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Jona: Eine mysteriöse Reise im Jahr 2001, die Geschichte des alten Israel, rätselhafte Vorkommnisse, und ein verlorener Mann
Jona: Eine mysteriöse Reise im Jahr 2001, die Geschichte des alten Israel, rätselhafte Vorkommnisse, und ein verlorener Mann
Jona: Eine mysteriöse Reise im Jahr 2001, die Geschichte des alten Israel, rätselhafte Vorkommnisse, und ein verlorener Mann
eBook388 Seiten5 Stunden

Jona: Eine mysteriöse Reise im Jahr 2001, die Geschichte des alten Israel, rätselhafte Vorkommnisse, und ein verlorener Mann

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Über dieses E-Book

Mysteriöse Ereignisse im Leben eines Mannes auf der Flucht vor etwas Schrecklichem erinnern an Vorgänge, die vor über 2000 Jahren im alten Israel und Assyrien stattfanden. Lesen Sie einen packenden autobiografischer Roman des deutsch-brasilianischen Dirigenten und Komponisten Axel Bergstedt, der nach dem tragischen, von ihm verschuldeten Tod seiner ersten Ehefrau vor dem Scherbenhaufen seines Lebens stand und durch wundersame, ins Übernatürliche weisende Erlebnisse zurück zu einem schweren, aber immerhin nützlichen Leben fand. Auf der Suche nach Gott und in den Zweifeln seines Glaubens machte er überraschende Entdeckungen.
Von Gegnern als Nazi, pädophil, rassistisch und IS-Terrorist verunglimpft, schaffte er es, ein neues Leben und eine neue Familie aufzubauen und half, vielen anderen Menschen in Unglück, Verzweiflung und Verfolgung neue Perspektiven zu geben.
Parallel zum Handlungsstrang des Buches verläuft die Geschichte des Volkes Israels und seiner mächtigen assyrischen, babylonischen und ägyptischen Nachbarn, und innerhalb dieser gerät eine Figur erneut in den Mittelpunkt: Der Prophet Jona.
Eine wundersame Geschichte voller Mystik, die den Bogen von der Zeit des alten Assyriens und Israels bis zum Schicksal eines Mannes in unserer Zeit schlägt. Das Buch birgt überraschende Erkenntnisse aus der alten Welt vor Christus und geht ganz nebenbei der Schicksalsfrage nach: Gibt es einen Gott, und greift er unter bestimmten Umständen in unser Leben ein?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum15. März 2021
ISBN9783753182582
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    Buchvorschau

    Jona - Axel Bergstedt

    Danksagungen

    Ich danke allen Freunden und Verwandten, die ein Stück meines Weges mit mir gegangen sind und mich unterstützt, beraten und liebevoll begleitet haben. Ich habe euch manchmal enttäuscht, aber trotzdem seid ihr mir gute Freunde geblieben und habt mir auch in schweren Zeiten zur Seite gestanden. Aber zuallererst danke ich Gott für seine Nachsicht und Geduld.

    *

    *

    In meiner Not rief ich zum Herrn und er erhörte mich. Aus dem Rachen des Todes schrie ich um Hilfe und du hörtest mein Rufen. (Jona 2, 3)

    *

    Jona

    Eine mysteriöse Reise im Jahr 2001, die Geschichte des alten Israel, rätselhafte Vorkommnisse, und ein verlorener Mann

    Axel Bergstedt, Belo Horizonte, Brasilia und Hamburg, 2002 und 2021

    JONA – Ein Roman aus dem Anfang des 21. Jahrhunderts

    Die Maschine der Air-France ist soeben planmäßig auf dem internationalen Flughafen „Antonio Carlos Jobim", Rio de Janeiro, gelandet. Lächelnd steht die hübsche Stewardess am Ausgang, um die Passagiere des fast ausgebuchten Fluges persönlich zu verabschieden; hinter ihr, etwas zurückhaltender im Lächeln, der Kapitän. Nach 12 Stunden Fluges Paris-Rio sind alle müde, aber auch froh, am endgültigen oder zumindest einstweiligen Ziel angekommen zu sein.

    Einer der letzten Passagiere ist ein hochgewachsener dunkelhaariger Mann mit kurzem Schnauzbart und Brille, der ruhig seine schwarze Umhängetasche mit sich trägt, in der er außer einem Wörterbuch Deutsch-Portugiesisch, einem Lehrbuch „Brasilianisch" und einigen Kleinigkeiten auch die an Bord gelesene brasilianische Zeitung verstaut hat. Niemand ahnt, dass der Mann hinter seiner ruhigen Fassade eine schleichende Angst verbirgt.

