Die Gregoriuslegende Arnolds von Lübeck
Von Karoline Harthun
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Die Gregoriuslegende Arnolds von Lübeck - Karoline Harthun
I. Einleitung
Die vorliegende Arbeit wurde am 22. September 1995 an der FU Berlin als Magisterarbeit im Fach Mittellateinische Philologie eingereicht. Betreut wurde sie von Prof. Dr. Fritz Wagner. Für die digitale Veröffentlichung habe ich sie weder aktualisiert noch der neuen Rechtschreibung angepaßt.
Die Untersuchung setzt sich zum Ziel, die mittellateinische Bearbeitung der mittelhochdeutschen Gregoriuslegende durch Arnold von Lübeck in ihrer Systematik zu erforschen. Mit Hilfe von sechs Untersuchungskriterien, die die stilistischen, narrativen und inhaltlich-wertenden Eingriffen Arnolds in die Gregoriuslegende Hartmanns von Aue beschreiben, sollen die Charakteristika seiner eigenständigen Interpretation analysiert werden. Diese sollen aber auch den Schlüssel liefern zu einem besseren Verständnis der Erzählstruktur der Legende. Voraussetzung dafür ist die bereits in der Sekundärliteratur geäußerte Annahme, daß es sich bei Hartmanns Text um eine literarische Mischform¹ handelt, die sich narrativer Konventionen aus Roman und Legende bedient, und daß Arnold von Lübeck in seiner Bearbeitung die romanhaften Züge zugunsten einer traditionsgebundeneren legendenhaften Erzählweise unterdrückt.²
Ob Arnolds Methode als repräsentativ für die mittellateinische Legende gelten kann, soll überprüft werden, wenn sich die Arbeit zwei weiteren Texten zuwendet, um darin legendenspezifische Erzählstrategien nachzuweisen. Diese beiden Texte sind die Bernhardsvita Wilhelms von St. Thierry und die Julianlegende Jakobs von Voragine, die hier stellvertretend für die gesamte hochmittelalterliche Hagiographie behandelt werden. Dabei interessieren sowohl die narrativen Strategien der Oberflächenstruktur als auch die der Tiefenstruktur. Zu diesem Zweck wird ein linguistisches Modell William Labovs herangezogen, welches den Zusammenhang zwischen der narrativen Intention eines Textes in seiner Tiefenstruktur und ihrer konkreten sprachlichen Realisation an der Oberfläche des Textes klärt.
Im folgenden widmet sich die Arbeit dem historischen Rahmen der lateinischen Gregoriuslegende. Auf Arnolds Standort in der Tradition der Übersetzungstheorie wird an dieser Stelle nicht eingegangen. Dafür soll in allgemeineren Ausführungen das Verhältnis von volkssprachlicher und mittellateinischer sowie weltlicher und geistlicher Literatur im Deutschland des hohen Mittelalters zur Sprache kommen. Die hierzu angestellten Überlegungen, vor dem Hintergrund der Bearbeitungsmethode Arnolds von Lübeck betrachtet, dienen als Hinweis auf die Funktion der Gesta Gregorii Peccatoris und auf die Motivation von Auftraggeber und Bearbeiter, mit der sie einen volkssprachlichen Text ins Lateinische übertragen haben. Inwieweit sich Funktion und Intention der Gesta Gregorii Peccatoris in anderen mittellateinischen Texten wiederfinden lassen, die aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt wurden, soll hier nur angedeutet werden.
