In der Falle: oder: Warum wir Menschen unsere Zukunft verspielen
Von Rolf W. Meyer
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Buchvorschau
In der Falle - Rolf W. Meyer
Rolf W. Meyer
In der Falle
oder
Warum wir Menschen
unsere Zukunft verspielen
Rolf W. Meyer
In der Falle
Copyright: © 2020 Rolf W. Meyer
Umschlagfoto: Rolf W. Meyer
Umschlag & Satz: Erik Kinting | www.buchlektorat.net
Konvertierung: sabine abels | e-book-erstellung.de
Die Namen der Interviewteilnehmer sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit den Namen von lebenden Personen sind daher rein zufällig.
Druck: epubli, ein Service der neopubli GmbH, Berlin
„Die meisten Menschen auf dem Planeten Erde sind nur noch Statisten in einem Schauspiel auf der Weltbühne, dessen Protagonisten durch eigennützige und aggressive Politik, globalen Warenverkehr, Vergnügungs- und Unterhaltungsindustrie sowie durch einen anthropogenen Klimawandel verkörpert werden. Schon seit langem lässt sich der Handlungsablauf dieser Inszenierung mit all seinen Konsequenzen für die Weltgemeinschaft nicht mehr überblicken und vor allem nicht begreifen."
Rolf W. Meyer
Das Interview
Völlig unerwartet hatte sich für die Journalistin Lydia Emma Geisenbaum die Möglichkeit ergeben, den international renommierten Verhaltensökologen Frank Wilhelm Weitblick in seinem Forschungsinstitut interviewen zu können. Der Wissenschaftler war vor wenigen Tagen von einer mehrmonatigen Forschungsreise zurückgekehrt, die ihn zu allen Kontinenten der Erde, einschließlich der Arktis und Antarktis, geführt hatte. Schon in den 1960er und 1990er Jahren hatte er an zwei vergleichbaren Exkursionen teilgenommen.
Geisenbaum: Herr Weitblick, ich bedanke mich vielmals dafür, dass Sie sich zu einem Interview bereit erklärt haben, obwohl Sie zeitlich doch immer sehr eingespannt sind.
Weitblick: Nun, ein Zeitfenster lässt sich immer finden. In unserer schnelllebigen und von der Informationstechnologie beherrschten Lebenszeit ist es umso wichtiger, ein von Angesicht zu Angesicht geführtes Gespräch zu bevorzugen, zumal eine Unterhaltung mit Ihnen zur Entschleunigung beiträgt.
Geisenbaum: Ihre wissenschaftliche Arbeit als Verhaltensökologe führt zu meiner ersten Frage: „Was versteht man unter Verhaltensökologie?"
Weitblick: Die Verhaltensökologie, die innerhalb der Biologie als jüngster Zweig der Evolutionsforschung betrachtet werden kann, ist die Wissenschaft von der Angepasstheit von Verhaltensweisen, nicht nur des Sozialverhaltens, an die ökologischen Rahmenbedingungen. Dieser Fachbereich untersucht im weitesten Sinne die Wechselwirkungen von Verhalten und Umweltfaktoren. Man geht heute davon aus, dass sich ökologische Faktoren zwingend auf das Verhalten von tierlichen Organismen auswirken und in der Folge auch auf deren Erbanlagen, den so genannten Genen. Nur so ist das Überleben der Individuen und deren Fortpflanzungserfolg, die sogenannte Fitness, erklärbar.
Geisenbaum: Womit beschäftigen Sie sich speziell als Verhaltensökologe?
Weitblick: Ich möchte zur Klärung der Frage beitragen. „Wie ist eine heute zu beobachtende Verhaltensweise eines tierlichen Organismus als Ergebnis der Evolution, auf der Basis natürlicher Selektion, entstanden?" Weiterhin ist es interessant zu untersuchen, welche Rolle ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Umwelt für das Überleben von Individuen und für deren Vermehrung und somit für die Ausbreitung ihrer Art spielt. Ich möchte hervorheben, dass die Verhaltensökologie ein interdisziplinäres Forschungsgebiet ist an der Schnittstelle von Verhaltensbiologie, Ökologie, Evolutionsbiologie, Genetik, Physiologie und Populationsbiologie.
Geisenbaum: Auffallend ist, dass Sie im Hinblick auf Ihre wissenschaftlichen Untersuchungen verstärkt das Verhalten des Menschen mit einbeziehen. Welche Gründe gibt es dafür?
