Der sympathische Mörder von nebenan
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Über dieses E-Book
Der sympathische Mörder von nebenan ist eine humorvoll erzählte Geschichte, in der die Hauptfigur - Hermann - zwar ein Gangster ist, der Leser hat aber nie das Gefühl, dass Hermann etwas Unrechtes getan hätte.
Hermann hatte sein Vermögen, in jungen Jahren, auf sehr kuriose Weise erlangt. Und das während einer Zeit, in der er sich auf zwielichtige Geschäfte mit der ehrenwerten Gesellschaft eingelassen hatte.
Im Alter von 74 Jahren hat er sich entschlossen, seiner Tochter
- Amanda - die Wahrheit über die Herkunft seines Vermögens zu erzählen.
Amanda glaubte Zeit ihres Lebens, dass ihr Vater von seiner Malerei lebte. Sie ist schockiert, als sie die dunkle Seite ihres Vaters kennenlernt.
Hans Detlef Junker
Autor von Romanen, Kurzgeschichten und Gedichten
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Buchvorschau
Der sympathische Mörder von nebenan - Hans Detlef Junker
Auftragskiller -- Nicht unbedingt der Traumberuf, den man sich für sein Kind vorstellt.
Ich kann mir gut die Gesichter der entzückten Verwandtschaft beim Geburtstag vorstellen, wenn sie nach dem Traumberuf für den Kleinen fragen. „Was wird denn der Kleine, wenn er mal groß ist?"
Auftragskiller ist wahrscheinlich selten die Antwort. Genauso wenig wie Hochstapler oder Heiratsschwindler. Es sei denn, man ist von der ewigen Fragerei so genervt, dass man beschlossen hat, nur noch blöde Antworten zu geben.
Probieren sie es ruhig einmal aus. Antworten sie einmal Der Kleine, wird Auftragskiller. Wir haben ihn schon bei einem Workshop angemeldet. Er ist ja so begabt. Neulich hat er eine Maus umgebracht wirklich ganz entzückend.
Die Reaktion wird bestimmt interessant.
Seinem Kind zu eröffnen, dass man sein Geld als Auftragskiller verdient hat, ist aber, außer vielleicht in gewissen sehr berühmten Familien, auch nicht ganz problemlos. Dennoch wollte Hermann genau das tun.
Es klingelte zweimal - und beinahe gleichzeitig hörte Hermann den Haustürschlüssel im Schloss. Gestern hatte er seine Tochter angerufen und sie gebeten vorbeizukommen. Er hatte angedeutet, dass sie sich auf ein paar schockierende Geständnisse gefasst machen sollte. Mehr wollte er am Telefon nicht sagen.
„Bemühe dich nicht, ich bin schon drin", rief Amanda und kam ins Wohnzimmer.
Amanda machte das immer so, wenn sie ihren Vater besuchte. Sie klingelte zweimal kurz um sich anzukündigen und schloss dann auf damit Vater nicht extra zur Tür gehen musste. Nicht, dass es Hermann etwas ausgemacht hätte, zur Tür zu gehen. Genau genommen war er noch sehr fit für seine 74 Jahre. Er überragte seine Tochter mit seinen 1,95 Metern Größe um gut eineinhalb Köpfe. Und weil er zweimal in der Woche trainieren ging, war er nach wie vor muskulös. Nur vor vier Jahren, als seine Frau gestorben war, hatte er sein Training für fast ein Jahr unterbrochen.
Hermann hatte eine bequeme Jogginghose und ein rotes Shirt an. Darin sah er ein bisschen wie ein Weihnachtsmann aus. Schuld daran war wahrscheinlich auch sein weißer Vollbart und seine weißen, langen Haare.
Amanda war leger gekleidet mit einer gelben Bluse, die einen guten Kontrast zu ihren schwarzen Haaren bildete, und Designerjeans. Dazu trug sie weiße Turnschuhe. Früher hatte sie immer hohe Absätze getragen, um etwas größer zu wirken. Mittlerweile stand sie dazu, dass sie nur 1,58 m groß war.
