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Der träumende Jonas
Der träumende Jonas
Der träumende Jonas
eBook274 Seiten4 Stunden

Der träumende Jonas

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Über dieses E-Book

Jonas sehnt sich nach Liebe, erträumt sie sich zunächst - und stellt überrascht fest, dass sie schon längst in seinem Leben ist...
Der Roman stellt einen sensiblen Träumer in den Mittelpunkt, der in Geschichten lebt, sie umdichtet, weiter spinnt. Es ist ein Liebesroman, aber auch ein Buch über das Lesen, über Fantasie und Kreativität...

"Sag mal, mein lieber Kirschbaum, wie kann man Glück eigentlich definieren?"
"Glück definieren? Tja, Glück. Glück ist: ein lächelndes Kindergesicht zu beobachten, ein Schmetterling, der sich auf eine schöne Blume niedersetzt, die leuchtenden, funkelnden Augen eines beschenkten Menschen."
"Sag mir noch mehr Beispiele."
"Nein, ich bin müde. Lass uns schlafen."
"Ein letztes noch, bitte."
"Ich liebe dich, mein Stern."
"Gute Nacht."
Der Stern schloss freudig seine Augen, der Baum begab sich ebenfalls zur wohlverdienten Ruhe.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum21. Juni 2012
ISBN9783844225075
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    Buchvorschau

    Der träumende Jonas - Jannis Plastargias

    Jannis Plastargias

    Der träumende Jonas

    Jannis Plastargias

    Der träumende Jonas

    Roman

    Impressum

    Der träumende Jonas

    Jannis Plastargias

    published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    Copyright: © 2012 Jannis Plastargias

    ISBN 978-3-8442-2507-5

    Erneut dem schönsten Mann der Welt gewidmet

    Inhaltsverzeichnis:

    Neben einem Namensverzeichnis gibt es einen kleinen Prolog, dann folgt die Geschichte, der Dank und ein paar Empfehlungen...

    »Ich träumte einst, ich sei ein Schmetterling, ein hin und her flatternder, in allen Zwecken und Zielen ein Schmetterling. Ich wusste nur, dass ich meinen Launen als Schmetterling folgte, und war meines Menschenwesens unbewusst. Plötzlich erwachte ich; und da lag ich: wieder ´ich selbst´. Nun weiß ich nicht: war ich da ein Mensch, der träumt, er sei ein Schmetterling, oder bin ich jetzt ein Schmetterling, der träumt, er sei ein Mensch?« (Tschuang-Tse)

    »Ich glaube, ich träume. Ich träume aber nicht.«

    (Christian, dreieinhalb Jahre alt)

    Namensverzeichnis:

    Jonas: achtzehn Jahre alt, französischer Hintergrund, braune Haare, leicht gelockt, liest viel, träumt noch mehr, schreibt... sehnt sich nach Liebe... heißt auch Lance(lot), Scheherazadios, Aladdin, Romeo Greschbach, Cheng, Jean, Noureddin, Schahzeman...

    Max: sechzehn Jahre alt, goldblonde Haare, Holländer, aus Amsterdam, spielt eine große Rolle, obwohl er meist dort ist, heißt auch Douban, Maxi, Badouro, Julian Andlau, goldenes Sonnenkind...

    Patrick: sechzehn Jahre alt, mittelblond, braune Augen, Graffiti Sprayer (Writer), berauscht sich nur dadurch, Naturwissenschaftler, weiß nicht, wie ihm geschieht..., heißt auch Artus, Khacan, Padraig, junger Prinz, Duan, Julien, Caschcasch...

    Yasar: achtzehn Jahre alt, türkischer Hintergrund, Biologiegenie, Schulfreund von Jonas, hat eine Freundin, Depressionen vermutlich auch, schwieriges Verhältnis zu Jonas, der einst in ihn verliebt war, leidet wie Jonas darunter, in einem kleinen Kaff zu wohnen, heißt auch Camaralzaman, ist im ´Rat der Zehn´...

