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Die Sozialdemokratie
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eBook378 Seiten4 Stunden

Die Sozialdemokratie

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Über dieses E-Book

Die Geschichte der SPÖ. Als die SPÖ gegründet wurde, hatten die Menschen noch Hoffnung, dass alles besser werden wird. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Die Sozialisten haben immer mit den Herrschenden kolaboriert. Im 1. Weltkrieg waren sie mit Freude dabei, 1934 blieben sie zuhause und 1938 haben sie dem Anschluss zugestimmt.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum5. Apr. 2020
ISBN9783750231153
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    Buchvorschau

    Die Sozialdemokratie - karl glanz

    1

    Wir schreiben das Jahr 2019. Die Sozialdemokraten sind nicht das, was sie einmal waren. Die SPÖ zeigt bereits Auflösungserscheinungen. Ob diese von den vielen mutmaßlichen Korruptionsfällen, der aktuellen Anklage gegen einen SPÖ Mandatar oder ihrer völligen Konzeptlosigkeit als Frontal- und Totalopposition auf Bundesebene beschleunigt wird, bleibt derzeit ungewiss. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus allen unheilbringenden Faktoren. Fest steht jedenfalls, dass die SPÖ nicht nur im Rekordtempo Wähler verliert, sondern auch konsequent Mandatare. Ein Drama, folgerichtig gebaut nach den aristotelischen Grundsätzen, war dieses Parteischicksal: Exposition, Entwicklung, Peripetie, Katastrophe. Hinreißend in seiner Tendenz, spannend in seiner Entwicklung, erschütternd in seinem Untergang, schrieb Wilhelm Ellenbogen und damit dürfte er wohl richtig liegen.

    Wehsely, Brauner, Oxonitsch, Mailath-Pokorny, Kopietz sind die Hitparaden-Anführer. Und da war noch mehr: Das Verschwinden von Strafzettel bei den sogenannten Weißkappler in der MA 67, bei den Wiener Linien, 140 Millionen Schaden im Jahre 2017 und, vielleicht schon vergessen, die MA 40 Ex- Chefin Ulrike Löschl ist widerwillig zurückgetreten, nach dem Mindestsicherungsskandal. Krankenhaus Nord nur am Rande genannt. So zieht sich der rote Faden von einen Skandal zum anderen. Die Ideologie der Ungleichwertigkeit drückt sich in einer Sprache der Verachtung von Menschen mit weniger Geld und Bildung aus. Dabei geht es nicht nur um Moral, sondern auch um handfeste Interessen.

    Kürzlich feierte die Sozialdemokratie ihr Jubiläum, 130 Jahre SPÖ. Die Partei hat schon bessere Zeiten erlebt. Seit ihren Anfängen als Kind der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, hat die Sozialdemokratie einen langen Weg zurückgelegt. Damals wie heute sieht sie sich als Fürsprecher der Arbeiterschicht, die für soziale Gerechtigkeit und Gleichbehandlung eintritt. Die SPÖ steht seit 130 Jahren für ein gutes Leben für alle, nicht nur für eine kleine Elite. Kann das so gesehen werden? Wir werden es herausfinden. Die Sozialistische Partei hat ihren Auftrag, den sie von ihren Wählern hat vergessen, deshalb müssen wir etwas zurückgreifen und einiges klarstellen.

    Die Worte Sozialismus, Kommunismus und Sozialdemokratie sind in aller Munde. Trotzdem ist man sich durchaus nicht überall ihrer wahre Bedeutung klar. Bevor wir also das Verhältnis dieser Begriffe zueinander erörtern, ist es notwendig, sie einzeln zu erläutern.