    Er kommt direkt aus der winterlich verschneiten Februarlandschaft Europas, und als er das Flugzeug verlässt, umfängt ihn die hochsommerlich schwüle Wärme Rios trotz der nächtlichen Stunde mit plötzlicher Wucht. Seine innere Unruhe wächst. Schließlich sieht er die drei mitten im Raum platzierten Schreibtische der Passkontrolle. Keine Elektronik! - seine Angst nimmt etwas ab. Und dann ist er durch, die letzte Hürde ist genommen, er ist frei, dem Tod im letzten Moment von der Schippe gesprungen. Ein Mann auf der Flucht, angelangt in einem fremden Land, wo er niemanden ansprechen kann und wohin er durch eine Reihe von Zufällen verschlagen wurde. „Zufälle oder Schicksal oder Fügung?", denkt er.

    „Taxi?", ruft ein Mann in weißem Oberhemd, und der Fremde akzeptiert. Müde nach der zweitägigen Reise nimmt er sein Gepäck vom Förderband und folgt dem Taxifahrer. Er weiß eigentlich, dass er vorher nach dem Preis fragen müsste, aber er lässt es trotzdem. Stattdessen geht ihm plötzlich durch den Kopf, dass der Fahrer ja auch ein Bandit sein könnte. Jedenfalls ist das Auto nicht als Taxi beschriftet.

    In gebrochenem Portugiesisch aus dem Lehrbuch „Brasilianisch" erklärt er dem Fahrer, dass er kein Hotel habe und daher gerne für eine Empfehlung offen sei. Nach einer halben Stunde erreichen sie Ipanema im Zentrum Rios, das durch seinen Strand berühmt ist. Dort kennt der Taxifahrer ein Hotel, das mit 200 Real noch billig ist.

    Es ist Sonntagabend, der 25. Februar 2001. Vorabend zu Rosenmontag, dem Höhepunkt des berühmten Karnevals von Rio, und das Hotel ist vollkommen ausgebucht. Mit einer Empfehlung für ein anderes Hotel verlassen die beiden Männer die Vorhalle.

    Im Auto fragte der Taxifahrer plötzlich, warum der Mann denn kein Appartement wolle, ob das nicht besser sei, dazu auch billiger, nur hundert Dollar pro Tag. Der Taxifahrer telefoniert, holt eine alte Dame, die nicht weit entfernt wohnt, ab, und wenig später betreten die drei im 10. Stock eines Hochhauses im benachbarten Stadtteil Copacabana ein Appartement, das regelrecht erbärmlich wirkt. Da es aber wenigstens sauber ist, willigt der Mann, auf dessen Armbanduhr noch die deutsche Zeit, 02:30 Uhr nachts, zu sehen ist, und der entsprechend müde ausschaut, ohne Widerstand ein und unterschreibt für drei Tage. Warum gibt er seinen richtigen Namen an? fragt er sich als es schon zu spät ist. A…, Hamburg, Alemanha, prangt bereits deutlich auf dem Papier. Auch fällt ihm jetzt gerade auf, dass hundert Dollar fast 200 Real sind, also gar nichts gespart ist.

    „Jetzt im Karneval ist alles teuer", entschuldigt der Taxifahrer, der die alte Dame gar nicht erst in die Verhandlungen einbezieht. Als er mitsamt der Senhora Elsa das Appartement verlassen hat, reist der Mann, A., wie er also heißt, sich die warme europäische Kleidung vom Leib und öffnet das Fenster, was aber keine Linderung bringt. Er stellt fest, dass die anderen Appartements fast alle eine Klimaanlage haben, einfache Kästen, die außen an der Wand montiert sind. So legt er sich nackt aufs Bett und denkt an seine Flucht zurück.

    Er war nachts von Hamburg per Eisenbahn nach Brüssel gefahren, dort um 6 Uhr morgens umgestiegen und wollte zum Flughafen Amsterdam. Die Ansage im holländischen Zug hatte er nicht verstanden, und so wusste er nicht, dass er nochmals umsteigen hätte müssen. Laut Schautafel wäre das nicht nötig gewesen. Als ihm endlich dämmerte, dass etwas falsch liefe und er im falschen Zug saß, brach ihm der Schweiß aus allen Poren. Der Flug war nämlich bereits um 10 Uhr. Plötzlich tauchte ein Paar auf, das Deutsch sprach, freundliche Holländer, die behaupteten, dass es vom nächsten Bahnhof aus eine nicht im Plan eingezeichnete Querverbindung gebe. Wahrscheinlich fahre zufällig sogar in 20 Minuten ein Zug zum Flughafen. Zufällig mussten auch sie gerade dort aussteigen, versicherten sich dort der Richtigkeit ihrer Aussage und wiesen A. den Weg zum Zubringerzug. Ein merkwürdiger Zufall? Oder Schicksal? Oder Fügung? Es waren so viele mysteriöse Zufälle gewesen in letzter Zeit…

    Am nächsten Morgen schien die Hitze noch drückender zu sein. Aus dem Fenster wirkt der Vormittag verlockend, aber als der Mann auf die Straße trat, merkte er, dass die Hitze, die träge unter leicht diesigen Himmel über der Stadt Rio lag, hier in der Sonne noch viel beunruhigender war.

