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Spring!
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eBook2.066 Seiten29 Stunden

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Über dieses E-Book

Die einundzwanzig jährige Ella ist ungebunden und, obwohl sie Kinder liebt und mit ihnen arbeitet, hat sie Mister Perfekt noch nicht gefunden. Als sie mit ihrer Freundin an einem stillen Nebenfluss badet, fährt ein Boot vorbei, auf dem zu lateinamerikanischer Musik gefeiert wird.
Ausgelassen tanzt sie an einem Steg zur Musik-und wird eingeladen an Bord zu springen.
Kurz entschlossen springt sie und erlebt auf der Geburtstagsparty der schwer reichen Zwillinge Lisa und Yanick den Nachmittag ihres jungen Lebens.
Dann scheinen sich auch noch beide für Ella zu interessieren.
Doch Ella erfährt die Hintergründe ihrer Einladung-von Yanick, den sie eben erst angefangen hat zu mögen …
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum12. Feb. 2018
ISBN9783745097528
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    Buchvorschau

    Spring! - Karina Förster

    Kapitel 1

    2010

    Mein Körper hängt im hellgrünen Wasser. Regungslos verharre ich und genieße die Stille. Hektisch flattern die Blätter in den Wipfeln der umliegenden Bäume und erinnern mich an die Vielzahl von Menschen in dieser Hauptstadt. Jedes Blatt ein Mensch. Jeder Mensch hektisch.

    Mein Rumpf ist straff, damit ich nicht untergehe. Zu Kinderzeiten nannten wir dieses Spiel Leiche .

    Die Regeln denkbar einfach. Wer sich am längsten regungslos auf der Wasseroberfläche hielt, hatte gewonnen. Es hat überhaupt nie einer gewonnen. Es gab stets jemanden, der Wasser in Gesichter spritzte.

    Im Gegensatz zu damals ist heute niemand hier, der mein Spiel unterbrechen will. Ausgenommen meine Freundin Uta. Aber die frottiert sich am maroden Holzsteg schon. Sie zählt also nicht.

    Es ist Mitte Juli. Bestes Badewetter. Die Sonne steht hoch am Mittagshimmel und wird nur von dürftigen kleinen Wolken bedeckt, die träge ihren Weg nach Osten fortsetzen. Gerade so, als müssten sie es tun, damit die Welt in Bewegung bleibt.

    Himmlisch still ist es hier und nur selten fahren Boote diesen Seitenarm der Müggelspree entlang.

    Kaum jemand hat es hier eilig. Noch nicht einmal die Boote, die hier entlang fahren, um zu ihren Grundstücken zu gelangen. Die liegen malerisch zwischen Hecken und Bäumen versteckt.

    Auf der Müggelspree, dem Hauptarm des Flusses, sind um diese Jahreszeit mehr Boote unterwegs, als Autos auf Autobahnstrecken. Im drei Minuten Takt fahren dort en masse Ausflugsdampfer vorbei.

    Störend sind dabei die Freizeitraser. Die spielen gerne mal James Bond nach. Ihnen ist es dabei egal, ob es ihre eigenen oder gemieteten Boote sind. Ihr Motto: Tempolimit, was ist das ?

    Oft habe ich erlebt, wie leichtsinnig und schnell an die Badenden herangefahren wird. Zudem ist der Lärmpegel an der Müggelspree hoch und wenig entspannend.

    Hier können Uta und ich gediegen und entspannt baden. Zum Glück haben wir dieses lauschige Plätzchen durch einen Glücksumstand entdeckt. Wir erforschten es und erkoren diese Stelle als unsere neue Badestelle, an der wir seitdem baden.

    Auf dem verwilderten Grundstück stehen alte und hohe Eichen. An extrem heißen Tagen spenden sie uns kühlenden Schatten.

    Ich liebe diesen abgelegenen Steg. Die Schönheit unseres Badeversteckes liegt im seltsam morbiden Charme des stark verfallenen Hauses, in der Wildnis des Gartens und in der Ruhe, die dieser Ort ausstrahlt. Diese Ruhe und Stille überträgt sich auf mich. In weniger als fünf Minuten bin ich runtergefahren. Dieser Fleck ist idyllisch.

    An diesem Ort kann ich mich erholen und für meine Arbeit neue Kräfte sammeln. Ich bin Kindergärtnerin. Ein Beruf, den ich in hohem Maße liebe. Jedoch muss ich mich am Wochenende neu beleben. Das mache ich jetzt und sehe in die vielen Grüntöne über mir.

    Grün hilft mir vor allen Dingen dabei, den Akku wieder aufzuladen. Hier besteht jedes Teil aus Grüntönen.

    Die Bäume, zu denen ich aufsehe und in denen Vögel ihre Nester gebaut haben, um ihren Nachwuchs zu versorgen.

    Das Gras, das sich überhängend seinen Lebensraum bis in das Wasser hinein erobert hat.

    Das Wasser, das sich hellgrün in der Sonne, im Schatten dunkelgrün leicht kräuselt.

    Hier herrscht ein überbordender Reichtum an Grüntönen. Ein reich gedeckter Tisch der Natur. Entspannung und Erholung im Grünen, sind zwei Stadtteile weiter durch die wenigen Parks schwierig. In den zugigen Häuserschluchten ohne Bäume, ist Ruhe nur begrenzt möglich.

    »Ella! Du bekommst Schwimmhäute zwischen den Fingern. Komm endlich raus! Ich würde gern mit dir das Picknick essen. Ich habe Hunger. Los!«

    Sie erinnert mich an meine verstorbene Mutter, die auch immer das seltene Talent hatte, mich in so einem schönen Moment aus dem Wasser zu rufen. Ungern will ich jetzt hier weg. Genau in dem Augenblick, in dem ich eins mit der Natur werde und mich tief entspanne.

    Der Stress der Arbeitswoche lässt sich hier wie durch ein Wunder fortschwemmen. Um ein Haar hätten mich sogar die drei Enten, die in meiner Nähe schwimmen, in ihre kleine Familie aufgenommen. Sie kamen immer dichter geschwommen und suchten nach Nahrung.

    Mit Schwimmhäuten würde ich sicher spielend als Ente durchgehen und nur lernen müssen, wie ich im Gras etwas Essbares finde. Aber ich bin lernfähig.

    Uta kann ungemütlich werden, wenn sie Hunger bekommt. Also lasse ich meine Beine absinken und schwimme zurück zum Steg, wo sie schon ungeduldig wartend ihre Beine im Wasser hin und her schiebt. Ihr Gesicht hat sie zu einer Flunsch gezogen.

    Am Steg angekommen, schwinge ich mich hinauf und setze mich so, dass die Beine im grünen Wasser baumeln können.

    »Fast wäre ich von den Dreien dort adoptiert worden. Und Schwimmhäute wären dann echt passend«, scherze ich und deute zu den drei Enten, die noch immer am Uferbewuchs zupfen.

    »Schade nur, dass deine Flügel gestutzt sind«, spöttelt Uta und spitzt ihren Mund. »Die wären nötig, um in deiner neuen Familie überhaupt erst mithalten zu können.«

    »Ich würde eben mit gestutzten Flügeln fliegen lernen müssen. Wo ein Wille ist …«

    »… Ist auch ein Gebüsch. Ich weiß.«

    Sie zieht den Picknickkorb heran und blickt sich darin um. Ihr Gesicht leuchtet auf, als sie in einer Dose Zucchini-Röllchen entdeckt. Die habe ich für sie zubereitet, denn sie liebt die. Schon ist die Dose geöffnet und ihre langen Zähne knabbern an der Rolle. Ihr Blick ist versunken und in den nächsten drei Minuten brauche ich sie nicht anzusprechen. Sie befindet sich geschmacklich im siebten Himmel.

    Vor dem Bad habe ich meine überlangen Haare zu einem Zopf geflochten. Damit sie schneller trocknen, löse ich die Flechte jetzt und fahre mit meinen Fingern hindurch.

    Das Haargummi halbiere ich und streife es mir über den rechten Mittelfinger, damit es nicht verloren geht. Offen getragen, reichen mir die Haare bis zu den Oberschenkeln und meistens ruhen neidvolle Blicke auf ihnen.

    Ich habe den Spitznamen: Die schöne Warwara. Alles, bis auf meine blauen Augen, erinnert an Tatjana Klujewa. Sie spielt in dem sowjetischen Märchenfilm Film die weibliche Hauptrolle.

    Kauend beobachtet mich Uta und ich weiß genau, was sie denkt. Sie sagt mir immer, dass ich sie an einen Engel erinnere.

    Ich kann das nicht verstehen. Als engelsgleich würde ich mich schon mal gar nicht bezeichnen. Klar, die überlangen Haare sind für eine Menge Menschen der Inbegriff von Vitalität und Weiblichkeit. Mir ist Schönheit überhaupt nicht wichtig. Sie sagt nichts über den Charakter eines Menschen aus. Und den von mir, kenne ich zu gut. Ehrlich, da ist rein gar nichts Engelsgleiches dran.

    Aber die Optik ist Geschmackssache. Uta muss sich ja nicht jeden morgen mein Spiegelbild ansehen. Ich habe schon als Kind kleine Makel in meinem Gesicht entdeckt. Die kaschiere ich auch heute noch gerne.

