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Der Tanzkurs
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eBook303 Seiten4 Stunden

Der Tanzkurs

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Über dieses E-Book

Es ist eine wahre Geschichte, von Anfang an. Sie spielt in der Zeit des Kalten Krieges, der Kuba-Krise, dem Berliner Mauerbau, der Wiederbewaffnung , auch mit Atomwaffen. Ein Junger Mann sucht seinen Weg, um seine Zukunft zu gestalten. Er lernt tanzen, damit seine Chancen bei Mädchen besser werden. Er muss seinen Beruf wechseln, um einer absehbaren Strukturkriese aus dem Wege zu gehen. Die erste ganz große Liebe hat viele Hindernisse in einer sehr sexualfeindlichen Zeit. Jeder Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe ist verboten. Wer zwei Erwachsene Personen verschiedenen Geschlechtes in einem Zimmer übernachten lässt, macht sich der Kuppelei schuldig.
Beate Uhse wird mit Prozessen überzogen und Oswalt Kolle versucht mit seinen Filmen die erzkonservative Moral Deutschlands zu verändern. Die Wohnungsnot ist vor allem in München noch riesig. Mietwucher und Mietvorauszahlungen in Bereichen eines jahresgehaltes und darüber sind üblich.
Kriegsdienstverweigerer sind Schädlinge. Rücksichtslos wird versucht, sie von ihrem Vorhaben , keine Waffe in die Hand zu neheme n abzbringen.
Unser Held, Hans Gsottberger, erreicht nach vielen Rückschlägen doch seine Ziele.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum7. Jan. 2013
ISBN9783844242225
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    Buchvorschau

    Der Tanzkurs - Otto-Gerd Wolfseher

    Vorwort

    Zur Geschichte selbst:

    Es ist eine wahre Geschichte, nichts hinzugefügt, aber manches weggelassen, sonst wären es mindestens eintausend Seiten geworden. Wer will schon so viel lesen. Verändert wurden nur einige Namen. Alle Texte von Behörden oder Ämtern sind wortwörtlich wiedergegeben, das kann belegt werden. Alle Preise und Löhne entsprechen der damaligen Wirklichkeit, auch wenn das heute nicht mehr verstanden wird.

    In dieser Liebes- und Ehegeschichte ist auch das Sexualleben behandelt. Nicht in den Vordergrund gestellt, aber ein wichtiger Bestandteil. Ich bin der Meinung, dass keine dauerhafte Beziehung von Frau und Mann ob mit oder ohne Trauschein, ohne eine erfüllte, ausgelebte Sexualität bestehen kann. Warum sollte das verschwiegen werden?

    Zur Zeit dieser Geschichte:

    Wir neigen immer dazu, vergangene Zeiten zu glorifizieren. Mein Großvater wurde im Jahre 1875 geboren und der sagte immer: „Ich habe die Gute Alte Zeit nicht mehr erlebt. Kunststück, es hat sie nie gegeben. Da ist von den „Goldenen Zwanzigern den „goldenen Fünfzigern oder von der „Wirtschaftswunderzeit die Rede.       Alles gelogen!

    In den Zwanzigern gab es in Deutschland vielleicht 2 Jahre, 1925 und 1926 die etwas weniger schlecht, als die anderen in dieser Zeit waren. Selbst die „Goldene Zeit der Bauern von 1945 bis 1949 war nicht für alle so golden, wie man heute darüber denkt. Auch in den Bauernfamilien waren Gefallene, Verwundete, Gefangene und Vermisste. In den 50er Jahren und später war gerade die Landwirtschaft stark von der technischen Revolution und der EWG betroffen. Der Bauer konnte nicht mehr anbauen, was er für richtig hielt, er musste anbauen, was subventioniert wurde. Die „Goldenen Fünfziger waren vielleicht golden für einige Spekulanten und ehemalige Würdenträger der NSDAP, weil sie alle wieder in ihre alten Positionen oder noch höher kamen, weil ihre in den ersten Nachkriegsjahren ausgesprochenen Verurteilungen korrigiert, reduziert oder ganz aufgehoben wurden. Konrad Adenauer prägte den Satz: Ich muss schmutziges Wasser nehmen, weil ich kein sauberes habe!