    Er kaufte sich Brot, Obst und Wasser zum Frühstück und kehrte in die Wohnung zurück. Überall war es heiß. Und so floh er erneut aus dem Appartement, um seinem Auftrag nachzugehen. Die Adresse lautete: Ministério Programa Criança Feliz, Caixa postal 370, Belo Horizonte, MG. (Ministerium Programm Glückliches Kind, Postfach 370).

    Belo Horizonte, so hatte er bereits herausgefunden, ist eine Stadt weiter im Norden, Hauptstadt des Bundesstaates Minas Gerais (MG). Aber die Einrichtung war, so erinnerte er sich aus einem Buch, das er vor Jahren gelesen hatte, vor allem in Rio tätig und zwar betreute sie Straßenkinder aus den Favelas. Am Flughafen hatte man an alle Touristen ein Infoblättchen mit Telefonnummern für die Karnevalszeit verteilt. Der Mann probierte sein Glück mit der kostenlosen Hotline, schilderte sein Problem und erhielt tatsächlich beim späteren Rückruf eine Adresse des Ministério Programa Criança Feliz im Stadtteil Gutierrez von Rio. Er kaufte sich einen kleinen Faltplan von der Innenstadt und kehrte in das Appartement zurück. Die Hitze machte ihm zunehmend immer mehr zu schaffen und er beschloss erst einmal ein Bad am nur 500 Meter entfernten bekannten Strand von Copacabana zu nehmen. Er verließ das Hochhaus landesüblich in Badehose und mit Handtuch und ging zum Strand, der schon alleine durch die atemberaubenden Kurven der vielen für europäische Verhältnisse fast nackten Mulattinnen weltberühmt ist.

    Aber komisch - irgendwie schienen die Mädchen heute gar keine anziehende oder belebende Wirkung zu haben. Das wird wohl die Folge der anstrengenden Reise sein, dachte er sich und begab sich ins Wasser, das endlich die wohltuende Kühlung brachte. Nach zwei ausgiebigen Bädern setzte er sich dicht ans Wasser, um den Kindern zuzusehen, die in der Brandung spielten: Weiße, braune und schwarze, fröhliche Kindergesichter. Welche Wohltat! Denn in seinem Herzen saß ein riesiger Block aus Eis oder eisigem Stahlbeton, der ihn grausam umklammert hielt. Und der jetzt langsam anfing zu schmelzen, - jedenfalls ein kleines Stückchen davon.

    Wenig später kam er mit zwei jungen Männern aus einer nördlichen Favela von Rio ins Gespräch, die beim Militär waren und gerade Urlaub hatten, soweit A. sie verstand, und die erst einmal tüchtig üben mussten, um den nordeuropäischen Namen A. aussprechen zu können, welcher in Brasilien nur in abgewandelter Form bekannt ist. Nach zweistündigem Gespräch - unterbrochen durch ein weiteres Bad - boten sie dem Deutschen, der an dem Brennen auf seiner winterlich weißen Haut plötzlich merkte, dass er schon viel zu lange in der Sonne geblieben war, an, ihn nach Gutierrez zu begleiten. A. konnte das Angebot schlecht ablehnen, wog Vor- und Nachteile wie etwa die Möglichkeit einer verbrecherischen Falle gegeneinander ab und ließ sich dann schließlich darauf ein.