    Ich bin etwas schlanker als sie, aber das liegt daran, dass ich jahrelang Tanzsport betrieben habe. Bis in die Pubertätsjahre sogar auf Leistung. Bis dato ist der Tanzsport einer meiner Leidenschaften. Allerdings tanze ich heute aus Liebe und Freude, ohne diese starren Regeln, die mir den Sport vermiest haben. Mein Tanzpartner ist da weniger locker, eher verbissen. Aber es macht Spaß mit ihm zu tanzen.

    Manchmal denke ich, dass das verletzungsbedingte Aus ein Glück für mich war. Verhasst am Tanzsport sind mir noch heute die strengen Haarregeln. Stark zurückgekämmt und eingeölt. Alles andere als weiblich. Zudem sind Ponys und überlange Haare ein Unding.

    Nachdem ich den Sport unter Leistung aufgegeben hatte, schnitt ich mir als Erstes einen Pony und ließ meine Haare ins Unendliche wachsen.

    So wurde ich zu Warwara und irgendwie habe ich mich an den Namen gewöhnt. Es gibt schlimmere Spitznamen.

    Zutiefst entspannt vom Bad horche ich den Vögeln zu, wie sie in den Bäumen singen. Uta knabbert genüsslich an ihrer zweiten Zucchini-Rolle und lauscht ebenfalls kurz.

    »Ach, was ich dir noch erzählen wollte: Anne ist sich, nur mal so nebenbei gesagt, nicht mehr ganz so sicher, ob David ihr treu war. Er behauptet es zwar, aber ich weiß nicht. Echt mal! Vor ihren Augen! Wie blöd muss man denn da sein?«, beginnt Uta die neuesten Ereignisse von ihrer Bekannten zu erzählen. Sie schüttelt verständnislos ihren Kopf und sucht am Röllchen eine dunkel geröstete Ecke, die sie immer zuerst abknabbert. Erst danach schiebt sie sich das Röllchen ganz in den Mund. Ich finde das immer goldig und muss schmunzeln, wenn ich ihr beim Essen zusehe.

    Heute ist der Tag, an dem wir uns über den neuesten Klatsch und Tratsch austauschen können. Hier bekommen keine Kolleginnen lange Ohren. Wir können ungestört und ungeniert plaudern.

    Die vergangene Woche war mit Ereignissen gefüllt. In der Hektik des Werktages bleibt uns kaum Zeit für ausgiebige, freundschaftliche Gespräche.

    »Deutlicher geht es wohl kaum noch«, merke ich versonnen an und sehe wieder zu den drei Enten.

    »Ne, wohl kaum. Jetzt ist sie auf der Suche nach einer Wohnung für sich.«

    Ich beobachte fasziniert, wie sich das Wasser um meine Füße kräuselt. Die Wellen brechen sich kaum fühlbar an ihnen. Mit leerem Blick wandern meine Augen über die fast gar nicht gekräuselte Wasseroberfläche.

    Auf die Beziehungsprobleme, mit der sich die Bekannte von Uta plagt, kann ich gerne verzichten. Da bin ich über meinen Singlestatus heilfroh.

    Im Bezug auf eine Partnerschaft gehe ich keine Kompromisse ein. Schon mein Großvater hat mir den Rat gegeben bei Entscheidungen immer mein Herz zu prüfen. Das tue ich reiflich und Mister Perfekt war mir bislang noch nicht begegnet.

    »Ach, hier ist es immer so himmlisch. Horch mal!«, sage ich leise.

    Uta schaut in die Bäume empor und schließt ihre Augen. Für wenige Augenblicke ist sie still.

    »Wenn ich hierbleiben könnte«, sinniere ich. »Ich würde das Haus sanieren und wir könnten im Sommer hier schwimmen gehen. Dein Auto würde in der Einfahrt stehen und müsste nicht um die Ecke parken.«

    »Hmhm. Träume weiter!«, grient meine Freundin. Jedes Mal erzähle ich ihr das. Jedes mal lacht sie mich aus.

    Lachend schiebe ich mir eine Weintraube in den Mund und rücke den halb trockenen Bikini im Nacken zurecht. Sie ist meistens skeptisch. Wie so viele Menschen wagt sie nicht, von Höherem zu träumen. Mich hält das jedoch aufrecht.

    Du wirst sehen, sage ich ernst. Uta lacht aus voller Kehle über meine Träume. Sie hat Mühe, sich wieder zu beruhigen.

    Mein Bikini zwickt. Schon ewig schiebe ich es vor mir her einen Neuen zu holen. Nie habe ich ernsthaft Lust dazu. Kleidung zu kaufen entspannt mich überhaupt nicht. Ich bin ein seltenes Exemplar, ich weiß. In den unzähligen Läden und Kleiderstangen zu wühlen stresst mich mehr als alles andere. Ich bin an Kleidung interessiert, die lange Tragbar ist.

    Das grenzenlose Angebot strapaziert meine Nerven. Letzten Endes hält es mich sogar davon ab, mir endlich einen Neuen zu kaufen. Für die Konsumgeilheit bin ich auch zu bodenständig erzogen worden.

    Nach dem Tod meiner Mutter wuchs ich bei meinen Großeltern auf. Sie waren russische Auswanderer, die einfach und zurückhaltend lebten. Bis zu ihrem Tode. Mein Vater verließ meine Mutter für eine andere Frau. Ich war sieben und erinnere mich nur noch bruchstückhaft an ihn. Ich glaube er war Arzt.

    Die Geräusche der Umgebung werden durch dröhnende Bässe unterbrochen, die sich immer mehr zu nähern scheinen. Ich sehe verwundert zu Uta, denn die Wucht der Bässe pocht und dröhnt schon im Magen.

    Merengue.

    Zu diesen Klängen ertönen Freudenrufe und lautes Geschrei, welches von einem Schiff kommt, das sich langsam nähert.

    Ich finde das echt seltsam. Es gibt hier kein Publikum wie auf der Müggelspree. Partyboote sind auf Berliner Flüssen in den warmen Sommertagen an der Tagesordnung. Nichts Besonderes. Braungebrannte Körper, laute Musik, und vornehmlich junge Menschen.

    Hier wirkt es fremd und bizarr. Es passt so gar nicht in die friedliche, idyllische Umgebung. Hier ist kein Publikum, das gerne mal winkt. Na ja, außer uns.

    Mich begeistert lateinamerikanische Musik. Sie geht sofort in das Blut und versetzt den Körper in Schwingung. Die Adern weiten sich und mein Kopf wird still.

    Und da ist es nun zu sehen. Gemächlich schippert es durch das grünliche Wasser und arbeitet sich voran.

    Mit Schiffen kenne ich mich zu wenig aus, um genau sagen zu können, welcher Typ und welche Klasse hier gerade an mir vorbei fährt. Was ich aber erkennen kann, ist, dass es protzig ist. Doch das beeindruckt mich wenig. Mich beeindrucken die Klänge und die Stimmung an Bord. Ungefähr zwanzig Menschen hüpfen auf Deck zur Musik. Von dort verbreiten sie gute Laune, die sie zweifelsohne haben und mich damit plötzlich anstecken.

    Der Gewohnheit folgend, fange ich an zu tanzen.

    Das Boot zieht langsam vorüber.

    Einige Partygäste bemerken mich. Sie schreien entzückt und winken mir zu. Ihr Tanz wird wilder.

    Ein Tanzbattle. Für mich ein atemberaubendes Erlebnis und es ist nicht von dieser Welt.

    Wie belebt und angeregt, winke ich und freue mich über die Resonanz, die mein Tanz hervorruft.

    Seit ich ein kleines Kind bin, tanze ich und fühle mich dabei frei und unbeschwert. Ohne Sorgen oder Ängste. In diesem Augenblick liebe ich den schönen Tag, den Moment und alle Möglichkeiten, die mir in meinem jungen Leben offen stehen. Egal wie verrückt es erscheint.

    Für die Leute auf dem Boot sind Menschen, die ihnen vom Ufer zuwinken, sicher nichts Besonderes. Aber meine Tanzeinlage schon. Das merke ich daran, dass ich tosenden Applaus ernte. Ich danke und verbeuge mich grazil.

    Um mich herum vergesse ich alles. Ich fühle mich mit den Partygästen so verbunden. Ein neues Gefühl. Es ist so übermächtig, dass mir jetzt ein wenig flau im Magen wird und ich flacher als sonst atme.

    Über das ganze Gesicht strahlend, denke ich darüber nach, wie es wäre, wenn ich auch auf dem Boot sein könnte. Diesen Wunsch habe ich bislang nie bei einem der vorbeifahrenden Boote verspürt. Egal wie gut gelaunt oder fröhlich die Leute an Bord gefeiert hatten. Das hier war etwas anderes. Besonders.

    Einmalig in einem Menschenleben und ich ärgere mich, dass das Boot ohne mich seinen Weg fortsetzt. Wer springt denn schon einem Boot hinterher, um dort mit Fremden mitzufeiern? Zu verrückt und sonderbar.

    Und doch, dort an Bord bis in die Nacht mitzufeiern hätte ich mir in diesem Moment sehr gut vorstellen können.

    Jetzt ist eine befremdliche und dumpfe Traurigkeit in mir, wo bis eben alles voller Leben und Möglichkeiten schien.

    Die Stille empfinde ich als stumpf, die Farben farblos und die Fülle als Leere.

    Wie das möglich sein kann, ist mir unbegreiflich und rätselhaft. Ich kann es lediglich als einen Teil beschreiben, der mir aus meinem Herzen entrissen wurde. Dieser Teil gleitet ohne mich davon. Benommen stehe ich auf dem alten Holzsteg und Uta sieht mich mit überraschtem Blick an.