    Die Moralvorstellungen der Herrschenden waren längst von der Wirklichkeit überholt. Homosexualität war eine Straftat, wer erwischt wurde, kam ins Gefängnis, noch bis 1969. Der Begriff „Unzucht" betraf jeglichen außerehelichen Geschlechtsverkehr, egal wer mit wem.

    Der „Kuppelei" machte sich jemand schuldig, der 2 unverheiratete oder genauer ausgedrückt: nicht miteinander verheiratete Personen verschiedenen Geschlechts, nachts in einem Zimmer beisammen ließ. Dass man Geschlechtsverkehr auch am Tage und außerhalb von geschlossenen Räumen ausüben kann, war dem Gesetzgeber anscheinend nicht bekannt. Ehebruch war eine Straftat. Da hätte fast die Hälfte der Bevölkerung eingesperrt werden müssen, wenn man diese Gesetze alle hätte anwenden wollen.

    Auch das vielbesungene „Wirtschaftswunder" gab es nicht. Es ist kein Wunder, wenn man auf Pump Dinge erwerben kann, die man dann abbezahlen muss.

    Ein Wunder wäre es nur gewesen, wenn man nicht für das hätte, arbeiten müssen, was man sich gekauft hat.

    In dieser Zeit wurden mit dem Geld der Arbeitslosenversicherung im Ausland billige Arbeitskräfte angeworben, 1.000 000 bis 1964, weil die Industriellen nicht schnell genug reich werden konnten, aber andererseits nicht in der Lage waren Menschenkraft durch Maschinen und Geräte machen zu lassen. Die menschliche Arbeitskraft war in den 50er und 60er Jahren einfach viel zu billig.

    Was sie dabei vergaßen, war und ist immer noch, dass sie zwar Arbeitskräfte geholt haben, aber Menschen gekommen sind. Menschen aus anderen Kulturkreisen mit einem riesigen Sack voll Problemen, die auch vierzig Jahre danach nicht einmal im Ansatz gelöst sind.

    Die Rache folgte auf dem Fuß. 1966/67 kam die erste Überproduktionskrise. Sie zeichnete sich schon so um die 3 Jahre vorher ab. Bundeskanzler Erhardt, ein unbedingter Gegner jeglicher Wirtschaftsplanung war völlig hilflos, ausgerechnet in seiner Fachdisziplin, und wurde von dem Altnazi Kurt Georg Kiesinger abgelöst. Dessen Stellvertreter wurde der von den Nazis in die Emigration gezwungene Lübecker Herbert Frahm, genannt Willy Brandt, vorher regierender Bürgermeister von Berlin. Die sogenannte „Große Koalition" zwischen CDU/CSU und SPD entstand.

    Demokratische Bewegungen, so wie wir Kriegsdienstverweigerer, hatten es sehr schwer. Der Staat wollte seine Macht um jeden Preis durchsetzen. Man hatte das Totschlagargument: „Geht doch hinüber in den Osten, wenn Euch etwas hier nicht passt". Damit war praktisch alles, was nach Veränderung verlangte, spielend leicht im Keim zu ersticken. Wer Kritik übte, wurde mit der Hexenformel Kommunist, Agent Moskaus, mundtot gemacht. Die Ostermarschbewegung war die Erste und Einzige ernst zu nehmende Opposition. Ihr zugegebener maßen, geringer Erfolg bestand in der Vermeidung jeglicher Gewalt. Die Staatsmacht versuchte mit allen möglichen Mitteln uns zu provozieren und gewaltsame Auseinandersetzungen zu ermöglichen. Es ist ihr nicht gelungen.

    Mit dem Bau der Mauer und der Errichtung von Stacheldraht um die ganze DDR wurde nicht nur die Bevölkerung abgeschottet von westlichen Ideen, oder viel wichtiger, von westlichem Konsumverhalten, auch die Staatsführung schottete sich von der eigenen Bevölkerung ab. Wenn wir Deutschen etwas machen, dann richtig. Wir sind die besten Kommunisten und wir sind die besten Kapitalisten der Welt.

    Schön wär‘s, wenn wir irgendwann ein Mal die besten Demokraten der Welt würden.

    Oder die besten Liebhaber und Liebhaberinnen.

    Zukunftsgedanken

    Neujahrsnacht 1960.