    Der Sozialismus ist eine Bewegung, die zunächst auf national-ökonomischen Erwägungen fußt und für die folgende Ideen charakteristisch sind: In der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung wird die Produktion der Güter (das ist der Mittel zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse) von Privatunternehmungen geleitet, in deren Eigentum die Produktionsmittel — das sind der produktive Grund und Boden, die Anlagen auf demselben, Maschinen und Werkzeuge, Arbeits- und Nutztiere, die in der Produktion bearbeiteten Haupt- wird verarbeiteten Nebenstoffe — stehen und in deren Eigentum dann auch die fertigen Produkte fallen. Die eigentlichen Arbeiter aber werden nur mit einer Pauschalabfindung, dem Arbeitslohn, entschädigt, der nach der sozialistischen Meinung in der heutigen Wirtschaftsform des Individualismus oder Kapitalismus immer hinter dem den Arbeitern eigentlich gebührenden zurückbleibt. Bei dieser Wirtschaftsform bleibt es den zahllosen Trägern der ebenso zahlreichen Einzelwirtschaften innerhalb jeder Volkswirtschaft überlassen, ihre Wirtschaft auf eigene Faust, nach eigenem Gutdünken, zu führen. An ihre Stelle will nun der Sozialismus eine Wirtschaftsordnung setzen, in der die Wirtschaft nach einheitlichem Plan, unter einer Oberleitung von der so verbundenen Gesellschaft für die Gesellschaft geführt wird. Die Früchte der Produktion sollen aber ganz und ohne jeden Abzug den arbeitenden Gesellschaftsmitgliedern nach Maßgabe der von ihnen geleisteten Arbeit zukommen.

    Der Sozialismus in diesem Sinne ist natürlich nicht zu verwechseln mit einem anderen Gebrauch dieses Wortes. Man bezeichnet nämlich manchmal auch den Inbegriff aller Bestrebungen, die eine Beseitigung der in der Gesellschaft herrschenden Klassenunterschiede in der Achtung bezwecken, dass jedem die Befriedigung seiner notwendigen Bedürfnisse gesichert ist, als Sozialismus. Nötiger weise wird aber diese Gedankenrichtung nicht als sozialistisch, sondern als sozial bezeichnet. Der Sozialismus stellt demnach eine besondere Form sozialer Gedankengänge dar. Soziale Gedankengänge an sich und ihre Verwirklichung in einer systematischen Sozialpolitik sind heute, wo der wirtschaftspolitische Liberalismus gänzlich erledigt ist, Gemeingut aller Parteien. Während aber die sogenannten bürgerlichen Parteien Besserstellung der sozial tiefer stehenden Bevölkerungsschichten auch auf dem Boden der gegenwärtigen irrdividualistisch - kapitalistischen Wirtschaftsform anstreben, verneint der Sozialismus diese Möglichkeit im Prinzip. Er hält soziale Gerechtigkeit nur in einer sozialistischen Wirtschaftsordnung für möglich.

    Unter Kommunismus versteht man, wie schon der Name sagt, eine solche Ordnung der Dinge, in der alles, was nicht zum unmittelbaren Gebrauch gehört, ein Gemeineigentum der Gesellschaft ist. (Dass die durch den natürlichen Gebrauch zum Verbrauch kommenden Dinge bei jeder Wirtschaftsform im Privateigentum stehen müssen, ist klar.) Kommunismus (lateinisch communis ‚gemeinsam‘) ist ein um 1840 in Frankreich entstandener politisch-ideologischer Begriff mit mehreren Bedeutungen: Er bezeichnet eine gesellschaftstheoretische Utopien (heute noch, aber in der Zukunft kann sich das ändern), beruhend auf Ideen sozialer Gleichheit und Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder, auf der Basis von Gemeineigentum und kollektiver Problemlösung. Eine Abgrenzung zum Sozialismus ist nicht immer möglich. Zweitens steht der Begriff, im Wesentlichen gestützt auf die Theorien von Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir Iljitsch Lenin, für ökonomische und politische Lehren, mit dem Ziel, eine herrschaftsfreie und klassenlose Gesellschaft zu errichten. Das Wort Sozialismus oder Kommunismus im Gegensätze zum Privateigentum ist leicht dazu geeignet, Missverständnisse hervor hervorzurufen. Der moderne Sozialismus verkündet nicht etwa einen Kommunismus der Konsumation. Das heißt, nicht die Gebrauchsgegenstände, die Konsumartikel, die der einzelne oder die einzelne Familie zum täglichen Leben benötigt, sollen gemeinschaftlich besessen und gemeinschaftlich genossen werden. Dieser Kommunismus der wohl einst in Urzeiten bestanden und wir finden seine Spuren in mancher alter Volksverfassung, in der Ilias wie in der Bibel, so auch m allen kommunistischen Versuchen des Mittelalters.