    Dali: achtzehn Jahre alt, kroatischer Hintergrund, beste Freundin von Jonas, Künstlerin, sehr intelligent und entschieden, war einst in Jonas verliebt, voller Name Daliborka, heißt auch Zobeida, Morgaine, Buchhalterin...

    Sebastian: elf Jahre alt, „kleiner Bruder" von Jonas, unternimmt manchmal etwas mit Jonas, sehr reif für sein Alter, heißt auch Engel Sebastian, Dinarzadios, Amino...

    Aleks: sechzehn Jahre alt, polnischer Hintergrund, sehr religiös und homophob, Sportler, smart, heißt auch Wächter, Saouy, Ritter Gareth, Engel Aleks, Beamter...

    Elsa: Schwester von Jonas, älter als er, ihr Partner heißt Jürgen, haben nicht viel Kontakt zu Jonas, fahren trotzdem gemeinsam in Urlaub

    Sascha: siebzehn Jahre alt, guter Freund von Patrick, auch Graffiti Sprayer, sehr nett, hat viele Freunde, sehr kommunikativ

    Christoph: achtzehn Jahre alt, auch in der Clique von Sascha, kommt meistens nur in den Träumen von Jonas vor

    Hannes: vier Jahre alt, Schweizer, Urlaubsbekanntschaft, multilingual

    Conor: der irische Sänger Conor J. O'Brien, seine Band heißt Villagers, sie mag Jonas, Conor kommt nur in Träumen vor

    João Nikiforow: unbestimmbares Alter, fast unbestimmbare Herkunft, Stricher, trotzdem weit gereist, kommt nur in Träumen vor, ist der beste Liebeslehrer für Jonas, Freund von Alejandro

    Nenad und Fabian: etwa in Jonas´ Alter, ebenso kreativ wie Aleks, kommen nur in Träumen vor...

    Steffen: der erste Schwarm von Jonas, merkt später, dass er auch schwul ist, spielt Tischtennis

    Christine: achtzehn Jahre alt, in der Klasse von Jonas, weiß nicht, was sie von Patrick halten soll, heißt auch Gwenhwyfar

    Julien: ein Breaker und Sprayer, Bruder von Jerôme, schwul, wie sich am Ende herausstellt, heißt auch Raschid und Erzengel Julien

    Jens, Tobi, Claudia, Christina, Hotte etc.: viele Namen, Jonas hat einen sehr großen Bekanntenkreis, die meisten sind aber recht unwichtig für die Geschichte

    Prolog

    Was möchtest du denn gerne lesen? wird Jonas in der Buchhandlung gefragt, und er denkt sich: Mann, ich möchte Bücher lesen, die von Liebe handeln, aber nicht immer nur dieses Mann-Frau-Ding, die ganze Weltgeschichte dreht sich ja wohl nur darum, aber wo sind denn diese anderen Geschichten? Aber kann er das aussprechen? Er tut es nicht. Es gibt diese andere Literatur – nur nicht in der Schule, nicht in der Bibliothek seiner Eltern, nicht in den Regalen seiner Freunde. Aber es ist ihm auch zu peinlich danach zu fragen... Es gibt sie und man kann sie bestellen, aber er möchte gute Sachen lesen, etwas empfohlen bekommen... Leichter ist es, die Geschichten, die er zu lesen bekommt, umzudichten, so wie sie ihm passen...

    Welchen Film möchtest du gerne sehen? wird Jonas bei den DVD-Abenden gefragt, und er denkt sich: Mann, die Filme, die ich gerne sehen möchte, schaut ihr euch nicht mit mir an, da bin ich mir sicher. ´Kultfilme´ schauen sie sich an, sie gefallen ihm, aber er möchte diese anderen Filme sehen, ja, es gibt sie, und heutzutage gibt es Möglichkeiten, sie im Netz herunterzuziehen, doch möchte er sich auch darüber austauschen. Er schaut sich diese Kultfilme mit seinen Freunden und seiner Familie an – und dichtet sie in Gedanken um.

    Wovon träumst du? wird Jonas von seiner Schwester gefragt, und er denkt sich: Mann, das kann ich dir nicht sagen, das möchtest du nicht wissen, du würdest dich sehr wundern...

