so gut gekommen wäre. Weil Frau Breuel ihr Buch über die Treuhandanstalt „Das Unmögliche wagen genannt hat, dachten vielleicht viele, das sei ganz interessant; hätte sie es ehrlicherweise mit „Selbstlob für beschissene Arbeit
betitelt, hätte kein Mensch es gelesen.
Moment mal.
Jetzt, wo ich das schreibe, kommen mir Zweifel. Weil vielleicht ein Buch „Die Scheißtreuhand" ein echter Renner geworden wäre, vor allem, wenn es – was wir Frau Breuel aber nicht unterstellen dürfen – ehrlich gewesen wäre.
Also:
Der Titel ist ganz wichtig, aber welcher Titel? Die Schriftstellerin Sabine Ebert hat vier zauberhafte Bücher über das Leben einer Hebamme zu Zeiten Barbarossas geschrieben, die sie ganz anders nennen wollte, aber dann auf Druck ihres Verlages „Das Geheimnis…, „Die Spur…
, „Die Entscheidung… und „Der Fluch der Hebamme
genannt hat und war damit höchst erfolgreich.
Ich wollte – ich sollte, wie Christian das verlangt hat – alle mehr oder minder witzigen interessanten erbaulichen lehrreichen usw. Krümel aus meinem Leben zusammenwürfeln und aufschreiben, denn meine Erzählungen seien so anregend, dass sie der Nachwelt erhalten bleiben müssten. Als ob flüssige Redner auch flüssig schreiben könnten. Vor allem, weil Christian verlangt hat, ich müsste immer wieder zwischendurch den Leser mit „Knallern" anheizen, damit ich dann weitere Informationen ausbreiten könnte, und vor allem dürfe natürlich die Erotik nicht zu kurz kommen, das wollten die Leute lesen.
Er hat gut reden! Aber damit stosse ich dann allerdings an meine erzählerischen und vor allem an meine selbstentblösslerischen Grenzen!
Nach langem Kampf mit mir und anderen habe ich mich dann aber mal drangemacht. Und dafür, wie gesagt, als Erstes einen Titel überlegt.
Einige Titel fallen aus, definitiv, völlig ausgeschlossen; so wie „Aus meinem Leben („aus dem Leben eines Taugenichts
hätte es super getroffen, gibt es aber schon von Joseph von Eichendorff). „Ein Vagabund unterwegs ist durch Mark Twain „A Tramp Abroad
genial blockiert. „Gedanken und Erinnerungen ist von Bismarck, „Erlebtes und Erlauschtes
haben Ganghofer und andere schon besetzt. „Irrungen und Wirrungen kommt mir bekannt vor und trifft ausserdem mein ordentliches Leben nicht. „Durch die Wüste
oder „Durch´s wilde Kurdistan oder „Von Bagdad nach Stambul
oder „In den Schluchten des Balkan oder gar „der Schut
– alles irgendwie schon mal dagewesen. Und ausserdem: wer will denn von einem Anwalt aus Berlin irgendwelche Lebenserinnerungen lesen? Ausser Christian.
Deshalb dachte ich an den Spruch meines alten Freundes Ellermann „das Leben findet während der Fahrt statt. Will heissen: das Leben rast davon, vor sich hin, an vielem vorbei, durch vieles hindurch, reisst uns mit, lässt uns auch mal fallen, rammt uns zuweilen um, schleudert uns herum und in immer neue Lebenslagen, zwingt uns gelegentlich zum Kampf, lässt uns den mal gewinnen, mal verlieren. Aber es steht nie still und saust mit uns unweigerlich auf ein Ende zu. „Hoch auf dem gelben Wagen…
sagt das Gleiche, nur viel besser und kürzer. „Ich wäre so gern noch geblieben, aber der Wagen, der rollt!. Der Wagen des Lebens, in dem wir sitzen. Und am Ende „sag ich: Ade nun, Ihr Lieben, die ihr nicht mitfahren wollt. Ich wäre gerne noch geblieben, aber…
siehe oben.
