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Wie ich endlich den richtigen Mann gefunden habe: Eine Frau auf der Suche nach dem Glück
Wie ich endlich den richtigen Mann gefunden habe: Eine Frau auf der Suche nach dem Glück
Wie ich endlich den richtigen Mann gefunden habe: Eine Frau auf der Suche nach dem Glück
eBook213 Seiten3 Stunden

Wie ich endlich den richtigen Mann gefunden habe: Eine Frau auf der Suche nach dem Glück

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Über dieses E-Book

Bis zu ihrem 50. Geburtstag lebt die kinderlose Lehrerin Hella Berger nach konventionellen Regeln mit ihrem gut verdienenden Ehemann in einer schönen Villa in Berlin. Eines Morgens ist sie mit dem Rad zur Schule unterwegs, als ein Plakat sie zum Halten zwingt. Sie verliebt sich in dieses Mannsbild und glaubt Wochen später dem abgebildeten Mann bei Tchibo zu begegnen. Für eine Affäre mit dem Schönling Ricardo verlässt sie ihren Ehemann und die Villa. Als von der neuen Beziehung nichts mehr übrig ist, stürzt Hella sich in weitere Abenteuer. Das Glück lauert überall. Sie lernt die Männer bei der Ausübung eines Ehrenamtes, in der S-Bahn, bei einem Unfall, im Sportstudio, während einer Kampagne, in der sie eine Prostituierte unterstützt, bei Aldi, durch Kontaktanzeigen oder auf einer Reise nach Indien kennen. Hella erfährt, dass Ehemänner sich nicht sofort outen und dass sowohl ein Schwuler als auch ein Stadtstreicher für sie sehr anziehend sein können. Schließlich findet sie in Mumbai den Richtigen. Simon beobachtet gemeinsam mit ihr, wie ein Inder auf Kommando seines Meisters vom Boden abhebt und in der Luft schwebt. Das ist eigentlich genauso überraschend wie die Gewissheit, dass Simon endlich der Richtige ist.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum10. Mai 2013
ISBN9783847636311
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    Buchvorschau

    Wie ich endlich den richtigen Mann gefunden habe - Brigitte Körner

    Kapitel 1 Das Bild von einem Mann

    Wie ich endlich den richtigen Mann gefunden habe

    Zwei vor, eins zurück, einmal aussetzen, einen Mitspieler rauswerfen, selbst rausgeworfen werden, würfeln, warten auf die Sechs. Mit Erik war ich im sicheren Kästchen angekommen, aber das Spiel war für mich gelaufen. Ich war aus dem Rennen und im Abseits gelandet. Viele Jahre habe ich dort ausgehalten und nur noch flach geatmet. Doch kurz nach meinem fünfzigsten Geburtstag gab es kein Halten mehr, ich verließ den sicheren Hafen Ehe und tauschte ihn in anstrengende, aufreibende Beziehungskisten ein. Meine Hormone und mein Herz führten mich häufig zu den falschen Liegeplätzen, aber nie in die Monotonie, Bitterkeit oder Verzweiflung. Kurz vor dem sechzigsten landete ich nach einer Odyssee des Suchens und Ausprobierens an der richtigen Stelle. Davon erzähle ich in diesem Buch, von den Holzwegen und Umwegen, bis ich es endlich geschafft habe, ans Ziel zu kommen und den RICHTIGEN zu finden. Leicht war es nicht, im Gegenteil, es war harte Arbeit, aber es hat sich gelohnt. Während der ganzen Zeit, die ich im Beziehungsstress verschwendet habe, tat ich immerhin etwas Vernünftiges: Ich war Lehrerin an einer Gesamtschule. Von dieser schönen, anspruchsvollen Tätigkeit können andere besser berichten, in meinem Buch geht es um das eine Thema: Wie findet eine Frau den richtigen  Mann? Wie das geht, können Sie in diesem Buch lesen.

    Das Bild von einem Mann

    Eine gleichaltrige Frau kam für Erik nicht in Frage, das hatte er oft genug betont.

    „Nur als Schüler und Student habe ich mich mit älteren Mädchen und Frauen abgegeben, zum Üben sozusagen", gab er immer wieder gern zum Besten und schaute dabei Beifall heischend in die Runde.