    Es gibt in Brasilien keine Busfahrpläne an den Bushaltestellen, so dass ein Fremder ohne Begleitung keine Möglichkeit hat zu erfahren, welche Buslinie er benutzen müsste. Da es wesentlich mehr Buslinien als in Europa gibt, wissen auch die Einheimischen nur über die wenigen Linien Bescheid, die sie selbst benutzen. Allein auf sich gestellt hätte A. den Weg zu Fuß bewältigen müssen, was aber zwei Stunden in Anspruch genommen hätte. Die beiden Männer kannten sich aber einigermaßen aus, da die Adresse Gutierrez in Richtung Norden lag, also ungefähr am Weg zu ihrer Favela. So standen sie nach einer guten halben Stunde bereits dort, wo laut Adresse das Ministério Programa Criança Feliz hätte sein sollen. In der Rua Martin Francis (Rua bedeutet Straße) befindet sich an der Stelle der Nummer 455/501 jedoch nur eine sehr lange und hohe Mauer. Einer der beiden Männer entdeckte jedoch schließlich neben einer unbeschilderten Metalltür in der Mauer einen Klingelruf. Sie läuteten einige Male und nach längerer Zeit öffnete tatsächlich ein uniformierter Wächter die Tür, hinter der sich ein leicht verwilderter Garten und im Hintergrund ein Gebäude verbarg. Plötzlich tauchten zwei sehr neugierige Mädchen auf, die mit den Fremden sprechen wollten, aber von dem Wachmann verscheucht wurden. Die drei Männer wurden aufgeklärt, dass dieses Haus zwar eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche in Not sei, aber nichts mehr mit dem Ministério Programa Criança Feliz zu tun habe. Der Mann nannte eine Adresse, die die beiden Brasilianer offenbar kannten und man verabschiedete sich. Nun war A. ganz und gar auf die Hilfe der beiden Cariocas, wie man die Einwohner von Rio nennt, angewiesen. Diese wussten sogar die Buslinie, da die neue Adresse am bekannten Sambadrom lag. Dort angekommen, sahen sie bereits aus dem Bus heraus die großen Festwagen, mit denen die verschiedenen Sambaschulen am Abend operieren würden, begleitet von Hunderten von teils unwahrscheinlich aufwendig kostümierten Tänzerinnen und Tänzern, teils kaum bekleideten Mädchen. Oder einer farbig-phantasievollen Synthese aus beidem.

    Hinter der Wagenkolonne war ein großer Zaun aufgezogen worden, der das Gelände weiträumig mit Unterstützung der Polizei und anderen Organisatoren absperrte. Das Ministério lag innerhalb dieses Bereiches. Den beiden Brasilianern gelang es jedoch, dem Wachhabenden am Durchschlupf zum Gelände die angebliche Wichtigkeit des deutschen Besuchers klarzumachen. Dieser verwies darauf, dass das Ministerium geschlossen sei, aber die Beredsamkeit der beiden jungen Männer ließ ihn schließlich kapitulieren. Die drei gingen durch das Sambadrom und erreichten schließlich das Ministério de Educação (Erziehungsministerium) des Bundesstaates Rio de Janeiro.

    Nun wurde dem Deutschen endgültig klar, dass hier wohl eine Verwechslung vorlag. Wenigstens war das Gebäude mit Wachdienst und einigen wenigen Mitarbeitern besetzt. A. erklärte, dass er das sogenannte Ministério Programa Criança Feliz suche, welches für Straßenkinder arbeite. Die Anwesenden kannten ein solches Projekt jedoch nicht und verwiesen darauf, dass die angegebene Adresse sich auf Belo Horizonte bezöge und man dort nachfragen müsse. Unverrichteter Dinge machten sich die drei auf den Rückweg.

    Die beiden Brasilianer nutzten nun die Gelegenheit, um ihrem Gast eine ganz besondere nahebei gelegene Einrichtung zu zeigen, die nett zu sehen sei, zumal sie nicht von Touristen, sondern von den Cariocas selbst frequentiert würde. In einem luftigen einkaufszentrumsähnlichen Gebäude befanden sich zirka 30 oder 40 kleine Cafés und Bars, und in jeder dieser offenen Einrichtungen sah man hübsche Mädchen sitzen, die auf Kunden warteten. A., der in Deutschland lange allein gelebt hatte, hatte in den letzten Jahren einen Heißhunger auf Frauen entwickelt, den er aber durch bestimmte Umstände, an die er aber jetzt lieber nicht denken wollte, nicht hatte stillen können. Und so wusste er, dass hier eine wohltuende Erregung seinen Körper erfassen und ihn beleben würde. Das war ihm sehr willkommen, denn er war noch immer sehr übermüdet, schlapp, der Sonnenbrand spannte und der Misserfolg mit dem Ministério war auch nicht gerade erhebend gewesen. So schlenderten die drei durch das Gebäude und schauten sich die Mädchen an. Aber wie enttäuscht war A., als die erwartete angenehme, kribbelnde Erregung vollkommen ausblieb? Auch die beiden jungen Soldaten waren etwas enttäuscht über die mangelnde Begeisterung ihres Gastes, der sich anscheinend für keines der Mädchen erwärmen mochte. „Vielleicht entsprechen die Frauen einfach nicht meinem Geschmack?, sinnierte er. Plötzlich aber erspähte er im Augenwinkel etwas, das ihm normalerweise das Herz hätte höher schlagen lassen. Er zögerte. „Gefällt dir das Mädchen?, fragten die Brasilianer.