    Was das Gleichmachen der Individuen anbelangt, so sollten sie ganz im Gegenteil erst die Möglichkeit haben, dass sie sich ihrer natürlichen, verschiedenen Anlage gemäß entwickeln können. Oder nennen sie das vielleicht Entwicklungsmöglichkeit für individuelle Anlagen, wenn das Arbeiterkind, bei noch so Nein, die Sozialisten, die Gleichmacher, , wie man sie höhnend nennt, die da sagen: Bahn frei für jede Individualität. Denn jede Individualität kann der Allgemeinheit nur dann den vollen Nutzen gewähren, dessen sie eben fähig ist, wenn es ihr möglich ist, sich so zu entfalten, wie es ihrer Eigenart entspricht.Was die Auffassung des Sozialismus als Milde, Wohltätigkeit und Menschenfreundlichkeit anbelangt, so ist sie zwar sehr liebenswürdig, aber die Sozialisten wollen keine großmütigen Schenker und keine dankbar demütigen Nehmer haben. Wenn auch unter unseren heutigen

    So nach unterscheidet sich der Kommunismus vom Sozialismus eigentlich nicht; höchstens insofern könnte ein Unterschied zwischen den beiden Begriffen gefunden werden, als der Sozialismus unter Umständen geneigt ist, bei jenen Arbeitern (Kleinbauern, Kleingewerbetreibenden), die nur von ihrer eigenen Hände Arbeit leben, ein Privateigentum an Produktionsmitteln zuzugestehen. Es ist leicht einzusehen, dass dieser Unterschied praktisch kaum in Betracht kommt. Wie immer sich der einzelne zu Sozialismus und Kommunismus stellen mag, jedenfalls ist klarzustellen, dass diese Ideen nicht unbedingt in Gegensatz zur Weltanschauung des Nationalismus stehen. Wenn man nämlich unter Nationalismus jene Ideenrichtung versteht, die, die einzelnen Nationen als Faktoren der geschichtlichen Entwicklung erkennend, die Interessen des eigenen Volkes unbekümmert um die Interessen anderer Faktoren vertritt, so muss man jedenfalls sagen, dass der soziale Gedanke nicht nur nicht im Widerspruch zum nationalen steht, sondern dass die nationale und die soziale Idee sogar der gegenseitigen Ergänzung bedürfen. Ein Nationalismus ohne Pflege der sozialen Idee wäre ein Widerspruch in sich selbst, da ja die Nation nicht nur aus den oberen Zehntausend besteht, der Großteil der Volksgenossen vielmehr den unteren Volksschichten angehört. Anderseits ist aber, wenigstens vom nationalen Standpunkt aus betrachtet, fruchtbare Sozialpolitik nur im Rahmen einer und derselben Nation möglich, da die verschiedenen Wesensbedingungen der einzelnen Nationen auch verschiedene Maßnahmen der Sozialpolitik und Wohlfahrtspflege notwendig machen. Nicht im Wesen des Nationalismus liegend ist aber der Sozialismus in jenem Sinne, wie wir ihn oben zuerst gekennzeichnet haben. Wir haben ja bereits erwähnt, dass die bürgerlichen Parteien eine Besserstellung der sozial tiefer stehenden Volksschichten auch im Rahmen der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung für möglich halten. Damit ist aber nicht gesagt, dass der Sozialismus der nationalen Weltanschauung widerspricht. Wenn vielfach diese Meinung besteht, so hängt das nur damit zusammen, dass es der Sozialdemokratie als der stärksten und historisch ältesten sozialistischen Partei vielfach gelungen ist, sich als die einzige sozialistische Partei darzustellen.

