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Exlux: Tödliche Finsternis
Exlux: Tödliche Finsternis
Exlux: Tödliche Finsternis
eBook419 Seiten5 Stunden

Exlux: Tödliche Finsternis

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Über dieses E-Book

Benjamin Timm hat nur durch Glück den Ausflug nach Südamerika überlebt. Er übergibt die beschafften Informationen, über das Projekt "Glacier Aurum" an den geheimen Rat, der sich im Europaparlament gebildet hat, um die Macht wieder in die Hände der einzelnen Länder zu legen.
Beflügelt vom unerwarteten Erfolg, begeht der Rat einen schweren Fehler, und heuert, ohne genaue Prüfung, einen externen Mitarbeiter an. Jetzt entdeckt die Organisation, die nicht geschlossenen Türen, und vernichtet blindlings alle Störfaktoren, um die gigantische, subglaziale Ölplattform "Exlux", nicht zu gefährden.
Frank Kremer von der Kriminalpolizei Düsseldorf, inzwischen politisch kaltgestellt, ermittelt auf eigene Faust, um seine Geliebte, und ihre Familie, zu schützen. Er kooperiert, ohne das Wissen seiner Behörde, mit dem FBI, und selbst die bosnische Mafia wird aktiv, um ihre Geschäfte und die "Familie" zu schützen.
Währenddessen arbeitet die Mannschaft von "Exlux" fieberhaft an der Fertigstellung der Anlage. Als die lange Nacht am Südpol beginnt, schlägt nicht nur die Natur erbarmungslos zu.
Ben wurde vom Rat bevollmächtigt, die Hintermänner der Organisation zu enttarnen, und trifft erneut auf seinen Killer, der selber zum Gejagten wurde. Die Phalanx aus Macht und Brutalität, muss erste Verluste einstecken, und führt nun einen Krieg an allen Fronten, sodass der geheime Zirkel der 85 auf den Plan tritt, um seine wirtschaftlichen Interessen zu schützen. Zu spät? Wird die richtige Seite den Kampf überleben, und gibt es diese überhaupt?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum26. Nov. 2014
ISBN9783738004007
Exlux: Tödliche Finsternis

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    Buchvorschau

    Exlux - Arno von Rosen

    Exlux – Tödliche Finsternis

    Exlux - Tödliche Finsternis

    Arno von Rosen

    Danksagung

    Mein Dank gilt … Elisabeth.

    Prolog

    „Wahre Macht"

    Die Mächtigen brechen keine Gesetze – sie werden von ihnen gemacht.

    Mächtige Menschen tragen Verantwortung – und geben sie den Verantwortungslosen.

    Wer Macht hat, kann alles besitzen – außer Zufriedenheit, die zerrinnt zwischen den Fingern.

    Arno von Rosen

    1. Kapitel

    „Dr. Miles, Dr. Miles! Warten sie einen Moment! Halten sie bitte den Fahrstuhl auf! Dr. Miles! Ich bin sofort da! Dr. M-i-l-e-s!"

    Der junge Mann, mit kurzen blonden Haaren, die schon an der Stirn ausgingen, hechelte durch den langen Gang auf die Kabine zu, die gerade im Begriff war, sich zu schließen. Im letzten Moment stellte er den Fuß in die schmale Öffnung der Aufzugtür, und sie glitt wieder auf. Burton Miles sah mit steifer Miene auf den Ankömmling, der den Lift betrat.

    „Das ging ja gerade noch mal gut, Dr. Miles. Sie hatten mich wohl nicht gehört. Der Nächste fährt erst in fünf Minuten, und ich wollte sie noch etliches fragen. Außerdem ist es ziemlich langweilig so alleine zu fahren, oder nicht Dr. Miles?"

    Burton Miles widerstand der Versuchung die Wahrheit zu sagen, und brummte.

    „Geht so."

    Armin Wester war erst 30 Jahre alt, aber einer der besten Ingenieure für Automatisierungstechnik im Maschinenbau. Er hatte Abschlüsse, mit Auszeichnungen, der Universitäten von Darmstadt und Cambridge. Wester hatte sogar kurz überlegt, ob er sich am MIT in den USA einschreiben sollte, hatte sich aber wegen der Entfernung, und der hohen Kosten, dagegen entschieden. Er war erst seit knapp zwei Wochen am Südpol, und befand sich noch in seiner Einarbeitungsphase, die er als Assistent von Burton Miles verbringen durfte, zumindest empfand er es so.

    Miles war ein eher schweigsamer Mensch, der akribisch seine Arbeit verrichtete, und deshalb die wenigen Aufenthalte an der Oberfläche gerne alleine verbrachte. Für ihn gab es keinen Grund sich außerhalb der Meetings mit Kollegen und Mitarbeiter zu unterhalten, es sei denn es ging um Problemlösungen seiner Bohrinsel.