    „Höre einfach weg", sagte ich dann zu mir selbst und duckte mich vor den verstohlenen Blicken meiner Freundinnen.

    „Hab dich nicht so, das nervt", winkte Erik ab, wenn ich mich beschwerte.

    Vorhaltungen waren sinnlos, ich wusste es schon lange, seit früher Kindheit um genau zu sein. Meine Mutter hat ständig an meinem Vater rumgemosert, geändert hat es nichts. Er ging immer wieder fremd und hat es sogar zu einem außerehelichen Kind gebracht, zu meiner Halbschwester. Kennen gelernt habe ich sie nie, die Gelegenheit dazu habe ich bei der Beerdigung meines Vaters versäumt. Wenn ich gewusst hätte, dass sie kommt, wäre ich auch zum Friedhof gefahren. Vielleicht ist sie nett, ich weiß nur, dass sie zehn Jahre jünger ist als ich und dass sie Johanna heißt. Johanna nach meinem Vater Johann. Heute nehme ich ihr nicht mehr übel, dass unser Vater ihr meine Puppen geschenkt hat. Er tat es heimlich, der Feigling, weil er wusste, wie sehr ich an meinen schönen Käte Kruse Puppen hing. Ich habe sie gehegt und gepflegt und ihnen sorgfältig die Kleider, Schuhe, Jacken und Mützen an- und ausgezogen, die meine Mutter genäht und gestrickt hat. Und eines Tages waren sie verschwunden, ohne die allerkleinste Vorwarnung. Als ich wieder einmal mit ihnen spielen wollte und sie nach langer, gründlicher Suche nicht fand, fragte ich meine Mutter, ob sie sie weggeräumt hätte. Meine Mutter machte ein erschrockenes Gesicht und half mir beim Suchen. Aber nur kurz, dann ließ sie sich auf den Stuhl im Kinderzimmer sinken und presste zwischen zusammengebissenen Zähnen: „Dass er es wagt, dass er die Stirn hat", hervor.

    Mich sah sie dabei nicht an. Ich habe heute noch das Bild meiner Mutter vor Augen, wie sie mit hängenden Schultern in sich zurückgezogen, wie zusammengefaltet und erloschen in meinem Zimmer saß. Ich bekam es mit der Angst zu tun und traute mich nicht zu fragen, was sie meinte. Eine Woche später kam ich dahinter. Ich lag schon im Bett und hörte, wie sich meine Eltern stritten. Ich hasste diese Streitereien, wollte nichts davon mitbekommen und zog mir meistens die Decke über den Kopf. Heute spitzte ich aber die Ohren, denn es ging um mich und meine kostbaren Puppen.

    „Sie spielt doch kaum noch damit, sagte mein Vater. „Mit den Puppen habe ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Aus dem Alter ist sie raus.

    „Wann solltest du sie auch sehen, so selten wie du zu Hause bist. Die Stimme meiner Mutter klang schrill. „Du glaubst doch nicht, dass ich für deinen Bankert gestrickt und genäht habe. Du machst vor nichts halt. Es ist die Höhe.

    Jetzt hörte ich nur noch mein eigenes Schluchzen. Ich zog wieder die Decke über den Kopf und kam auch nicht drunter hervor, als sie von meinen Tränen ganz nass war. Niemand sollte mich hören, mein Vater nicht und meine Mutter auch nicht.

    „Heirate bloß keinen attraktiven Mann! Von allen Ratschlägen, mit denen meine Mutter mich bedacht hat, wurde mir dieser am dringlichsten ans Herz gelegt. „Was hast du davon, wenn andere Frauen hinter ihm her sind? Sieh mich an, was war ich nur für ein Schaf, ahnungslos und leichtgläubig. Wie stehe ich heute da? Wenn ich nur damals so schlau gewesen wäre, wie ich es heute bin. Es ist das alte, traurige Lied, nachher weiß man es immer besser. An Verehrern hat es mir weiß Gott nicht gemangelt. Aber ich wollte ja keinen vernünftigen, zuverlässigen, soliden Mann. Bloß das nicht. Die waren mir viel zu langweilig. Hätte ich doch nur bei so einem zugegriffen anstatt mich für solch einen Schaumschläger wie deinen Vater zu entscheiden. Was hatte ich für Chancen und alles in den Wind geschlagen wegen diesem Filou. Sei du mal nicht so naiv! Ein schönes Mannsbild, dass ich nicht lache. Suche dir einen bodenständigen Mann, lieber einen, der ein paar Jahre älter ist! Einen, der sich schon die Hörner abgestoßen hat. Hör auf deine Mutter, wiederhole nicht meinen Fehler! Ich habe bitter bereut und dafür gebüßt. Sei nicht so eine dumme Pute, wie ich es war! Gewappnet mit diesen Ratschlägen wurde ich erwachsen.

