Oskar trifft die Todesgöttin: Teil 2
Von Jörgen Dingler
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Über dieses E-Book
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In Teil zwei ist nicht nur Nickys Auftrag, sondern auch die Zielperson erledigt. In Rom wird derweil der Präsident der Vatikanbank ermordet. Jobvermittler Greg Norman weiß, wer das war. Oskar kann den Namen der Legende, an die er nicht glauben will, nicht mehr hören. Das ist Greg egal. Er ist ein Fan der Superkillerin mit dem Namen einer Todesgöttin: Kali.
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Titelillustration zeigt eine Szene aus Kapitel 5
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Buchvorschau
Oskar trifft die Todesgöttin - Jörgen Dingler
Vorspann
Oskar
trifft die Todesgöttin
Roman von Jörgen Dingler
Teil II / Kapitel 4 bis 10
© 2009-2014 by Jörgen Dingler
Alle Rechte vorbehalten.
Jede – auch teilweise – Vervielfältigung
zur nicht eigenen privaten Nutzung
oder schriftstellerischen Weiterverwendung,
Übersetzung zum Zwecke nicht deutschsprachiger Publikation
ohne Einverständnis des Autors oder eines/r Bevollmächtigten
ist untersagt und stellt eine Verletzung des Urheberrechts dar.
Das gilt für alle technischen und nichttechnischen Verfahren,
ob analog oder digital, automatisiert oder manuell.
Titelgestaltung und Illustration:
Design Interventions, Wien
Kali (Göttin)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie (Auszüge)
Kali (Sanskrit, wörtl.: „Die Schwarze") ist im Hinduismus eine bedeutende
Göttin des Todes und der Zerstörung, aber auch der Erneuerung.
…
Kalis Bedeutung beschränkt sich nicht auf den Todesaspekt.
Die Gläubigen sehen sie trotz ihrer schrecklichen Gestalt
auch als Beschützerin der Menschen und göttliche Mutter,
als Kalima, da ihre zerstörerische Wut sich nicht gegen die Menschen,
sondern gegen Dämonen und Ungerechtigkeit richtet.
www.joergendingler.com
Was in Teil I geschah (Kapitel 0 bis 3).
Im Sommer 2000 stört eine maskierte junge Dame ein nächtliches Dinner for two im Hamburger Hafen. Die weibliche Hälfte des Paares kennt den ungebetenen Besuch. Ihr Liebhaber stirbt bei dem Versuch, sich der Störung mittels Waffengewalt zu entledigen – ein Kollateralschaden. Die junge, unvergleichlich schnelle Schwarzgewandete hat es darauf abgesehen, die Frau zu töten.
Anfang 2004 hat es den Programmierer Oskar Randow nach Irland verschlagen. Er steigt rasch auf und entwickelt eine vielversprechende Applikation. Der Firmengründer erläutert beim Golfen, dass den talentierten Mitarbeiter statt einer Gewinnbeteiligung der Rausschmiss erwartet. Oskar tötet den Chef im Affekt, indem er ihm den Golfball an den Kopf drischt. Ein amerikanischer Kollege – Sonderling Gregory Norman – hatte eine Ahnung und beobachtete die Tat. Die Verzweiflungstat gibt ihm das Druckmittel für ein Anliegen:
Oskar soll Greg in seinem lukrativen Zweitjob als Auftragsmörder beerben.
Ende Mai 2011. Profikiller wider Willen Oskar Randow und sein Jobbeschaffer Greg Norman leben in der österreichischen Hauptstadt. Verständlicherweise entscheidet Oskar sich dafür, den nächsten ‚Kunden‘ statt auf einem Golfplatz lieber bei einer Vernissage in dessen Galerie erledigen zu wollen – das alte Golftrauma. Doch Nikolas – Nicky – Tyron ist kein Opfer, sondern ein Täter. Der charmante Bonvivant führt Oskar auf ein Whisky- und Zigarrengeplauder in ein Hinterzimmer der Galerie. Dort hält er seinen potenziellen Mörder mittels einer ‚intelligenten‘ wie tödlichen Laseranlage in Schach und teilt ihm mit, Auftraggeber und nicht Zielperson dieses Jobs zu sein. Wahre Zielperson ist die Psychologin Vera Wallner-Enzi, ein Gast auf der Vernissage und eine Freundin Nickys. Die nicht mehr ganz junge, höchst attraktive Femme fatale gefiel Oskar auf Anhieb. Ihr eifersüchtiger Gatte Walter steht auch auf der Abschussliste. Ihn schätzt Oskar als Beifang ein, Hauptziel ist zweifelsohne Vera.