    Streng genommen handelte es sich nicht um eine Ölplattform im herkömmlichen Sinne, da sie direkt auf dem Festland stand. Zu etwas Besonderem machte es erst die zwei Kilometer hohe Eisdecke über dem Bohrloch. Das hier nach dem schwarzen Gold gebohrt werden konnte, hatte die Firma seinem Genie zu verdanken. Er hatte den „Tower" entwickelt, der vom südpolaren Boden, bis kurz unter die Eisoberfläche reichte, und 1950 Meter hoch war, und damit auch das höchste Gebäude der Erde.

    Während sich in Arabien die Bauingenieure noch um ein Paar Meter stritten, und lange Antennen aufsetzten, um an 800 Meter Höhe heranzukommen, war das hier kein Thema. Sein Bauwerk, das er mit einigen der fähigsten Bauingenieure der Welt konstruiert hatte, glich dem Bug eines Eisbrechers, an dessen vorderster Front, Metallplatten mit einer speziellen Beschichtung aus Verbundstoffen angebracht waren. Diese Kombination war geschmeidiger als Stahl, härter als Diamant, und konnte auch unter Extrembedingungen einem enormen Druck standhalten.

    Wenn das Eis eine bestimmte Kraft auf die Konstruktion ausübte, erwärmte sich die Legierung, und spaltete das Eis, um es um das Gebäude herumzulenken, damit sich der Gletscher nach dem Gebäude wieder zusammenfügte, und seinen unaufhaltsamen Marsch in Richtung Meer fort setzte.

    Hier, in der Region Palmerland, bewegte sich das Eis nur etwa einen Meter pro Jahr, was wenig war, in Anbetracht der Tatsache, dass es im östlichen Teil der Antarktis bis zu dreißig Meter im Jahr Richtung Küste wanderte. Das war einer der Gründe, warum die Russen sich so schwer taten, den Wostoksee in vier Kilometer tiefe zu erreichen, und dabei regelmäßig ihre Bohrköpfe ruinierten, nur um einen unberührten See anzubohren, der seit 420.000 Jahren von der Umwelt abgeschnitten war.

    Zugegeben, die Sache war ebenfalls reizvoll, alleine wegen der Größe des Sees, der 250 Kilometer lang und 50 Kilometer breit war. Die Eisdecke über dem See, war aber noch einmal 2000 Meter höher, als bei seinem Bohrloch, und die Temperaturen lagen ganzjährig unter Minus 25° Grad Celsius, während hier, auf der arktischen Halbinsel, die Temperaturen am Polarkreis im Sommer sogar 0° Grad erreichen konnten.

    Sie hatten die Station in der Nähe der Festlandküste errichtet, unweit der Forschungseinrichtung San Martin, die zu Argentinien gehörte, und die ganzjährig besetzt war. Allerdings hieß in der Antarktis unweit, fast 1200 Kilometer südlich von San Martin, und 25 Kilometer von der Küste entfernt, um keine ungewollte Aufmerksamkeit auf das Projekt zu lenken.

    Der Hafen befand sich am Eingang des Georg VI. Sund, und der Alexander I. Insel. Die Meereisbildung vor der Küste war gering, und damit auch berechenbar für die Anlieferung der Ausrüstung, und der notwendigen Lebensmittel für die fast 200 Mann, die hier subglazial arbeiteten. Zudem gaben die Berge im Osten der Alexander Insel einen ausreichenden Sichtschutz, so wie auch die Ausläufer der Gebirge auf Palmerland.

    Um die gewaltigen Mengen an Material befördern zu können, hatten sie einen Versorgungstunnel von der Küste, bis zur Station gebohrt, in dem auch die Pipeline verlief, neben der Strecke der Containerbahn, mit der alle Güter transportiert wurden. In regelmäßigen Abständen befanden sich Schleusen, die verhinderten, dass Wasser in die Röhre eindrang, da das Festland hier unterhalb des Meeresspiegels lag.

    Durch den gewaltigen Druck des Eisschelfs auf die Erdkruste, wurde der gesamte Kontinent fast 900 Meter in Richtung Erdkern gedrückt. Der Gletscher bildete zwar eine natürliche Barriere, die das Meereswasser zurückhielt, aber im Laufe der Jahre, könnten die gebohrten Hohlräume im Eis, die Küste erreichen. Durch das Gewicht des Eisschelfs auf die Landfläche, stand auch das geförderte Öl unter großem Druck, konnte aber dadurch ohne zusätzliche Pumpen an die Oberfläche, und weiter Richtung Staateninsel transportiert werden.

    Das Ölvorkommen war entstanden, als der Südpol noch Subtropisch war, und hier Temperaturen von über 25° Grad geherrscht hatten, obwohl sich der Kontinent, erdzeitgeschichtlich betrachtet, nicht wesentlich verschoben hatte, seit Gondwana vor 200 Millionen Jahren auseinander gebrochen war, und sich vor 100 Millionen Jahren die jetzigen Landmassen positioniert hatten.