    Man hört oft und oft Leute sich furchtbar dagegen ereifern, dass die Sozialisten alles Vermögen zu gleichen Teilen unter alle Menschen verteilen wollen, und dass sie überhaupt alle Menschen gegen jedes Naturgesetz ganz und völlig gleich zu machen beabsichtigen. Den Sozialisten liegt aber nichts ferner, als eine Aufteilung der vor vorhandenen Geldvermögen zu irgendwie gearteten Teilen auch nur entfernt in Aussicht zu nehmen. Dieser ebenso kindische wie lächerliche Gedanke würde gar nicht verdienen, erwähnt zu werden, wenn man ihm, wie gesagt, in antisozialistischen Kreisen nicht immer noch hin und wieder begegnete.

    In Wirklichkeit ist dies aber nicht der Fall, so zum Beispiel besteht ja bei uns in Österreich neben der internationalen Sozialdemokratie auch die auf nationaler Grundlage fußende Freiheitliche Partei (FPÖ). Damit haben wir bereits das Verhältnis zwischen Sozialismus und Sozialdemokratie im Wesen festgestellt. Die beiden Begriffe decken sich nicht: Jeder Sozialdemokrat ist wohl Sozialist, man kann aber Sozialist sein, ohne die Art und Weise der sozialdemokratischen Begründung des Sozialismus und ohne dem der marxistischen Theorie entspringenden Internationalismus für richtig zu halten. Wahrend früher alle Parteien, bürgerliche wie sozialistische, darin einig waren, dass die Sozialisierung höchstens einer ferneren Zukunft vorbehalten sei, ist die Frage heute akut geworden. Damit im Zusammenhang steht auch der heftige Kampf zwischen den verschiedenen Richtungen nicht nur im Sozialismus überhaupt, sondern auch in der Sozialdemokratie, der Kampf zwischen den Gemäßigten, welche die Verhältnisse als für die Einführung des Sozialismus noch nicht reif ansehen und den Radikalen, welche sofort an die Expropriation der Expropriateure schreiten möchten. Es ist bekannt, dass dieser Meinungsstreit geradezu zu einer Krise in der Sozialdemokratie geführt hat. Während sich die sozialdemokratische Linke und die wegen ihres Hyperradikalismus außerhalb der sozialdemkratischen Parteien Stehenden, mögen sie sich nun Spartakisten, wie im ehemaligen Deutschen Reich, oder Kommunisten wie bei uns nennen, von einer langsamen Entwicklung im Sinne des Sozialismus nichts wissen wollen, fassen die Gemäßigten die von Karl Marx und Friedrich Engels, den theoretischen Begründern der Sozialdemokratie, aufgestellten Lehren so auf, dass der Sozialismus nicht im Wege einer plötzlichen Revolution und auch nicht im Wege einfacher Dekrete, sondern nur in einer langsamen Entwicklung kommen kann und kommen wird. Es ist einzusehen, dass die Gemäßigten, oder wie sie sich im Deutschen Reiche nannten, Revisionisten, auch in nationaler Beziehung auf einem weniger intransigenten Standpunkt stehen als die Radikalen, die über alle historisch gewordenen und durch die nationalen Verschiedenheiten erklärlichen Unterschiede hinweg eine Schablonisierung der Wirtschafts- und Gesellschaftsverhältnisse anstreben. Im Deutschen Reich schien die Entwicklung dahin zu gehen, dass sich Gemäßigte und Radikale dauernd scheiden. In Österreich ist die Entwicklung heute allerdings noch nicht so weit, wird aber wohl auch dahin kommen müssen. Nicht zuletzt ist es der nationale Gedanke, der es auf die Dauer unmöglich machen wird, dass der Großteil der österreichischen Arbeiterschaft ihren Volksfremden Führern Folge leistet.