    Mit 4 Freunden bin ich nachts um 22.00 Uhr von Birkenstein aus auf den Schweinsberg gestiegen. Fackeln leuchteten uns den Weg. Der Schweinsberg ist nur ein unbedeutender Buckel zwischen Breitenstein und Wendelstein, aber - der Gipfel bietet freie Sicht hinüber in das Spitzinggebiet. Heuer bin ich das sechste Mal dabei, wenn wir hier oben um Punkt Mitternacht ein kleines Feuerwerk anzünden, das weit über das Leitzachtal bis hinüber zur Rotwand und zum Taubenstein zu sehen sein wird. Auch von anderen Gipfeln werden wir die Feuer sehen. Wir bereiten die Utensilien vor und dann ist es Mitternacht. Die Raketen krachen und zischen funken sprühend und Bilder zeichnend in den Nachthimmel. Im Tal läuten die Kirchenglocken. Wir stoßen an auf das neue Jahr, mit Sekt, wie sich das gehört. 1960, das Ende der 50er Jahre. Der Weg vom Notstand zum bescheidenen Wohlstand liegt hinter uns.

    Nachdem die letzte Rakete verglüht ist, räumen wir alle Überbleibsel des Feuerwerks fein säuberlich zusammen, sodass auch nicht das kleinste Fitzelchen übrig bleibt. Lediglich ein klein wenig Ruß von den Fackeln müssen wir auf dem Schnee zurücklassen. Die jetzt beinahe leeren Rucksäcke werden geschultert und die Ski angeschnallt. Diesmal liegt genug Schnee, sodass wir mit den Skiern wieder ganz ins Tal runter fahren können. Auch der Ziehweg, den ein Kleinunternehmer einstens euphorisch zur Bobbahn ausbauen wollte, ist befahrbar. Es geht bis zum Jugend- und Erholungsheim der Industriegewerkschaft Druck und Papier am Ortsende von Birkenstein. Das liegt wunderschön romantisch an einem kleinen Bächlein, das mit seinem sanften Geplätscher, wenn man nachts aufwacht, immer den Eindruck vermittelt, es würde regnen.

    Es ist eine herrliche sternklare und eiskalte Nacht. Man sieht die Umrisse der Berggipfel die sich leicht dunkelblau mit vom Schnee hellen Rändern abheben. Während der Abfahrt, die nicht sehr rasant ist, weil die Fackeln nur ein dürftiges Licht geben und uns zwingen, mit nur einem Stock zu fahren, geht mir so einiges durch den Kopf. Dieses Jahr wird sich mein Leben verändern, werde ich mein Leben verändern, ich werde 21 Jahre alt und damit volljährig. Beruflich muss ich mich entscheiden, wie es weiter gehen soll. Buchdruckerbin ich und werde es nicht mehr lange bleiben können. Vor 7 Jahren, als ich meine Lehre begann, wurde diesem Beruf eine glänzende Zukunft vorausgesagt. Noch vor 3 Jahren, als ich mit dem Moped nach Genf zur Fachmesse „Grafix" fuhr, wurde eine Studie von Shell vorgestellt, die meinen Beruf in den rosigsten Farben schilderte. Mittlerweile weiß ich aber, dass zumindest der Buchdruck auf Bogen technisch längst überholt ist. Zu schwerfällig, zu langsam, zu personal- und materialaufwändig. Ein anderes Druckverfahren, der Offsetdruck konnte verfahrensbedingt die technischen Errungenschaften der letzten Jahre, Fotosatz, maßhaltige Filme und vorbeschichtete Druckplatten weit besser nutzen, als das im Buchdruck jemals möglich sein wird. Der Offsetdruck war bis jetzt nur deshalb noch nicht so weit fortgeschritten, weil viele Druckereibesitzer und auch die Druckmaschinenhersteller die technischen Möglichkeiten, die in diesem Verfahren stecken noch nicht erkannt haben, spürbar war der Trend, weg vom Buchdruck, ausgerechnet beim Bücherdruck, hin zum Offsetdruck schon seit 2, 3 Jahren. Ich habe diese Entwicklung über die Fachzeitschriften sehr aufmerksam und ein wenig besorgt beobachtet.