    Durch die Urwälder am Südpol waren gigantische Mengen an Ablagerungen entstanden, die heute das größte Erdölvorkommen der Erde bildeten. Die Quelle, die sie jetzt angebohrt hatten, war größer als alle bisher erschlossenen zusammen. Damit verfügten die Firma, und ihre Aktionäre, über den Energiemarkt der zukünftigen Zivilisation der gesamten Erdbevölkerung der nächsten 200 Jahre, selbst, wenn jeder Chinese oder Inder, ein eignes Fahrzeug besitzen würde.

    Somit verfügten die Investoren über die Macht, ganze Staaten zu dominieren. Wer also nicht spurte, bekam nicht die benötigte Energie für sein Land. Schon jetzt hatten sie die größte Menge an Erdöllagern weltweit gebaut, die jemals existiert hatte, und die Preise für Rohöl begannen schon stetig zu steigen.

    Unbewusst halfen ihnen die Erdöl verarbeitenden Industrien, die ebenfalls kein Interesse an alternativen Energien hatten, sofern sie nicht selbst über die nötigen Patente verfügten, um daraus Gold zu pressen. Kein Land konnte riskieren, seine Wirtschaft im Alleingang energetisch umzustellen, da hohe Arbeitslosigkeit, und immense Staatsverschuldung drohten. Selbst ein Umdenken der reichen Staaten würde immer die Interessen der Energiemonopolisten berücksichtigen, da sonst der Machterhalt der jeweiligen Regierung stark gefährdet war.

    Burton Miles wusste von diesen Dingen nicht viel. Er glaubte, dass die strenge Geheimhaltung notwendig war, um unliebsame Konkurrenten von den Fleischtöpfen weg zuhalten, die ihrerseits ebenfalls Anstrengungen unternahmen, in der Antarktis nach Bodenschätzen zu suchen. Er wollte auf jeden Fall zu den wissenschaftlichen Gewinnern gehören, und vielleicht sogar eines Tages auf die öffentliche Bühne zurückkehren, die er vor Jahren verlassen musste.

    Offiziell war seine Bohrinsel eine Forschungsstation, die Studien zum Klimawandel durchführte. Er hatte aber ebenso, wie alle Kollegen der Antarktis, noch nie einen Besuch in einer der anderen Forschungsstationen gemacht, und so blieben die 2000 Wissenschaftler auf dem sechsten Kontinent unter sich, und teilten sich dabei eine Fläche, die eineinhalb Mal größer war, als ganz Europa.

    Es war jetzt schon Mai, und in ein paar Wochen begann die Polarnacht. Dann war Palmerland, auf ihrem Breitengrad, für 29 Tage in eine tödliche Dunkelheit getaucht, bei Temperaturen von unter Minus 65° Grad Celsius. Niemand hielt sich zu dieser Zeit an der Oberfläche auf, wenn er nicht unbedingt musste. Dann herrschten Schneestürme mit Spitzengeschwindigkeiten von über 300 Kilometern in der Stunde, und die Schneemassen wehten den sichtbaren Teil des Gebäudes, und der Anlagen, fast vollständig zu.

    An den ruhigen Tagen, würde eine Crew versuchen, die Eingänge mit Baggern wieder freilegen, welche in isolierten Hallen, an der Eisoberfläche, auf ihren Einsatz warteten.

    Sicher, es gab auch atemberaubende Momente in den ersten Tagen der Polarnacht, wenn die Beinahesonnenaufgänge Stunden dauerten, und der Himmel in gelb-rote Farben getaucht war, ebenso wie am Schluss der Dauerfinsternis, die hier Anfang Juli endete. Diese Augenblicke waren aber selten, denn während des polaren Winters, von Juni bis Oktober, regierten hier Wind, Schnee, Nebel und eisige Temperaturen, und ließen nur wenig Platz für schöne Postkartenmotive.

    Burton Miles wechselte die Kabine, immer mit Armin Wester im Schlepptau. Die Fahrt an die Oberfläche dauerte fast fünf Minuten, obwohl die Aufzüge, mit zwölf Metern pro Sekunde, extrem schnell waren. Durch die Höhe des Gebäudes, brachte ein durchgehender Aufzug, zu viele technische Risiken mit sich. Es gab insgesamt sechs Stück, aber nur jeweils zwei führten nach ganz oben, oder hinab zum Bohrloch.

    Aus Stabilitätsgründen hatte der Tower zwar fast 320 Stockwerke, aber die meisten Etagen waren blind gebaut, und hatten zwar ebenfalls Fahrstuhltüren, aber die Ebenen waren leer, und verstärkten die Konstruktion nur zusätzlich.

    Die Quartiere zum Schlafen befanden sich im oberen Bereich, genau wie die Kantine, die Fitnessräume, Kinosäle, medizinische Einrichtungen, mit Krankenstation und Vorratslager. Die technischen Ebenen waren direkt oberhalb des Bohrlochs eingerichtet worden. Dort befand sich, während der einzelnen Schichten, nur ein Notfallteam, das schnell eingreifen konnte, falls es erforderlich war.

