Das Abenteuer des Werner Quabs
Von Hans Fallada
()
Über dieses E-Book
"Da! Nehmen Sie ihn, Herr Rathsack, und sehen Sie zu, was Sie mit ihm anfangen können! Für Vieh und Acker taugt der Junge jedenfalls nichts. Setze ich ihn zum Melken unter eine Kuh, so finde ich ihn nach einer halben Stunde genau so wieder, wie ich ihn hingesetzt habe: auf dem Melkschemelchen, den leeren Eimer zwischen den Knien. Nur der Kuh ist es langweilig geworden, und sie ist fortgegangen, ohne daß es der Werner auch nur gemerkt hat … Schlafen? Wenn es nur Schlafen wäre! Auch der längste Siebenschläfer wacht einmal auf. Nein, der Bengel träumt, ich möchte nur wissen, von was er ewig träumt!"
Ja, von was träumte der Lehrling und spätere Gehilfe Werner Quabs allezeit? Oft sah ihn sein Lehrherr und Arbeitgeber in den kommenden Jahren mißtrauisch von der Seite an. Von was träumte Werner?
"An was denkst du wieder, Bengel? Solltest du nicht die Remittenden heraussuchen, registrieren und verpacken?! Nun? Wird's bald?! An was hast du gedacht?!"
"An nichts, Herr Rathsack!"
Es war zum Verzweifeln! Da lief ein Junge umher wie ein Baum, starkknochig, fast ein Riese, mit merkwürdig hellen, sehr großen Augen im Gesicht, und war nicht wach zu kriegen für dieses Leben, das er doch lebte! Lief umher? Stand da und dort, träumte in den Ecken, nahm für einen Kunden ein Buch aus dem Regal, reichte es schon über den Ladentisch – und vergaß urplötzlich Tisch, Kunden, Buch so völlig, daß der aus seiner Hand fallende Band wohl den Kunden, nie aber den Jungen erschreckte.
"An was hast du nun wieder gedacht, verfluchter Bengel?!"
"An nichts, Herr Rathsack!"
"Ich schicke dich zurück zu deinem Vater, Werner! Heute noch!"
"Jawohl, Herr Rathsack!"
"Aber dein Vater nimmt dich bestimmt …
Hans Fallada
Hans Fallada, eigentlich Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen (* 21. Juli 1893 in Greifswald; † 5. Februar 1947 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller. Bereits mit dem ersten, 1920 veröffentlichten Roman Der junge Goedeschal verwendete Rudolf Ditzen das Pseudonym Hans Fallada. Es entstand in Anlehnung an zwei Märchen der Brüder Grimm. Der Vorname bezieht sich auf den Protagonisten von Hans im Glück und der Nachname auf das sprechende Pferd Falada aus Die Gänsemagd: Der abgeschlagene Kopf des Pferdes verkündet so lange die Wahrheit, bis die betrogene Prinzessin zu ihrem Recht kommt. Fallada wandte sich spätestens 1931 mit Bauern, Bonzen und Bomben gesellschaftskritischen Themen zu. Fortan prägten ein objektiv-nüchterner Stil, anschauliche Milieustudien und eine überzeugende Charakterzeichnung seine Werke. Der Welterfolg Kleiner Mann – was nun?, der vom sozialen Abstieg eines Angestellten am Ende der Weimarer Republik handelt, sowie die späteren Werke Wolf unter Wölfen, Jeder stirbt für sich allein und der postum erschienene Roman Der Trinker werden der sogenannten Neuen Sachlichkeit zugerechnet. (Wikipedia)
Mehr von Hans Fallada lesen
Geschichten aus der Murkelei Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Trinker: - Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeute bei uns zu Haus: Ein anderes Buch. Erfahrenes und Erfundenes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHans Fallada: Gesamtausgabe: 32 Werke und Illustrationen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWer einmal aus dem Blechnapf frisst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJeder stirbt für sich allein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHans Fallada Gesammelte Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJeder stirbt für sich allein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Trinker Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleiner Mann - Was nun? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDies Herz, das dir gehört Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnton und Gerda (German) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer eiserne Gustav Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Alpdruck (German) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJunger Herr - ganz groß: Oder: Der Jungherr von Strammin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWir hatten mal ein Kind: Eine Geschichte und Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHans Fallada - Gesamtausgabe (36 Werke) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMärchen vom Stadtschreiber der aufs Land flog Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleiner Mann, großer Mann, alles vertauscht: oder Max Schreyvogels Last und Lust des Geldes – Ein heiterer Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleiner Mann - was nun?: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Mann will nach oben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Alpdruck Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWolf unter Wölfen (Band 1&2) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Das Abenteuer des Werner Quabs
Ähnliche E-Books