    Als Erik und ich geheiratet haben, glaubte ich, dass ich alles richtig gemacht hatte. Ich fand ihn nicht besonders attraktiv, aber bodenständig und zuverlässig und zwölf Jahre älter als ich war er auch. Er war ein Mann mit Erfahrung, wie er gern durchblicken ließ. Alles, was sich bei ihm mit Frauen vor unserer gemeinsamen Zeit abgespielt hatte, interessierte mich nicht besonders, es tat mir nicht weh und war okay, auch wenn mich seine Prahlerei davon manchmal nervte. Er war nicht wie mein Vater, er hatte kein außereheliches Kind und ging nicht mal fremd. Da war ich ganz sicher, er war viel zu bequem für den Aufwand, zu dem er sich bei einem Seitensprung aufraffen müsste. Ihm reichte das eine Mal in der Woche mit mir. Dass irgendeine Kollegin oder Mitarbeiterin Herzklopfen bekam, sobald sie in seine Nähe geriet, konnte ich mir nicht vorstellen. Es gab einfach keinen Grund dafür. Er war nicht der Typ, der Frauenherzen höher schlagen ließ. Das tun die witzigen, schlagfertigen Männer, die mit ihrem Charme brillieren. Zu der Sorte zählte Er nicht. Es machte keine Frau kribbelig, wenn er in ihre Nähe kam, wozu auch, was hätte ich denn davon gehabt? Er war nicht hässlich, aber gut aussehend und anziehend ist anders. Das war er von Anfang an nicht, jedenfalls nicht, seitdem wir uns kennen. Viel wichtiger für unsere Ehe war seine Häuslichkeit. Er war gern zu Hause, im Wohnzimmer vor der Glotze, aber auch in der Küche. Hin und wieder kochte er, vor allem für Gäste. Die waren dann hingerissen von seinem Menü. Mir schmeckte es auch, aber bis es dazu kam, knirschte ich mehrfach mit den Zähnen. Um ihm beim Kochen nicht die Laune zu verderben, schluckte ich meinen Unmut hinunter und bat ihn nicht mehr, die Kartoffel- und Gemüseschalen in den Müll zu werfen anstatt sie auf der Arbeitsplatte liegen zu lassen. Ich unterbrach auch ständig ohne aufzumucken meine eigene Tätigkeit, wie aufräumen, Tisch decken oder meine Arbeit am Schreibtisch, weil er weder die Gewürze noch die nötigen Utensilien sofort fand und von mir verlangte, dass ich sie ihm suchte. Wenn er von unseren Gästen für das leckere Essen gelobt wurde, freute ich mich mit ihm. Es war schön einen Mann zu haben, der gut kocht, so ein Glück hat nicht jede Frau.

    Erik hat gute Seiten, im Laufe unserer gemeinsamen Zeit hielt ich mir das zunehmend vor. Zu meinem fünfzigsten hat er mir rote Rosen geschenkt.

    „Für deinen Mann bleibst du immer zwanzig", sagte mein Bruder und deutete auf den Strauß.

    „Du hast gut reden, deine Frau hat im Juni Geburtstag, fuhr Erik ihn an. Weißt du, was die jetzt kosten? Wenn Hella ebenfalls.."

    Er sprach den Satz nicht zu Ende oder ich hörte nicht weiter zu. „Wozu auch?, sagte ich mir. „Was kann er dafür, dass er anders empfindet als ich? Ich darf nicht so kritisch sein. Es bringt einfach nichts, es macht mich nur wütend oder was noch viel schlimmer ist, traurig.

    Erik lud sich das zweite Tortenstück auf den Teller, als mein Bruder und ich das erste zur Hälfte aufgegessen hatten.