    Die nicht bewohnten Bereiche, waren nur wenig isoliert, um das Gebäude nicht zu stark auszukühlen zu lassen. So lagen dort die Temperaturen bestenfalls um den Gefrierpunkt. Die Fahrstuhlschächte waren in das Heizungssystem integriert, dass sich unter den Mannschaftsquartieren, und über den technischen Räumen, im unteren Teil des Gebäudes befand. Die beiden Systeme arbeiteten unabhängig, waren aber verbunden, sodass im Falle einer Störung eines der Systeme, die Wärme nach oben, oder nach unten gepumpt werden konnte.

    Der sichtbare Teil der Anlage lag direkt über dem Tower, und konnte versetzt werden, falls der Gletscher, die überirdischen Baracken zu weit abgetrieben hatte. Bisher musste nur ein Mal die Anlage nachjustiert werden, damit die Zugänge zu den Fahrstühlen, wieder über die Treppe erreicht werden konnten. Durch die exakte Ausrichtung der Forschungscontainer, war auch mit Infrarotaufnahmen aus dem All nicht, zu erkennen, wie groß die gesamte Anlage tatsächlich war, da der Wärmeverlust der oberirdischen Gebäude so groß war, dass die gut isolierten Teile darunter nicht zu erkennen waren.

    Oben angekommen, stiegen die beiden Wissenschaftler aus. Burton nahm immer zwei Treppenstufen auf einmal, um die letzten Stockwerke so schnell wie möglich zu erklimmen. Sie erreichten kurz darauf den Treppenausgang, der in einem der Container endete, in dem auch wissenschaftliche Daten für die Klimaforschung gesammelt wurden. Burton griff nach der Türklinke, und drehte sich zu Wester um, der immer noch auf ihn einredete.

    „Ich gehe jetzt vor die Tür, eine rauchen. Wenn sie mitkommen möchten, ist das OK, aber solange wir draußen sind, herrscht Schweigen. Das ist hier bei uns Gesetzt!"

    Wester stoppte seinen Redefluss abrupt, und nickte seinem Boss zu. Burton zog die Tür auf, und betrat einen Raum, der von Tageslicht durchflutet war. Er trat an eine Reihe von Kleiderschränken heran, die wie in einer Turnhalle angeordnet waren, und entnahm seinem Spind eine dicke Daunenjacke, eine Mütze, eine tiefschwarze Sonnenbrille, ein paar dünne Handschuhe, und zog sich routiniert an. Er trat nach draußen ins Freie, auf eine kleine Plattform, die mit wenigen Stufen auf die Eisfläche hinabführte, und die aus Gitterrosten bestand.

    Der Himmel war wolkenlos und kristallklar. Die Fahnen auf dem Gebäude bewegten sich kaum, und die Markierungen der Landebahn hingen schlaff herab. Während er sich eine Zigarette anzündete, sah er auf das Außenthermometer. Nur 12° Grad Minus. Ein fantastischer warmer Sommertag, ideal, um sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen, und frische Luft zu schnappen.

    Burton lehnte sich an das Stahlgeländer, das die kleine Terrasse umgab, und stieß genüsslich den Zigarettenrauch in den klaren Himmel. Obwohl er eine Sonnenbrille trug kniff er die Augen zusammen, und verharrte in dieser Position eine Weile, bevor er sich umsah. Sein Assistent, hatte sich augenscheinlich noch nicht an die Temperaturen angepasst. Er hatte bereits blaue Lippen, und seine Zähne klapperten, während er auf der Stelle trat, um sich aufzuwärmen.

    Burton lächelte in sich hinein, als er daran dachte, wie der junge Mann reagieren würde, wenn die Temperaturen in ein paar Wochen um weitere 40° Grad gefallen sein würden. Sicherlich konnte er dann einen kleinen Ausflug mit Wester unternehmen, um ihn an seinen Arbeitsplatz zu gewöhnen. Nicht einmal er selbst kam dann noch oft an die Oberfläche, weshalb ihm die wenigen Augenblicke, im viel zu kurzem Sommer, so kostbar waren.

    Er nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, zog einen Taschenaschenbecher aus seiner Jacke, und steckte die Kippe hinein. Während er den Ascher wieder in die Tasche steckte, fixierte er Wester mit seinem Blick. Der versuchte sich immer noch warm zu halten, und zeigte dabei tapfer ein fast gefrorenes Lächeln.

    „Sie sind ein guter Ingenieur, soweit ich das bei den ersten Meetings feststellen konnte, aber sie müssen sich schnell an die Bedingungen hier anpassen, sonst könnte es schlimm für sie enden. Sie wollen doch nicht Wochen, oder Monate, auf der Krankenstation verbringen, bis sie ein Schiff abholen kann, geschweige denn ein Flugzeug."

    Der deutsche Ingenieur hielt dem Blick stand, und versuchte, bereites halb erfroren, zuzustimmen, sofern er sich noch bewegen konnte.

    „Ich bin für jeden Hinweis dankbar, der hier den Aufenthalt leichter für mich macht, aber ich habe noch viele Fragen bezüglich der Vördertechnik, Dr. Miles."

    Burton hielt den Blick von Wester noch einen Moment fest, und seufzte dann kaum merklich.