    2

    Die SPÖ ist im Sturzflug. Bei der letzten Nationalratswahl fand am 15. Oktober 2017 statt. Stimmenstärkste Partei wurde die ÖVP unter Sebastian Kurz mit 31,5 Prozent (Zuwachs von 7,5 Prozentpunkten). Die SPÖ mit Bundeskanzler Christian Kern gewann einige Hundertstelprozentpunkte im Vergleich zu ihrem historisch schlechtesten Ergebnis bei der Wahl 2013, und lag mit 26,9 Prozent auf dem zweiten Platz. Mit 26,0 Prozent erreichte die FPÖ das zweitbeste Ergebnis der Parteigeschichte und den dritten Platz. Alle drei traditionellen Parlamentsparteien gewannen somit gleichzeitig Stimmanteile, ein Novum in der Geschichte der Zweiten Republik. Zum Debakel wurde die Wahl hingegen für die Grünen, die von ihrem historisch besten Ergebnis auf 3,8 Prozent abstürzten und aus dem Nationalrat, dem sie seit 1986 ohne Unterbrechung angehört hatten, ausschieden. NEOS verbesserte sich im Vergleich zu 2013 um einige Zehntelprozentpunkte, gewann ein Mandat hinzu und wurde viertstärkste Kraft. Die Liste Peter Pilz des ehemaligen Bundessprechers der Grünen schaffte mit 4,4 Prozent den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde. Das Team Stronach trat zur Wahl nicht mehr an. Von den übrigen Parteien erreichte keine ein Ergebnis über 1 . Prozent.

    Bei der Nationalratswahl 2013 verloren die beiden Parteien der regierenden Großen Koalition, SPÖ und ÖVP, an Stimmen und erzielten ihr bislang jeweils schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Zweiten Republik. Sie blieben jedoch stärkste und zweitstärkste Kraft und konnten ihr Regierungsbündnis fortsetzen, zunächst mit Bundeskanzler Werner Faymann in der Bundesregierung Faymann II, nach dessen Rücktritt im Mai 2016 mit Christian Kern als dessen Nachfolger im Bundeskanzleramt und auch als SPÖ-Parteiobmann in der Bundesregierung Christian Kern. Die FPÖ und die Grünen gewannen Sitze hinzu; die NEOS und das Team Stronach konnten erstmals die Vierprozenthürde überwinden. Das BZÖ schied mit 3,5 Prozent der Stimmen aus dem Nationalrat aus.

    Die Wahlbeteiligung steigerte sich im Jahr 2017 von 74,9 Prozent auf 80,0 Prozent, mit über 5 Millionen gültigen Stimmen stellte die Wahl einen neuen Rekord an absoluten Stimmen auf. Insgesamt wurden fünf Parteien in den Nationalrat gewählt.

    3

    Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) ist eine der ältesten bestehenden Parteien Österreichs und eine der beiden traditionellen Großparteien des Landes. Gegründet 1889 in Hainfeld, Niederösterreich, am 30. Dezember 1888 – 1. Jänner 1889, als Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), hieß sie 1918 bis 1934 Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs (SDAPDÖ). Während des Austrofaschismus und der NS-Diktatur war sie verboten. Von 1945 bis 1991 lautete der Parteiname Sozialistische Partei Österreichs.

    Die SPÖ stellte ab 1945 in 16 von 29 Bundesregierungen den Bundeskanzler und sechs von neun Bundespräsidenten der Zweiten Republik waren SPÖ-Mitglieder oder wurden beim Erstantritt von der Partei unterstützt (zuletzt Heinz Fischer 2004–2016). Weiters stellt sie drei der insgesamt neun Landeshauptleute (Wien, Burgenland und Kärnten).

    Die Arbeiter kommen nicht mehr zur SPÖ zurück. Das kann man jetzt immer wieder hören, meist von Soziologen und Politologen, aber auch von Ex-SPÖ-Vorsitzenden. Laut traut sich das fast niemand zu sagen, denn die SPÖ gilt immer noch als die Arbeiterpartei schlechthin. Was allerdings nicht mehr stimmt: Bei der letzten Wahl im Oktober 2017 wählten jene Arbeiter, die zur Wahl gingen, mit ganzen 19 Prozent die SPÖ. 2013 waren es noch 24 Prozent gewesen, auch nicht mehr viel. Die FPÖ jedoch kam 2017 auf einen Anteil von 58 (!) Prozent im Wählerreservoir Arbeiter. Die Arbeiter sind der SPÖ abhanden gekommen. Der Rechtsruck der SPÖ ist nicht unbemerkt geblieben, auch die Koalition mit der FPÖ hat ihr nicht gut getan. Und dann noch die langen Jahre der Großen Koalition! Da werden sich einige Wähler gefragt haben, was hat eine Arbeiterpartei mit der Unternehmerpartei gemeinsam?