    »Was war das denn? Die auf dem Boot sind förmlich ausgeflippt, als du getanzt hast und du bist ja jetzt noch völlig high.«

    Das eben Erlebte war für mich auch neu und ungewöhnlich. Von meinen Eindrücken, ganz zu schweigen.

    »Unglaublich! Na ja, so wie du tanzen kannst, bist du schon ein echter Kracher. Da wundert es mich nicht, wenn die völlig ausflippen. Ich dachte schon sie kommen her und rauben dich, damit du sie an Bord anheizen kannst.« Uta lacht und ich muss bei diesem Gedanken einstimmen.

    »Ach, Uta. Wer mich raubt, bringt mich nach einer Stunde freiwillig wieder zurück. Es war einfach nur schön!«, sage ich immer noch berauscht in die Richtung blickend, in der das feiernde Boot entschwunden ist. Weitergefahren. Ohne mich.

    Nun ist von dem Bass nichts mehr zu spüren und die Natur hat wieder die Oberhand. Sicher sind die Fische an den Steg zurückgeschwommen und die Vögel in den Wipfeln der Bäume trällern ihr Lied weiter. Eigentlich alles in Ordnung.

    Und dennoch …

    »Einfach ausgelassen tanzen. Ich konnte nicht anders und hatte richtig Lust in das Wasser zu springen, rüber zu schwimmen, mitzufahren und bis in die Nacht zu feiern. Schade, dass sie ohne mich weiter sind«, gebe ich offen zu.

    »Ich habe gesehen, dass du förmlich ausgetickt bist. Du hattest Spaß, ja?«

    »Ja, hatte ich. Warum nicht mal auf diese Art austicken? Es … es musste raus«, werfe ich ein und lache, weil ich daran denke, wie ich mit offenen Haaren hier auf dem Steg gehüpft und gesprungen bin. Ich mache eine Handbewegung, die Uta erklären soll, was mir da aus meinem Bauch entweichen wollte.

    Leben.

    Feiern. Mich selbst spüren.

    »Oh, Mann, ich werde nicht mehr!«, sagt Uta lachend. »Und ich habe das nicht mit meinem Handy gefilmt. Dann hätte ich das später mal deinen Kindern zeigen können. Hier, das ist eure Mutter mit einundzwanzig. Sie hat wie verrückt getanzt, als ein Boot vorüber fuhr. Total irre, aber ihr kennt sie ja!«, lacht Uta nach Luft ringend. »Du bist eine verrückte Nudel!«

    Gemeinsam stellen wir uns das nun vor und kichern vergnügt wie alberne Teenager.

    »Dann bin ich ja froh, dass wir unsere Handys im Auto gelassen haben und du die Nachwelt mit so etwas verschont hast. Muss doch ja wohl mal erlaubt sein, seine Lebensfreude zeigen zu dürfen. Und eines ist sicher: Meine Kinder werden mal genauso verrückt wie ich. Die könntest du sicher nicht mit so was schocken.« Grinsend schiebe ich mir eine neue Weintraube in den Mund und lasse sie knackend zerplatzen. Frech schiele ich Uta aus den Augenwinkeln an. Sie hält sich lachend ihre Hand ins Gesicht.

    Die Wellen, die das Boot hinterlassen hat, sind nun verschwunden. Das Wasser ist wieder glatt, das Kichern von uns verstummt. Jeder hängt seinen Träumen nach und lässt den Blick über das Wasser gleiten.

    »Danke, dass du mit mir hergefahren bist. Es war eine gute Idee. Die beste seit Wochen. Ich finde es immer so schön hier«, sage ich leise und sehe dankbar zu meiner Freundin, die mich verschwörerisch angrinst.

    Ich inhaliere tief den Geruch von Fisch und Brack. Er erinnert mich an meinen Großvater, der leidenschaftlicher Angler war und oft seinem Fang, in seiner Badewanne wässerte. Das rief meine Babulya auf den Plan, die das zutiefst verabscheute. Der Geruch hing monatelang im Bad und war durch nichts zu vertreiben. Sie schimpfte immer, dass wir eines Tages selbst noch wie Fisch riechen würden.

    Manchmal durfte ich mit ihm angeln gehen. Es war immer besonders still und roch wie jetzt. Was haften blieb von diesen Tagen war die Nähe zum Großvater. Die liebevolle Geduld, die er aufbrachte und die gemeinsame Zeit. Er erklärte leise einige Anglerweisheiten. Warum es besser war beim Angeln zu flüstern und nicht laut hin und her zu laufen. Welcher Fisch auf welchen Köder anbeißt und weshalb.

    Viele seiner Anglerweisheiten habe ich heute vergessen, aber nie die Liebe, seine subtile Beharrlichkeit und seine unendliche Güte. Er war geduldig mit mir und mit dem Krebs, der ihn Jahre später von innen zerfraß und letzten Endes tötete. Er hatte sich bis in seine letzten Minuten gewehrt und sich seine Liebe tief in seinem Herzen bewahrt. Eines seiner letzten Sätze zu mir war, dass er der reichste Mann der Welt sei und das letzte Hemd keine Taschen hat. Mit so viel Liebe in seinem Herzen würde er nirgendwo Not leiden und sich erst Recht nicht vor dem Tod fürchten.

    Er prägte maßgeblich mein Idealbild eines Partners. Bis heute vergleiche ich alle Kandidaten mit ihm. Er ist der Maßstab, an dem ich alle potenziellen Bewerber messe und bewertete. Die Latte ist hochgesteckt. Mein Sieb ist sehr grobmaschig, aber ich will eben keine halben Sachen.

    Ich verachte Männer, die oberflächlich sind und nur nach Äußerlichkeiten sehen. Von denen könnte ich zwanzig an jedem Finger haben. Aber so einen will ich nicht. Ich habe keine Sorge, dass ich unangetastet sterbe. Es gab da mal jemanden...

    Ein unsanfter Stupser reißt mich aus meinen Gedanken. Und als ich empört darüber aufsehe, bemerke ich, wie Uta aufgeregt in eine Richtung starrt. »Da kommt die nächste Gelegenheit für deine Tanzeinlage. Sie kommen zurück.«

    Überrascht blicke ich in die Richtung, in die Uta starrt.

    »Tatsächlich«, flüstere ich. Im Magen hämmert wieder der Bass. Verhalten erst, aber immer heftiger und drängender. Er kommt näher.

    »Sie kommen echt noch mal vorbei!«, entfährt es mir leise und ich springe im Nu auf. Wummernd nähert sich der Bass und die ersten Töne dringen an mein Ohr.

    Jetzt ist alles zu spät, denn das, was ich höre, ist mein Lieblingslied. Freudig strahlend zerre ich an Utas Arm, die ebenfalls steht und ihre Augen vor Spannung geweitet hat.

    »Schau mal, Ella! Sie kommen dichter zu uns ran. Das ist ja irre!«

    Uta winkt freudig.

    Rhythmisch und mit klatschenden Händen stampfe ich das Lied mit und bin außer mir vor Freude, als das Boot auf Höhe des Steges ankommt und seine Geschwindigkeit verringert. Tanzend biete ihnen jetzt eine kleine Show.

    Soweit der Steg es erlaubt, tanze ich ausgelassen mit und drehte mich dabei. Meine Hüfte erzeugt gekonnt die eine oder andere aufreizende Geste.

    Den Refrain singe ich laut mit und vom Boot werde ich angefeuert. Es fährt nun noch dichter heran, hält aber in weniger als fünf Meter Entfernung. Zum Greifen nah. Ich kann einige Gesichter erkennen. Das Boot bekommt beinahe Schlagseite, denn alle stehen Steuerbord und hängen weit über die Reling oder hüpfen rhythmisch mit.

    Das finde ich sogar noch sagenhafter als vorhin und es feuert mich zusätzlich an. Ich beziehe das Publikum mit ein. Es herrscht Begeisterung und Freude auf beiden Seiten. Mit erhobenen Händen rufe ich die ersten einschlägigen oh Töne und deutete auf die Zuschauer. Die antworten mit den la Tönen. Dann deute ich wieder auf mich und ergänze die aje Laute. Dieses Schäkern kommt an und die Leute machen begeistert mit.

    Die sind in grandioser Stimmung. Wie ein DJ, der seine tanzenden Gäste mit hoch erhobenen Zeigefingern anfeuert, tanze ich und hoffe, dass die Zeit stehen bleibt.

    Zeitgleich zum Typhon im Lied, ertönt das Typhon auch vom Boot. Die Leute flippen aus. Genial und ich lache mich darüber schief.

    Mit beiden Händen einladend, winke ich und fordere wieder zum gemeinsamen Singen auf, was diesmal sogar noch besser klappt. Hüpfend applaudiere ich dem Publikum und mir zu. Das Typhon ertönt erneut. Gleich ist das Lied zu Ende.

    »Kommt rüber!«, ruft eine Frauenstimme von Bord und winkt heftig. Sie ist kaum zu übersehen, denn sie hängt weit über die Reling.

    »Ja! Los! Kommt her!«, stimmen andere ein und ich kann es kaum glauben. Das ist doch das, was ich mir vorhin so sehr gewünscht hatte. Schnell sehe ich zu Uta, die auch neben mir hüpft und mit ihren Armen in der Luft wirbelt.

    »Kommt!«, ertönt es erneut und bildet nun einen hektischen Chor. Alle hüpfen zu diesem Takt und mein Mund grinst breit vor Freude. Ich mustere Uta fragend.