II. Die beiden Textzeugen
II.1 Entstehung
Der Gregorius Hartmanns von Aue nimmt im Gesamtwerk des Autors zeitlich eine mittlere Stellung ein. Stilanalysen ergaben, daß der Text höchstwahrscheinlich nach der Klage und nach dem Erec-Roman, aber vor dem Armen Heinrich und dem Iwein-Roman verfaßt wurde.³ Wenn Hartmann tatsächlich an einem Kreuzzug teilgenommen hat, wie man aus der Liedstrophe MF 218, 5 schließen könnte, so dürfte es sich eher um den Kreuzzug von 1189 / 90 als um den von 1197 / 98 gehandelt haben.⁴ Da der Erec vor dem fraglichen Kreuzzug entstanden zu sein scheint,⁵ ist es naheliegend, in der Phase nach dem Kreuzzug die Entstehungszeit des Gregorius zu vermuten. Für den Iwein, das letzte große Werk Hartmanns, und somit auch für den Gregorius läßt sich hingegen ein eindeutiger Terminus ante quem bestimmen, weil Wolfram von Eschenbach den Iwein in Teilen seines Parzival (253, 10 - 14; 436, 4 - 10) erwähnt, die nicht nach 1205 entstanden sind. Demnach schrieb Hartmann seinen Gregorius zwischen 1190 und 1205, vielleicht sogar zwischen 1198 und 1205.
Die Übersetzung Arnolds von Lübeck läßt sich leichter datieren. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Arnold sie erst begonnen, nachdem seine Slawenchronik zumindest in großen Teilen vorlag, weil diese Chronik⁶ dem Auftraggeber vielleicht als Empfehlung für den relativ unbekannten Autor Arnold von Lübeck diente. Außerdem erwähnt er die Gesta Gregorii Peccatoris im autobiographischen Abschnitt ihres Prologes nicht. Sie endet im Jahre 1209. Die Übersetzung des Gregorius dürfte Arnold vor dem Tode seines Auftraggebers, des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg, abgeschlossen haben, weil er im Widmungsprolog als lebende Person begrüßt wird. Wilhelm von Lüneburg schied am 12. 12. 1213 aus dem Leben, Arnold zwischen 1211 und 1214, als seine Testate in Lübecker Urkunden abreißen.⁷ Sein Nachfolger wird 1214 erstmals als Abt erwähnt.⁸ Arnold hat also, wenn er denn die Chronik vorher abgeschlossen hat, recht konzentriert und nicht länger als höchstens vier Jahre an der Übersetzung gearbeitet, etwa von 1210 bis 1213.
II.1.1 Auftrag
Wilhelm von Lüneburg trat außer durch den Auftrag für die Übersetzung des Gregorius durch kein weiteres Mäzenatenverhalten hervor, starb aber auch im Alter von nur 29 Jahren. Warum er gerade Arnold als Übersetzer auswählte, ist nicht zu beantworten. Der Abt könnte ihm durch seine Slawenchronik bekannt geworden sein. Dennoch ist zu bedenken, warum Wilhelm nicht einen gelehrteren, berühmteren Mann aufforderte, der bereits Erfahrung mit literarischen, gar metrischen Texten hatte. Im Fürstentum Braunschweig-Lüneburg wären zum Beispiel Mönche des Braunschweiger Ägidienklosters,⁹ an dem Arnold von dessen weitgereistem Abt Heinrich¹⁰ erzogen wurde, oder des Lüneburger Michaelisklosters in Frage gekommen. Die kulturelle Stellung dieser Klöster war dank ihrer Nähe zum herzöglichen Hofe und ihrer längeren Tradition bedeutender als die des Lübecker Johannesklosters, dessen erster Abt Arnold selbst war. Zäck vermutet, daß sich Wilhelm mit jenen in der Frage der Kanonisierung des Gregorius nicht einig wußte und sich darum an den Außenseiter Arnold wandte.¹¹
Dieser war über Wilhelms Anliegen wohl auch überrascht, wie er im Prologus praeter rem zu verstehen gibt: „opus, quod nobis iniunxistis [Wilhelme de Lunenburch] de teutonico transferre in latinum, nobis satis est onerosum, quia usum legendi talia non habemus et modum locucionis incognitum formidamus.¹² Sicherlich liegt in der Formulierung „modum locucionis¹³ incognitum
eine Übertreibung im Sinne topischer affektierter Bescheidenheit,¹⁴ mit der sich Arnold dagegen absichern möchte, daß ihm etwaige Übersetzungsfehler zur Last gelegt würden. Insgesamt ist aber von einer topischen Einleitung wenig zu spüren; im Prologus ante rem¹⁵ vermeidet Arnold affektierte Bescheidenheit oder Captatio benevolentiae.¹⁶
II.2 Überlieferung
Die Überlieferung der Hartmannschen Version des Gregorius ist um ein Vielfaches reicher als die von Arnolds Text. Wir kennen insgesamt elf Handschriften und Fragmente des 13., 14. und 15. Jahrhunderts.¹⁷ Die wichtigste Handschrift ist die Leithandschrift A (Vat. regin. lat. 1354) von der Hand eines ostoberdeutschen Schreibers aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts, in der nur der Prolog und der Schluß des Epilogs fehlen. Auf sie stützt sich fast ausschließlich die heutige Edition des Hartmannschen Textes, denn sie ist nicht nur die älteste, sondern auch die beste Überlieferung des Werks.