    Sie gingen ein paar Schritte zurück, das Mädchen war bezaubernd. Es trug ein hauchdünnes nichts von Bikini, unter dem sich alles deutlich abzeichnete. Als das Mädchen das Interesse spürte, ging es den Gästen entgegen und die drei Stufen von dem etwas erhöht liegenden Café herab und blieb auf der untersten Stufe direkt vor A. stehen. „20 Real, erklärten die beiden Begleiter. „In Copacabana bezahlt man fünfmal mehr. Das Mädchen legte beide Arme um den Hals des Mannes und sah ihm in die Augen, und als es sein Zögern merkte, presste es seinen Schoß fest gegen den des Mannes. A. spürte das Mädchen deutlich, aber es war, als wenn er eine Puppe oder eine Säule umarmte. Er war tot, nichts Angenehmes begann sich in ihm zu regen. Ist es der Flug, der plötzliche Klimawechsel? Der Sonnenbrand? Da hörte er plötzlich die Stimme von gestern in seiner Erinnerung. „Drei Monate wirst du keine Frau ansehen, in dieser Hinsicht wie tot sein und im vierten Monat werde ich dir deine Ehefrau zeigen, die ich für dich ausgesucht habe."

    Irritiert murmelte er. „Vielleicht heute Abend...", und löste sich von der jungen Frau, die vergebens entgegnete, dass sie abends nicht mehr da sei.

    Die beiden Brasilianer waren jetzt nun doch ein wenig enttäuscht und meinten auf einmal, sie bräuchten jetzt ein Taxi, da die Busse zu ihrem Stadtteil Stunden benötigten. A. gab ihnen 35 Real, - mehr hatte er nicht bei sich, von einem letzten Real abgesehen, den er für den Bus brauchte, der direkt nach Copacabana zurückfuhr. Dort stieg er aus suchte sich einen sicheren Platz, um sich mithilfe des kleinen Stadtplans zu orientieren und fand glücklich sein Quartier. Nach einem kalten Duschbad - soweit man als Deutscher das Leitungswasser in Rio als kalt bezeichnen kann -, bei dem er bestätigt fand, dass der Sonnenbrand recht deutlich ausgeprägt war, machte er sich noch einmal auf, um etwas zu essen zu kaufen. Die Straßen waren normal belebt, von Karneval keine Spur.

    Wieder in der drückend heißen Wohnung angekommen, war seine Stimmung auf dem Nullpunkt angekommen. Er saß in der schwülen Hitze mitten im Karneval, aber ganz allein und hatte außerdem sein Ziel fürs erste nicht erreicht. Und dann war da noch dieses merkwürdige Erlebnis mit dem Mädchen. Vielleicht hätte dieses Appartement in seiner Anonymität sogar ein Vorteil sein können, wenn es darum ginge, eine Frau kennenzulernen. Aber das Beängstigende war eben das Fehlen der Lust darauf.

    Er schaltete den Fernseher ein, um sich wenigstens mit den Bildern vom Karneval die Stimmung anheben zu lassen. Er hasste das, es war weit unter seinem Niveau als studierter Musiker, aber so weit war er nun schon seit zwei Jahren oder mehr abgesunken. Aber auch hier geschah das Gleiche: Die Bilder von tanzenden Schönheiten sagten ihm nichts und deprimiert schaltete er das Gerät ab und legte sich aufs Bett. Ja, da war diese Stimme im Flugzeug gewesen. Es war ungefähr nach der halben Strecke gewesen, als er sich vom Lesen gelangweilt hatte und an einen zurückliegenden Flug 1994 von Rio nach Deutschland gedacht hatte. Nicht weit von ihm hatte damals eine junge, pralle und überaus sinnliche Mulattin in einem Minirock gesessen beziehungsweise nachts gelegen, da die Nebensitze frei waren, so dass A. ihre traumhaften Beine bewundern konnte. Irgendwann war sie auf den Sitz gestiegen, um etwas aus dem Gepäckfach zu entnehmen und A. entsann sich deutlich des atemberaubenden Anblicks. Leider war so ein Blickfang dieses Mal nicht zugegen. Darüber sinnierend hatte er sich an das vage Gefühl erinnert, dass er seine Ehefrau im Ausland kennen würde. „Vielleicht gibt es einen Gott, der sich tatsächlich um diese Einzelheiten kümmert und der ihm dieses Bild schon als Kind in die Wiege gelegt hatte. Er hatte dieses Mädchen bereits als Jugendlicher gezeichnet, sie war zierlich, hübsch und dunkelhäutig, aber nicht wie eine typische Mulattin, sondern mit einer Spur Bronze im Farbton und sie war auf eine stille Weise reizend und anziehend, nicht so wie die normalerweise recht exaltierten Brasilianer. Von daher hatte er als Heimat eines solchen Mädchens, wenn es sie denn überhaupt gebe, eher auf Sri Lanka in Südostasien getippt.