    »Ich nicht«, sagt sie entschlossen. »Das Auto und die Sachen. Aber du. Du wolltest doch vorhin so gerne dort auf dem Boot sein.«

    Unschlüssig drehe ich mich zu den begeistert rufenden Partygästen. Das ist eine tolle Einladung. Kann ich die ablehnen? Vorhin wagte ich davon nur zu träumen. Ich habe nicht geglaubt, dass das passieren könnte. Aber kann ich Uta denn hier zurücklassen?

    »Spring!«

    »Los! Spring!«

    Ich höre Uta neben mir, die sagt: »Los! Bevor sie es sich überlegen. Hab Spaß und erzähle mir alles, hörst du?«

    Dankend sehe ich sie an und ziehe meinen Mund zu einem breiten Lachen, denn das ist zu irre. Mit einem Satz springe ich in das hellgrün schimmernde Wasser und fasse es in diesem Moment selbst kaum.

    Das Lied endet genau in dem Augenblick, als ich den höchsten Punkt meines Sprunges erreiche. Vom Boot dringen Freudenschreie an mein Ohr. Mit den Armen nach oben tauche ich ein, gespannt auf ein Abenteuer.

    Kapitel 2

    Während des Sprunges geht mir durch den Kopf, wie absonderlich das ist, was ich hier mache.

    Laut rauschend wird das Wasser um mich herum verdrängt. Tausend kleine Bläschen bilden sich, die schnell nach oben aufsteigen. Ich warte unter Wasser auf den Stillstand, der sich wie Schwerelosigkeit anfühlt. Das ist kurz bevor der Körper, durch den Auftrieb, nach oben gedrückt wird.

    Die Bässe dröhnen in meinem Magen oder es ist Aufregung? Wie vermutet, sind die Fische geflohen. Ich bin allein im trüben Wasser. Eine Verrückte, die springt, weil sie an Bord will.

    Der Bootsrumpf liegt vor mir und ich rudere mit meinen Armen an die Oberfläche. Als ich an der Wasseroberfläche auftauche, schnappe ich nach Luft. Ich schwimme die wenigen Meter zum Boot, begleitet von tosenden Jubelschreien und Pfiffen.

    Dort angekommen, greifen sofort Hände nach mir, um mir beim Einsteigen zu helfen. Ich nehme Stimmengewirr wahr. Dann ist da noch die alles übertönende Musik.

    Schnell bin ich hinauf gezogen. Vor Nässe triefend stehe ich vor lächelnden Gesichtern, die mich voller Neugier und unverhohlen mustern.

    Auf dem Steg steht Uta, die mir zum Abschied winkt. Ihr Gesicht ist mit einem strahlenden Lächeln überzogen und ich bin froh, dass ich eine so gute Freundin habe. Sie freut sich für mich und ist wie ich sehr aufgeregt. Der Mund von ihr bewegt sich, weil sie etwas ruft, aber ich verstehe hier kein Wort davon. Das Boot fährt nun an. Ich hebe meine Hand und lächle zaghaft dem hinterher, was ich kenne. Hier kenne ich niemanden und bin jetzt zugegebenermaßen etwas nervös. Was mache ich hier? Total irre!

    Jemand greift meine Hand und zerrt mich vom Heck weg. Noch immer werde ich gemustert, bis sich eine schöne Brünette Frau nähert. Es ist die, die angefangen hatte, mich zum Springen zu bewegen.

    »He, das war ja cool!«, sagt sie schmunzelnd und bahnt sich ihren Weg durch die Menge zu mir. »Warum ist deine Freundin nicht auch mit hergekommen?«

    Sie ist rassig und bewegt sich elegant auf mich zu. Sicher ist sie es gewohnt, dass alle Blicke auf ihr ruhen und diese Art Frau genießt es, lebt geradezu davon. Ihre nussbraunen Augen ruhen freundlich, aber aufmerksam auf mir. Mir geht durch den Kopf, dass sie nicht angefangen hätte zu rufen, wenn sie hier nur eine kleine Nummer gewesen wäre. Die ist sie ganz gewiss nicht. Nicht bei dem, was sie ausstrahlt.

    Ihr Bikinioberteil, das so gewagt ist, dass es sehr viel mehr zeigt, als verbirgt ist teuer. Sie lächelt mich wohlwollend an und wartet auf meine Antwort.

    »Oh, unsere Sachen sind leider wasserscheu und hatten Angst nass zu werden. Also ist Uta bei ihnen geblieben«, antworte ich entschuldigend und drehe meinen Kopf in Richtung Steg. Die Schönheit mir gegenüber lacht schallend auf, als hätte ich den Witz des Lebens gemacht. Sie tritt näher, greift meine Hand und zieht mich weiter in das Boot. Hier tanzen die Leute im Takt zur Musik.

    »Na, dann komm erst mal ins Trockene. Wie heißt du?«

    »Ella.«

    »Ich bin Elisa, aber alle nennen mich Lisa«, sagt sie und reicht mir ihre schmale Hand. »Ich habe dich vorhin schon tanzen sehen. Wow, echt coole Einlage! Schön, dass du zu uns gesprungen bist. Würde sich ja auch nicht jeder trauen.«

    Nein, wer außer mir wäre schon so irre das zu tun?

    Nun gleiten Lisas Augen von oben bis unten an mir entlang. Meine offenen Haare kleben nass am Körper und tropfen. Mustert sie etwa meinen Bikini? Sie selbst trägt ein Oberteil, das sicher schon ein halbes Wochengehalt von mir kostet. Demzufolge kann ich mich entspannen. Selbst in einem neuen Bikini hätte ich jetzt hier Komplexe. Und wer meinen Bikini als Maß für mich als Mensch nimmt, ist falsch an meiner Adresse. Also halte ich ihrem Blick stand, denn sie hat mich ja wohl nicht wegen meines Bikinis herübergerufen?

    »Danke. Die Musik ist toll und bei Merengue kann ich einfach nicht still stehen.«

    »Ich hoffe nicht nur bei Merengue«, lächelt Lisa lieblich und streckt sich. »Ich freue mich, dass du da bist. Deinetwegen sind wir umgekehrt. Ich habe Geburtstag und der Kapitän hat sich meinem Wunsch gebeugt. Es ist mein Wunsch-Geburtstag. Ich bekomme heute alles, was ich mir wünsche.«

    Vertraulich ist sie näher getreten und sieht mich verschwörerisch an. Dabei funkelt ihre Iris und ich bemerke einen dunklen Ring, der sie ein wenig geheimnisvoller wirken lässt.

    »Oh! Da gratuliere ich ganz herzlich. Leider passte mein Geschenk nicht mehr in meine Hosentasche.«

    Ich schaue an mir abwärts, wo noch immer dicke Wassertropfen in Fäden hinablaufen. Lisa kringelt sich wieder vor Lachen. Sie neigt dabei ihren schlanken Oberkörper nach hinten. Ich grinse sie an. Sieht so aus, als ob ich sie amüsiere.

    »Schon gut«, winkt sie ab. »Das macht nichts, denn weißt du was? Du bist heute mein Geschenk. Und jetzt tanzen wir erstmal. Danach stelle ich dir alle Gäste vor.«

    Elegant und anmutig, wie ihre Erscheinung, beginnt sie sich im Takt der Musik zu wiegen. Für mich geht ein Traum in Erfüllung und ich lasse mich nicht zweimal bitten. Ausgelassen feiere ich mit, als wäre es das Normalste auf der Welt. Erst als wir eine Pause machen, stellt Lisa mich den Gästen vor, die mich alle freudig begrüßen und mir auf die Schultern klopfen. Ich bin die, die gesprungen war. Die Partyhopperin, Star des Tages. Alle finden es toll, dass ich ihr Partyboot auf so charmante Weise geentert habe.

    Bald schon gehöre ich zur feiernden Gruppe dazu, ohne dass ich mich ich fremd fühle und winke Menschen am Ufer zu. Es ist so berauschend, wie am Steg erhofft.

    Spaß und tanzen.

    Leben.

    Lisa entpuppt sich als liebenswürdige Gastgeberin. Freundlich und aufmerksam sorgt sie dafür, dass ich in die Gruppe integriert bin, nie allein irgendwo stehe und immer jemand zum Tanzen bei mir ist.

    Jeder reißt sich um einen Tanz mit mir. Einigen zeige ich Tanzschritte, aber meist unterhalte ich mich mit Lisa, die mich im Augenblick von einem jungen Mann wegzieht. Er wiederholt einen Salsa-Schritt, den ich ihm gezeigt habe. Wir verlassen die improvisierte Tanzfläche und stellen uns etwas abgeschiedener.

    »Wir legen gleich bei einem Hausboot an. Der Besitzer ist ein Freund von mir. Dort feiern wir weiter. Ich will dir noch vorher schnell meinen Bruder vorstellen. Der ist heute zum Kapitän verdonnert und sitzt auf der Brücke. Komm mit!«

    Lisa hüpft tanzend und gut gelaunt vorweg und wackelt so tüchtig mit ihrem Hinterteil, dass ich lachen muss. Ich tanze hinterher und wir kommen auf die Brücke. Hier ist es stiller und ruhiger als auf dem Heck.

    Zuerst sehe ich auf eine schlanke, aufgetakelte Blondine. Sie dreht mir missbilligend ihren Kopf zu mir und starrt mich mit ihren giftgrünen Augen an. Ihre Haare sind kräftig gelockt und unvorteilhaft zu einem Zopf zurückgekämmt. Mich erinnert ihre Frisur an die Dauerwellenfrisuren der Achtziger, mit der jeder wie ein Pudel aussah. Vor mir steht ein Pudel mit grünen Augen. Meine Sinne sagen mir: unsympathisch .