Arnolds Arbeit scheint dagegen niemals eine nennenswerte Rezeption erfahren zu haben. Sie ist nur durch eine Handschrift P und ein Fragment B in die Neuzeit gelangt, die mittlerweile beide verloren sind. Der Codex unicus¹⁸ stammt aus dem westfälischen Augustinerchorherrenstift Böddeken¹⁹ und befand sich noch unlängst in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek in Paderborn (P a 54),²⁰ wo er 1981 gestohlen wurde. Er wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschrieben. Daß der Codex über zweihundert Jahre nach der Niederschrift der Gesta Gregorii Peccatoris nur unweit von Lübeck entstand, weist darauf hin, daß Arnolds Werk geographisch nur wenig Verbreitung fand. Schilling nennt die Qualität der Handschrift zwar mäßig, nimmt jedoch nicht an, daß sie den Wortlaut des Archetyps entstelle.²¹ Die Überlieferungskette dürfte nur kurz sein; möglicherweise lag dem Schreiber von P sogar das Original vor.
Das Fragment B von 38 Versen war Teil einer Handschrift des 13. Jahrhunderts. Es verschwand im 19. Jahrhundert aus der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Schilling schätzt die Qualität der Mutterhandschrift von B geringer ein als die der Handschrift P, obwohl erstere deutlich älter war.²²
II.3 Vorlagen
Hartmanns Vorlage war die altfranzösische Verslegende La Vie de Saint Grégoire aus dem zwölften oder noch elften Jahrhundert.²³ Zwar sind zwei Fassungen dieses Textes überliefert, doch sind alle vorhandenen Handschriften jünger als Hartmanns Übersetzung. Fassung A ist in einer Handschrift aus der Mitte des 13. Jahrhunderts in Tours und in einer von 1469 in der Bibliothèque Nationale von Paris vorhanden. Fassung B liegt in drei Handschriften vor, nämlich vom Anfang des 13. Jahrhunderts im British Museum London, aus dem 14. Jahrhundert in der Pariser Arsenalbibliothek, aus dem frühen 15. Jahrhundert in Cambrai, und in einem Fragment vom Ende des 13. Jahrhunderts im British Museum. Fassung B steht dem Archetyp näher und gehört dem gleichen Überlieferungsstrang an wie Hartmanns Vorlage. Gleichwohl unterscheiden sich beide Fassungen so deutlich von Hartmanns Übersetzung, daß es sich verbietet, sie für einen Textvergleich als Stellvertreter der verlorenen Vorlage heranzuziehen.²⁴
Die Handschrift von Hartmanns Gregorius, die Arnold für seine Übersetzung benutzte, ist ebenfalls nicht erhalten. Schilling bezeichnet sie im Anschluß an die belegte Gregorius-Überlieferung als Handschrift N. Sie ist enger mit dem Archetyp verwandt als alle uns bekannten Handschriften, wurde sie doch schon vor dem Jahre 1209 und möglicherweise in Hartmanns unmittelbarer Umgebung angefertigt.²⁵ Von allen Handschriften stimmt die Leithandschrift A am ehesten mit ihr überein, doch zeigt die Kapiteleinteilung, die Arnold aus seiner Vorlage übernommen hat, einige Abweichungen.²⁶
II.4 Rezeptionsästhetischer Kontext