    „Von dem Käsekuchen muss ich auch gleich probieren", verkündete er unbekümmert.

    Diesen Geburtstagsnachmittag  habe ich  noch deutlich vor Augen. Ich wollte nicht feiern und hatte niemanden eingeladen. Mein Bruder kam trotzdem zum Gratulieren auf einen Kaffee. Erik lästerte über zwei Kolleginnen, wie die aus der Form geraten wären. Dabei lachte er und sein Doppelkinn zitterte. Das konnte auch der gestutzte Vollbart nicht verstecken. Beim Käsekuchen machte er den obersten Hosenknopf auf. Seine Wampe quoll über den Bund. An meinem fünfzigsten Geburtstag erschrak ich, weil ich einen Anflug von Ekel verspürte, als ich meinem Mann beim Essen zusah.

    „Mit diesem Tortenbauch will er sich heute Nacht bestimmt nicht auf mich legen", dachte ich und fühlte so etwas wie Erleichterung.

    Der fünfzigste Geburtstag wird oft als Ende des ersten Lebensabschnitts bezeichnet. Als ich an meinem fünfzigsten darüber nachdachte, wie ich mich fühle, stand eins für mich fest:  Auf Sex hatte ich keine Lust mehr, definitiv. Trotzdem wollte ich mich meinem Mann nicht verweigern, sondern mich meiner ehelichen Pflicht stellen, wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen. Eine andere Entscheidung traute ich mir weder zu, noch erlaubte ich sie mir, sie wäre mir unfair und ungerecht  vorgekommen. Außerdem schreckte ich vor Offenheit zurück. Wie hätte ich es denn erklären sollen, wie erklärt man so etwas einem Mann, der sich nichts zuschulden kommen lässt? Mein Ehemann hatte einen guten Job und war treu. Außerdem war ich davon überzeugt, dass ihm nie der Gedanke gekommen ist unsere Ehe infrage zu stellen. Für ihn war alles in Ordnung. Zaghafte Kritik von mir tat er mit dem Hinweis auf die Wechseljahre ab. Das machte mich dann so sauer, dass ich lieber den Mund hielt. Mein fünfzigster sollte kein Wendepunkt werden, sondern unsere Ehe sollte weitergehen wie gewohnt und wie bisher. Das wollte ich nicht gefährden, da schien es mir besser, ihn einfach machen zu lassen. Schließlich waren wir miteinander verheiratet. Und auch wenn ich keine Lust mehr auf unseren Sex hatte und es nicht mehr schön fand, so fand ich es doch nicht schlimm. Es als Zumutung zu bezeichnen, wäre übertrieben. Eine Zumutung war es nicht für mich, ich hätte es nur lieber gelassen. Wenn Erik seine Einmal-die Woche-Nummer haben wollte, zogen wir das durch. Danach drehte ich mich zur Seite und versuchte schnell einzuschlafen. Er fiel sofort in seinen gewohnten Tiefschlaf und schnarchte Sekunden später. Darum beneidete ich ihn.