    „Sie können das Dr. Miles weg lassen. Wir nennen uns hier alle beim Vornamen, soweit sie die schon kennen. Ich mache ihnen einen Vorschlag, Armin. Sie stellen mir eine Agenda mit ihren Fragen zusammen, lassen mir die Liste zukommen, und wir treffen uns heute um 18 Uhr Südpolarzeit in Besprechungsraum 1. Dann gehen wir alles durch, OK?"

    Die Augen von Wester leuchteten dankbar, soweit sich sein Gesicht noch bewegen ließ.

    „Danke Dr. Miles, äh …, ich meine Burton."

    Der Ingenieur deutete ein Lächeln an, und wand sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal um.

    „Noch eins Armin, wenn sie im Gebäude dauernd mit dicken Pullovern rumlaufen, und dann an der Oberfläche nicht einmal eine Mütze aufziehen, müssen sie sich über Frostbeulen nicht wundern. Tragen sie drinnen nur Sweatshirts, und wenn sie nach draußen gehen wollen, besorgen sie sich einen Gesichtsschutz und eine Sonnenbrille, sonst werden sie mir noch Schneeblind, verstanden?"

    Wester blinzelte zur Bestätigung, und fragte mit klappernden Zähnen.

    „Burton, warum heißt die Station eigentlich Exlux? Wäre ein Name, wie „Siegfried, oder etwas in dieser Art, für eine erfolgreiche Ölplattform nicht besser gewesen?

    Der Chefkonstrukteur ignorierte zunächst die Fragen, und betrat wieder den wissenschaftlichen Container. Er ging auf seinen Spind zu, hängte seine Jacke hinein, und warf einen prüfenden Blick auf den jungen Mann.

    „Sie hatten doch sicher Latein in der Schule, oder Armin?"

    „Sicherlich, auch wenn es nicht gerade mein Steckenpferd war."

    Burton grinste seinen Assistenten jetzt breit an.

    „Dann finden sie es in ein paar Wochen bestimmt selber raus."

    Sie machten sich wieder auf den langen Weg, nach unten in die Steuerungszentrale, und er verlor kein weiteres Wort, um Licht in die Sache zu bringen. Burton hatte die Station „Exlux" getauft, nachdem sie hier den ersten Winter verbracht hatten, und das Wetter ihnen 20 Tage fast völlige Finsternis beschert hatte. Wer hier am Südpol ein schwaches Gemüt hatte, oder zu Winterdepressionen neigte, sollte sich lieber davon machen, solange es noch möglich war.

    Es kam nicht von ungefähr, dass die Station mit vielfältigen Freizeitmöglichkeiten ausgestattet war. Bereits zwei Mitarbeiter hatten die Nerven verloren, und waren in die Nacht raus gegangen, und nicht wieder zurückgekehrt. Auf weitere Abgänge konnte Burton verzichten, denn der letzte Mitarbeiter war der Ingenieur für Fördertechnik gewesen, der im letzten Jahr, bei klarem Wetter die Station verlassen hatte, und dann von einem Schneesturm überrascht wurde. Sie hatten Olof Hansen nicht wieder gefunden, und fast ein Jahr gewartet, bis jetzt ein Ersatz geschickt worden war. Er und Olof waren Freunde gewesen, da beide bereits seit der ersten Stunde hier zusammen gearbeitet hatten. Als Norweger wusste Olof um die Gefahren am Südpol, aber auch die besten Männer konnten Fehler machen, wie Burton hatte feststellen müssen.

    Sein Mitarbeiter verließ den Fahrstuhl in der Leitzentrale, um in seinem Büro alle notwendigen Fragen aufzulisten. Die Türen der Kabine schlossen sich wieder, Burton steckte einen Schlüssel in das Bedienungspaneel, und drückte Etage 214. Er war spät dran, denn Wester hatte ihn aufgehalten.

    Etage 214 war, wie die meisten Stockwerke, unbewohnt, und lag im Nirwana des riesigen Towers, so jedenfalls war die offizielle Einstufung in den Unterlagen. Burton wusste es besser, denn er bestimmte, welche Ebene, für was verwendet, oder eingerichtet wurde.

    Der Lift hielt an, und er zog den Schlüssel eilig ab. Gewissenhaft schickte er die Kabine wieder nach unten, zu den technischen Anlagen, und stieg aus. Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass er nur noch eine halbe Stunde Zeit hatte, bis die nächste Besprechung anfing, und er war immer pünktlich. Burton beschleunigte noch einmal seine Schritte, und verschwand in der Dunkelheit der ersten Räume. Er konnte es kaum noch erwarten, Julie zu sehen.

    2. Kapitel

    Es war kalt, und es schneite winzige Flocken, die so leicht wie Staub schienen. Die Schneekristalle fielen auf den gefrorenen Boden, hoben sich wieder, bildeten Wirbel, fielen wieder zurück auf die Erde, und sammelten sich in Ecken, wo sie vor dem Wind geschützt liegen blieben, und kleine Haufen bildeten.