Aber während der Fahrt passiert auch vieles, an dem sich vielleicht auch noch andere erfreuen können, erheitern, von dem sie vielleicht etwas mitnehmen können in ihre Welt, oder von dem die, die mich kennen, gut oder nicht so gut, vielleicht sagen werden: „Guck mal an, der also auch oder so ähnlich. Ich möchte einfach einiges weitererzählen, nur so um des Fabulierens willen. Mit dem kleinen Hintergedanken „wer schreibt der bleibt
, und wenn es nur bei wenigen geliebten Menschen ist.
Also: DAS LEBEN FINDET WÄHREND DER FAHRT STATT
Damit haben wir ihn, den Titel! So lasse mer´s.
Mord im Kruger Busch
Eigentlich fing alles ganz harmlos als durchschnittlicher Jagdrechtsfall an. Mehrere Jagdpächter hatten ein Revier gepachtet und bejagten es gemeinsam. Wie oft bei derartigen gemeinschaftlichen Unternehmungen – ob sie nun Ehe heissen oder Verein – kam es allmählich zu Zerwürfnissen.
Denn eigentlich ist der Mensch ja von Natur aus kein so richtig geselliges Wesen, sondern trachtet zunächst mal danach, seinen eigenen Nutzen zu mehren. „Der Mensch ist des Menschen Wolf" – homo homini lupus; diese miese Charakteristik stammt ausgerechnet von einem Komödiendichter, Titus Maccius Plautus (ca 200 v. Ch.) und wurde später von Hobbes abgewandelt. Aber wir wissen, was gemeint ist, und die jüngere Geschichte ist voll von Beispielen.
Ich will das hier gar nicht beklagen, denn ein Teil der Verdienstmöglichkeiten eines Rechtsanwalts beruht ja gerade darauf, oder? Unabhängig davon also, wie richtig oder wie falsch das sein mag – alle menschlichen Zusammenschlüsse haben die Tendenz, sich zu zerstreiten, Ehen zerbrechen angeblich schon an mittig gequetschten Zahnpastatuben.
Auffällig ist das Explosivpontential bei Zusammenschlüssen von Leuten, die gemeinsam ein Jagdrevier betreiben, die also eigentlich eine gemeinsame Passion, eine gemeinsame Liebe einen sollte. Ich bin ein erfahrener Jagdrechtler mit einer jahrelangen Praxis und bin dennoch einigermassen ratlos, wenn ich gefragt werde, wieso sich gerade Jäger immer wieder derart zerstreiten, dass man häufig schon deshalb besorgt sein muss, weil die ja gleichzeitig zu den wenigen Privilegierten gehören, die mit einer Feuerwaffe herumlaufen dürfen. Grüne und Tierschützer machen es sich da natürlich leicht: der Jäger ist ein potentieller Killer ohne Achtung vor dem Leben, vom machtsuggerierenden Phallussymbol des Gewehrs beherrscht, ergo ein Arschloch.
Na ja. Es gibt in der Tat Exemplare der Spezies Weidmann, die dergleichen abstruse Theorie jedenfalls nicht a priori als bescheuert erscheinen lassen, aber tatsächlich ist die Sache dann doch erheblich diffiziler. Natürlich spielt ein bisschen Machotum mit, auch ein bisschen Beuteneid, auch Dominanzgehabe, manchmal etwas Aufgeblasenheit – aber im Grossen und Ganzen sind Jäger Naturfreunde, Tierschützer, ausgeglichene Charaktere, und rundherum vernünftige Leute.
Glaubt zwar kaum einer, aber ich bin der schlagende Beweis, oder?