    Aber bestimmte Zwänge und Umstände hatten ihn eben nach Brasilien geführt, und so rechnete A. damit, dass er hier gerade seine Frau nicht finden würde - immer vorausgesetzt, die Prognose war überhaupt richtig und beruhte nicht auf Einbildung, zusammengeträumten Wünschen und Sehnsüchten. Vor zweieinhalb Jahren hatte er schon einmal die merkwürdige Stimme in seinem Inneren gehört. Er war damals verzweifelt und ausgehungert nach Liebe gewesen und sehnte sich nach einer Frau und hörte die Stimme als Antwort auf ein Gebet. „Du wirst überhaupt kein Mädchen mehr in Deutschland kennenlernen können, sondern erst wieder lieben, wenn du deine Ehefrau gefunden hast, die ich für dich ausgesucht habe. Sie wohnt in einem anderen Land und wartet schon seit langem auf dich."

    Er war damals zu Anfang fast enthusiastisch aufgrund dieser Nachricht gewesen, aber bald kamen ihm Zweifel. War es nicht überhaupt eine merkwürdige Prophezeiung, hatte er sich gefragt. Wenn er sich mit irgendeinem beliebigen Mädchen befreunden würde, wäre ja bewiesen, dass die Prophezeiung nicht echt war. Als Musiker, dazu nicht gerade arm, könnte er doch wohl zumindest irgendein hilfesuchendes armes Mädchen aus Rumänien, Russland o.ä. lieben, das sich jämmerlich und illegal in Deutschland als Hausmädchen, Nutte, oder sonstwie durchschlug und jeden Tag von so einem Glücksfall träumte, nur um damit die Prophezeiung zu widerlegen. Aber als er nach etwa zwei Jahren gerade das tun wollte, stieß er gegen eine Wand, was ihn ziemlich verwirrt hatte. „Nun gibt es drei Möglichkeiten, hatte er gedacht. Entweder Ich habe plötzlich irgendetwas total Abstoßendes an mir, oder ich habe einfach nur großes Pech. Oder aber es ist tatsächlich etwas Übernatürliches im Spiel."

    Im Flugzeug hatte er sich dann spielerisch vorgestellt, dass seine Ehefrau vielleicht doch Brasilianerin sein könne, -vielleicht war das Bild aus seiner Jugend, welches ihn eher an Sri Lanka hatte denken lassen, ja bloße Phantasie gewesen, angeregt durch irgendein Ereignis. Aber wie sollte er in einem großen Land voller hübscher Frauen wissen, welche für ihn bestimmt war. Klar, in Rio könnte er sicher schon in der ersten Nacht eine Frau kennenlernen, so glaubte er damals, aber das würde dann ja kaum die Richtige sein. Während er so vor sich hingeträumt hatte, hatte er plötzlich diese Stimme gehört: „Drei Monate wirst du keine Frau ansehen und in dieser Hinsicht wie tot sein und im vierten Monat werde ich dir deine Ehefrau zeigen die ich für dich ausgesucht habe."

    „Nun gut, dachte er sich, als er so auf seinem Bett lag und grübelte. „Dann werde ich mich eben etwas zurückhalten, um zu sehen, ob Gott mir tatsächlich eine Frau zeigt.

    Er zweifelte sehr daran, zumal er in den letzten Jahren durch gewisse Umstände gezwungen gewesen war, gottlos, abstoßend und teils regelrecht verbrecherisch zu leben. Warum sollte Gott ihm also etwas Gutes tun? Oder wollte Gott vielleicht ein Opfer von ihm? War es vielleicht eine behinderte oder sehr hässliche Frau, die sonst niemand liebhatte? Da spürt er auf einmal Gottes Weisheit und kniete sich nieder, um zu beten: „Herr, wenn du dich nach all dem, was geschehen ist, noch meiner entsinnst und wenn du mir persönlich eine Frau aussuchst, dann verspreche ich dir hiermit, dass ich sie von ganzem Herzen aus deiner Hand annehmen und lieben werde, auch wenn sie hässlich ist oder sonst irgendwelche anderen Probleme mit sich trägt."

