Fabelfeuer
Von Tanja Lauber
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Über dieses E-Book
In "Fabelfeuer" geht es ums Staunen. Der Junge Tuday entdeckt das Staunen neu. Und es geht ums Geschichtenerzählen. Einige kleine Geschichten tauchen innerhalb der Haupthandlung auf. Es geht um Worte und Sprache. Die Geschichten erzählen davon wie Sprache verbinden kann, aber auch trennen kann. Wie unwichtig Worte manchmal sind und wie schön Worte doch auch sein können, wenn sie die Sprache der Augen, der Hände, des Gesichtes erzählen. Schritt für Schritt bewegt sich Tuday. Schritt für Schritt entsteht die Geschichte, in die er wie von Zauberhand hineingekommen ist. Tuday, Fidibus und Schlampel Pampel, drei Freunde auf einer Forschungsreise durch Teandernal. Durch seine beiden Freunde lernt Tuday Teandernal besser kennen, doch vor allem lernt er seine beiden neuen, liebgewonnenen Freunde auf dieser Reise näher kennen. Freundschaft ist die schönste Reise, wer Freunde hat ist weniger allein. Tuday erlebt wie schön es ist mit Freunden zusammen ein Abenteuer zu erleben und er erlebt wie schön es sein kann einem Freund eine Geschichte zu erzählen.
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Buchvorschau
Fabelfeuer - Tanja Lauber
Durch die Dämmerung
Die Zeit verschleiert die Geschichte.
Viele Stunden, Tage, Jahre waren ins Land gezogen. Der Wanderer hatte vergessen gelernt. Durch eine endlos scheinende Dämmerung zog er seinen Weg. Der knisternde Schnee unter seinen Füßen gab ihm die Bestätigung der Gegenwart seiner Schritte. Er wusste nicht mehr wie er hierhergekommen war, doch er war da. Die Dämmerung umgab ihn wie eine Illusion aus unbekannter Atmosphäre.
Ob Berge träumen können?, fragte er sich und vergaß die Frage auf dem Wandeln seines Weges.
Sonne und Mond gingen neben ihm. Links von ihm wanderte die Sonne, zur rechten Seite, ihr gegenüber, zog der Mond seine Bahn.
Die Sonne sieht nur den Mond, sie wird von ihm angezogen, strahlt nur für ihn. Sonne schenkt Mond ihr ganzes Licht. Der Mond saugt das Licht der Sonne fast gänzlich auf, er spiegelt es nur zu einem kleinen Teil, kann also die Welt um sich herum nicht erhellen. Mond weiß nicht wie das geht. Die Sonne selbst kann in ihrer misslichen Lage, ganz dem Mond ergeben, von ihm bis zur Selbstvergessenheit angezogen, die Welt um sich herum auch nicht erhellen. Ihr ganzes Licht fließt in den Mond. So kann sie nicht mehr nach außen strahlen. Sonne versucht sich in dem kleinen, spiegelnden Mond selbst zu sehen, ohne zu merken, dass dabei ihr ganzes Strahlen fast verschluckt wird.
Der Wanderer versucht die Sonne in eine andere Position zu drehen, doch das gelingt ihm nicht, denn die Sonne lässt sich nicht drehen.
Die blaue Feder
Am Wegesrand lag eine blaue Feder. Ihr Federhaar war aus vollem, leuchtendem Blau, ein königliches Blau. Sie war nicht sehr groß, scheinbar abgebrochen, abgerissen oder abgeschnitten.
Das obere Stück der Feder schien zu fehlen. Er hob die Feder auf.
Sie war so weich und flauschig, zart, ja er konnte nur Zartheit spüren, wenn er sie berührte.
Neugierig und mehrmals strich er ihr Federhaar am Wuchs entlang nach oben. Dann legte er die königliche Zartheit in seine linke Hand und betrachtete sie, erfüllt mit Wohlwollen. Er schloss die Augen und versuchte sie nur zu spüren, doch wie schwerelos schwebte sie mehr auf seinem Handteller, als dass sie lag.