Die Frage nach dem Lesepublikum der Gesta Gregorii Peccatoris kann hier zunächst nur angerissen werden. Um sich ihr anzunähern, muß man ohnehin zwischen verschiedenen denkbaren Publika differenzieren. Schon einen konkreten Adressaten zu benennen, stellt sich als schwierig heraus; richtet er sich doch einmal nach der Intention des Auftraggebers, einmal nach der des Übersetzers Arnold von Lübeck. Beide weichen unter Umständen voneinander ab. Dies soll in den Anmerkungen zur möglichen Motivation beider Urheber (Kapitel IX) geklärt werden. Aus Arnolds Bemerkungen im Prolog und im zweiten Epilog können wir schließen, daß er zumindest kein elitäres Publikum ansprechen wollte, sondern auch „einfache, unwissende" Leser, also Laienbrüder oder gar Adlige.²⁷
Als Rezipient interessiert vor allem das zeitgenössische Lesepublikum des frühen 13. Jahrhunderts. Die Rezeption späterer Jahrhunderte, besonders nach der Entstehung des Codex unicus, kann vernachlässigt werden, weil man angesichts der spärlichen Überlieferung der Gesta Gregorii Peccatoris davon ausgehen kann, daß die Neuzeit vor der wissenschaftlichen Beschäftigung kein Interesse an dem Werk hatte.
Das Interesse des Schreibers der Handschrift P aus dem 15. Jahrhundert kann man am Kontext ablesen, in den die Gesta Gregorii Peccatoris innerhalb des Codex gestellt werden. Es handelt sich um eine historiographische Handschrift mit hagiographischem Schwerpunkt. Außer den Gesta Gregorii Peccatoris findet man darin eine Chronik mit dem Titel Flores temporum, den Liber quadrupertiti apologetici, eine Schrift von Pseudo-Seneca über die vier Kardinaltugenden und die Viten Papst Leos IX. und des Hl. Robert.
III. Forschungsbericht
Die Forschung über die Gesta Gregorii Peccatoris stand immer im Schatten des Interesses an ihrer deutschen Vorlage, die der Literaturgeschichtsschreibung als so viel bedeutender galt. So richten sich die meisten Fragen zu den Gesta Gregorii Peccatoris an ihr Verhältnis zum Ausgangstext. Als eigenständiges literarisches Werk wurden sie bisher nur peripher wahrgenommen.²⁸
Nachdem die Gesta Gregorii Peccatoris im Jahre 1877 wiederentdeckt worden waren,²⁹ stießen sie auf reges Interesse und provozierten mehrere Dissertationen. Nach dem Ersten Weltkrieg erlahmte die Beschäftigung und wurde erst wieder in den siebziger Jahren aufgenommen. In den späten achtziger Jahren erlebte das Werk Arnolds von Lübeck eine noch immer anhaltende Renaissance. In den vergangenen zehn Jahren wurde über die Gesta Gregorii Peccatoris annähernd so viel publiziert wurde wie in den hundert Jahren zuvor.
Die Editio princeps legte Gustav von Buchwald vor. Er gab ihr den Titel „Gregorius Peccator". Mehrere Rezensenten kritisierten die Edition und boten Textverbesserungen an.³⁰ Generell konzentrieren sich die meisten der frühen wissenschaftlichen Arbeiten über die Gesta Gregorii Peccatoris auf deren Sprache.