Zwischen ihr und Oskar entwickelt sich eine Affäre – ungestört vom Gatten. Dem Killer wird bald klar, dass Vera höchstselbst für die nachhaltige Abwesenheit ihres Ehemannes sorgte. Diese Sexbombe ist scharf, smart und gefährlich. Genug Gründe, dem restlichen Auftrag nachzukommen und die Geliebte in der Abgeschiedenheit einer Kärntner Alm zu verjenseitigen.
Teil II – Legende oder Realität
Vier.
Mailand, Juni 2011
Die vierteljährlich stattfindende Mailänder Modewoche war in vollem Gange. Große, schlanke Models flanierten bis vor einigen Minuten über den Laufsteg, hatten die neue Winterkollektion einer international gehypeten, auf Leder spezialisierten Designerin gezeigt. Jetzt musste sie sich zeigen. Sie ging hinaus ins Rampenlicht, strahlte, schritt den Laufsteg mit dem perfekten Gang ihrer Models ab. Sie konnte sich ebenso bewegen, war obendrein mindestens so schön wie die bestaussehenden ihrer Models, nur deutlich kleiner. Die Designerin genoss den Applaus und sah auch ihn inmitten der Zuschauer. Ihn, der mal ihr Lover war. Einer der begehrtesten männlichen Hollywoodstars saß in der ersten Reihe – der Reihe der Reichen, Schönen und Wichtigen – und applaudierte lebhaft. Und er wirkte wieder mal so cool und souverän. Sie winkte dem graumelierten Hollywoodstar. Eine aufregende Brünette saß an seiner Seite. Die Designerin zwinkerte den Star an und schmunzelte. Sie hatte seinerzeit ihn geschasst, nicht umgekehrt. Und die junge Brünette an seiner Seite war natürlich in erster Linie psychologischer Aufputz… für ihn. Er könnte jede haben, aber er wollte sie. Sie, die Designerin.
Die Designerin hatte andere Prioritäten. Sie drehte sich lachend auf dem Absatz, nur wenige Zuschauer bemerkten ihre außergewöhnliche Geschmeidigkeit, und verschwand nach lebhaftem Winken hinter dem Vorhang. Der Hollywoodstar hoffte vergebens, dass sie nach ihrer Fashionshow mit einem elitären Kreis der Zuschauer feiern würde, zu dem er selbstredend gehörte.
Die VIP-Gäste auf der Aftershowparty labten sich an kulinarischen Genüssen oder belagerten den Hollywoodstar, der seine schauspielerischen Qualitäten zum Verbergen seiner Enttäuschung nutzte. Der Grund der Enttäuschung war die Abwesenheit der Hauptperson, die sich währenddessen auf dem Aussteller-Parkplatz in einem weinroten Lamborghini Spyder mit geschlossenem Verdeck befand. Sie aktivierte eine App auf ihrem iPhone, die das Telefonat nicht rückverfolgbar und die Stimme unkenntlich machte. Selbst dann, falls das Telefonat aufgezeichnet und durch eine elektronische Stimmenerkennung gejagt würde. Die clevere Elektronik verfälsche sowohl die Tonlage als auch die wie ein Fingerabdruck einzigartigen Charakteristika einer Stimme. Dies geschah randomisiert, also ohne ein Muster, das von einer anderen cleveren Elektronik erkannt werden könnte. Sie hatte einfach die besseren Waffen, so oder so. Nun wählte sie eine lokale, also Mailänder Nummer, die nicht im Telefonbuch stand. Die Absicht des Halters dieser Nummer stand erst recht nicht im Telefonbuch. Das Freizeichen tutete ihr ein paar Mal ins Ohr, bis sich die verwunderte Stimme des Geheimnummernbesitzers meldete.
»Pronto?«
»Buona sera, Signor di Solto.«
»Wer ist da?« Der Angerufene war nun erst recht verwundert, da die Stimme am anderen Ende unzweifelhaft elektronisch verfremdet wurde. Es war nicht einmal erkennbar, ob es sich um Mann oder Frau, Alt oder Jung handelte.