Weitblick: Innerhalb der Verhaltensökologie hat sich die Sozialökologie entwickelt, die beispielsweise in der Primatenforschung die Gruppenstrukturen untersucht. Biologisch betrachtet sind wir Menschen tierliche Lebewesen. Zusammen mit den Affen gehören wir in die Ordnung der Primaten. Und der Mensch ist nur als ein Produkt der Primatenevolution zu begreifen. Hinzu kommt, dass wir als anatomisch moderne Menschen, deren Entwicklungsgeschichte vor 300.000 Jahren in Afrika begann („Wir alle sind vom genetischen Ursprung her Afrikaner.), in einem relativ kurzen Zeitraum weltweit seine natürliche Umwelt nicht nur vorrangig nach seinen Ansprüchen verändert hat, sondern er hat sie auch in großem Umfang zerstört. Beide Vorgehensweisen haben für die Erdbevölkerung weitreichende, nachteilige Folgen. Außerdem wird das Alltagsleben der heutigen Menschen von hochentwickelter Technik und zunehmend von „megaurbanen
Regionen beeinflusst. Allerdings können sich die Menschen der Weltgemeinschaft an diese von ihnen selbst generierten Veränderungen körperlich und seelisch kaum anpassen. Man kann auch sagen: „Mit der Evolution des Gehirns haben unser archaischer Körper und unsere archaische Seele nicht Schritt halten können."
Geisenbaum: Wie lässt sich diese „Nichtanpassung" begründen?
Weitblick: Dazu müssen wir uns kurz mit dem Begriff Epigenetik beschäftigen. Dieser Teilbereich der Genetik befasst sich mit der Frage, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und damit die Entwicklung einer Zelle zeitweilig festlegen. Untersucht werden die Änderungen der Genfunktion, die nicht auf Veränderungen der Sequenz der DNA, etwa durch Mutation oder Rekombination, beruhen und dennoch an Tochterzellen weitergegeben werden. Der Genpool des Menschen kann normalerweise über epigenetische Veränderungen relativ schnell an geänderte Umweltbedingungen angepasst werden. Dazu muss man wissen, dass nur 5% der Gene faktisch aktiv sind, während die restlichen Gene sich in einer „Warteposition" befinden und jederzeit abgerufen werden können. Diese genetische Anpassungsfähigkeit an neue Umweltbedingungen hat sich im Laufe der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Menschen als vorteilhaft erwiesen. Epigenetische Veränderungen am Genpool des Menschen finden laufend statt und sie werden an die nachfolgenden Generationen vererbt.
Geisenbaum: Dann bräuchte man doch nur lange genug warten, bis sich die ursprünglichen „Jäger- und Sammler-Gene" im menschlichen Körper an die neuen Lebensbedingungen angepasst haben.
Weitblick: So einfach funktioniert das nicht. In den letzten Jahrzehnten, es ist noch nicht einmal ein Wimpernschlag in der Evolution, haben tiefgreifende Veränderungen in den Lebensbedingungen der Jetztzeitmenschen stattgefunden. Mit dieser schnellen Entwicklung konnten epigenetische Anpassungen nicht Schritt halten.
***
Geisenbaum: Kommen wir auf Ihre Forschungsreise zu sprechen, auf der die Verhaltensökologie der Mitmenschen weltweit in Ihrem Fokus stand. Zu welchen Erkenntnissen sind Sie gekommen?
Weitblick: Meine Untersuchungen und Beobachtungen haben, wie schon bei meinen Exkursionen in den 1960er und 1990er Jahren, wieder bestätigt, dass die Evolution den Menschen nicht befähigt hat, das System „Planet Erde" durch Selbstkontrolle, durch Selbsteinschränkung oder sogar durch eine umfassende Verantwortung der Biosphäre gegenüber zu steuern. Nach meiner Erkenntnis sind es hauptsächlich neun Problembereiche, die eine Krisensituation für die Weltbevölkerung bewirken:
Die Überbevölkerung auf dem Planeten Erde
Die fortschreitende Entwicklung von Megastädten
Der anthropogene Klimawandel
Die Ungleichheit bei der Nutzbarkeit lebensnotwendiger Ressourcen und die unkontrollierbaren Konflikte durch globale Völkerwanderungen
Terroristische Anschläge und Kriege
Ein Weltmodell, das auf Metaphysik, Religionen, Idealen oder politischen Ideologien beruht und ein entsprechend ideologisch ausgerichtetes Menschenbild vertritt.
Die Tatsache, dass keine Bildungsmöglichkeiten für große Bevölkerungsteile weltweit bestehen.
Die Anfälligkeit des menschlichen Immunsystems
Die größte Gefahr für die Menschheit sind allerdings die Dummheit und Manipulierbarkeit zahlreicher Mitmenschen.
Geisenbaum: Zum Problembereich Überbevölkerung, der von Ihnen angesprochen wurde, würde ich gern wissen, wie viele Menschen denn gegenwärtig auf unserer Erde leben.
Weitblick: Zurzeit leben 7,8 Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Pro Sekunde nimmt die