    A. spürte, dass er jetzt nur noch eines tun konnte: mehr über die unbekannte Macht, die da möglicherweise über ihm wachte, sofern nicht alles nur Einbildung war, herauszubekommen. So nahm er seine Bibel, die er dabeihatte, zur Hand. Die vier Evangelien mit dem Leben Jesu meinte er bereits zu kennen, und so beschloss er, danach mit dem Lesen zu beginnen. Er las also in der Apostelgeschichte, dem fünften Buch des Neuen Testaments, wie die ersten Anhänger Jesu durch unerklärliche Wunder oder Zufälle(?) gestärkt wurden, wie ihr schärfster Feind Paulus - oder alias Saulus - plötzlich eine Erscheinung hatte und Christ wurde und wie dieser Unmensch, der sogar für Morde an Jüngern mitverantwortlich war, anfing, Reisen durch die heutige Türkei zu unternehmen, um die Menschen durch die Lehre und das Lebenszeugnis Jesu zu gewinnen. Im 16. Kapitel der Apostelgeschichte las A.: Sie reisten durch die Region Phrygien und das Land Galatien, aber der Heilige Geist ließ es nicht zu, dass sie dort das Wort Gottes verkündigen konnten. Da wollten sie sich nach Süden wenden, um in der Küstenregion zu predigen. Sie versuchten nach Bithynien zu kommen aber der Geist Jesu ließ es nicht zu. So blieb ihnen schließlich kein anderer Weg, als nach Europa zu gehen.

    Der Heilige Geist ließ es nicht zu, - wie sollte man sich das vorstellen? Waren es Visionen? Aber hinter es nicht zulassen steckt doch eigentlich mehr! Das war ein Eingriff ins Leben, ein gewisser Zwang, nicht nur eine mündliche Aufforderung. Ja, vielleicht war es Paulus so ergangen wie ihm, A., mit den Frauen in Deutschland, seit Gott ihm gesagt hatte, er werde in Deutschland keine Frau mehr haben. Bestimmte Türen schlossen sich und letztlich blieb nur noch ein Weg offen für den Menschen, nämlich der Weg, den Gott vorgesehen hatte. Aber konnte da nicht einfach auch nur Zufall im Spiel sein? Und die zweite Frage war: Warum sollte Gott bei bestimmten Personen so ins Leben eingreifen, während er es bei anderen nicht tat? Dazu bei einer so unwürdigen Person wie ihm, dachte A.. Die einzige Möglichkeit, herauszufinden, ob hinter der Prophezeiung Gott steckte oder nur Einbildung, war, sich darauf einzulassen. A. hatte 4000 Dollar in bar bei sich, das letzte Geld, was er aus Deutschland hatte retten können. Dieses Geld würde ihm bei sparsamem Umgang erlauben, einige Monate durch Brasilien zu reisen, auf die Stimme Gottes zu hören, um vielleicht zu erfahren, wohin Gott ihn führen wollte.

    Er hatte die Adresse von dem Kinderhilfswerk Ministério Programa Criança Feliz erhalten. War das bereits eine Botschaft Gottes oder nur Zufall? Darüber wollte er nachdenken und die Antwort bei Gott suchen, sofern es diese Antwort gäbe. So beschloss er, sich ein Fahrrad zu kaufen und nach Belo Horizonte aufzubrechen, aber sich viel Zeit bei der Reise zu lassen. Zeit, um Gott zu finden, falls er sich finden ließe. Danach würde er entweder mit der richtigen Adresse nach Rio zurückkehren oder aber vielleicht so wie Paulus ein anderes Ziel bekommen.

    Am nächsten Morgen erwachte er früh, der Sonnenbrand schmerzte. Er ging ein wenig spazieren, und als es endlich 9 Uhr war, machte er sich auf die Suche nach einer Bank, um ein Konto zu eröffnen, denn er wollte schließlich nicht die 4000 Dollar mit sich herumschleppen. Er musste jedoch feststellen, dass zum Karneval in Rio alle Banken geschlossen waren. Er würde bis zum morgigen Aschermittwoch warten müssen. Die Schmerzen, die Hitze und der fehlende Schlaf waren noch am besten auszuhalten, wenn er spazieren ging. So nahm er die Bibel, das Portugiesisch-Lehrbuch und einen Roman mit und schlenderte durch die Hinterstraßen von Copacabana. So wie schon am Vortag stellte er fest, dass ihn der Anblick der vielen hübschen Mädchen nicht aufzumuntern vermochte. Was für ein Unterschied zur vorherigen Reise im Jahr 1994! Aber schließlich war er müde und hatte Schmerzen, sagte er sich. Das dämpfte wahrscheinlich seine Begeisterungsfähigkeit für die Schönheiten des Lebens.