    Meinen Beruf werde ich wechseln müssen, um überhaupt eine Zukunft zu haben, aber was ich genau machen werde, das weiß ich noch überhaupt nicht. Einen neuen, einen anderen Beruf zu erlernen kann ich mir finanziell nicht leisten, meine Eltern würden das nicht mitmachen und auch gar nicht verstehen. Es gibt für mich noch die Möglichkeit über die Gewerkschaft oder die SPD, bei beiden bin ich Mitglied und kleiner, unbedeutender Funktionär, in eine hauptamtliche Laufbahn einzusteigen. Noch habe ich keine Lösung im Kopf, aber bis zu meinem 21. Geburtstag werde ich mich entschieden haben, wie es weiter geht. Dies sind so die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, aber nicht die Einzigen. Etwas anderes plagt mich noch mehr. Gleich werden wir an der Hütte ankommen und auf eine Gruppe junger Leute stoßen, die heftigst am Tanzen ist - ich kann nicht tanzen!

    Zwar war ich noch vor wenigen Jahren als Kind in einer Volkstanzgruppe und dabei nicht einmal schlecht, aber das war eigentlich kein Tanzen, sondern ein exaktes exerzieren verschiedener Schritte und Bewegungen, die durch immer gleiche Musikstücke vorgegeben waren.

    Hier auf dieser Neujahrsfeier wird alles Mögliche getanzt, Walzer, Tango, Fox, Samba, Rumba, Tschatschatscha und natürlich ganz akrobatisch Rock ‘n’ Roll. Mädchen sind in der Minderheit, deshalb haben nur gute Tänzer eine Chance. Ich habe gar keine, sitze am runden Tisch ganz hinten in der Ecke und kann nur zuschauen, ein bisschen belustigt, ob der Verrenkungen und der Annäherungsversuche, die manche Burschen wagen, und ein bisschen traurig, weil ich selbst nicht mittanzen kann.

    Nach einer Stunde reicht's mir, es ist halb Zwei, ich gehe ins Bett. Schlafen werde ich so schnell nicht können, weil die Musik auch im Schlafraum noch laut zu hören ist, weil mich meine Gedanken nicht ruhen lassen und weil nach und nach die Burschen alle mehr oder weniger geräuschvoll den Schlafsaal mit seinen Stockbetten aufsuchen. Um 5.00 Uhr findet der Letzte seine Liegestatt.

    Morgens um 7.00 Uhr bin ich der Erste beim Frühstück und wieder bester Laune. Nach und nach kommen noch ein paar hinzu. Der große Rest scheut noch das Tageslicht, hat noch Probleme, die Nachwirkungen von Lärm und Alkohol zu überwinden. Mit noch drei Burschen und einem Mädel machen wir uns auf, den schönen Neujahrstag zur körperlichen Ertüchtigung zu nutzen. Wir wollen über die Aiblinger Hütte zum Wendelstein, falls eine Trittspur vorhanden ist, denn Steigfelle haben nicht alle. Glücklicherweise ist der ganze Weg gespurt und in weniger als 2 Stunden sind wir an der Endstation der Zahnradbahn von Brannenburg zum Wendelstein. Hier machen wir zunächst einmal Brotzeit mit Erbswurstsuppe, Würstl und Skiwasser. Dann geht’s über den Gleishang hinunter zur Mitteralm. Dort sehe ich das erste Mal in meinem Leben einen Schlepplift mit Holzbügel. Wenn ich in den letzten Jahren Skifahren war, dann meistens ganz ohne Lift und Seilbahn, höchstens einmal mit dem Sessellift aufs Mittlere Sudelfeld. Sonst immer mit den Skiern auf dem Rücken oder mit Steigfellen drunter, bergauf und nur selten auf eingefahrenen Pisten bergab, fast immer auf wenig befahrenen Hängen. Keine ganz großen Touren, dazu reichten weder Zeit noch Können und Erfahrung, aber rund um Spitzingsee, Lenggries und Herzogstand gibt es genügend Touren und Abfahrten, die noch nicht durch Seilbahnen und Lifte erschlossen sind und nach dem anstrengenden Aufstieg eine schöne Bergkulisse und eine genussvolle Abfahrt bieten können. Das ist billiger, bringt mehr Kondition und ist ein ganz anderes Naturerlebnis, als in der Schlange am Lift zu stehen, inmitten Hunderter anderer Skifahrer, glattgebügelte Pisten herunterzubrettern und dafür auch noch viel Geld bezahlen zu müssen.

