Der Menschenfeind (Le Misanthrope): Der verliebte Melancholiker (Eine Komödie)
Von Jean Baptiste Molière und Ludwig Fulda
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Über dieses E-Book
Der Menschenfeind ist eine Komödie von Molière, die am 4. Juni 1666 uraufgeführt wurde. Zur Inhalt: Der Idealist und "Menschenfeind" Alceste erhebt für sich den Anspruch, ohne Heuchelei zu leben. Obwohl er Adeliger ist, zelebriert er seine Unabhängigkeit gegenüber dem königlichen Hof und weigert sich, in seinem Reden und Verhalten Kompromisse mit der Wahrhaftigkeit zu machen. Auf seinen Freund Philinte, der ihn zur Mäßigung und einer gewissen Anpassung auffordert, will Alceste nicht hören. So zieht er sich auch gleich die Feindschaft des ihn besuchenden Höflings und Verseschmieds Oronte zu, weil er dessen schlechtes Gedicht nicht lobt, sondern verreißt. Als er erfährt, dass Oronte beleidigt vor Gericht ziehen wird, fühlt er sich in seinem negativen Menschenbild bestätigt und rechnet genussvoll damit, den Prozess zu verlieren, weil er anders als sein Gegner die Richter nicht für sich einzunehmen versuchen will. Seine Beziehung zu Célimène, einer jungen koketten Witwe, die seine Neigung nicht unerwidert lässt, führt zu dem komischen Gegensatz, der im vollständigen Originaltitel zum Ausdruck kommt.
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Buchvorschau
Der Menschenfeind (Le Misanthrope) - Jean Baptiste Molière
Personen
Inhaltsverzeichnis
Alcest
Philint, sein Freund
Oront
Celimene
Eliante, ihre Cousine
Aisinoë, ihre Freundin
Acast, Marquis
Clitander, Basque, Diener Celimenens
Ein Bote des Marschallamtes
Dubois, Diener Alcests
Schauplatz: Paris, in Celimenens Haus
Erster Akt
Inhaltsverzeichnis
Erster Auftritt
Philint. Alcest
Philint. Was ist?
Was gibt es?
Alcest. Lassen Sie mir Ruh'!
Philint. Nein wahrlich – welche sonderbare Grille ... ?
Alcest. Sie sollen gehn – sogleich; das ist mein Wille.
Philint. Eh' man sich ärgert, hört man doch erst zu.
Alcest. Ich will mich ärgern, und ich will nichts hören.
Philint. Wo soll nur dieser wilde Zorn hinaus?
Die beste Freundschaft muß es stören,
Wenn ...
Alcest (steht schnell auf) .
Ich Ihr Freund? Nein, streichen Sie mich aus!
Das Band, das uns gefesselt, ging in Stücke;
Nachdem sich heut verraten hat Ihr Sinn,
Erklär' ich, daß ich nicht Ihr Freund mehr bin
Und nichts gemein will haben mit der Tücke.
Philint. Was ist's denn, was Sie mir so übel nehmen?
Alcest. Fürwahr, zu Tode sollten Sie sich schämen.
Ein solches Tun verdient das schärfste Wort,
Muß jeden Ehrlichen in Harnisch bringen!
Ich sehe, wie Sie jenen Menschen dort
Mit Artigkeit und Süßigkeit umringen;
Sie häufen auf dies feurige Betragen
Beteuerungen, Anerbieten, Schwüre
Und können mir, nachdem er aus der Türe,
Nicht einmal seinen Namen sagen.
Verschwunden ist das herzliche Gefühl;
Sie reden über ihn gleichgültig kühl.
Potz Wetter, das ist elend, feig, gemein,
Die eigne Seele so mit Schmutz zu mengen,
Und sollte mir das widerfahren sein,
Ich eilte, mich vor Ekel aufzuhängen,
Philint. Je nun, mir scheint der Fall nicht hängenswert;
Ich bitte Sie recht freundlich um die Liebe,
Daß mir für diesmal Gnade widerfährt,
Und daß ich's mit dem Hängen noch verschiebe.
Alcest. Wie schlecht doch dies Gewitzel Ihnen steht!
Philint. Im Ernst – ich weiß nicht, was Sie wollen.
Alcest. Die Wahrheit will ich; dem Charaktervollen
Entschlüpft kein Wort, das nicht von Herzen geht.
Philint. Wenn jemand uns mit Freundesgruß begegnet,
Dann mein' ich, daß man sich erkenntlich zeigt,
Zu seiner Liebenswürdigkeit nicht schweigt
Und ihn für seinen Segen wieder segnet.
Alcest. Unleidlich ist mir dieser feige Schacher,
Den ihr zum guten Ton gehören laßt!
Nichts ist mir so im Innersten verhaßt
wie diese kunstgerechten Phrasenmacher,
Die Schmeichler, stets zum Liebesgruß bereit,
Die uns mit leerem Redeschwall bedecken,
Die mit derselben süßen Höflichkeit
Den ernsten Mann behandeln wie den Gecken.
Was frommt es noch, wenn jemand hoch und hehr
Uns Treue schwört, Hingebung, Freundesglut,
Mit Lob uns überschüttet und nachher
Dem ersten besten Tropf ein Gleiches tut?
Wer noch gesund empfinden kann,
dankt für solche feilgebotnen Ehren,
Und wenn sie noch so überschwenglich wären,
Der teilt nicht gern mit jedermann.
Auf ein Verdienst muß sich Verehrung gründen:
er jeden achtet, achtet keinen;
Und weil auch Sie der Knecht sind dieser Sünden,
Drum sind wir fertig – ein für allemal.
Mir widerstrebt's, mich Leuten zu vereinen,
Die sich verschenken ohne Wahl.
Ich fordere, daß man mich höher stellt;
Der Allerweltsfreund kann mir nicht genügen.
Philint. Wir leben doch nun einmal in der Welt,
Und ihren Sitten müssen wir uns fügen.
Alcest. Brandmarken, sag' ich, muß man ohn' Erbarmen
Dies falsche Händedrücken und Umarmen.
Ein Mann sei männlich, und in jedem Fall
Soll er in seinem Wort sein Denken spiegeln;
Nie soll des Herzens echter Widerhall
Mit leeren Floskeln sich verriegeln.
Philint. Doch was die Offenheit zum Lohn erhält,
ist meistenteils Verfolgung und Gelächter,
Und manches Mal, Herr Weltverächter,
Verlangt die Klugheit, daß man sich verstellt.
Ist's schicklich, ist es wohlerzogen,
Wenn man zu jedermann die Wahrheit spricht?
Und wenn ich einem Menschen nicht gewogen,
Soll ich es ihm bekennen ins Gesicht?
Alcest. Ja!
Philint. Würden Sie der alten Schönheit sagen,
Daß es in ihren Jahren nur empört,
Wenn Frau'n sich schminken und kokett betragen?
Alcest. Gewiß!
Philint. Dem Dorilas, wie sehr es jeden stört,
Wenn er bei Hof mit prahlender Betonung
Von seinen Taten, seinen Ahnen spricht?
Alcest. Jawohl!
Philint. Sie scherzen.
Alcest. Nein, ich scherze nicht
Und kenn' in diesem Punkte keine Schonung.
Was Hof und Stadt mir vor die Augen brachte,
Reizt mir die Galle, raubt mir meinen Schlummer,
Und Schwermut überfällt mich, tiefer Kummer,
Wenn ich das Treiben dieser Welt betrachte.
Ich