    Die dunkle Limousine fuhr auf den übersichtlichen, fast dreieckigen Parkplatz, und hielt dicht vor einer braunen Hecke, die jetzt im Winter weder Tier noch Mensch wirklichen Schutz bot.

    Die Fahrertür öffnete sich, und Frank Kremer stieg aus. Er streckte sich, und zog den Kragen seines Mantels fester in seinen Nacken. Er war zuletzt vor sechs Monaten auf dem kleinen Friedhof in Hubbelrath gewesen, der direkt an der Hauptsrasse am Ortseingang lag. Er ging schnellen Schrittes auf den Eingang zu, als in der Ferne wieder die Glocken anfingen zu läuten.

    Mit einem schnellen Blick auf seine Uhr, stellte er fest, dass es schon 11 Uhr war. Der Gottesdienst am Ostersonntag war jetzt bald beendet, und für eine kurze Zeit würden sich die Strassen wieder füllen, bis die Kirchgänger wieder in ihren behaglichen Behausungen angekommen waren, um mit ihren Familien gemeinsam zu feiern.

    Er hatte schon am Morgen seinen Sohn Philipp besucht, und das Geschenk seiner Exfrau übergeben. Am Abend wollte Birgit, mit ihrem neuen Mann, und seinem Sohn, für eine Woche zum Skifahren nach Reit im Winkl fahren. Danach würde Philipp ein paar Tage bei ihm verbringen.

    Der Kommissar war hier, im Oktober letzten Jahres, bei der Beerdigung von Karl Koenig gewesen. Er hatte die Mutter von Sarah so gut unterstützt wie er konnte. Trotzdem fühlte er sich immer noch schuldig, dass er damals nicht den Schützen aufgehalten hatte.

    Carola Koenig hatte darauf bestanden, bei der Zeremonie im familiären Kreis zu bleiben, was vielen Politikern, und langjährigen Geschäftspartner missfallen hatte. Er hatte dafür gesorgt, dass die Trauerfeier ohne Fotografen und Promiauflauf statt fand, indem er den Bereich von Polizeikräften abschirmen lies. Eine der letzten Amtshandlungen vom damaligen Polizeipräsidenten Manfred Stoll. Carola hatte ihm damals gesagt, dass sie lange genug ihren Mann mit der Öffentlichkeit geteilt hätte, und nun wenigstens bei der Beerdigung einen letzten Augenblick mit ihrem Mann alleine sein wollte. Das konnte Frank nachvollziehen.

    Er verlangsamte seine Schritte, die immer noch keine Spuren auf den gepflegten Wegen hinterließen, und suchte nach dem Grabstein der Familie Koenig, in einer der letzten Reihen auf der rechten Seite. Als er die Grabstätte erreichte, sah er, dass schon jemand an der Einfriedung stand, so wie er es gehofft hatte. Frank stellte sich dazu, steckte die Hände in die Manteltaschen, und schwieg. Die junge Frau mit engelsblondem Haar sah ihn kurz an, aber ihr Gesicht blieb unbewegt.

    „Wer hat es dir gesagt?"

    Der Kripobeamte kniff die Augen zusammen, als ob er dann die Möglichkeit hätte Gedanken lesen zu können.

    „Freddie war so freundlich."

    Tatsächlich hatte er sich, mit dem Personenschützer der Familie Koenig, fast angefreundet, da er regelmäßig seine Besuche bei Carola gemacht hatte. Freddie hatte sich schwere Vorwürfe gemacht, dass er nicht da war, um die Familie zu beschützen. Auch Versuche, ihm die Schuldgefühle auszureden, halfen nichts. Der Bodyguard hatte lediglich geantwortet, „es

    spielt keine Rolle, ob ich frei hatte, Herr Kremer, es war meine Aufgabe da zu sein, wenn es brenzlig wird. Ich hätte wissen müssen, dass eine Gefahr auf meinen Boss zukommt. Das war mein Job. Meine Routine hat die Katastrophe ausgelöst, aber das wird nie wieder passieren."

    Weitere Gespräche über diesen Tag hatten sie nicht geführt, aber Freddie war dankbar, dass er ab und zu vorbei kam, da die üblichen Freunde ausgeblieben waren, und sich auch keiner der ungebetenen Speichellecker, in die Nähe des Anwesens sehen lies.

    Frank sah zu Sarah hinüber. Keine Träne floss über ihr Gesicht, und ihr Blick war starr auf den Grabstein ihres Vaters gerichtet. Sie musste schon eine Weile hier stehen, da sich um ihre Füße schon ein leichter Schneerand gebildet hatte.

    „Die Meteorologen sagen, dass es das kälteste Osterfest ist, seit es Wetteraufzeichnungen in Deutschland gibt. Manche Experten glauben, dass es sich dabei schon um Auswirkungen des Klimawandels handeln könnte. Verrückt, nicht?"

    Die Blondine sah ihn nicht an.

    „Ich hätte nie gedacht, dass du soviel Fernsehen guckst. Es muss langweilig im Büro sein."