Hermann Seegers verglich als erster Arnolds Übersetzung mit Hartmanns Gregorius. Sein Augenmerk galt dabei vor allem der Entstehung der Übersetzung, indem er zu klären versuchte, welche Handschrift Arnold benutzt haben könnte. Er stellte bereits die Nähe der Handschrift P der Gesta Gregorii Peccatoris zur Handschrift A des Gregorius fest und neigte irrigerweise dazu, diese für die Vorlage zu halten.³¹ Das Fehlen des Prologs in der Handschrift A versuchte er damit zu erklären, daß Arnold der eigentliche Autor des Gregorius-Prologs sei und Hartmann den Prolog erst aus Arnolds Übersetzung übernommen habe.
Die Dissertation Johannes Meys ist der Chronik Arnolds von Lübeck gewidmet. Doch geht Mey in einem Exkurs auch auf die Gesta Gregorii Peccatoris ein. Darin registriert er, nun auf gesicherterer Textgrundlage stehend als seine Vorgänger, strukturelle und inhaltliche Unterschiede zu Hartmann. Er betont vor allem, daß Arnold die Erzählung stark christlich eingefärbt habe.³²
Ernst Schuppes Dissertation befaßt sich erneut mit Problemen der Textkritik. Auf der Grundlage einer ausführlichen metrischen und rhythmischen Analyse des Werks äußert er zahlreiche Korrekturvorschläge zu Buchwalds Ausgabe. Methodisch folgt er seinem Lehrer Eduard Sievers. Dabei fügt er in den nur aus einer Handschrift bekannten Text so viele ihm metrisch notwendig scheinende Wörter ein, daß er sich damit radikal gegen die Autorität der Überlieferung stellt.
Nach Schuppes Dissertation bricht die Gesta Gregorii Peccatoris-Forschung aus unerklärlichen Gründen ab. Abgesehen von einer Magisterarbeit von Hedda-Maria Fraunhofer aus dem Jahre 1970 über die lateinischen Übersetzungen aus dem Mittelhochdeutschen,³³ legt Peter Ganz 1974 den ersten neueren Aufsatz über das Werk vor. Schon vorher war Hans-Joachim Behr am Rande auf die Gesta Gregorii Peccatoris eingegangen, doch hatte er sie lediglich dahingehend untersucht, welche Rolle der fürstliche Auftraggeber für die Entstehung des Werkes spielte.
Zwei wichtige Dissertationen zu den Gesta Gregorii Peccatoris sind in den achtziger Jahren erschienen, die kritische Edition von Johannes Schilling und der gleichzeitig entstandene literaturwissenschaftliche Vergleich der Prologe Arnolds und Hartmanns von Reiner Zäck.
Schilling liefert die verbindliche kritische Edition, die schon deswegen von unschätzbarem Wert ist, weil er als letzter die verschwundene Handschrift auswerten konnte. Er gibt wertvolle Informationen zu Autor, Auftraggeber, Forschungslage, Textaufbau, Interpretation, Sprache und Stil. Die Gesta Gregorii Peccatoris werden nunmehr als eigenständige literarische Leistung gewürdigt.
III.1 Zäcks Interpretation der Prologe
Reiner Zäck vergleicht die Prologe Hartmanns und Arnolds nach inhaltlich-moralischen Kriterien. Die bei Hartmann und Arnold abweichende Exegese des Samaritergleichnisses nimmt Zäck als Ausgangspunkt für eine Diskussion des jeweiligen Schuldverständnisses der beiden Texte auf der Folie der zeitgenössischen Theologie.
Freilich hat bisher niemand eine schlüssige theologische Interpretation von Gregorius’ Schuld in Hartmanns Erzählung vorgelegt.³⁴ Sie verbietet sich schon deshalb, weil Gregorius’ Heirat mit seiner Mutter im theologischen Sinne nicht einmal unzweifelhaft als persönliche Schuld aufgefaßt werden kann.³⁵ Umso problematischer ist nach meiner Auffassung der Ansatz, nur die Prologe des Gregorius und der Gesta Gregorii Peccatoris auf ihre theologische Fundierung hin zu untersuchen und daraus eine für den gesamten Text gültige und einheitliche Schulddefinition und Interpretationsvorgabe ableiten zu wollen.