    Und am liebsten möchte Jonas nicht mehr träumen, er sehnt sich nach Liebe, will diese leben, doch wie? Doch wie! Da ist niemand, der ihn lieben möchte. So erträumt er sich die Liebe, ständig und überall...

    Wer möchtest du sein? wird Jonas von seinen Lehrern gefragt, und er denkt sich: Ich bin jemand, der liebt, ich bin jemand, der Geschichten erzählt, ich bin jemand, der träumt...

    Da stand er plötzlich: Goldblonde, glänzende Haare, blaue, wild funkelnde Augen, ein süßes Stupsnäschen, ein atemberaubendes Lächeln. Er glaubte, den süßesten Jungen auf der ganzen Welt vor sich zu sehen. In Kehl kannte er alle Gesichter, ihn jedoch hatte er noch nirgends zuvor gesichtet. Er wäre ihm aufgefallen. Der Junge diskutierte gerade mit seinen Eltern, welche Wurst sie sich kaufen sollten. Jonas versuchte unauffällig näher zu rücken. Sie sprachen holländisch miteinander. Der süßeste Junge der Welt war also ein Holländer. Jonas nannte ihn, in Gedanken, Max, ja, dieser Name passte. ´Max´ und Eltern hatten sich entschieden und liefen weiter, genauso wie Elsa, Jonas´ Schwester. Geistesabwesend tat er die Lebensmittel, die auf seinem Einkaufszettel standen, in seinen Einkaufswagen; währenddessen suchten seine Blicke den Holländer.

    Elsa fragte ihn, ob sie nun alles haben. Sie müssten noch in die Backstube, antwortete er. Danach gingen sie an die Kasse, um zu bezahlen.

    Sie luden die Lebensmittel in Elsas Auto und fuhren heim. Ein Holländer. Bestimmt Tourist. Aber in Kehl? Vielleicht sind sie gerade erst hierhergezogen. Hoffnung. Aber nein! Warum sollten Holländer nach Kehl ziehen? Ich würde das niemals freiwillig tun, dachte er sich, ich werde ihn niemals wieder sehen!

    Daheim angekommen nahm Jonas die Dinge, die für ihn bestimmt waren, aus Elsas Wagen. Er war alleine zuhause. Seine Eltern waren nach Frankreich gefahren, zur Verwandtschaft. So war Jonas für den Haushalt verantwortlich. Elsa wohnte mit ihrem Freund Jürgen zusammen.

    Es war viertel vor zwei. Gerade rechtzeitig, um in Richtung Baggersee aufzubrechen. Er musste die zehn Kilometer nach Legelshurst mit seinem Fahrrad bewältigen. Kurz vor Neumühl war eine steile Brücke, die das schlimmste Hindernis auf der ganzen Strecke darstellte, danach war der Weg in Ordnung. An der Kirche vorbei, nach links abbiegen. ´Auf dem Stein´ nach rechts. Und dann auf den Fahrradweg, der durch Mais- und Mohnfelder führte. Über die Eisenbahnschienen. Am Reitstall nach links. Dann rechts – und hier endlich erblickte man den Baggersee. Er schloss sein Fahrrad ab und suchte... Sascha und Daniel; als er sie fand, legte er sich zu ihnen. Er fragte sie, wo Patrick ist, und sie antworteten, dass er wahrscheinlich zu Hause am ´Pennen´ sei.

    Jonas legte sich zu den beiden Jungen und zog sich rasch aus. Er schloss die Augen und dachte an Patrick, an die mittelblonden Haare, die braunen Reh-Augen, an das neckische Lächeln, das liebe Gesicht mit den milden Zügen. Der dunkelhaarige Lockenkopf Jonas hatte wohl eine Schwäche für Blonde.