Das Abenteuer des Werner Quabs Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRheinsberg: Ein Bilderbuch für Verliebte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie letzten Ritter von Marienburg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenProfessor Vitzliputzli: und andere Erzählungen, Band 47 der Gesammelten Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEs wächst schon Gras darüber Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLügengeschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiebe, Sex und Kurioses: Kurzgeschichten und Gereimtes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBuchhandlung zum goldenen Buchstaben: Erzählungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLacroix und der blinde Buchhändler von Notre-Dame: Sein fünfter Fall Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnsichtbare Bande Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAus dem Leben und den Schriften des Magisters Herle, und seines Freundes Mänle Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiebe und Tod in Tiflis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenInspector Swanson und die Bibliothek des Todes: Ein viktorianischer Krimi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie schönsten Romane & Geschichten für Weihnachten: Christuslegenden, Die Lichtflamme, Nils Holgerssons wunderbare Reise mit den Wildgänsen… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeihnachten mit Selma Lagerlöf: Peter Nord und Frau Fastenzeit, Die Heilige Nacht, Ein Weihnachtsgast, Gottesfriede, Jans Heimweh und mehr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMord Elsässer Art: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeihnachten mit Selma Lagerlöf: Christuslegenden, Peter Nord und Frau Fastenzeit, Die Heilige Nacht, Ein Weihnachtsgast… Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSein oder Nichtsein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRosen brechen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Aufbruch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenArabellas Abenteuer: Der kleine Fürst 371 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer arme Dichter und das Mädchen: historischer Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGroßstadtgefühle: Nächster Halt Friedrichstraße Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKreuzweg: eine Erzählung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Fastnachtsnarren Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine wunderbare Buchhandlung (eBook) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPause für Wanzka: oder die Reise nach Decansar Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Klassiker für Sie
Die Traumdeutung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Demian Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Auch das war Wien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie 120 Tage von Sodom - Justine - Juliette - Die Philosophie im Boudoir (4 Meisterwerke der Erotik und BDSM) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Judenbuche: Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Sternstunden der Menschheit: Historische Miniaturen. Klassiker der Weltliteratur Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Woyzeck: Drama Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchuld und Sühne Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Faust. Der Tragödie erster Teil Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers Bewertung: 4 von 5 Sternen4/51984: Neuübersetzung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Zauberberg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAufzeichnungen aus einem toten Hause Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Fjodor Michailowitsch Dostojewski - Gesammelte Werke Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die fröhliche Wissenschaft: la gaya scienza Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Verwandlung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Krieg und Frieden Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Faust: Der Tragödie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Antichrist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnna Karenina Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Edgar Allan Poe - Gesammelte Werke Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Idiot Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSaemtliche Werke von Brüder Grimm (Illustrierte) Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Das Verlorene Paradies (Illustriert) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJohann Wolfgang von Goethe: Sämtliche Werke (Golden Deer Classics) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFranz Kafka - Gesammelte Werke Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Brüder Karamasow Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Kleine Prinz: Aus dem Französischen von Tullio Aurelio Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStolz und Vorurteil Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5
Rezensionen für Das Abenteuer des Werner Quabs
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Das Abenteuer des Werner Quabs - Hans Fallada
Hans Fallada
DAS
ABENTEUER
DES
WERNER
QUABS
1
In einer kleinen norddeutschen Stadt lebte vor mehreren Jahrzehnten ein Buchhandlungsgehilfe mit dem Namen Werner Quabs. Nach vollendeter Schulzeit war Werner Quabs, da für die Landarbeit völlig untauglich, von seinem Vater in die Stadt und in die Buchhandelslehre gebracht worden mit den Worten:
»Da! Nehmen Sie ihn, Herr Rathsack, und sehen Sie zu, was Sie mit ihm anfangen können! Für Vieh und Acker taugt der Junge jedenfalls nichts. Setze ich ihn zum Melken unter eine Kuh, so finde ich ihn nach einer halben Stunde genau so wieder, wie ich ihn hingesetzt habe: auf dem Melkschemelchen, den leeren Eimer zwischen den Knien. Nur der Kuh ist es langweilig geworden, und sie ist fortgegangen, ohne daß es der Werner auch nur gemerkt hat … Schlafen? Wenn es nur Schlafen wäre! Auch der längste Siebenschläfer wacht einmal auf. Nein, der Bengel träumt, ich möchte nur wissen, von was er ewig träumt!«
Ja, von was träumte der Lehrling und spätere Gehilfe Werner Quabs allezeit? Oft sah ihn sein Lehrherr und Arbeitgeber in den kommenden Jahren mißtrauisch von der Seite an. Von was träumte Werner?