Er spürte sie nicht und wusste doch sie war da. Oder? War sie da?
Er öffnete die Augen und sah sie. Verwundert und vom Moment durchzaubert stand er an seinem Wegesrand. Die Wirklichkeit funkelte ihn an, in Form dieser blauen Feder und er konnte nur staunen wie leicht und zart etwas sein konnte, auf der Hand liegend nicht zu spüren. Einige Male schloss und öffnete er die Augen wieder, um der Feder nachzuspüren. Jedes Mal war er ein bisschen verwundert, dass sie wirklich da auf seiner Hand lag.
Königliche Zartheit, dachte er, und ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Als er seine Augen noch einmal schloss, spürte er plötzlich einen leichten, zarten Druck auf seinem Handblatt. Die Feder bewegte sich, nein das war nicht der Wind, es war völlig windstill. Er öffnete die Augen, doch sie lag einfach da. Aber er hatte doch eine Bewegung der königsblauen Feder gespürt. Als er die Augen erneut schloss, nahm er die Bewegung der Feder wieder deutlich wahr. Die Feder hatte ihm ein Wort in die Hand geschrieben. Er öffnete seine Augen, die Feder lag wie schwebend auf seinem Handblatt, so wie er sie am Anfang hingelegt hatte.
Doch die Zeichnung des Federwortes hatte er auf seiner Hand gespürt:
Lilie.
Der Wanderer zeichnete das noch eben gespürte Wort in seiner Handinnenfläche nach. So als wolle er es damit in seine Erinnerung schicken, langsam, staunend und ein wenig angerauscht:
Lilie.
Der Hase mit dem goldenen Umhang
Die Feder steckte er wie selbstverständlich in seine Hosentasche und lief mit neu gewonnenen Schritten weiter.
Auf der einen Seite vor ihm wandelte die Sonne und auf der anderen Seite der Mond, welcher das Licht der Sonne in immerwährenden Zügen trank. Es konnte einfach nicht hell werden, der Mond zog das Licht der Sonne an und sie konnte nicht nach außen strahlen. Wie gefesselt lag das Sonnenlicht im Angesicht des Mondes. Für den Wanderer war es hell genug, um seinen Weg zu sehen, doch um ihn herum war Dunkelheit. Wie konnte es wieder Tag werden? Die Sonne war mit ihrem Licht dem Sog des Mondes erlegen. Und der Mond merkte das noch nicht einmal. Der Tag verbarg sich in diesem Bild. Er kam nicht zum Vorschein. Alles was der Mann mitnahm auf seinem spärlich beleuchteten Weg durch die Dunkelheit war seine Erinnerung an den fließenden Wechsel von Tag und Nacht. Dieser altbekannte Wechselstrom des Lichts stockte nun. Die Nacht staute sich auf. Der Mann wusste nicht mehr wie lange er schon gelaufen war. Die Schneeflocken fielen schier unablässig, auf Hände, Jacke, Kopf und Weg. Es raschelte im Wald. Der Mann drehte den Kopf in Richtung des Gehörten. Doch die Dunkelheit verschloss sein Sichtfeld. Wieder raschelte es, doch dann war das Rascheln erloschen. Das Wesen musste sich nun aus dem Wald heraus auf seinem Weg befinden. Es hüpfte direkt zum Mond und stellte sich vor ihn. Ein ganz gewöhnlicher Feldhase, dachte der Mann, endlich wieder etwas erklärbar Normales. Das Hasentier schaute in den Mond und im selben Augenblick legte sich ein goldener Umhang aus Mondlicht um es. Ein Geschenk des Mondes. Der Mann war seinem Staunen völlig hingegeben, wieder hatte sich etwas scheinbar Normales vor seinen Sinnen verwandelt. Der Hase wirkte nun größer mit dem Umhang, ja er wuchs. Schnell oder langsam, das konnte der Wanderer nicht erfassen. So groß wie ein Pferd drehte sich das Tier mit dem goldenen Umhang zu ihm um und sah ihm in die Augen. Haselnussbraun, wie bei einem gewöhnlichen Feldhasen, dachte der Mann, in dem Bedürfnis und Wunsch sich etwas Normalität zu erhalten. Der Blick des Hasen war warm und sprach:
Steig auf meinen Rücken. In dem Moment erinnerte sich der Wanderer an die Feder und er stieg mit einem schweren, weil unheimlichen, aber auch warm anmutenden Gefühl im Bauch auf den Rücken des Tieres. Als er den Hasen berührte flog der Umhang nach hinten und so als hätte er schon immer dort hingehört, umkleidete das goldenen Mondgewebe den Mann. Er hüpfte mit dem pferdegroßen Hasen weiter auf seinem Weg. Sein goldener Umhang lag nach hinten fliegend auf dem Wind wie auf einem weichen Kissen.