    Frank hatte nur versucht, das eisige Schweigen zu brechen. Er hatte Sarah jetzt Monate nicht gesehen, solange sie in der Schweiz in der Reha war, um ihren rechten Arm wieder voll funktionsfähig zu machen. Er hatte eine viele Fragen an seine Partnerin, aber er entschied sich, erst einmal bei den Fakten zu bleiben. Sie standen eine Weile still, und betrachteten den Granitblock, in den der Name des Milliardärs mit goldenen Lettern eingraviert war, und er suchte nach einem erneuten Gesprächsbeginn, war sich aber nicht mehr sicher, ob Sarah mit ihm sprechen wollte.

    „Ich habe meinen Vater nicht wirklich gekannt, dass wird mir jetzt klar. Alles war nur eine Fassade für das Unternehmen. Seine Geschäftspartner wussten mehr über ihn, als ich. Wie konnte ich nur so naiv sein?"

    Frank war dankbar, dass sie den Anfang gemacht hatte, und er den Versuch unternehmen konnte, ihr zu helfen.

    „Ich glaube, dass dein Vater dich schützen wollte, zumindest in den letzten Jahren. Hätte er dem Killer nicht in die Beine getreten, wären wir sehr wahrscheinlich jetzt beide nicht mehr hier."

    Sarah blickte ihrem Partner fest in die Augen, und nickte fast unmerklich mit dem Kopf.

    „Erzähl mir, was in den letzten Monaten geschehen ist. Fang bitte mit dem Krankenhaus an."

    Frank hatte vor der Einlieferung von Sarah, in die Klinik, keine greifbare Erinnerung. Alles war verschwommen in seinem Gedächtnis, aber er hatte in den Wochen danach alles rekonstruiert, so gut er konnte, und soweit es seine Behörde zugelassen hatte.

    „Du hattest bei deiner Einlieferung in die Klinik fast die Hälfte deines Blutes verloren, und du warst fast sechs Minuten lang klinisch tot, aber das weißt du sicher schon.

    Dein Vater kam in dieselbe Klinik, und die Ärzte haben alles versucht, aber er hat sein Bewusstsein nicht wieder erlangt. Freddie und ich haben euch abwechselnd bewacht, bis dein Vater in der Nacht verstorben ist. Danach haben wir uns darum gekümmert, dass du so schnell wie möglich stabil wirst, um dich außer Landes zu bringen. Freddie hat deinen Flug in die Schweiz begleitet, und ich habe hier die Polizistin Maria K. sterben lassen."

    Er machte eine Pause, damit Sarah die ersten Informationen verarbeiten konnte.

    „Warum hast du das getan Frank, und wie zur Hölle hast du das hinbekommen? Man kann doch nicht einfach jemanden verschwinden lassen!"

    Der Kriminologe überlegte kurz, und entschied sich dann, alles zu erzählen. Sie hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.

    „Alles was ich dir jetzt erzähle, ist inoffiziell, und es wissen mit dir nur vier Personen davon. „Ich verstehe, hauchte sie in die kalte Luft hinein.

    „Nachdem du transportfähig warst, bin ich bei deiner Mutter gewesen, die sich von deinem Vater verabschiedet hat, bevor die Ärzte die Maschinen abgestellt haben. Nach allem Anschein nach, ist er höchstwahrscheinlich vergiftet worden. Wir haben eine leere Spritze in seinem Büro gefunden, aber niemand im Labor konnte feststellen, um was für eine Art Gift es sich gehandelt hatte. Von der Flüssigkeit selbst, war auch nicht mehr genug vorhanden, für eine Untersuchung, und auch bei der Analyse der Blutproben deines Vaters konnte keine Substanz gefunden werden, die Organversagen und Hirntot auslöst. Der Pathologe steht noch vor einem Rätsel.

    Wie du weißt, ist dein Vater offiziell an Herzversagen gestorben, bei einem Überfall in seinem Haus. Dabei ist eine Polizistin erschossen worden, die auf eigene Faust in einem Fall ermittelt, und ihrerseits bei dem Schusswechsel den Einbrecher getötet hat. Ich war nicht im Dienst, sondern befand mich schon im Urlaub. Manfred Stoll hat mich gedeckt, allerdings nicht ganz freiwillig. Ich hatte ihm gedroht, seine Verbindung zu deinem Vater öffentlich zu machen. Einem Untersuchungsausschuss wollte er sich nicht stellen, der ihm zum Schluss die Pension gekostet hätte. Stoll hat sich sehr schnell entschieden, seinen Ruf zu retten, zumindest was davon übrig war, um anschließend aufgrund der fehlerhaften Untersuchung bei der „Soko Caravan" zurückzutreten.

    Wie er das mit dem Ministerpräsidenten geregelt hat, wollte ich dann nicht mehr wissen. Nachdem die Story stand, wollte ich mich um den Killer kümmern, aber der war schon, durch einen Fehler in den Unterlagen, zur Einäscherung freigegeben. Angeblich eine Personenverwechslung. Sein Fahrzeug ist ebenfalls vom Polizeigelände verschwunden, ohne jede Spur. Da war Freddie mit dir schon auf dem Weg in die Schweiz, mit dem Privatjet deines Vaters.