    Die Pudelblondine sieht zu einem Mann, der Lisa ähnlich sieht. Wie seine Schwester hat er braune, leicht gewellte Haare. Seine hellbraunen Augen gleiten an meinem Oberkörper entlang. Diese Art von Blick kenne ich. Er taxiert mich und mein Bikini verdeckt wenig Haut. Ich komme mir wie auf einer Fleischbeschau vor und beginne mich über seinen Blick zu ärgern. Obendrein kommt dazu, dass sich keiner der Beiden zu freuen scheint, mich hier auf der Brücke zu sehen. Oder überhaupt an Bord. Kein Lächeln. Das ist so entgegengesetzt zu der Stimmung auf der improvisierten Tanzfläche, dass ich mir hier vorkomme, wie in einer Kühltruhe.

    Lisa stellt sich neben ihn und sagt leise in sein Ohr: »Das ist sie.«

    Dabei lächelt sie zufrieden und strahlt mich an.

    »Ja, die Bikini-Tanzmaus vom Steg vorhin«, sagt die Pudeldame in Platin spitz. Dazu lächelt sie schief und aufgesetzt. Mein erster Eindruck war korrekt. Schlagartig wächst die Abneigung ins Unermessliche. Tanzmaus hat mich noch niemand genannt und es sollte mit Absicht abwertend klingen.

    Zorn steigt in mir hoch, als ich in ihr höhnisch grinsendes Gesicht sehe. So etwas Arrogantes kann ich überhaupt nicht ausstehen.

    Der Bruder von Lisa sieht mich noch immer schweigend an. Will er seine blöde Freundin nicht zügeln? Ein gutes Herrchen pfeift doch seinen Köter zurück, wenn er versucht Fremde zu beißen. Da er das scheinbar gar nicht vorhat, stufe ich ihn als ebenso arrogant ein. Zumal er mich ja auch beäugt, als ob ich zum Verkauf feilgeboten werde.

    »Wird das hier ne Fleischbeschau oder gefällt dir mein Bikini nur so gut?«, frage ich aufgebracht. Klar ist das pampig, aber da ist es bereits ausgesprochen. Zur Not kann ich ja wieder springen und an Land schwimmen. Was macht es da schon, wenn ich das Herrchen des Pudels frech angehe?

    Die Pudelfrisur strafft sich und legt ihre Hand auf die Schulter von Lisas Bruder.

    Ich blicke in das symmetrische Gesicht, als sich die unsympathische Blondine hinter ihm räuspert.

    In ihm beginnt sich Leben zu regen. Er antwortet, während er einen kleinen Moment zu Lisa schaut: »Weder noch. Du bist an Bord, weil Lisa es so wollte. Wenn sie mit dir Spaß haben will, bitte. Ich füge mich dem.«

    Lisa beugt sich, um ihm freudig einen Kuss auf die Wange zu geben. Sie strahlt, als ob sie ein neues Spielzeug von ihm zum Geburtstag geschenkt bekommen hat. Ich kann schwer nachvollziehen, warum Lisa sich freut. Ich bin garantiert kein Geschenk.

    Die Bemerkung von ihm macht mir klar, wie unmodern mein Bikini ist und damit, wie oberflächlich er vermutlich ist.

    Dazu kommt noch die Frage, ob ich mich ausgerechnet von ihm verschenken lassen will, wie Spielzeug. Ich stemme meine Hände in die Seite, sehe zu Lisas Bruder und gebe schnippisch zurück: »Wow, Lisa! Wie kommst du nur zu so einem netten und freundlichen Bruder?«

    Es klingt sarkastisch, doch er reagiert nicht auf meine Worte, denn er sieht bereits aus dem Fenster, ohne mich weiter zu beachten. Lisa kommt zu mir und legt mir beschwichtigend ihre Finger auf den Arm, den ein silberner Ring ziert.

    »Nimm es ihm nicht krumm. Ich meine, er schippert uns durch die Gegend und kann nicht mit uns feiern. Immerhin hat er angehalten, damit du springen konntest. Nicht wahr Nicky?«

    Gott, denke ich. Hießen nicht die DDR T-Shirts Nicki? Einer, der meinen Bikini langweilig findet, hat den Spitznamen eines DDR-Oberteils. Wie schrecklich!

    Doch Lisa unterbricht meine Gedanken. Sie säuselt die Pudelblondine unüberhörbar scheinheilig an: »Zu schade, dass mir heute meine Wünsche erfüllt werden, Ninette. Ich hätte zu gern gewusst, wie es wäre, wenn es anders herum gekommen wäre.«

    Ich frage mich, was sie damit meint. Was hätte auch anders herum kommen können?

    Ihren Kopf schief legend starrt sie Ninette an. Lisas Augen sind hart und ein wissendes, von Kampfgeist erfülltes Lächeln umspielt ihren Mund. Ninette regt sich daraufhin nervös und für eine Sekunde wandern ihre Augen zu mir.

    Okay, denke ich und es beschleicht mich das ungute Gefühl, dass es etwas mit mir zu tun hat. Noch bevor ich den Gedanken zu Ende führen kann, geschweige nachfragen kann, holt Ninette tief Luft um etwas zu entgegnen.

    Doch aus einer unvermuteten Richtung donnert ein scharfer Ton: »Darf ich mich jetzt bitte wieder konzentrieren ohne, dass ihr euch in die Haare geratet? Zickt euch gefälligst woanders an!«

    Mir scheint, dass die Spannungen, die zwischen den beiden Frauen herrschen, einem tief sitzenden Hass entspringen. Lisas Bruder sieht sie vorwurfsvoll an. Sicher ist er der Einzige, der so an ihrem Wunsch-Geburtstag mit ihr reden darf, denn ihre Augen werden wieder weich. Zweifelsfrei liebt sie ihn abgöttisch.

    »Und nimm deine Tanzmaus mit!«, faucht Ninette nun mutig geworden, weil sie das letzte Wort behalten will.

    Die ist mir tierisch unsympathisch und der Zorn von vorhin wallt erneut auf. Da nannte sie mich auch schon so. Zu genau weiß ich, dass ich alles andere als eine Tanzmaus bin. Dazu habe ich zu viele Preise gewonnen und bin mir meiner Sache zu sicher.

    »Ich«, donnere ich und trete einen Schritt näher, »heiße Ella und nicht Tanzmaus! Merk dir das! Ich nenne dich ja auch nicht Pudel, nur weil deine Haare mich an einen erinnern!« Mein Kopf erhebt sich und selbstbewusst genieße ich ihre Verwirrung über meinen Angriff.

    Und schon ist das blonde Hündchen an der Leine ihres Herrchens zurück.

    Bei den Kindern in der Kindergartengruppe hilft meistens auch ein ernstes Wörtchen, damit sie die Rangordnung wieder beachten. Jeder braucht seine Grenzen.

    Es ist mehr als offensichtlich, dass Ninette ein Problem mit mir hat. Nicht nur mit mir, auch mit Lisa. Für Augenblicke herrscht betretenes Schweigen. Über meine Zurechtweisung. Lisa tauscht mit ihrem Bruder Blicke aus. Deuten kann ich sie nicht.

    Über mich selbst erschrocken, rechne ich mit einem Rauswurf. Schließlich bin ich Gast. Nun lege ich hier einen flotten Start hin und fauche Gäste an.

    Ninette schluckt erschrocken und gafft mich betreten an. Ihr Herrchen sagt kein Sterbenswörtchen. Er macht auch keine Anstalten, Ninette zu unterstützten. Merkwürdig, mir aber mehr oder weniger auch egal.

    Er betrachtet mich aufmerksam und ich zupfe meinen Bikini in Ordnung. Gerade so, als sortiere ich meine feinste Garderobe. Dabei sehe ich Lisas Bruder herausfordernd an. Wenn er mich hinauswerfen will, soll er es gefälligst jetzt tun. Da er schweigt, drehe ich mich zu Lisa um und frage mit Kinn in die Höhe gestreckt: »Wie schau ich aus?«

    Lisas Augen huschen flink zum Kapitän und schweifen dann zu mir zurück. Ein einnehmendes Lächeln überzieht ihren schön gewölbten Mund. Ihr Lächeln stimmt mich milde. Beruhigt stelle ich fest, dass die Party vorerst weitergeht.

    »Sitzt perfekt. Alles da, wo es sein soll. Rundweg hinreißend«, antwortet sie und sieht verstohlen an mir hinab. Vielsagend geht ihre linke Augenbraue in die Höhe.

    Mit der Art ihres Blickes ist mir klar, dass sie Frauen gegenüber nicht abgeneigt ist. Sie sieht mich begehrlich an. Auch wenn ich derartige Komplimente lieber von Männern höre und sehe, lächele ich sie zufrieden an.

    Der Bruder wendet seinen Kopf ab und sieht wieder über das Steuer hinweg.

    »Dann lass uns gehen«, sage ich und hake mich bei ihr unter. »Hier ist es so furchtbar eng und … unleidlich.«

    Auf Deck bei den Partygästen zurück, prustet Lisa laut los und dreht sich zu mir. Sie bekommt kaum Luft, so sehr lacht sie.

    »Unleidlich? Du bist ja echt der Hammer! Wie ist dir das nur eingefallen? Hast du gesehen, wie Ninette geschluckt hat?«

    Sich krümmend vor Lachen steht Lisa vor mir, hält sich ihren Bauch und ich stimme mit ein.