»Genau die Richtigen, die Ihnen mit Ihrem Anliegen helfen können, signore.«
Nachdem sie das Telefonat beendet hatte, legte sie das iPhone in eine Ablage der Mittelkonsole. Per Bluetooth wurde die Steuerung des iPhones auf das Display des Bordcomputers des Gallardo Spyders übertragen. Sie griff zum Beifahrersitz nach ihrer teuren Lederhandtasche aus eigener Produktion, entnahm aus einem versteckten inneren Seitenfach ein altes silbernes Zigarettenetui, ließ es aufschnappen und griff mit spitzen Fingern nach einem der fertig gerollten Joints, deren Köpfe mit einer Papierspitze geschlossen waren. Sie fuhr die vordere Kante des weißen, kegelförmigen Rauchguts rundum mit der Zungenspitze ab, benässte sie, ritzte mit einem Fingernagel nach und hob schließlich mittels der Papierspitze den ‚Deckel‘ vom Joint.
Christine Vaarenkroog grinste, drückte mit grazilem Zeigefinger den Starterknopf des Lamborghinis, anschließend den Zigarettenanzünder, nahm den Joint in den Mund und brabbelte vor sich hin, sodass der Joint auf und nieder wackelte.
»Ich hasse es, im Auto zu rauchen.«
Sie fuhr los, der Anzünder schnappte hervor, sie nahm ihn und zündete das Rauchgut an. Nun rief der Zeigefinger eine Playlist mit Namen ‚icequeens‘ ab. Björk schmetterte ‚Big Time Sensuality‘, Christine Vaarenkroog drehte die dem Auto entsprechende Hifi-Anlage auf Konzertlautstärke, riss den Mund à la Billy Idol auf und machte die Rockergeste aus Zeigefinger und kleinem Finger. Kiffend raste sie durch die Nacht.
Das Tuten der Freisprechanlage unterdrückte die Musik. Auf dem Display war das Kürzel ‚JP‘ zu lesen. Sie hatte Worte in mehreren Sprachen als Sprachbefehl für ‚Gespräch annehmen‘ aufgezeichnet. Manche davon waren sehr kurz.
»Ja!«, bellte sie laut und deutlich auf Deutsch.
»Kannst du sprechen?«, fragte eine männlich sonore und doch jung klingende Stimme auf Französisch. Diese Stimme war einfach nur cool.
»Wär ich sonst drangegangen?« Sie verlangsamte ihre Fahrt.
»Du fährst«, bemerkte die coole Stimme, dessen Besitzer die auch per Telefon schwer überhörbaren Fahrgeräusche eines Lamborghinis mitbekommen hatte.
»Kleines Genie, du«, presste sie am Joint vorbei durch die Lippen.
»Und du rauchst.«
»Oh! Wirklich ein Genie«, attestierte eine beeindruckt gezogene, süße Schnute.
»Halt an.«
»Warum?«
»Weil es sicherer für dich ist. Ich muss dir was zeigen.«
»Yesss, Sir!« Sie salutierte und bremste den Lamborghini Gallardo Spyder auf dem Corso XXII Marzo ein, einer östlich vom Zentrum wegführenden Ausfallstraße, die in Richtung des kleineren Airports Linate führt. Da sie nirgends einen Seitenstreifen sah, fuhr sie kurzentschlossen an der Kreuzung Corso XXII Marzo-Via Cadore auf den getrennt von der Fahrbahn verlaufenden, asphaltierten Gehweg auf. Hier am Parco Marinai d‘Italia war der Gehweg breit wie eine Straße und mittels Grünstreifen, Masten und fest installierten Werbedisplays zur Fahrbahn hin abgeschottet. Die wenigen nächtlichen Passanten machten eindeutige Gesten und gingen an die Seite, als der Lambo ausrollte. Nachdem sich die Passanten verzogen hatten und die nächsten noch nicht in Sichtweite waren, schaltete sie die Warnblinkanlage ein und machte es sich im Wagen gemütlich.
»So. Was willst du mir zeigen?«
»Lass mich raten«, meldete sich die coolste Stimme der Welt, »du stehst wieder mal da, wo du nicht stehen darfst.«
Sie grinste breit.
»Kiffen ist auch verboten«, sprachs und inhalierte einen kräftigen Zug.
»So wie anderes, das mit ‚ki‘ anfängt. Ich hab dir grad ne E-Mail geschickt.«
»Seh ich.« Christine Vaarenkroog fixierte das rot aufleuchtende Symbol, das eine frisch eingetrudelte E-Mail signalisierte.