    Das ist die Kurzversion der Geschichte. Bevor du mich das fragst. Natürlich waren das keine Zufälle, oder Bürokratenfehler. Jemand hat professionell hinter dem Attentäter aufgeräumt, aber offiziell, hat das alles Stoll auf seine Kappe genommen. Seitdem bin ich einigermaßen kaltgestellt in der Dienststelle, und habe nur noch administrative Aufgaben, aber keine eigenen Fälle mehr. Allerdings habe ich die Zeit nicht verschwendet, sondern versucht hinter den Kulissen weiter zu recherchieren. Es gibt ja immer noch ein paar Leute, die mir einen Gefallen schulden."

    Sarah hatte während des ganzen Monologes, in seine Augen gesehen, und richtete jetzt ihren Blick in den Himmel, als ob sie feststellen wollte, woher die Schneeflocken wirklich kamen.

    „Hast du mit Jeffries vom FBI Kontakt gehabt?"

    „Ja, aber die haben weder Benjamin Timm gefunden, noch konnten sie uns in dem Fall weiter helfen, da vom Killer weder Fingerabdrücke, DNA, oder gar Fotos existieren. Zudem gab es keinerlei Anhaltspunkte, wo sich Timm aufhalten könnte, oder ob er noch lebt. Da ist dann auch das FBI machtlos."

    Frank trat auf der Stelle, um die kalten Füße wieder warm zu bekommen, und wagte einen Versuch, seine Partnerin hier loszueisen.

    „Lass uns zu deiner Mutter fahren, mir wird langsam kalt hier, und sie würde dich bestimmt gerne wieder sehen."

    Sarah schüttelte den Kopf.

    „Ich kann jetzt nicht in das Haus, noch nicht. Lass uns zu mir fahren, und wir trinken einen Kaffee. Du warst ja sowieso noch nicht bei mir zu Hause, und ich brauche noch etwas Zeit zum Nachdenken. Vielleicht habe ich dann noch ein paar Fragen an dich", fügte sie tonlos hinzu. Er nickte, und sie verließen den Friedhof in Richtung Parkplatz.

    Frank umklammerte die Tasse mit beiden Händen, als ob er sich daran festhalten konnte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er stand vor der Balkontür in Sarahs Wohnung, und sah, wie die Sonne langsam hinter den dicken Schneewolken, im trüben Nachmittagslicht, versank. Unablässig schneite die weiße Pracht auf Düsseldorf nieder, und kaum ein Auto war jetzt unterwegs. Nach einer langen Unterhaltung, bei der seine Partnerin viele Fragen zu seinen privaten Ermittlungen gestellt hatte, herrschte jetzt schweigen. Der Fall war bereits vor Monaten an ein anderes Team übertragen worden, und die Rekonstruktion aller Fakten war schwierig.

    Sarah kam aus der Küche, setzte sich auf die Kante des Esstisches, nippte an ihrem Tee, und sah, gemeinsam mit Frank, dem Schneefall zu.

    „Das Essen ist gleich fertig. Möchtest du einen Rotwein zum Essen?"

    Frank zuckte unsicher mit den Schultern, sah aber unentwegt aus dem Fenster. Er war nervös, jetzt wo der private Teil des Besuches anfing. Die Wohnung war gemütlich eingerichtet, die Böden waren aus Holz, und in einer Ecke des Wohnzimmers stand ein kleiner Ofen, den Sarah mit ein paar Holzscheiten zum Leben erweckt hatte, und von dem eine angenehme Wärme ausging.

    Er wusste nicht, was er erwartet hatte. Eine kühle Atmosphäre mit Designer Möbeln, teuren Bildern an den Wänden, und Marmorböden? Nichts davon stimmte, alles war normal, wie man es sich selber vorstellen würde, und auch leisten konnte. Er kämpfte mit seinen Gefühlen, die eine andere Richtung einschlugen, als er es gewollt hatte. Seit Sarah in die Schweiz geflogen war, hatten sie keinen Kontakt gehabt, und er hatte sich eingeredet, dass seine Gefühle für seine Partnerin, nur eine Überkompensation für den nervenaufreibenden Fall waren. Ihm erschien es, als ob Sarah über die Monate der Abwesenheit gar nicht nachdachte, sondern da weiter machte, wo sie am Tag der Schießerei stehen geblieben waren.

    „Such dir einen Wein aus, und öffne ihn schon mal für uns. Gläser findest du im Schrank neben dem Regal."

    Frank war froh eine Aufgabe zu haben, und suchte mit Akribie einen Wein aus, obwohl er nicht die geringste Ahnung davon hatte. Schließlich entschied er sich für einen italienischen Rotwein. Sarah kam in das Zimmer, und stellte ihre Teller auf den festlich gedeckten Tisch.

    „Ich hoffe, dass ich ein gutes

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