    *

    Die Nebel von Avalon: Lancelot (Jonas) hat sich in Artus´ Braut Gwenhwyfar (Christine) verliebt. Gwen kann keine Kinder kriegen, doch Artus (Patrick) sucht die Schuld bei sich, denn er weiß nichts von seinem Kind Gwydion, das er mit Morgaine (Dali), seiner Schwester, bei ihrer Hirschkönighochzeit zeugte. Das Gerücht geht um, dass Lance (Jonas) für Artus (Patrick) mehr als nur ein guter Freund ist. Es wird von Knabenliebe gesprochen. In einer Nacht überredet Artus (Patrick) Lance (Jonas) und Gwen (Christine) dazu, miteinander zu schlafen, um ihm einen Thronfolger zu zeugen. Die beiden willigen nach langem Widerspruch ein, obwohl Gwen (Christine) eine enthusiastische Christin ist, die diese Sache nicht mit ihrem Glauben vereinbaren kann.

    Bettszene, zu dritt: Lance (Jonas) liebt Gwen (Christine), Artus (Patrick) liebkost Lance (Jonas), streichelt ihn, Gwen (Christine) sieht es genau. Artus (Patrick) will mit Lance (Jonas) schlafen. Dies ist sein größter Wunsch, seine tiefste Sehnsucht, doch Lance (Jonas) liebt Gwen (Christine) und die Frauen. Ein Zusammenkommen ist unmöglich.

    Viele Jahrhunderte später: Jonas, der genauso aussieht, wie er sich Lance vorstellt: Dunkle, lockige Haare, braungebrannt, freundliche, gutmütige Art, trifft auf Patrick, der in den Phantasien von Jonas Artus gleicht. Doch diesmal ist es Lance (Jonas), der die Knaben liebt, und insbesondere seine Majestät Artus (Patrick), der jetzt jedoch seine Augen auf das weibliche Geschlecht geworfen hat. Das ist quasi die vom Schicksal auferlegte Strafe für Lance (Jonas), Artus (Patrick) in einem früheren Leben abgewiesen zu haben.

    *

    »Jonas«, brüllte Sascha, »du willst doch nicht abratzen, oder?«. »Was?« fragte Jonas, »was ist los?« Er war etwas verwirrt, brauchte einen Moment, um in der Gegenwart anzukommen.

    Er forderte ihn auf, mit ins Wasser zu kommen. Sie mussten über die Wiese laufen, und da sie nicht am Steilufer ins Wasser wollten, überquerten sie auch den Sandstrand, wo die Klassenkameraden von Jonas ihren Stammplatz hatten. Er ging zu ihnen und begrüßte sie pflichtbewusst.

    »Na, Jonas, beehrst du uns auch einmal mit einem Besuch?« fragte ihn Jens, der genauso wie er in der zwölften Klasse war.

    Er rannte in Richtung Wasser, sprang hinein und schwamm seinen Freunden hinterher.

    »Wollen wir ans andere Ufer schwimmen?« fragte Sascha.

    *

    Daniel fragte die beiden, ob sie Lust auf Volleyball spielen hätten. Er balancierte den Volleyball geschickt auf dem Zeigefinger seiner rechten Hand. Sie nickten.

    Die drei spielten im Wasser, an einer Stelle, an der sie noch gut stehen konnten. Immer wieder hechtete einer von ihnen ins kalte Nass, um den Ball vor dem Stillstand zu retten. Jonas sah ständig auf den Strand. Er hatte jemand Besonderen gesichtet: Aleks, den polnisch-stämmigen, smarten Typen, den er vor kurzer Zeit auf einer Party kennengelernt hatte.

    *

    Es war eine Baggersee-Party. Am Legelshurster. Jonas saß am Feuer, umringt von hübschen Mädels aus Aleks´ Klasse, sie schmachteten Jonas an, und der redete mit ihnen freundlich und einigermaßen interessiert. Aleks hatte es sich ihm gegenüber gemütlich gemacht, fünf-sechs Meter von ihm entfernt. Er schaute ihn an: Diesen blonden Jungen, der wunderschöne, klare, blaue Augen hatte und einen verdammt guten Körper. Aleks lächelte zurück. Später tanzten sie beide, als Aleks »Barbra Streisand« von Duck Sauce und »Alors On Danse« von Stromae aus seiner iPod-Anlage dröhnen ließ.