    Am Mittleren Sudelfeld bei der Grafenherberge gab es mal einen Schlepplift, da stellten sich immer 10 Leute in die Reihe und jeder fasste mit den Händen einen Holzgriff am Drahtseil, die Skistöcke baumelten in den Schlaufen an den Handgelenken hängend, herunter. Dann fuhr der Lift an. Wenn der Liftbursche gut drauf war, ging das ganz sanft und die ganze Kolonne glitt rasch nach oben. War er schlecht gelaunt, oder die Kupplung schon ein wenig ausgeschlagen, dann gings mit einem Ruck los, irgendeiner von den 10 Leuten packte das nicht und fiel hin und alle die dahinter standen auch. Danach folgte der nächste Versuch und vielleicht auch noch der Übernächste, bis endlich alle in die Höhe gezogen wurden und das Ziel erreichten. Das Spiel machte ich nur ein einziges Mal mit, dann ging ich lieber zu Fuß den Hang hinauf, damals gab es noch an jedem Rand eines Hanges ordentliche Trittspuren, und immer war ich am Ende genauso schnell oben, als wenn ich mich mit dem Lift rumgeärgert hätte.

    Jetzt war das etwas anderes, alle wollen mit dem Schlepplift fahren, jeder außer mir kannte das Verfahren. Und die Gruppe will beisammenbleiben, da sich nur einer in dem Gebiet wirklich gut auskennt. Mein Bügelpartner ist ausgerechnet das einzige Mädel in der Gruppe. Der Bügel kommt, ich greife ihn und will mich draufsetzen, und liege auch schon im Schnee. Das Mädel neben mir wackelt ein bisschen und fährt ohne mich weiter. Der Liftbursch schreit mich an: Du Depp, Du derfsd di do ned draufsitzn, ooloana muaßd de, vaschdähsd! (Du Trottel, du darfst dich doch nicht draufsetzen, anlehnen musst du dich, verstehst du) Das hab ich dann auch kapiert, rappele mich auf, und nachdem drei weitere Bügel leer durchgefahren sind, und das Gelächter der Wartenden in ein Gemurmel mit schlechten Wünschen für mich, übergegangen ist, greife ich mir den Vierten und komme endlich damit weiter. Jetzt habe ich aber keinen Beifahrer für den Gewichtsausgleich auf der anderen Seite. Im Laufe der Fahrt zieht der Bügel immer mehr nach rechts und ich habe jede Mühe, nicht abzurutschen und erneut zu stürzen, endlich bin ich oben. Die anderen warten schon und haben den ganzen Nachmittag etwas zu lachen über mich. Du kannst die besten Witze erzählen und die anderen grinsen höchstens, wenn's dich aber auf den Arsch haut, da lachen alle. Noch ein paar Mal fahren wir diesen Hang und mit dem Lifteln geht es mir immer besser. Allmählich wird es Zeit, den Rückweg nach Birkenstein anzutreten, um 16.00 Uhr wird’s schon dunkel. Mit der nächsten Zahnradbahn von der Mitteralm kommen wir nicht mehr mit, sie fährt uns vor der Nase davon. Jetzt wird die Zeit knapp für den Heimweg. Der Weg zurück wieder über die Aiblinger Hütte ist uns zu lang und auch zu langweilig. Wir beschließen den Steilhang an der Westseite beim Hotel runter zu fahren, dann einfach geradewegs im Tiefschnee durch den Wald, bis wir wieder auf den Weg nach Birkenstein treffen. Genug Schnee ist da, aber gewaltig steil ist der Starthang und nicht eine einzige Spur ist zu sehen. Demnach hat es in den letzten Tagen noch niemand vor uns probiert. Wir sind wagemutig und riskieren es einfach mal; wer stürzt, fällt den ganzen Hang runter, bevor er zum Stehen kommt, das ist uns klar. Der Beste fährt vor und legt eine Spur, der wir anderen folgen ihm. Immer wenn einer heil unten angekommen ist, fährt der Nächste los. Es klappt, niemand stürzt, kein Schneebrett rutscht nach. Der Rest ist ein Kinderspiel. Mit dem wirklich allerletzten Tageslicht sind wir wieder gut im Heim angekommen.