Seit sieben Jahren war sie Leiterin einer Kunstgalerie. Anfangs hatte sie es schwer, sich mit ihren gerade einmal 25 Jahren in der Kunstwelt zu behaupten. Inzwischen war sie eine echte Größe in der Künstlerszene. Ihre Ausstellungen waren stets gut besucht.
Eigentlich hätte sie sich um ihre nächste Ausstellung kümmern müssen, doch ihr Vater hatte sie mit seinem Anruf zu neugierig gemacht. Heute wollte er ihr etwas aus seinem Leben erzählen, hatte er gesagt. „Ich bin mir nur nicht sicher, ob du verkraftest, was du hören wirst", hatte er gesagt. Was soll in seinem Leben schon Schockierendes geschehen sein? Ihr Vater war Künstler und hatte ein Vermögen mit seinen Bildern gemacht.
Soviel sie wusste, hatte er als Maskenbildner bei einem kleinen Wandertheater angefangen.
Irgendwann hatte er dann angefangen zu malen und seine Bilder zu verkaufen. Er war erfolgreich. Seine Bilder erzielten immer einen hohen Preis. Vielleicht wollte er ihr eröffnen, dass er noch mehr Kinder hat und sie nicht alles alleine erben wird. Nun - das würde sie nicht wirklich schockieren. Vielleicht wäre es ja auch ganz spannend neue Geschwister kennenzulernen.
„Schön, dass du gekommen bist, mein Schatz. Lass uns in den Garten gehen. Heute ist zu schönes Wetter, um im Haus zu bleiben", sagte Hermann.
Es war ein herrlicher Samstagnachmittag. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Er nahm seine Tochter kurz in den Arm und verließ mit ihr das Haus. Während sie in den Garten gingen, erzählte Amanda, dass sie einen neuen Künstler für die Galerie entdeckt hatte und jetzt eine Ausstellung für diesen Künstler plante. In der Ausstellung sollten nur Zeichnungen präsentiert werden. Amanda schwärmte ihrem Vater noch einen Moment von den Zeichnungen vor, ehe ihr auffielen, dass es nach frisch gemähtem Gras roch. Sie liebte den Geruch von frisch gemähtem Gras.
Der Garten war auf zwei Ebenen angelegt. Beide Ebenen wurden von einem gut gepflegten Rasen, auf dem hier und da ein paar Obstbäume standen, dominiert. Auf der oberen Ebene war eine Terrasse, die einen direkten Zugang zum Wohnzimmer und zur Küche hatte. Das Haus, ein Holzhaus mit einem 50 cm hohen Bruchsteinsockel, hatte Hermann selbst entworfen. Auf der Vorderseite gab es eine Veranda mit einer Schaukel. Als Kind hatte Amanda diese Schaukel geliebt. Auch heute noch schaukelte sie oft darauf, bevor sie das Haus betrat. Sie konnte dabei herrlich entspannen und alle Sorgen des Alltags hinter sich lassen. Nach hinten heraus war das Haus ebenerdig. Einen Gärtner gab es nicht. Ihr Vater hielt den Garten ganz alleine in Ordnung.
Hermann hatte auf der Terrasse den Tisch gedeckt und selbst gebackenen Apfelkuchen aufgefahren. Er schenkte seiner Tochter Kaffee ein und gab ihr ein Stück Kuchen.
- Er muss etwas zu beichten haben -, dachte Amanda, denn normalerweise ließ er sich lieber von ihr bedienen.
Hermann hatte lange überlegt, ob er ihr sagen sollte, woher das Familienvermögen stammt.
Er hatte sich schließlich dafür entschieden. Leicht war ihm der Schritt nicht gefallen.