    »Die Pudelfrisur da drin?«, frage ich nach.

    »Pudelfrisur!« Lisa klopft sich auf ihre Schenkel. »Pudelfrisur, ja. Du bist so goldig. Ich mag dich. Oh Mann, du bist ein schönes Geschenk.«

    Lisa umarmt mich und schmatzt mir einen dicken Kuss auf meine Wange. Vorsichtig schiebe ich sie auf Distanz. Ich bin für niemanden ein Geschenk.

    »Um ehrlich zu sein, die ging mir gewaltig auf die Nerven.«

    »Oh, ja. Das Gefühl habe ich auch immer bei der. Die ist so arrogant und eingebildet. Ich weiß nur noch nicht auf was.«

    »Na, wenn es ihre Frisur ist, liegt sie mächtig daneben. Sie sollte dringend mal zu einer Typberatung.«

    »Ehrlich gesagt würde eine neue Frisur daran auch nichts ändern. So was hängt doch nicht an einer Frisur, sondern am Wesen. Es kann sie kaum einer leiden. Darum verkriecht sie sich bei Yanick. Weiß echt nicht, was er an der findet. Vor einem halben Jahr hat sie es geschafft seine Freundin zu vergraulen. Sie versucht nun verzweifelt, seine Neue zu werden.«

    »Ich habe aber leider von deinem Bruder auch keinen guten Eindruck bekommen. Was meinte er eigentlich damit, dass ich hier bin, weil du es wolltest?«, frage ich nach und nehme mir ein Wasser aus der mit Eiswürfeln bestückten Wanne. Erfrischend läuft das kühle Nass meine Kehle hinab. Lisa betrachtet sich einen Tropfen, der danebenging und sich nun meinen Hals hinab wälzt. Eindeutig, sie ist Frauen gegenüber nicht abgeneigt. Ich wische mir dezent den Tropfen weg. Lisa sieht mir dadurch wieder in mein Gesicht.

    »Ninette ist teuflisch eifersüchtig, obwohl die Beiden nicht einmal zusammen sind. Er wollte nicht umdrehen, um dich mitzunehmen. Ich habe mir die Seele aus dem Leib gebettelt, obwohl heute alles nach meiner Nase geht, solange es legal ist – mein Wunsch-Geburtstag. Habe ich ja schon erzählt. Das stört sie. Sie hat nicht umsonst die Ex von meinem Bruder abgesägt. Die hat eindeutig Komplexe!«, Lisa zuckt mit ihren Achseln und schnappt sich ein gekühltes Bier. »Ich bin wirklich froh, dass du gesprungen bist. Scheiß was auf die Platinsouffleuse. Wir sind jung, wir sind hübsch und lassen uns von der den Tag nicht vermiesen, oder? Und uns liegt die Welt zu Füßen!«

    Den letzten Satz hat sie unüberhörbar laut in Richtung Tanzfläche geschrien. Ihre Gäste stimmen ihr lärmend zu. Ein Mann in blauen Shorts und freiem Oberkörper, den ich vorhin Salsa-Schritte zeigte, kommt auf Lisa zu und bleibt vor ihr stehen. »Ich definitiv«, sagt er.

    Er grinst sie erregt an, befingert ihr Bikinioberteil und Lisa zieht ihn zu sich. Ein Kuss der beiden und ich vermute mal sie sind ein Paar. Sie wirken sehr vertraut. Ebenso erregt und gierig sieht sie ihn auch an. Eindeutige Bewegungen verstärken meinen Eindruck.

    »Gleich legen wir bei Kai an, Leute!«, ruft Lisa in die tanzende Menge und sieht den Mann vor ihr leidenschaftlich an. Ihre Lippe hat sie dabei zwischen ihren Zähnen eingeklemmt und blickt nun zu mir herüber.

    Ein Test, ob ich anspringe. Sie scheint das Leben zu genießen und erfüllt das Klischee einer reichen und verwöhnten Tochter, die alles bekommt, was sie möchte. Sie lacht und zieht den Mann auf die Tanzfläche. Lisa wirkt entspannt und in bester Partystimmung. Erleichtert, dass der Zwischenfall auf der Brücke überhaupt nicht an ihrer guten Laune gekratzt hat, tanze auch ich wieder.

    Kapitel 3

    Das Boot legt bald darauf an einem Hausboot in Sichtweite der Brauerei an.

    Bis vor drei Jahren war es die älteste Brauerei Berlins. Früher wurde dort eine Fähre betrieben. Auf der anderen Seite des Flusses war, ein viel frequentierter Biergarten.

    Der heutige Spreetunnel unterführt die Müggelspree. Er ersetzte die Fähre. Er ist ein arg tropfender, immer kühler und klammer Tunnel.

    An den Wochenenden wird er von einer Menge Ausflüglern und Ausflüglern benutzt. Zugleich ist er zu hunderten von Spinnen bewohnt.

    Die Natur hat sich über die Jahre die Bucht zurückerobert. Sie ist nun komplett bewaldet. Nur noch kleine Mauerreste sind von der Ausflugsgaststätte übrig. Der Mensch scheint kaum Spuren hinterlassen zu haben.

    Bis auf den Schiffsverkehr ist das Hausboot abseits gelegen. Er führt in Sichtweise vorbei, stört jedoch die Idylle überhaupt nicht. Der Anlegeplatz zeigt zu der befahrenen Seite. Dort legen wir im Augenblick an. Wir werden von einem blonden Mann erwartet.

    Das Boot legt neben einem kleinen Ruderboot an. Es wackelt wie eine Nussschale auf hoher See, als die Schiffsschraube das Wasser aufwirbelt.

    Als das Boot vertäut ist, springt Lisa als Erste auf das Hausboot und begrüßt den dort wartenden Mann stürmisch. Das muss Kai sein. Stutzig werdend beobachte ich es, denn ich bin davon ausgegangen, dass der in den blauen Shorts Lisas Freund ist. Lisa winkt alle zu sich auf das Hausboot hinüber. »Kommt schon!«

    Ihr Bruder ist den Gästen behilflich, die sich nicht wagen, auf das Hausboot zu hüpfen. Er reicht allen seine Hand und geleitet sie über den schmalen Holzsteg zu Kai. Der wartet mit Lisa in seinem Arm auf dem Hausboot.

    Speziell die Damen nehmen den Service gerne an und stehen Schlange bei Lisas Bruder. Mir entgehen die scheuen Blicke nicht. Die Eine oder Andere schmachtet ihn regelrecht an. Nun hält er mir seine Hand hin und ich erschrecke. Sicher glaubt er, dass ich mich ohne seine Hilfe nicht rüber wage.

    Aus Unkonzentriertheit sehe ich auf seine Hand mit den feinen Linien darin hinab. Er hat genau zwischen seinem kleinen Finger und der Herzlinie eine auffällig tiefe Kerbe. Uta, die Handlesen spannend findet, hat mal erwähnt, dass dort an der Hand die Ehelinien liegen.

    Ich sehe ihn an. Wie er hier so vor mir steht, überragt er mich um einiges, obwohl ich schon größer als der Durchschnitt der Frauen bin. Auf der Brücke saß er und seine schlanke Figur konnte mir dadurch nicht ins Auge stechen. Umso beeindruckter bin ich nun. Seine Haare schimmern in einem leichten Glanz und locken sich in sanft.

    Aber am auffälligsten sind seine Augen. Wie Lisa hat er einen dunklen Rand an der Iris, der mehr als anziehend auf mich wirkt. Es gibt dem Auge eine ungeheure Tiefe.

    Ich erstarre zu Stein, als er seinen Kopf leicht dreht und der seitliche Lichteinfall seine Iris erleuchtet. Mir kommt der Bernstein, den ich vor Jahren auf Rügen im Urlaub gegen das Sonnenlicht gehalten hatte in den Sinn.

    Der Bernstein, den ich fand, wurde durch Umwelteinflüsse verunreinigt. Genau das machte allerdings den Wert für mich aus.

    Was andere als unreinen Bernstein ansahen, war für mich ein kostbarer Schatz. Ich besah ihn mir pausenlos in der Sonne. Diese Farbe war faszinierend.

    Ich habe ihn noch immer und er ziert mein Regal.

    So in Gedanken kann ich nicht wegsehen, denken, oder handeln. Ich stehe da und nehme wahr.

    In den Sarg legte ich etwas hinein und küsste ihre bedeckte Stirn. Der Sarg wurde durch Nägel verschlossen und in die Erde dunkle hinabgelassen …

    »Was! Du springst in deinem Bikini ins Wasser, um zum Boot zu schwimmen? Hier hast du Angst, wenn ich dir zum Hausboot rüber helfen will? Ist jetzt nicht wahr, oder?«, sagt er lachend und präsentiert makellose Zähne bis in die hinterste Reihe.

    Er reißt mich aus meinen Erinnerungen. Ich werde ärgerlich. Es ist seine Art. Zum zweiten Mal an diesem Tag kommt er mir mit einem Spruch, der mich in einer Weise ungehalten macht, die ich an mir nicht kenne. Sie ist mir neu.

    Erst begafft er mich auf der Brücke und äußert sich gleichzeitig abfällig. Dann kommt er mir jetzt hier mit diesem arroganten Gehabe. Mein Hirn schaltet automatisch auf Kontra um.