    Nach dem Abendessen, ist die ganze Gruppe, auch die Daheimgebliebenen, die sich die Zeit mit Rodeln, Schlittschuhlaufen oder Stockschießen auf dem Wolfsee vertrieben haben so weit erholt, dass sie erneut das Verlangen nach Musik und Tanz packt. Es haben sich auch schon einige wenige Pärchen gebildet. Der Plattenspieler läuft und die Lautsprecher dröhnen. Die Tanzfläche ist gut gefüllt und die Mädels voll ausgelastet, kaum haben sie Zeit, sich ein wenig zu verschnaufen, werden sie auch schon vom nächsten Burschen geholt. Einzig bei der Münchener Française darf und muss auch ich mitmachen. Das ist aber nicht schwierig, es sind nur Dreher und einfache Schritte, die vom Tanzmeister angesagt werden. Der anschließende Wiener Walzer mit einer Partnerin, die mich zum Glück fest im Griff hat, macht mir größere Mühe und ich bin froh, dass ich dem hübschen Mädel nicht mit meinen Hüttenschuhen auf die Zehen getrampelt bin.

    Es ist schön, die Wärme einer Frau zu spüren, dazu ihre weiche Taille in der Hand und den leichten Druck der Brust, den Duft nach frischer junger Haut und zartem Parfüm zu empfinden. Leider kann ich mich dem nicht uneingeschränkt hingeben, weil ich zu sehr auf die Bewegungen meiner Beine achten muss.

    Auch der längste Walzer geht vorbei und ich führe das Mädel auf ihren Platz zurück, bedanke mich, wage aber überhaupt nicht um den nächsten Tanz zu bitten. Ich glaube fast, sie ist ein wenig eingeschnappt deswegen. Bloß kein Risiko eingehen und mich als schlechter, genau genommen eigentlich als absoluter Nichttänzer blamieren. Sicher hätte mir das Mädel gefallen und die Eine oder Andere auch, aber grundsätzlich habe ich mir vorgenommen, mit keinem Mädel aus unserer Gruppe anzubandeln. Ich bin einer der Jugendleiter und wurde sogar im vergangenen Herbst mit den meisten Stimmen gewählt, schon aus diesem Grunde will ich immer neutral bleiben.

    Erste sexuelle Erfahrung

    Einige Bekanntschaften und kleinere Liebschaften außerhalb der Gewerkschaftsjugend hatte ich in den vergangenen Sommern bereits erlebt. Mädels lernt ein junger Kerl, selbst wenn er so schüchtern ist wie ich, überall kennen, bei der Arbeit, in der Nachbarschaft oder an der Kinokasse, manchmal auch beim Baden an der Isar. Etwas Ernstes ist aber nie daraus geworden. Meistens lag es daran, dass die Mädels nicht die gleichen Interessen hatten wie ich. Es hat halt noch nichts so recht gepasst, die Chemie stimmte noch nicht und vieles ander auch nicht. Vielleicht waren auch meine Ansprüche zu hoch. Einmal machte sogar eine die Flatter, als sie merkte, dass ich noch mit keiner Frau geschlafen habe, sozusagen noch jungfräulich bin, sie wollte einen erfahrenen Liebhaber.

    Meine Freizeitbeschäftigungen spielten sich überwiegend in Gottes freier Natur ab. Schwimmen in der Isar oder in einem der oberbayerischen Seen, Bergwandern und im Winter Skifahren. Jeden Tag 5 Kilometer joggen, das damals noch laufen hieß. Ansonsten interessierte ich mich für Oper, Operette und Malerei. Problemlos kann ich einen ganzen verregneten Tag in einem Museum verbringen, ohne dass mir auch nur eine Minute langweilig ist.

    Zwei erotische Begegnungen lagen auch schon hinter mir. Das erste Mal, mein Erstes Mal, war schon etwas sehr außergewöhnlich. Ich fuhr im Nachtzug nach Berlin zu einer der damals sehr häufigen Ost-West-Konferenzen der Gewerkschaften DGB-West und FDGB-Ost. Im Grunde waren diese Veranstaltungen völlig sinnlos. Sie liefen auch immer nach dem gleichen Schema ab. Die Ossis rühmten ihre gesellschaftlichen Errungenschaften und sprachen von den Bedrohungen durch den Westen, vor allem der Agenten, die ihnen die besten Leute wegholten und davon, dass sie den wirtschaftlichen Vorsprung Westdeutschlands trotzdem bald aufholen und uns überholen wollten. Die Westler sprachen über die Missstände in der BRD, den Machtzuwachs der Kapitalisten und Altnazis, dem Abbau von Rechten der Beschäftigten. Gemeinsame Probleme, die durch Aktivitäten von Gewerkschaftern zu lösen wären, waren nicht erkennbar. Wir sprachen von jeweils völlig anderen Welten. So konnte nie etwas herauskommen, was praktischen Nutzen bringen würde. Für mich gab es nur ein einziges gemeinsames, lebenswichtiges Ziel, das war die Verhinderung des Militarismus in beiden Teilen Deutschlands. Wenn diese Konferenz wieder nur mit belanglosem Geschwätz ablaufen würde, nahm ich mir fest vor, nicht mehr stumm zuzuhören, sondern diesmal klar meine Meinung dazu zu sagen und mitzuteilen, dass ich nicht mehr bereit sein werde, diese nutzlose Zeitverschwendung in Zukunft mitzumachen. So kam es dann auch, davon später, denn eigentlich wollte ich ja von dem erzählen, was mir bei dieser Eisenbahnfahrt im August 1959 im Liegewagen München - Berlin Zoologischer Garten passiert ist.