    Einige Wochen später veränderte sich mein Leben grundlegend. Beim Frühstück ahnte ich noch nichts davon, auch als ich das Haus verließ und Erik „Tschüs!" zurief, war es wie an jedem Morgen. Ich stieg wie an anderen Tagen auf mein Fahrrad und machte mich auf den Schulweg. In Gedanken war ich schon bei meiner Klasse, als mich unterwegs etwas Unvorhergesehenes aufhielt. Es war ein Plakat, das mich wie ein Magnet anzog. Es zog mich so in seinen Bann, dass ich nicht mehr weiterfahren konnte, sondern stattdessen mit solcher Wucht auf die Bremse trat, dass ich um ein Haar kopfüber über den Lenker gestürzt wäre. Es zwang mich anzuhalten und vom Fahrrad abzusteigen. Was ich erblickte, war nicht einfach irgendein Plakat von der Sorte, wie sie haufenweise an jeder Ecke herumhängen und die Stadt zumüllen. Es war nicht die übliche Werbung für Dinge, die mich nichts angehen und nichts mit mir zu tun haben. Was mich jetzt aufhielt, war ein Ereignis, eine Erscheinung, eine Begegnung der besonderen Art. Es traf mich ins Mark und ließ mein Herz so laut klopfen, dass es mir in den Ohren dröhnte. Ich kniff meine Augenlider zusammen und befahl mir ruhig zu bleiben und regelmäßig zu atmen. Ich drehte meinen Kopf mit einem Ruck in eine andere Richtung weg von dem Plakat, wandte mich aber gleich wieder zurück und spürte eine Welle des Glücks, die mich vom Kopf bis zu den Fußspitzen einhüllte. Es war kein Traum, keine Vision und ich hatte mir nichts eingebildet. Er  war immer noch da, dieser braun gelockte Adonis auf dem Plakat. An ihm kam ich nicht vorbei, er stellte sich mir in den Weg. Nie in meinem Leben bisher hatte ich so einen wunderschönen Mann gesehen, solch ein Bild von einem Mann. Verwirrt ließ ich meinen Blick hin und her wandern. Sein Gesicht war schmal und von dunkelbraunen Locken umrahmt. Die vollen, schön geschwungenen Lippen waren leicht geöffnet, als wollten sie mir etwas sagen. Es war nicht nur dieser verführerische Mund, der zu mir sprach, es waren vor allem seine Augen. Sie hatten ein Blau, das Erinnerungen an Ferien am Mittelmeer wach rief, das warme Sommerabende heraufbeschwor,  an denen man mit einem Glas Wein in der Hand auf der Terrasse irgendeiner Taverne saß, es war das Blau der Ägäis im Hochsommer. Sie flüsterten von Verheißung, brachten in mir die viel beschworenen unbekannten Saiten zum Klingen, rührten etwas tief in meinem Innersten an und erweckten es zum Leben. So ermuntert ließ ich nun meine Augen mit großem Vergnügen weiterwandern. Was mir da gegönnt wurde, war ein Genuss. Mein Blick spazierte über den Hals bis zu den breiten Schultern, hin und her über diesen herrlichen, nackten, muskulösen Oberkörper. Makellos wie der Körper einer griechischen Statue, aber nicht kalt und steinern, sondern voll pulsierendem Leben, hocherotisch und fast animalisch.

    „Was war da passiert?", fragte ich mich erschrocken und betrachtete die Stücke von zerrissenen Fesseln, die an seiner Brust und seinem Waschbrettbauch herunterhingen.

    SEI WIE DU DICH FÜHLST

    stand am unteren Rand des Plakates. Der Mann war nicht mehr ganz jung und bezauberte mich vielleicht gerade deshalb so sehr, dass ich mir einbildete, seine Haare und seine Haut zu spüren, wenn ich ihn nur lange genug betrachtete. Ich schloss die Augen und sog die Luft ein. Erschrocken riss ich die Augen wieder auf.

    „Bloß nicht durchdrehen und auch noch seinen Duft schnuppern wollen! Es ist ja lachhaft, was hat mich denn erwischt?"

    Ich biss mir auf die Lippen und hörte, wie meine Zähne heftig knirschten, als ich mich anstrengte um mich aus dem Bannkreis dieses Mannsbildes wegzubewegen, ihm den Rücken zuzuwenden und mich auf mein Rad zu setzen. Mit aller Kraft trat ich in die Pedale ohne mich noch einmal umzudrehen. Den Vormittag in der Schule brachte ich hinter mich. Gedanken an den Plakatmann lagen auf Eis.

    Auf dem Heimweg lauerte er mir wieder auf. Er brachte mich wie heute Morgen dazu mein Fahrrad anzuhalten und abzusteigen, damit ich ihn in Ruhe betrachtete. Je länger ich ihn mit den Blicken abtastete, desto größer wurde mein Verlangen. Wie gern hätte ich die Sehnen und Muskeln seiner Arme gefühlt, wie schön musste es sein diese vollen Lippen zu spüren. Wie sehr lechzte ich danach meinen Kopf an seine Brust zu schmiegen und seinen Herzschlag zu hören. Mein Puls lief auf Hochtouren, mein Herz hämmerte und meine Zunge klebte am Gaumen. Der Schweiß strömte an meinem Rücken und meinem Gesicht herunter und brannte in meinen Augen. Meine Wimperntusche hielt dieser Attacke nicht stand. Sie verlief und verschmierte so sehr, dass ich alles wie durch einen dunklen

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