    »Muss ja dann wohl daran liegen, dass du mir vorhin so mega sympathisch vorgekommen bist. Bin halt total in dich verknallt und trau mich deswegen nicht. Ups, jetzt hab ich mich verraten!« Schnell hebe ich meine Hand vor dem Mund und tue so, als sei mir eben ein Geheimnis entfleucht. Dabei schauen meine Augen zynisch zu ihm herauf.

    Zweifelsfrei ist er es gewöhnt, dass alle ihn anhimmeln und nun mache ich mich darüber lustig. Spott ist ihm sicher nicht geläufig.

    »Was bist du doch für ein Miststück!«, sagt er leise und leicht nach vorn gebeugt. Ich sehe in sein Gesicht und suche blind seine Hand, die er gesenkt hat, als er näher getreten war. Nun halte ich sie so, als wolle er mir über den schmalen Steg zum Hausboot behilflich sein. Verwundert blickt er von seiner Hand in mein Gesicht.

    »Vielen Dank für die Blumen. Jetzt hast du es wohlauf deinem Bildschirm, was? Ich stamme aus dem gleichen Gestüt wie Ninette«, durchschneide ich scharfzüngig seine Gedanken und hoffe, dass meine Worte sitzen.

    Zuckersüß lächele ich und es muss klar zu erkennen sein, dass es aufgesetzt ist. »Darum mag mich Ninette ja auch so«, füge ich an.

    Wie beabsichtigt, ist er sprachlos. Mit seiner Hand in meiner steige ich über den schmalen Steg und springe Kai und Lisa vor die Füße. Beide sehen mich freundlich lächelnd an. Kai nimmt meine Hand zur Begrüßung und bekommt plötzlich große Augen. »Du musst die Springerin sein!« Seine grauen Augen, denen alle Farbe zu fehlen scheint, sehen dabei kurz zu Yanick auf, der mich noch immer irritiert anstarrt.

    »Ja, sie heißt Ella«, erklärt ihm Lisa und Kai nickt aufgeregt.

    »Willkommen!« Er beugt sich galant zu meiner Hand und küsst sie, nicht ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.

    Ich schätze ihn auf dreißig. Er trägt einen gepflegten Drei-Tage-Bart und ist komplett in Leinen gekleidet. Ganz schlicht fügt er sich so in die gemütliche Atmosphäre der Umgebung ein. Anders ausgedrückt, er ist die gemütliche Atmosphäre.

    »Geh zu den anderen Gästen. Wir begrüßen nur noch schnell den Rest. Setz dich bitte!«

    Er deutet auf eine Terrasse, auf der bereits die meisten Gäste versammelt sind. Sie unterhalten sich heiter und einige höre ich bis hier lachen. Es herrscht eine sehr gelöste Stimmung. Jeder kennt sich. Zumindest habe ich den Eindruck.

    Ich nicke Kai zu und gehe mir ebenfalls einen Platz suchen.

    Die Terrasse ist großzügig angelegt. Von hier wirkt sie sogar noch größer, als das gesamte Hausboot zu sein scheint. Lounge-Möbel auf denen Kissen liegen sind farblich passend gewählt. Es wirkt natürlich und leger. Ich komme mir vor, als wäre ich auf einer Restaurantinsel gelandet, nicht auf einem Hausboot. Gut. So viele Hausboote habe ich, ja in meinem Leben noch nicht zu Gesicht bekommen.

    Ich wuchs wie gesagt sehr karg auf. Das hier ist für mich purer Luxus. Den bin ich nicht gewöhnt.

    Als, wie versprochen, alle Gäste auf dem Hausboot begrüßt sind, kommen Lisa und Kai Arm in Arm auf die Terrasse. Sie wirken sehr vertraut und lächeln sich an, als Lisa das Wort an alle richtet.

    »Aufgepasst, ihr Lieben!«, ruft sie in die plappernde Menge hinein.

    Die Menge verstummt und ich weiß, dass sie geübt und gewohnt ist vor vielen Menschen zu sprechen. Alle Köpfe drehen sich zu ihr um.

    »Kai hat uns Häppchen vorbereitet. Wer also Hunger hat und einen kleinen Imbiss mag, greift bitte zu.«

    Ich denke mir ihren kleinen Bikini weg. Dann stelle ich sie mir mit sorgsamer Hochsteckfrisur in einem elegant geschnittenen Kleid vor. Sie ist sich auf jeden Fall ihrer Auswirkung bewusst. Das ist angeboren, geübt, gelebt und unterscheidet sie von der breiten Masse. Der Teufel macht immer auf den größten Haufen. Allerdings muss ich sagen, dass Lisa überhaupt nicht wie eine verwöhnte Göre wirkt. Selbstbewusst ja, arrogant nein.

    Kai und Yanick öffnen nun die bodentiefen Fenster und schieben sie zur Seite. Hinter den Fenstern öffnet sich ein Wohnzimmer, in dem ein sehr großes Buffet aufgebaut wurde. Der Wohnraum wird so Teil der Terrasse und umgekehrt. Ein Sommer hier muss himmlisch sein. Luxus in der Natur.

    Das Buffet sieht erstklassig aus und wirkt wie eine kulinarische Offenbarung. Der Tisch ist mit einer Menge Hingabe angerichtet worden. Dieses Buffet einen kleinen Happen zu nennen gleicht einer Beleidigung und ist zugleich eine Ohrfeige für die Köche. Eindeutig ist zu erkennen, dass an nichts gespart wurde.

    Ich fühle mich wie in einem Märchen. Ein schmuddeliges, armes Mädchen darf für einen Tag ein völlig anderes Leben führen.

    Wie spät ist es? Ich will wissen, wie viel Zeit mir noch bleibt, bis die Pferde wieder zu Mäusen werden. Ich bin Aschenputtel. Kam die sich genauso komisch vor wie ich mir?

    Die Gäste strömen murmelnd auf das Abendessen zu. Sie verteilen sich um die kulinarischen Köstlichkeiten, die mit Liebe zum Detail angerichtet wurden. Ich schaue über einige Schultern und finde es fast zu Schade etwas zu entnehmen und es sich dann schnöde in den Mund zu schieben. Hätte ich mein Handy dabei, würde ich Uta jetzt ein Foto schicken. Sicher würde sie genau wie ich Bauklötze über diese Pracht staunen. Wo sie doch schon bei meinen Röllchen ausflippt. Die sind glatt lächerlich.

    Der Mann in den blauen Shorts erscheint neben mir und lächelt mich freundlich an. Es ist der, der Lisa vorhin auf dem Boot geküsst hatte.

    »Entschuldige bitte, ich habe leider deinen Namen vergessen«, begründe ich ihm, dass ich ihn nicht mit seinem Namen ansprechen kann. Er lächelt. Wie ich wartet er darauf, einen Blick auf die Speisen zu werfen. Das Gedrängel ist dicht. Nur langsam lichten sich die Reihen.

    Jetzt haben wie einen Spalt und ich betrachte mir das Angebot aus der Nähe.

    »Schon gut. Bei so vielen neuen Namen kein Wunder. Ich bin Johannes, aber alle nennen mich Jo.«, sagt er.

    »Ja, extrem viele neue Namen«, lächele ich. »Ihr kennt euch sicher alle untereinander.«

    Ich bin dankbar, dass er mir meine Vergesslichkeit nicht nachträgt. Es waren einfach zu viele Namen in zu kurzer Zeit.

    »Ich habe jetzt echt Hunger«, sagt Jo, hält sich seinen Magen und verschafft sich einen Überblick über das reichliche Essensangebot. Er deutet auf einen Teller und sieht mich an: »Hier, probiere das! Eigentlich musst du von allem probieren. Kai hat in der Bölschestraße ein angesagtes Restaurant. Alles auf dem Tisch kommt von dort. Sein Essen ist schlicht und einfach köstlich.«

    Gemeinsam gehen wir das Buffet ab. Wir füllen unsere Teller und plaudern miteinander.

    Ich lausche Jos Erklärungen über Speisen, die mir fremd sind. Ich stelle Fragen und zu guter Letzt ist mein Teller randvoll. Wir suchen uns einen freien Sitzplatz, setzen uns und essen.

    Ich schnappe auf, dass Lisa heute dreißig wird. Sie feiert einen runden Geburtstag.

    Dreißig ist für viele Frauen eine mystische Zahl. Entweder löst die Panik aus oder Trübsal.

    Ich sehe kurz zu ihr. Danach schweift mein Blick über die Terrasse.

    Eine ungewohnte Welt. Ich fühle mich ein wenig fremd. Niemand ist unhöflich, niemand sieht mich schief an, aber wäre ich nicht im Bikini, wäre glasklar, dass ich anders bin.

    Im Hintergrund läuft dezent Musik. Einige Gäste tanzen auf einer kleinen Tanzfläche. Die Atmosphäre ist wie die in einer gepflegten Bar in der Innenstadt.

    Eine spezielle Party, auf der das Leben mit Sorgen, Geldnöten und Wirren des Alltages keine Rolle zu spielen scheint.

    »Hmhm, wirklich. Du hast recht. Es ist kaum zu glauben!«, sage ich die delikat gefüllten Schinken-Röllchen in meiner erhobenen Hand betrachtend.

    Sie sind paniert und mit einem würzigen, schmelzenden Käse umhüllt. Die Gewürze passen dabei wahnsinnig gut zum Käse.

    Das müsste Uta mal probieren. Ihre Schaltzentrale wäre ganz gewiss das Buffet. Schade, dass sie nicht hier ist und diesen Nachmittag mit mir teilen kann. Wir hätten einen Wahnsinnsspaß. Ich fingere mir als Nächstes den Happen mit dem Steinpilzpesto und würde am liebsten in die Waagerechte sinken. Göttlich! Jo bemerkt meine Verzückung und grinst breit kauend.