Auftragskiller gehört ja auch nicht unbedingt zu den beliebtesten Berufen, in denen sich ein Vater präsentieren möchte.
„Was ist denn so Furchtbares passiert? Bis du pleite? Kein Problem, ich kann dich unterstützten. Ich verdiene genug. Oder hast du mir ein paar Geschwister verschwiegen?"
Ganz meine Tochter. So war sie schon immer, dachte Hermann. Es gibt keine Probleme, nur interessante Aufgabenstellungen und Lösungen. Das muss sie von mir haben.
„Nun, passiert ist eigentlich nichts, oder doch, es ist viel passiert nur eben nicht jetzt. Ich bin nicht pleite und Geschwister habe ich dir auch nicht verschwiegen. In dem Punkt kann ich dich beruhigen. Ich möchte dir nur erzählen, wie ich zu meinem Vermögen gekommen bin", sagte Hermann.
Er griff nach dem Zucker und tat zwei Löffel davon in seinen Kaffee. Hermann trank seinen Kaffee immer mit zwei Löffeln Zucker. Milch gab es nur, wenn er schneller war als die Katze seines Nachbarn.
Eigentlich war Minka die Katze seines Nachbarn, doch Minka sah das nicht so eng. Sie war drauf und dran sein Grundstück und sein Haus in Besitz zu nehmen und er war nicht abgeneigt, sein Heim mit ihr zu teilen. Nur die Sache mit der Milch musste einmal grundsätzlich geregelt werden.
„Das weiß ich doch, meinte Amanda.
Du hast deine Bilder sündhaft teuer verkauft. Ich weiß noch genau, wie du mal einen Regenbogen gemalt hast. Am einen Ende hatte er einen weißen und am anderen Ende einen schwarzen Punkt. Als ich dich gefragt hatte, was das sein soll, hast du gesagt: Keine Ahnung, aber die Kunstexperten werden sich schon was einfallen lassen. Und das taten sie dann auch. Einer sah darin die unerschöpfliche Energie des Universums, ein anderer den Untergang des Kapitalismus. Und dann hat es einer gekauft, der darin die Hoffnung gesehen hat. Wir hatten uns köstlich amüsiert."
„Ganz so einfach verhält es sich nicht. Die Bilder kamen erst später in mein Leben. Genau genommen habe ich meine Karriere einem Diebstahl und einer ganzen Reihe von Lügen zu verdanken. - Na ja, Lügen ist vielleicht etwas zu hart ausgedrückt, nennen wir es Verschweigen von Tatsachen. Also nicht, dass ich jemanden etwas abgenommen hätte, was er noch gebraucht hätte. Diebstahl ist vielleicht in dem Zusammenhang nicht das richtige Wort. Ich habe nur vielleicht das eine oder andere Mal einen Sachverhalt etwas in meinem Sinne beeinflusst."
„Du redest wirres Zeug. Du hast also geklaut, ohne zu klauen und gelogen ohne zu lügen und dabei manipuliert. Sehr verwirrend, wirklich sehr verwirrend", sagte Amanda.
„Okay, antwortete er,
Ich werde wohl von vorne anfangen müssen."
Amanda unterbrach ihn. „Nicht nur mit der Geschichte, du hast dir mittlerweile schon den fünften Löffel Zucker in den Kaffee getan. Gelinde gesagt wirkst du etwas nervös."
Hermann war nervös. Er goss seinen Kaffee ins Gebüsch und schüttete sich eine neue Tasse ein. Diesmal machte er den Kaffee erst fertig, bevor er den nächsten Versuch startete.
„Also gut", setze Hermann erneut an. „Die Sache mit dem Maskenbildner ist schon richtig.
Ich habe eine Ausbildung als Maskenbildner und ich war auch in diesem Tourneetheater als Maskenbildner beschäftigt. Soweit stimmt das, was du über mich weißt. Nur meine Bilder haben mich nicht reich gemacht, jedenfalls nicht sofort.