    Nachher fragte Aleks ihn: »Bist du heterosexuell?«. Jonas wich dieser Frage aus. Zwei Tage später trafen sie sich wieder auf einer Baggersee-Party am Legelshurster. Jonas war gerade in ein Gespräch über Homosexualität geraten, mit Kerstin und Pia, und sie waren sich alle einig: Pro Homos. Aleks stieß hinzu und war ganz anderer Meinung:

    »Mein Vater hat schon Recht. Er hat gesagt, wenn er zwei Männer sehen würde, die sich küssen, dann würde er sie verprügeln.« Sein Blick war fast schon eisig.

    »Ihr seid Scheiße!« erwiderte Kerstin empört.

    »Der Papst hat völlig Recht. Alles was er sagt ist richtig«, sagte nun Aleks ganz rechtgläubig.

    Unverständnis bei den anderen.

    Jonas fragte: »Aleks, wenn jetzt ein guter Freund zu dir käme und sagen würde, er sei in dich verliebt, was würdest du mit ihm tun?«

    »Totprügeln!« lautete die rasche, kaltblütige Antwort.

    Jonas dachte sich, dass das doch nicht wahr sein könne.

    »Du bist doch ein Arschloch!« entgegnete er ihm fassungslos. An diesem Abend fiel nur noch ein Satz zwischen ihnen, von Aleks:

    »Du bist doof, weil du für die Schwulen bist.«

    Als er sich nachts ins Bett legte, dachte er über Aleks nach, wie ihn dieser so nett angelächelt hatte bei der vorigen Party. Er sieht toll aus, richtig geil. Wenn Jonas die Bezeichnung ´Herzensbrecher´ einem bestimmten Jungen verleihen müsste, dann wohl ihm. Er stellte sich sein verwegen lächelndes Gesicht vor, seine strahlenden, blauen Augen, diese Wärme, die von seinem Blick ausging, und dann dieser Satz, dieses Wort: »Totprügeln«. Jonas dachte eine Zeit lang, er hätte sich in ihn verliebt.

    Aber das darf nicht sein, nicht in ihn. Er sieht traumhaft aus, ja, er gefällt mir wirklich, doch er kann mir nur wehtun. Vergiss ihn!, mahnte er sich selbst. Trotzdem: Wie Aleks ihn angelächelt hatte... Jonas glaubte, dass der andere gegen bestimmte Gefühle in sich kämpfte, vielleicht hatte er selbst manchmal den Verdacht schwul zu sein und dieses »Totprügeln« war sein Abwehrmechanismus...

    Vergiss es, Jonas! Er durfte nicht einmal daran denken, ihn anzumachen.

    Wochenlang hatte ihn Jonas nicht mehr gesehen, er fand es sehr schade, aber auf der anderen Seite war es besser so. Aus den Augen, aus dem Sinn. Nun ja, er merkte wenigstens, dass er nicht wirklich in ihn verliebt war. Er sah ihn erst wieder an dem Tag, bevor er ´Max´ erblickte. Am Legelshurster Baggersee. Gerade als er sein Rad abschloss und wieder aufschaute, sah er ihn, Aleks. Noch bevor er sich zu Sascha und Daniel legte, ging er zu ihm und sie redeten kurz miteinander, wie alte Freunde, eine trügerische Ruhe zwischen ihnen.

    *

    »Sascha, Daniel, ich höre auf. Habe keine Lust mehr. Spielt alleine weiter. Ich gehe aus dem Wasser«, sagte er unschuldig.

    Aleks spielte auch Volleyball, auf dem Platz neben dem Zaun, sie hatten ein Netz, er und seine Kumpels. Jonas setzte sich zu Jens, denn von diesem Platz aus konnte er Aleks sehr gut beobachten. Er unterhielt sich nebenbei mit ihm, immer beide Augen auf das Objekt seiner Begierde gerichtet. Der andere merkte das nicht. Gut, dachte sich Jonas.

    Ja, beobachten, das tat Jonas gerne. Überall. Am Baggersee, in der Disco, im Café, beim Einkaufsbummel... Leute anblicken, Jungs vor allem, sich Geschichten, Biographien zu den Gesichtern ausdenken, aber vor allem hübsche Jungs anschauen und davon träumen, dass einer von denen der Richtige ist. Und sich sattsehen an ihnen. Wie jetzt an Aleks. Der sah wirklich toll aus.