»An was denkst du wieder, Bengel? Solltest du nicht die Remittenden heraussuchen, registrieren und verpacken?! Nun? Wird’s bald?! An was hast du gedacht?!«
»An nichts, Herr Rathsack!«
Es war zum Verzweifeln! Da lief ein Junge umher wie ein Baum, starkknochig, fast ein Riese, mit merkwürdig hellen, sehr großen Augen im Gesicht, und war nicht wach zu kriegen für dieses Leben, das er doch lebte! Lief umher? Stand da und dort, träumte in den Ecken, nahm für einen Kunden ein Buch aus dem Regal, reichte es schon über den Ladentisch – und vergaß urplötzlich Tisch, Kunden, Buch so völlig, daß der aus seiner Hand fallende Band wohl den Kunden, nie aber den Jungen erschreckte.
»An was hast du nun wieder gedacht, verfluchter Bengel?!«
»An nichts, Herr Rathsack!«
»Ich schicke dich zurück zu deinem Vater, Werner! Heute noch!«
»Jawohl, Herr Rathsack!«
»Aber dein Vater nimmt dich bestimmt nicht wieder auf! Und was willst du dann anfangen?«
»Das müßte ich mir erst überlegen, Herr Rathsack … Vielleicht würden Sie mich wieder nehmen, ja, bitte?«
Es war, um sich die Haare Stück für Stück jedes einzeln auszuraufen! Er war noch gar nicht hinausgeworfen und bat schon wieder herzlich um Aufnahme!
»Werner, Junge, ich bitte dich: wache doch endlich auf! Du kannst doch nicht dein ganzes Leben verträumen! Sage mir wenigstens, an was du denkst! Vielleicht kann ich dir helfen … Also, an was denkst du ewig?«
»An nichts. Ganz bestimmt an nichts, Herr Rathsack!«
Und dabei sah Werner Quabs seinen Dienstherrn mit den großen, hellen Augen so strahlend offen an, daß der ihm fast geglaubt hätte.
»Aber er lügt doch, er lügt ganz bestimmt!« sagte Herr Rathsack dann hinterher zu seiner Frau. »Er hat was stecken im Kopfe – und ich komme auch noch dahinter!«
»Er wird es schon noch einmal von selbst verraten«, meinte dann die Eheliebste tröstend. »Das ist bei ihm wie bei den jungen Mädchen, die sich zum ersten Mal verliebt haben. Die möchten auch ihre Liebe ganz für sich allein behalten – und plötzlich weiß sie die ganze Welt, und sie steht sogar im Blättel. Laß ihm nur Zeit!«
»Ich komme ihm noch auf die Schliche!« murrte Herr Rathsack drohend.
Und er versuchte es auf verschiedene Weisen. Er gab dem Jungen Kriminalromane und Abenteuerbücher zu lesen, süße Liebesgeschichten und technische Abhandlungen, die Erlebnisse der Erfinder und Naturforscher –: er entdeckte keine Vorliebe, keine Abneigung bei dem Lehrling. Er beobachtete ihn heimlich auf seinen Gängen, horchte nach, wie Quabs seine freien Sonntage verbrachte, drang unter den fadenscheinigsten Vorwänden in die Feierabendstille seiner Bude, behielt ihn scharf im Auge, wenn er junge Mädchen bediente und reizende Frauen, schenkte ihm einen Hund, später ein Fahrrad – und erfuhr nichts!
Trotz aller Listen mußte Herr Rathsack sterben, ohne dem Bengel auf die Schliche gekommen zu sein. »Laß ihn immer die Buchhandlung allein für dich führen«, sprach Herr Rathsack tröstend auf seinem Sterbebett zu seiner Frau. »Anständig ist er, solide ist er, und ein ganz tüchtiger Buchhändler ist er schließlich doch noch geworden, trotz seiner Träumerei – durch mich! Wenn du nur erfahren könntest …«
»Was denn? Mein Guter, Lieber, was soll ich denn erfahren?«
Aber Herr Rathsack war schon dorthin gegangen, wo es ihm bestimmt keine Beschwerden mehr machte, an was sein Gehilfe Werner Quabs eigentlich dachte. Für was ein so starker, freundlicher junger