    Dass die SPÖ im Herbst 2017 nicht mehr verloren hat und auf rund 27 Prozent kam, liegt an den Stimmen, die sie hauptsächlich von den Grünen geerbt hat, das sind gebildete, städtische Wähler. Im Oktober 2017 verlor die SPÖ zwar Platz eins an die ÖVP, konnte ihren Stimmenanteil jedoch halten; ja, mit 26,9 Prozent baute sie die 26,8 Prozent von der Nationalratswahl 2013 genau genommen sogar leicht aus.

    Zugelegt hat die SPÖ von 2013 auf 2017 in Städten über 100.000 Einwohnern (2013 auf 2017: von 29,3 auf 32,9 Prozent); unter Selbstständigen (!) von rund fünf Prozent auf 14 Prozent und bei Akademikern von neun auf satte 31 Prozent. Mit einem Wort: Die SPÖ ist derzeit eine Partei von und für Pensionisten (die größte Wählergruppe) und urbane, liberale Gebildete. Die neue Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner ist geradezu die Verkörperung dieser letzten Gruppe: Akademikerin, Ärztin im öffentlichen Dienst, Erfahrung im Ausland. Die Arbeiter sind, wie gesagt, bei der FPÖ (oder als Nichtwähler) im Frustwinkel. Eine ganze Reihe jüngerer Arbeiter hat vermutlich noch nie SPÖ gewählt. Let's face it: Ein großer Teil der Arbeiter ist rechts. In der Arbeiterklasse sind autoritäre Typen, Fremdenfeinde und Skeptiker gegenüber emanzipierten Frauen stark vertreten. Und es gibt nicht mehr so viele Arbeiter: neun Prozent. Viele dürfen gar nicht wählen, weil sie ausländische Staatsbürger sind.

    Soll oder kann die SPÖ daher auf die Arbeiter vergessen? Sie der FPÖ endgültig überlassen? Niemand in der SPÖ wird das laut mit Ja beantworten. Wissenschaftler wie der Salzburger Reinhard Heinisch empfehlen jedoch klar eine Entscheidung für einen sozialliberalen Kurs. Der Doskozil-Kurs (Schwenk nach rechts) sei sinnlos: Eine dritte rechte, ausländerfeindliche Partei zusätzlich zu FPÖ und Türkis werde nicht gebraucht.

    Heinisch meint, damit könne die SPÖ auf 30 Prozent kommen. Das ist aber noch weit entfernt von früheren Werten (letzter Höchstwert unter Vranitzky 1995 mit 38,1 Prozent). Überdies ist es eine Selbstbeschränkung, die a) Parteigranden wie Michael Ludwig nicht mitmachen wollen und die b) wahrscheinlich auch nicht richtig ist. Derzeit hat zwar die SPÖ beim Thema Migration keine überzeugende Politik. Aber das heißt nicht, dass man nicht intensivst eine suchen sollte, die der Mischung aus Bösartigkeit und Pseudolösungen, die Türkis-Blau derzeit betreibt, etwas entgegensetzt.

    4

    Fühlen sich die Arbeiter wirklich wohl mit einer FPÖ, die immer mehr in den Rechtsextremismus abrutscht (Kickl leugnet, dass Neonazis vom Verbotsgesetz betroffen sind) und die von einem elitären Klüngel, den Burschenschaften, beherrscht wird? Sagt ihnen überhaupt jemand, dass das so ist? Vielleicht sollte man einmal einfach damit anfangen.