Der Fall, zu dem diese langatmige Vorrede den Leser hinführen soll, zeigt die merkwürdige Gemengelage, die im Jagdbetrieb entstehen kann. Ein Mandant, nennen wir ihn Friedhelm O., erscheint eines Tages in meiner Kanzlei und bittet, ihn gegen seine Mitjäger bezw. seine Jagdgenossenschaft zu vertreten. Denn die letztere habe ihm aufgrund einer Intrige der ersteren seinen Jagdpachtvertrag fristlos gekündigt; er läuft Gefahr, sein Jagdrevier zu verlieren.
Hier höre ich zum ersten Male den Ausdruck „Kruger Busch", ein Jagdrevier im Nordosten von Brandenburg und eines der schönsten im Lande.
Das ist also nicht etwa ein Gebüsch im afrikanischen Krüger Nationalpark, sondern ein Waldgebiet, das zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk Kruge/Gersdorf gehört. Der Mandant nun war einer von mehreren Jägern, der in diesem schönen Jagdbezirk als einer der Jagdpächter das Privileg hatte, gerade den Teil zu bejagen, der eben Kruger Busch genannt wird – ein Gebiet, in dem es ein hervorragendes Aufkommen an Rotwild und Schwarzwild, zu bürgerdeutsch Hirsch und Wildschwein, gab und gibt.
Das Mandat war mir gleich sympathisch, denn die Gemarkungen Kruge und Gersdorf waren mir wohlbekannt.
Kruge, ein mehr als 700 Jahre alter Rittersitz, war seit 1800 etwa bis 1945 das Gut meines Onkels von Trotha, und ich habe während des Krieges dort eine wunderbare Zeit mit meinen Cousinen Putzi und Mädi verbracht, bis die Verwandten vor den Russen nach Bad Godesberg flohen. In Gersdorf, mit dem sich Kruge 1960 zusammenschloss, ging ich ein Jahr lang zur Schule und sang jeden Morgen die Brandenburger Nationalhymmne „Steige hoch Du roter Adler…", der bekanntlich gar kein Adler ist, sondern ein roter Milan.
Zurück zum Fall. Ein Mitglied der Jagdgesellschaft, die dort jagen durfte, war aus mehreren Gründen erpicht darauf, meinen neuen Mandanten aus dieser Gesellschaft auszubooten, und zwar im kollusiven Zusammenwirken mit dem Jagdvorsteher, einem Herrn H..
Zum Verständnis jagdrechtlicher Laien:
Alle Grundstücke einer Gemeinde, die nicht zu einer Eigenjagd (einer privaten Jagd) gehören, bilden kraft Gesetzes den sog. Gemeinschaftlichen Jagdbezirk dieser Gemeinde, hier Kruge-Gersdorf. Alle Eigentümer von land- forst- oder fischereiwirtschaftlichen Flächen dieser Gemeinde bilden kraft Gesetzes eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die Jagdgenossenschaft. Diese wählt sich einen Vorstand und verpachtet dann das Jagdausübungsrecht - gemeinhin halt: die Jagd – an einen oder mehrere Jäger, die dann eine Jagdgesellschaft bilden.
Nach jahrelangem mehr oder minder Friede-Freude-Eierkuchen-Jagen der Jäger von Kruge/Gersdorf, von Eifersüchteleien eines Herrn F., einer der Jagdpächter, wegen des schönen Jagdbezirks des Friedhelm O. mal abgesehen, erschien eines Tages ein etwas unangenehmer aber einigermassen betuchter Herr aus, wie es damals hiess, „Westdeutschland, also ein sogenannter Wessi. Der hatte plötzlich, wahrscheinlich durch F. „aufgemüdet
, wie der Jäger sagt, ein gewaltiges Interesse daran, nicht nur Mitglied der Jagdpächtergesellschaft zu werden, sondern anstelle meines Mandanten den Kruger Busch, das jagdliche Herzstück der Jagd, dauerhaft zugewiesen zu erhalten.
Der Herr Jagdvorsteher H. versammelte sich sofort hinter