»Siehst du‘s dir auch an?«, kam es gelangweilt, foppend.
»Hm.« Ihr Blick versteinerte: Die Mail bestand nur aus zwei Fotos, kein Text.
»Ich hab nix dazugeschrieben«, brummte die Stimme wie rechtfertigend.
»Hmhmm«, brummte die Designerin ebenfalls, aber bestätigend. Sie besah sich das erste Foto. Es zeigte das Gesicht eines breit grinsenden jüngeren Mannes, dunkelhaarig, vielleicht so um die dreißig. Er wirkte harmlos. Nicht grad hässlich, aber sowas von nicht ihr Typ, zu jung sowieso. Auf zum zweiten Foto. Moment! Sie wischte wieder zum ersten, ihr Finger tippte mehrfach in Richtung des Displays, zeigte auf das Antlitz des etwas kindisch wirkenden Grinsers.
»Da war doch mal was… «, flüsterte sie kaum hörbar.
Okay, jetzt wirklich zum zweiten Foto.
Ihr Gesicht wurde vom Display erleuchtet, ihre Gesichtszüge entspannten sich, ihre Pupillen weiteten sich, sie setzte zu einem schiefen, angenehm überraschten Schmunzler an… und drückte das ‚Mikrofon aus‘-Icon.
»Schon viiiel besser.« Sie sog am Joint und fixierte das Display, ihre großen braunen Augen leuchteten, verschluckten das Gesehene. »Beute«, flüsterte sie auf Deutsch, wobei ihre Lippen die zwei Silben übertrieben ausformten. Abschließend fuhr sie mit der Zungenspitze über die Lippen. »Bist du für mich?«, piepste sie kindlich aufreizend, ganz im Stil einer Lolita.
»Christine?«, bellte die Stimme, die nun nicht mehr cool war. »Hast du mich rausgeschmissen?«
Sie drückte erneut das Mikrofon-Icon, inhalierte kurz und paffte aus.
»Wer sind die zwei Figuren?«, kam ihre Rückmeldung nach Wieder-Einschalten des Mikrofons. Ihre sonst niedlich-freche Stimme war nun kalt und bestimmt.
»Namen hab ich schon. Erstmal aber ist wichtiger, wie sie sind.«
»Und wie sind sie?«
»Gefährlich.«
»Wie gefährlich?«
»Angeblich sehr gefährlich.«
»Warum kenn ich die dann nicht? Zumindest den zweiten kenne ich nicht«, dachte sie eher laut nach, als dass sie es an ihren Gesprächspartner adressierte. Sie fixierte ernst und nachdenklich das Display.
»Bingo. Den Israeli kennen wir«, bestätigte der. »Es wird ohnehin nur einer.«
»Was heißt das? Nur einer, um den wir uns kümmern müssen?« Sie nahm noch einen Zug vom Joint, lag quer im Wagen, die mit scharfen hochhackigen Stiefeletten bewehrten Füße auf das Armaturenbrett der Beifahrerseite gelegt. Draußen blinkte die Warnblinkanlage unentwegt, als hätte sie eine Panne. »Und überhaupt, Kleiner: Seit wann nimmt Kali gewöhnliche Hitter? Außer als Kollateralschaden, natürlich. Die Kleinen wirft sie nicht mal wieder rein, weil sie die gar nicht erst rausholt. Das weißt du doch.«
»Es verhält sich hier etwas anders, Große. Diese zwei sind zwar schon im Casting für einen Superjob, hatten aber noch kein Vorsprechen.«
»Heißt das… die wissen noch nichts von ihrem Glück?«
»Genau. Aber wir wissen es. Leider wissen wir den Auftraggeber noch nicht.«
»Hm, schräg. … Was soll das denn für‘n Superjob sein?«
»Rate doch mal.«
»Ähhhh…« Sie verdrehte albern die Augen, machte auf blöd, zog wieder eine lustige Schnute. Es war ein langer Tag, dann war sie schon etwas bekifft. Das Denken ging zwar etwas langsamer vonstatten, funktionierte aber noch.
»Ist nicht wahr?«, stieß sie auf einmal mit dem Rauch aus.
»Doch. Ich sagte ja, dass es sich hier anders verhält.«
»Sind die lebensmüde? Oder einfach nur blöd?«
»Noch wissen sie ja nichts von ihrem