    5

    Weil in der Gemeinde Hainfeld (heute eine Stadt) im Bezirk Lilienfeld einerseits ein kräftiger Arbeiter-Gewerbeverein bestand, der den Parteitag hier haben wollte, und andererseits hier nicht wie in Wien und den Umlandbezirken Ausnahmezustand galt, war man auf diesen Ort gekommen. Man traf sich am 30. Dezember, einem Sonntag, am Abend und ging geeinigt am Dienstag, dem 1. Jänner, kurz nach Mittag auseinander. Als Viktor Adler die SDAP gründen wollte, wäre ihm das von langer Hand geplante Ansinnen beinahe an einer profanen Notwendigkeit gescheitert, nämlich: an einem ordentlichen Veranstaltungslokal. Die Dinge waren nicht ganz einfach. In Wien und den angrenzenden Bezirken galt Versammlungsverbot. Der Bezirkshauptmann in Lilienfeld stand der Arbeiterbewegung grundsätzlich wohlwollend gegenüberstand, so entschieden Adler und die Seinen, dass man Österreichs Sozialdemokraten in Hainfeld, genauer gesagt: im Wirtshaus Zum Goldenen Löwen, versammeln solle. Der Wirt wollte das so gar nicht. Der Wirt fürchtete schwere Repressalien, auch den Zorn des Bürgermeisters. Und so bedurfte es der Überredungskünste des Armenarztes und Journalisten Adler, den Wirt vom Gegenteil zu überzeugen. Von 30. Dezember 1888 bis 1. Jänner berieten 80 Delegierte und 25 Gäste aus 13 Kronländern in Hainfeld, um die Grundsätze einer, ihrer Arbeiterpartei zu fixieren. Als die Sozialistische Partei gegründet wurde, im Jahr 1888, war ein schwieriges Jahr vorbeigegangen. 1848 war nur 40 Jahre vorbei, die Revolution von damals war noch recht lebendig. Eine Reihe von Revolutionen fand im österreichischen Reich von März 1848 bis November 1849 statt. Die Revolution von 1848 war eine politische Bewegung, die ab Februar/März 1848 große Teile Europas erfasste und 1849 ausklang. Politische Ziele waren unter anderem gewählte Volksvertretungen und verantwortliche Ministerien anstelle monarchisch-absolutistischer Regierungen, die Beseitigung feudaler Strukturen und die Garantie der Pressefreiheit. Ein Großteil der revolutionären Aktivitäten hatte einen nationalistischen Charakter: Das aus Wien regierte Reich umfasste ethnische Deutsche, Ungarn, Slowenen, Polen, Tschechen, Slowaken, Ruthenen ( Ukrainer), Rumänen, Kroaten, Venezianer (Italiener) und Serben; Alle von ihnen versuchten im Verlauf der Revolution entweder Autonomie, Unabhängigkeit oder sogar Hegemonie über andere Nationalitäten zu erreichen. Das nationalistische Bild wurde durch die gleichzeitigen Ereignisse in den deutschen Staaten, die sich in Richtung einer größeren deutschen nationalen Einheit bewegten, weiter verkompliziert.