Das Flackern
Tuday hielt sich an dem Pferdehasen fest und ließ sich von ihm leiten. Zielstrebig hüpfte das Hasentier über Felder und Büsche, so als hätte es einen richtungsweisenden Kompass in sich. Tuday bekam schwere Augenlider, die Dämmrigkeit, die ihn wie aus einer fernen Zeit herangezogen, umgab, ermüdete ihn. Er schlief ein. Der Hüpfhase kannte den Weg, er trug Tuday mit sich wie einen wertvollen Schatz. Der goldenen Umhang wehte, ein goldener Wächter, der ihn schützte. Heimlich viele Stunden waren vergangen. Tuday, der inzwischen wieder in die Dämmerung zurückgekommen war, erblickte ein Flackern in nahender Ferne. Der Hase war stehengeblieben. Tuday rutschte von seinem Rücken. Das Tier drehte sich zu ihm um und im selben Moment wurde es wieder kleiner und hüpfte davon. Tuday hatte sich dem Flackern schon so genähert, dass es sich in seinen Augen spiegelte. Jetzt erst konnte er das Fenster wahrnehmen, durch das er die ganze Zeit geschaut hatte. Denn das flackernde Licht drang von einem Raum heraus durch eine große Öffnung nach draußen. Das Fenster hatte keine Scheibe, sie war auch nicht zerbrochen, sie war einfach nicht da. Es war eine einfache Holzhütte, die diese Fensteröffnung umschloss. Auf Tuday hatte es eher den Anschein als wäre es einzig und allein ein Fenster, die Hütte diene nur dazu diesem Gestalt zu geben. Es gab keine Tür. Tuday stieg durch die fast ebenerdige, mächtig groß wirkende Öffnung und rutschte fast auf dem Boden der Hütte aus. Der Boden war uneben und glatt. Auch wenn es ein recht offener, sehr spärlich geschützter Raum war, wurde es Tuday warm als er darin stand. Kerzen, überall schwebten Kerzen. Sie brannten. Die Kerzenflammen tanzten wie zu einer geheimnisvollen Melodie. Tuday vernahm das auf den Boden tropfende Wachs wie ein zärtlich dahinhuschendes Trommeln. Manchmal wiegten einige Kerzen ihren Kopf zur Seite. An diesen Stellen lief das Wachs in kleinen Flüssen nach unten. Die Kerzen schütteten sich aus. Es war Tuday ein bisschen unheimlich zumute. Seit diese Geschichte begonnen hatte erlebte er mysteriöse Dinge, so als würde das Leben aus mysteriösen Dingen bestehen. Vielleicht waren andere Menschen gerade im Supermarkt, putzten, kamen von der Arbeit nach Hause oder schauten einen Film. Und bei ihnen wurde es wahrscheinlich Tag und Nacht in beständigem Wechsel. Aber er, Tuday, war von Anbeginn dieser Geschichte durch eine gleichbleibende Dämmerung gewandelt, wohl ausgelöst und begleitet von den beiden Gestirnen Sonne