    Ich folge seinen Augen zu Lisa, die bei Kai steht und vertraut mit ihm flirtet.

    »Sind sie ein Paar?«, erkundige ich mich bei Jo, der auf seinen Teller sieht.

    »Nein. Wem ihr Herz gehört ist nicht leicht zu durchschauen. Also jedenfalls für mich«, antwortet er und guckt mich an.

    »Vorhin auf dem Boot dachte ich du und sie …«

    »Freie Liebe. Das volle sechziger Jahre Programm«, unterbricht er mich in meinem Satz.

    »Das ist doch kein Konzept, das aus den sechziger Jahren stammt«, widerspreche ich. »Schon lange vorher setzten sich Frauen für die gesellschaftlich akzeptierte Trennung von Ehe und Sexualität ein. Es wurde der Masse leider erst durch die Pille möglich. In den sechziger Jahren.«

    »Du kennst dich aber aus.«

    »Weil es ein interessantes Thema ist. Vor allen, wie viel Arbeit uns noch für dieselben Rechte bevorsteht.«

    »Bist du eine Emanze?«

    »Wenn du damit meinst, dass sexuelle Übergriffe als solche geahndet werden, ohne dass mehr als ein Nein dazu gehört. Für gleiche Arbeit der gleiche Lohn gelten sollte, ja. Dann fasse ich jetzt mal Emanze als Kompliment auf. Nimm es mir nicht übel, aber solche Sprüche zeigen doch, wie geduldig Papier ist. Auch Gesetzestexte. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Pah!«

    »Schon gut!«, lacht Jo amüsiert auf. »Ich bin einer von der guten Sorte.«

    »Scheint so, denn sonst würdest du ja Lisas Vorlieben ablehnen. Damit auch sie«, necke ich ihn.

    Er sieht verträumt zu Lisa, die sich lachend in Kais Arm schmiegt. »Sie ist einfach unglaublich. Als Frau. Lisa ist die Verrückte von den beiden und war schon immer eine kleine Rebellin. Weißt du, Lisa bindet sich nicht, sie will leben. Und ich will sie genau so, wie sie ist.« Er lächelt geistesabwesend und beißt von einer Käsekartoffel ab.

    »Wie lange kennst du die beiden?«

    »Lisa und Yanick? Schon ne gefühlte Ewigkeit.«

    »Ninette mag wohl keiner hier, außer Lisas Bruder?«, horche ich ihn dezent aus.

    »Ich glaube, selbst der nicht mal. Schau dir das doch an«, sagt er abfällig und nickt mit seinem Kopf in die Richtung, in der Ninette steht. Schmollend lehnt sie an der Hauswand. Sie starrt zu Yanick, der sich mit Lisa auf der Tanzfläche zu einem langsamen Merengue dreht. Elegant bewegen sich Bruder und Schwester. Seine Drehungen führt er geschickt aus und er baut gekonnt Salsa-Schritte ein, wenn Lisa kurz von ihm getrennt tanzt. Sie scheinen gut zu harmonieren und lächeln glücklich. Sicher tanzen sie oft zusammen und haben Spaß daran. Lisa fädelt sich unter seinem Arm durch und bewegt sich erotisch mit der Hüfte, als die nächste Drehung durch Yanick erfolgt. Das Lied ist zu Ende. Er dreht sie schnell, während er ihre Haare freundschaftlich küsst. Lisa lacht laut hörbar auf und stupst ihn in seine Seite.

    »Sie merkt das nur nicht«, holt Jo mich aus meinen Beobachtungen und sieht angewidert zu Ninette hinüber.

    »Ich habe sie in Aktion erlebt und konnte sie auf Anhieb nicht ausstehen!«, gestehe ich leise und er nickt mir zu. Ich konzentriere mich auf meinen Teller, der noch immer mit vielen Köstlichkeiten beladen ist. Genüsslich falte ich etwas Bündner Trockenfleisch und schiebe es in meinem Mund, wo es leicht säuerlich auf meiner Zunge prickelt und dann schmilzt.

    »Lisas Bruder war irgendwie auch so …«

    »Nicky? Ach, der ist schon in Ordnung. Ella?«, unterbricht mich Jo. »Nachher, wenn alle gegangen sind, kannst du gerne mit Kai, Lisa und mir …, wenn du magst?«

    Der prüfende Blick auf Jo sagt mir, dass es sein völliger Ernst ist.

    »Freie Liebe machen? Tut mir leid Jo, aber so bin ich nicht veranlagt. Ich bin da eher die Monogame, weißt du? Eher so zu zweit, mit heruntergelassenen Rollos, Kerze und romantischer Musik. Ganz furchtbar spießig und vor allem mit Herz und Seele«, antworte ich schnell, aber ehrlich.

    »Na, dann eben nur wir beide. Und ich treibe schon irgendwo eine romantische Kerze für dein Herz auf«, schlägt er mir eifrig und mit großen Augen vor. Sein Angebot ist ernst.

    »Jo. Wirklich. Ich mag Romantik und das ganze Pipapo. Ich glaube wirklich nicht, dass das eine gute Idee ist. Da regt sich nichts bei mir.«

    »Aber bei mir.«

    Ich lache laut. Lisa nähert sich uns.

    »Na, ihr Beiden? Schmeckt es euch? Braucht ihr noch etwas?«, will sie wissen, setzt sich auf den Boden vor uns und guckt abwechselnd von Jo zu mir.

    »Lisa, du süße Maus«, begrüßt Jo sie und beugt sich zu ihr herunter. Sein Mund landet auf ihren schön geformten Lippen.

    »Eben wollte er mir eine Kerze anzünden, damit ich romantisch werden kann«, unterbreche ich beide in ihrem Zungenkuss und ziehe ihre Blicke auf mich. Mit großen, leuchtenden Augen beäugt Lisa mich und wandert an meinem Zopf entlang. Der hängt über meine Schulter nach vorne.

    »Wie schöne Haare du hast. Darf ich mal anfassen?«, fragt Lisa deutlich interessiert.

    »Klar.«

    Sie greift an mein Zopfende und fährt mit ihren Fingern durch die Haarspitzen, als sei es edelste Seide.

    »Die sind so weich«, schwärmt sie und kitzelt sich damit ihre Wange. Sie kichert und wiederholt das bei Jo, der lachend seinen Kopf dreht. Ich sehe auf und blicke direkt in die Augen von Yanick, der in einer kleinen Gruppe steht und uns beobachtet. Sauertöpfisch sind seine Augenbrauen zusammengezogen. Sofort wendet er sich ab.

    Lisa legt fasziniert den langen Zopf auf meinem Oberschenkel ab und fährt mit ihrer flachen Hand darüber. Damit streichelt sie nicht nur mein Zopfende, auch mich. Ich sehe zu ihr hinunter und sie schlägt ihre Lieder zu mir auf. Es kommt mir wie ein Anliegen vor und sicher gibt es wenige Menschen, die ihr etwas ausschlagen können.

    »So wundervoll, wie alles an dir«, sagt sie leise in meine Augen blickend. »Magst du noch bleiben, wenn nachher alle gegangen sind? Kai, Jo und ich feiern noch ein bisschen allein weiter. Gegen eine zweite Frau haben sie bestimmt nichts einzuwenden.«

    »Jo hat bereits erwähnt, dass das möglich wäre.«

    »Hast du das?«, fragt Lisa verzückt an Jo gewandt, der breit grinsend nickt.

    »Du weißt genau, was ich mag, nicht wahr?«, sie zieht ihn zu sich.

    Wieder an mich gewandt beschwört sie mich mit treuen Hundeaugen: »Ich habe doch heute meinen Wunsch-Geburtstag und du bist doch mein Geschenk.«

    So, jetzt sagt sie, was sie die ganze Zeit gedacht hat. Ich muss meine Grenze ziehen.

    »Ich weiß, dass du heute Geburtstag hast. Diese Wunsch-Geburtstags-Abmachung gilt aber nicht zwischen uns. Und Jo habe ich auch schon erklärt, dass meine Ambitionen in monogame Richtungen gehen und ausschließlich beim männlichen Geschlecht liegen. Da ist leider nichts zu machen.«

    Der bekümmerte Blick von Lisa wandert zu Jo. Ihr Gesicht wird lang. »Schade, dabei bin ich so verliebt in dich.«

    »In wen bist du mal nicht verliebt, Lisa?«, fragt Jo sie aufheiternd.

    »In Ninette«, antworte ich, an die Person denkend, die mir spontan in den Sinn kommt. Beide sehen mich an. Gemeinsam prusten wir laut los und verstummen erst nach Minuten.

    »Die zählt nicht. Die mag überhaupt niemand«, gluckst Jo und verschluckt sich fast beim Trinken.

    »Komm Jo, tanz mit mir! Und du überlegst es dir noch mal, ja? Bitte!«

    Verneinend schüttele ich mit dem Kopf und wende mich wieder meinem Teller zu. Lisa tanzt mit Jo. Kauend beobachte ich diese wundervolle Frau, die Glück hat, in einer Zeit geboren zu sein, in der sie ihre sexuellen Freiheiten voll ausschöpfen kann. Wie ein Flummi hüpft sie um Jo, der Mühe hat mit ihrer Energie und Lebensfreude Schritt zu halten.

    Kapitel 4

    Meinen geleerten Teller bringe ich auf eine

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