Warum war so einer Kommunist?: Jungkommunist in den 80er-Jahren in der BRD
Von null woiferl
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Buchvorschau
Warum war so einer Kommunist? - null woiferl
Der Kampf ums Paradies
Ich hab geträumt der Winter wär’ vorbei.
Du warst hier und wir waren frei.
Und die Morgensonne schien.
Es gab keine Angst und nichts zu verlieren.
Es war Friede bei den Menschen und unter den Tieren.
Das war das Paradies.
Der Traum ist aus,
der Traum ist aus.
Aber ich werde alles geben,
dass er Wirklichkeit wird.
Ich hab geträumt der Krieg wär’ vorbei.
Du warst hier und wir waren frei.
Und die Morgensonne schien
Alle Türen waren offen,
die Gefängnisse leer.
Es gab keine Waffen und keine Kriege mehr.
Das war das Paradies.
Der Traum ist aus,
der Traum ist aus.
Aber ich werde alles geben,
dass er Wirklichkeit wird.
Gibt es ein Land auf der Erde,
wo der Traum Wirklichkeit ist?
Ich weiß es wirklich nicht.
Ich weiß nur eins, und da bin ich sicher:
Dieses Land ist es nicht!
Dieses Land ist es nicht!
Der Traum ist aus.
In dieser Zeit.
Doch nicht mehr lange,
mach Dich bereit für den Kampf ums Paradies.
Wir haben nichts zu verlieren außer unserer Angst.
Es ist unsere Zukunft unser Land.
Gib mir Deine liebe, gib mir Deine Hand.
Der Traum ist aus.
Der Traum ist aus.
Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird.
Rio Reiser und Ton, Steine, Scherben
Vorwort
Hier habe ich einen wichtigen Teil meines früheren Lebens aufgeschrieben. Es ist sicherlich nicht vollständig, manche Episoden sind ausführlicher geschildert, manch andere haben sich in der Erinnerung nicht so festgesetzt. Weil ich nichts dazudichten wollte sind manche Schilderungen etwas kürzer geraten. Für das hier Geschilderte kann ich versichern, dass ich alles so erlebt habe. Es ist keine wissenschaftliche Analyse, es ist einfach ein Erlebnisbericht.
Absichtlich werden keine Namen genannt (außer von historischen oder toten Personen). Ich möchte niemanden kompromittieren oder ihm gar Schaden zufügen. Auch mein Name ist ein Pseudonym. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich verstecken will. Wenn mich aus meinem Umfeld jemand anspricht, dann kann er von mir gerne erfahren, was ich früher gemacht habe. Nur will ich selbst entscheiden, wann und mit wem ich darüber spreche. Es gibt einige meiner ehemaligen Genossen, die ihre Vergangenheit leugnen. Dazu gibt es für mich keinen Grund.
Ohne die Bewegungen der 70er und 80er Jahre gäbe es heute kein allgemeingesellschaftliches Friedensbewusstsein und ebenso keine Sensibilität in ökologischen Fragen. Zu vielen unserer Aktivitäten kann ich auch heute noch stehen, auch wenn sich eine Menge unserer Anschauungen im Nachhinein als falsch erwiesen haben. Der größte Irrtum bestand darin, dass unsere vermeintliche gesellschaftliche Alternative, der Sozialismus, sich von der ursprünglichen Konzeption von Karl Marx zu einem autoritären, menschen- und naturverachtenden System entwickelt hatte. Diese Entwicklung war aus meiner heutigen Sicht gesetzmäßig.
Leider ist der heutige Kapitalismus nun ohne Konkurrenz. So kann er sich ungestört wieder von seiner rein profitorientierten Seite zeigen und die demokratischen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte Schritt für Schritt über Bord werfen. Demokratie besteht darin, alle vier Jahre zwischen zwei großen, wenig unterschiedlichen Blöcken zu wählen und dazwischen darf man aus einem bunten Warenangebot wählen. Unsere Gesellschaft entwickelt sich immer stärker zu einer Oligarchie. Die natürlichen Lebensgrundlagen werden Schritt für Schritt zerstört, der Wald stirbt weiter. Der Kohlendioxidausstoß ist vor allem Dank der Amerikaner und George Bush kaum zu begrenzen. Die Welt ist leider auch nicht friedlicher geworden.
Doch auch heute gibt es Menschen, die sich einsetzen für Frieden, Umwelt und soziale Gerechtigkeit. Es gibt eine Reihe von Ansätzen, für nachhaltiges Wirtschaften, das auch die Interessen der armen Länder berücksichtigt. Heute halte ich es für wichtig, mit Veränderungen bei sich selbst anzufangen. Das Verhalten zu den Mitmenschen, zur Natur und zu Tieren, die einem begegnen. Der Bezug von Öko-Strom oder der Einkauf von regionalen Produkten erscheint zunächst nicht unbedingt als die große politische Aktion. Aber sobald viele Menschen sich beteiligen, wird sich auch im Ganzen das Kräfteverhältnis verschieben. Es sind immer zunächst wenige, die den Anfang machen.
Es gibt viel zu packen, tun wir es ihnen an.
Wie alles anfing
In Bayern gab es seit jeher einen Einparteienstaat unter dem großen Landesvater Franz Strauß. Kritik an ihm wurde wie in jeder anderen anständigen Monarchie als Majestätsbeleidigung oder Gotteslästerung geahndet. Und nahezu alles was mit den herrschenden Vorstellungen nicht übereinstimmte war Kritik am großen Landesvater. So eckte man als junger, selbstständig denkender Mensch schnell mit dem herrschenden Establishment an. Jeder der abweichende Meinungen oder Vorstellungen äußerte (und jede eigene Vorstellung war eine abweichende), wurde als Ratte oder Schmeißfliege bezeichnet oder als Revoluzzer oder Terrorist, der die herrschende Ordnung stürzen will tituliert.
Zugespitzt hatte sich das noch auf dem Höhepunkt einer hysterischen Terroristenhatz. Eine Gruppe von pseudolinken Spinnern war der Meinung, man müsse den Guerillakrieg, den schon Che Guevara in Bolivien nicht gewinnen konnte, nach Europa tragen. Durch Gewaltaktionen wollte man den Staat zwingen, zu reagieren und ihm so das demokratische Mäntelchen herunterreißen. Anfangs als Baader-Meinhof-Gruppe und später als Rote Armee Fraktion wurden einige Anschläge verübt. Es traten weitere Grüppchen in Erscheinung die sich dann „Bewegung 2. Juni oder „Kommando Holger Meins
nannten. Mitte der 70er kamen Ermordungen und Entführungen von Repräsentanten des Staates und der Wirtschaft dazu. Höhepunkte waren die Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer und die Entführung des Flugzeuges „Landshut"