    So ein Liegewagenabteil hat 6 Betten, auf jeder Seite 3 übereinander, und wird wahllos mit Fahrgästen belegt, wie sie gerade der Reihe nach ihre Fahrkarten gekauft hatten. In meinem Fall waren nur 5 Plätze belegt. Ein älteres Paar belegte die beiden unteren Betten, ein Mann mittleren Alters, der kein Wort sprach, dafür umso mehr Bier trank, das mittlere Bett auf der einen Seite, auf der anderen Seite eine junge, hübsche, gut gekleidete Frau und das einzige obere Bett belegte ich. Das andere obere Bett sollte erst ab Augsburg belegt werden. In dem Abteil war es sehr eng und praktisch unmöglich, sich für die Nacht umzuziehen. Es hieß ja auch Liegewagen und nicht Schlafwagen. Das ältere Paar entschied sich dafür, mit den Kleidern schlafen zu gehen, der durstige Mann ebenfalls. Die junge Frau und ich waren noch gelenkig genug, sich auf der Liege, unter der Decke umzuziehen, ohne den anderen Passagieren einen ungehörigen Anblick zu bieten. Pünktlich fuhr der Zug los und schon kurz nach Pasing wurde der Wunsch geäußert, das Licht auszuschalten und nur das Notlicht brennen zu lassen. Eigentlich wollte ich noch wenigstens eine Stunde lesen, erhob aber keinen Protest und fügte mich in die plötzlich eintretende Dunkelheit.

    Rumbumbum, Rumbumbum ratterte der Zug durch die Nacht. Ich versuchte Reime zum Rhythmus der Fahrgeräusche zu bilden, gab es aber nach einer halben Stunde wieder auf. Viel schlafen werde ich wohl nicht, dachte ich und sinnierte über alles Mögliche nach. In Augsburg stieg niemand mehr zu. Das Bett gegenüber blieb unbelegt. Der Zug fuhr wieder an und nach wenigen Minuten erhob sich ein Schnarchen in 3 Tonlagen. Nur die junge Frau und ich blieben geräuschlos. Dann zupfte es an meiner Decke. Schläft du, flüsterte die junge Frau, aber ganz tief antwortete ich. Seltsam, solange wir noch im Waggon herumstanden, bevor der Zug abfuhr, hatte sie kein Wort mit mir gesprochen, nur ein wenig mit den Augen kokettiert und jetzt war sie gleich per du mit mir. Kaum war ich mit dem Gedanken fertig, kam sie geräuschlos und schnell die schmale Leiter zu mir heraufgeklettert und schob mich sanft an die Wand. Ich war völlig perplex und leistete keinerlei Widerstand. Die Wärme ihres Körpers und der zarte, sinnliche Duft ihres Parfums verwirrten mich, machten mich verlegen und sprachlos. Das war ihr scheinbar recht, denn sie legte mir einen Finger auf den Mund und führte meine rechte Hand an ihre Brust. Ich war wie elektrisiert als ich die weiche Brust mit der festen Brustwarze und dem gekräuselten Warzenhof fühlte, mir wurde ganz heiß und sicher bekam ich auch einen roten Kopf. Gut, dass es dunkel war. Sie küsste mich und schob ihre Zunge in meinen Mund. Zungenkuss konnte ich schon einigermaßen, nur so stürmisch war ich bis jetzt noch nie geküsst worden. Auch mein bestes Stück meldete sich sofort. Sie schob den Oberteil

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