    Aleks hörte mit dem Volleyballspielen auf und rannte ins Wasser. Jonas drehte sich in die andere Richtung, um ihn weiter beobachten zu können, wieder fiel es nicht auf. Geschickt angestellt. Jens redete ununterbrochen, Jonas kriegte nichts davon mit. Macht nichts.

    »Jonas, du sagst ja heute gar nichts. Was ist los? Du redest doch sonst so viel!« sagte Jens. Ausgerechnet.

    »Weiß nicht, hab meinen ruhigen Tag heute.«

    Nach einiger Zeit hörte Aleks auf und ging an seinen Platz, leider hinter einem kleinen Hügel gelegen. Jonas sagte, dass er wieder an seinen Platz zurückgehen werde. Auf dem Weg zurück traf er Claudia und Stefanie. Er setzte sich zu ihnen und quatschte über dies und jenes mit ihnen, sie waren in der Stufe von Patrick.

    Später legte er sich wieder zu Sascha und Daniel, beides süße Skater mit keinem Gramm zu viel Fett am Körper und kurzen dunklen Haaren, die sie sonst unter Baseball-Caps verbargen.

    »Wir gehen«, sagte Sascha.

    »Mach ich auch. Kommt ihr heute Abend zu mir?« fragte er sie.

    Sie verabredeten sich für später.

    Doch später sagte Sascha ab, weil ihn Ariane sehen wollte.

    *

    Jonas und Sascha kannten sich noch nicht lange. Sie hatten sich bei der Verkehrszählung kennengelernt. Jonas wollte von der Schule aus heimgehen und kam dabei am Beobachtungsposten von Sascha, Daniel und ein paar anderen vorbei. Da er einen davon kannte, setzte er sich dazu und unterhielt sich mit ihnen. Später brachte er ihnen Süßigkeiten und Eis mit. Sascha und er kamen ins Gespräch. Sie redeten über Graffiti und Hip-Hop. Jonas sagte:

    »Ach, in meinem Zimmer könnte man eigentlich auch sprühen.«

    »Echt? Ich würde es gerne machen!« erwiderte Sascha sofort.

    Nach ein paar Wochen kam dieser dann in Begleitung von Patrick und sie besprühten zwei Wände in Jonas´ Zimmer. Jonas war sehr erfreut darüber, dass Patrick (Artus), der ein sehr begabter Graffiti-Künstler ist, mitgekommen war, weil er seit Wochen überlegt hatte, wie er ihn ansprechen könnte, doch er hatte sich nicht getraut, und jetzt schneite der Angebetete einfach so herein und verewigte sich auf seiner Wand. Das Schicksal führte sie zusammen, ja, das musste es sein. Es konnte kein Zufall sein. Wenn Jonas sich das genauer überlegte, dann lernte er früher oder später jeden Jungen kennen, für den er schwärmte; es kam oft vor, dass er sich mit Jungs anfreundete, in die er sich verliebt hatte.

    Als Sascha und Jonas einmal zusammen am Baggersee lagen, meinte Sascha:

    »Ich habe keine Lust mehr, ich gehe heim. Fährst du mit, Jonas? Dann kann ich dir unseren Teich zeigen.«

    Sascha wohnte in Bodersweier und so mussten sie erst einmal von Legelshurst nach Bodersweier fahren. Dort schauten sie sich zuerst den Teich mit den Fischen und Schildkröten an, dann gingen sie hoch auf Saschas Zimmer und unterhielten sich längere Zeit. Sascha weihte ihn in seine Geheimnisse ein, beispielsweise in seine geheime Affäre mit Ariane. Nach einiger Zeit sagte er zu Jonas, dass man ihm vertrauen könne. Er musste darüber schmunzeln. Er war ehrlich, aber er verschwieg, dass er schwul ist. Später fragte Sascha:

    »Was ist bei dir mit Mädels? Jemand hat mir erzählt, dass du erst vor kurzem eine Freundin hattest.«

    Jonas schwieg und schaute auf den Boden. Der andere ließ ihn in Ruhe, weil er glaubte, dass das Mädchen Schluss mit ihm gemacht hätte.