    Zwischen Furcht und Hoffnung spielt sich das menschliche Leben ab. Hoffnung und Furcht beherrschen auch das Leben der Völker und geben der großen wie der kleinen Politik die täglichen Impulse. Eitle Hoffnungen und törichte Furcht aber sind denen beschieden, die in den Niederungen der Gesellschaft des freien Ausblicks entbehren, die im engen Kreise der Gedanken die Ereignisse nur so weit beurteilen, als eben jene Kreise berührt oder gestört erscheinen. Dem ernsten Manne, welcher von der Höhe seiner Stellung oder seiner Einsicht dem Welttreiben zusieht, erscheinen die Irrtümer lächerlich, welche durch eitle Hoffnung, durch törichte Furcht erzeugt werden, und doch will heute jeder Tag seine Stimmung, seine Meinung bilden, und nicht jeder Tag bringt ein bestimmendes Ereignis. Konflikte zwischen Schuldnern und Gläubigern in der landwirtschaftlichen Produktion, sowie über Landnutzungsrechte in Teilen Ungarns, führten zu Konflikten, die gelegentlich zu Gewalt führten. Der Konflikt um die organisierte Religion war in Europa vor 1848 allgegenwärtig. Die Spannungen kamen sowohl innerhalb des Katholizismus als auch zwischen Angehörigen verschiedener Konfessionen zum Vorschein. Soziale Ziele waren die Beseitigung feudaler Strukturen (Untertänigkeit, Grundherrschaft), die rechtliche Gleichstellung aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger (unter anderem volle Emanzipation der Jüdinnen und Juden, die sich eifrig an der revolutionären Agitation beteiligten) sowie die Besserstellung (und das politische Mitspracherecht) für die Massen der Fabrikarbeiter (Kommunistisches Manifest von Karl Marx in London am 29. Februar 1848). Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedes mal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen. Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten (1872). In Frankreich war die Revolution (23./24. Februar 1848) erfolgreich (Umwandlung des Königtums in eine Republik); in den Mitgliedsstaaten des Deutschen Bunds (Österreich, Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden und so weiter) wurden zunächst zwar durchwegs die meisten politischen und sozialen Ziele erreicht, doch führte die zunehmende Radikalität zu militärischen Gegenmaßnahmen der Regierungen, welche die Revolution letztlich zum Scheitern brachte (einige Errungenschaften blieben allerdings bestehen); in Ungarn und Lombardo-Venetien warf Österreich die Revolution mit Waffengewalt völlig nieder (Radetzky) und setzte Militärregierungen ein. Zu den bemerkenswerten liberalen Clubs der damaligen Zeit in Wien zählten der Legal-Political Reading Club (gegründet 1842) und die Concordia Society (1840). Sie waren, wie der Niederösterreichische Herstellerverband (1840), Teil einer Kultur, die Metternichs Regierung in den Kaffeehäusern, Salons und sogar Stadien der Stadt kritisierte, aber ihre Forderungen hatten sich vor 1848 nicht einmal auf Konstitutionalismus oder Versammlungsfreiheit ausgedehnt allein Republikanismus. Sie hatten lediglich eine lockere Zensur, Religionsfreiheit, wirtschaftliche Freiheiten und vor allem eine kompetentere Verwaltung befürwortet. Sie waren gegen die absolute Volkssouveränität und das Universal-Franchise.

    6

    Welche furchtbare Wirkungen konnten zwei Mißjahre hervorbringen! Der hiesige Landmann ist bei dem fast durchaus zähen Boden, der seine Ertragsfähigkeit meistens nur der Kalkdüngung verdankt, fast nur auf die Kartoffeln verwiesen, welche sonst reichlich gedieh und die genügsame Bevölkerung ausreichend ernährte, bis die über diese Frucht hereingebrochene Seuche den armen Ackermann kaum das, er gesetzt hatte, ernten ließ. In der ersten Zeit wurde das mächtigere Auftreten der Not durch die kleinen Vorräte der Grundbesitzer hingehalten , und freudig und mit christlicher Liebe gab jeder, so viel er konnte, die meisten ohne Rücksicht auf ihre eigene Lage, ohne zu bedenken, dass der spärliche Vorrat an Getreide nicht lange aushelfen werde. Aber schon gegen das Ende des Winters von 1846 auf 1847 zeigte sich der drückendste Mangel in den gebirgigen Teilen des Kreises und selbst an vielen Punkten des Flachlandes. Der Hunger macht die Menschen wild! Und so beginnt alles, heute, wie damals. Die Revolution nahm ihren Anfang.

    Mehr links war eine radikalisierte, verarmte Intelligenz. Bildungsmöglichkeiten in den 1840er Jahren hatte Österreich die Beschäftigungsmöglichkeiten für Bildungsbedienstete bei weitem übertroffen.

    Der Krieg Deutschland - Frankreich, der 1871 zu Ende gegangen war, war noch in Erinnerung. Auslöser war der Streit zwischen Frankreich und Preußen um die Frage der spanischen Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen. Nachdem der Prinz seine Kandidatur bereits zurückgezogen hatte, stellte die französische Regierung weitere Forderungen an König Wilhelm I.: Wilhelm war nicht nur König von Preußen und Inhaber des norddeutschen Bundespräsidiums, sondern auch Haupt der Dynastie Hohenzollern. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck informierte die Presse über den Kontakt zwischen König und französischem Botschafter auf provokante Weise (Emser Depesche). Dies erregte in Deutschland und Frankreich nationalistische Empörung. Am 19. Juli 1870 erklärte der französische Kaiser Napoléon III. den Krieg an Preußen.

    Das Jahr 1888 hat sich viel besser angelassen, als beim Beginn

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