    *

    Jonas beschloss erst einmal zu baden, er hatte ja jetzt den ganzen Abend Zeit. Er holte sich seine iPod-Musikbox ins Bad und drehte die Musik laut auf. Er legte das Telefon neben die Badewanne und etwas zu essen und zu trinken. So richtig gemütlich machte er es sich da drinnen, so konnte er Stunden im Bad verbringen. War das entspannend! Heißes Wasser, kalter, süßer Sprudel und Joghurt.

    Das Telefon klingelte. Jonas nahm ab. Es war Yasar. Er hatte die Idee, dass sie eine Party machen könnten am Freitag Abend, wenn Jonas schon mal eine sturmfreie Bude hatte. Jonas sagte, wieso nicht, aber ich bade jetzt erst einmal – dann war Jonas wieder mit sich allein. Er lümmelte sich in der Badewanne. Er hörte Raï-Musik. Von Khaled. Hatte er von seiner Mutter. Er schloss die Augen...

    *

    Jonas war auf den Straßen von Damaskus. Da spielten die Geschichten von ´Tausendundeiner Nacht´.

    »Scheherazadios, komm herein!« ertönte es aus dem Gebäude des Großwesirs. Jonas blickte sich um, da war kein Mensch, weit und breit, nur er. Scheherazadios?

    »Scheherazadios, ich sage es nicht noch einmal!« schrie er nun wütend.

    Scheherazadios (Jonas) ging ins Haus. Er fragte:

    »Vater, stimmt es, dass der Sultan Shahriar alle seine Ehemänner nach einer Nacht umbringt?«

    (Offensichtlich war das eine Schwulen-Phantasie!)

    »Ja, mein Sohn, es stimmt, es ist sehr schade, sehr viele junge, hübsche Männer werden erhängt. Und ich muss sie aussuchen«, sagte der weise Mann traurig.

    »Nimm mich als nächstes. Ich kann nicht mitansehen, wie Shahriar die adretten Jünglinge ermorden lässt«, sagte er tapfer.

    »Nein, das kann ich nicht. Du bist mein Lieblingssohn. Weswegen habe ich dir die besten Lehrer besorgt, damit sie dich in Philosophie, Medizin, Geometrie und Geschichte unterrichten? Nein!« entgegnete ihm der betroffene Großwesir.

    »Aber ich kann tolle Geschichten erzählen. Das mache ich jeden Tag«, begann er zu erklären.

    »Was?« fragte der Vater erstaunt.

    (Oh, ich habe völlig vergessen, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nichts von meinem Plan weiß.)

    »Schlag mich vor, unter der Bedingung, dass mein kleiner Bruder Dinarzadios (also mein kleiner Freund Sebastian) bei mir schlafen darf.«

    »Du bist verrückt! Was hast du vor?« fragte der Vater aufgebracht.

    »Doch, ich bitte dich darum, ich habe einen Plan!«

    Shahriar wunderte sich über den Vorschlag, doch er nahm ihn letztendlich an.

    Gut, die beiden waren also nun im Schloss des Herrschers. Nachts wollte Dinarzadios (Sebastian) eine Geschichte von Scheherazadios (Jonas) erzählt bekommen. Er fing an:

    »Mein Herr, es war einmal ein reicher Kaufmann...«

    Als der Morgen graute, war er noch immer nicht mit seiner Geschichte zu Ende. So musste er in der nächsten Nacht weitermachen. So ging es mehrere Nächte lang. Scheherazadios (Jonas) erzählte, erzählte, erzählte... Irgendwann einmal sagte Shahriar:

    »Wer so schön erzählt, wird bestimmt ein treuer, guter Ehemann sein. Du sollst mein Gatte bleiben, solange bis wir beide sterben.«

    »Schön, mein lieber Herr. Ich freue mich sehr über deinen Entschluss und werde dir ein besonders guter Ehemann

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