    Er kam auch an vielen Kirchen vorbei und er erinnerte sich nun, dass das Ministério Programa Criança Feliz mit einer evangelischen Kirche zusammenarbeitete. Vielleicht könnte er in einer Kirche Information bekommen?

    Aber es gab viele Kirchen, wie er im Laufe seines Weges feststellte. Schließlich kam er an einen Platz mit Bäumen, Tischen, Bänken und einem Spielplatz. Dort lag auch eine evangelische Kirche, - ein großes, mehrstöckiges Haus. Deren Tor war sogar wegen einer Fassadenrenovierung einladend zur Straße hin geöffnet.

    Wenn er eine Adresse in Rio hätte, könnte er dort sein Gepäck lassen und nur das Nötigste mit auf die Fahrradtour nehmen. Aber wenn es Gottes Wille sein sollte, dass er hier in Brasilien war, müsste dieser ihm ein Zeichen senden. Würde er auf gut Glück zu irgendeiner Kirche gehen, würde man ihm, dem Ausländer, vielleicht aus purer Hilfsbereitschaft helfen und ihm alles Mögliche anbieten, was sich vielleicht zufällig ergab. Er würde dann nicht wissen, ob es Gottes Wille war oder ob er einfach nur zufällig an etwas geraten war. So würde er seinem Ziel dann nicht näherkommen. Aber würde er Gottes Zeichen verstehen? Kann es sein, dass dieses offene Tor bereits Gottes Einladung war?

    Da gingen seine Gedanken 22 Jahre zurück. Er war damals 16 und in seiner kleinen Heimatstadt einer der wenigen, die die in Deutschland in evangelischen wie katholischen Kirchen fast immer anzutreffende große Kirchenorgel, das weitaus größte Instrument der Welt, spielen konnte. Da der Organist seiner Kirchengemeinde ein gefragter und daher viel reisender Musiker war, spielte A. schon häufig in den Gottesdiensten, Beerdigungen, Hochzeiten oder Tauffeiern. In Deutschland ist es eine große Tragödie für die Familie, wenn so eine Feier einmal wegen eines plötzlichen unvorhergesehenen Ereignisses ohne Orgelmusik bleibt, was aber in Deutschland, einem Musterland für gute Organisation, fast nie vorkommt.

    Eines Tages bat seine Mutter ihn nach der Schule, die er fast immer mit dem Fahrrad besuchte, einen Abstecher in ein benachbartes Dorf zu machen und dort auf einem Feld zwei Körbe Erdbeeren zu pflücken - gegen Gebühr, versteht sich. Die Mutter wollte Marmelade machen. Auf dem Weg vom Feld nach Hause kam A. am städtischen Friedhof vorbei. Die Kapelle in der Mitte des Friedhofs läutete zu einer Beerdigung und ihm war auf einmal, als riefen die Glocken gerade ihn: Geh da hin und erkundige dich, ob vielleicht jemand zum Orgelspielen gebraucht wird!

    Er konnte sich das nicht erklären, denn es gab eine zuständige hauptamtliche Organistin, die an der Stadtkirche angestellt war. Und die würde im Verhinderungsfall einen Kollegen bitten. Aber ein unerklärlicher Zwang hielt ihn fest und er musste an der Friedhofsmauer halten. Geh dahin und biete dich an! hörte er eine Stimme in seinem Inneren. Er wusste aber, dass die Wahrscheinlichkeit, dass einmal ein Organist fehlt und kein Ersatz zur Stelle ist, praktisch gleich Null war, und er würde sich mit seinem Erscheinen mit schmutzigen Händen und zwei Körben mit Erdbeeren zum Gespött machen, wenn er dort vorspräche und früge, ob nicht zufällig ein Organist gebraucht würde und man ihm erstaunt entgegnete: Aber nein! Warum denn?! Wie sollte er dann sein ungebetenes Erscheinen vor der schwarz gekleideten Gesellschaft erklären?

    Wohl 10 Minuten war er wie angenagelt vor der Mauer. Mochte sich nicht entschließen, zur Kapelle zu gehen, konnte aber auch nicht weiterfahren. Schließlich hörten die Glocken auf zu läuten, die Feier begann und der Bann löste sich. Verwirrt fuhr A. nach Hause. Dort angekommen berichtete seine Mutter, dass die plötzlich erkrankte Organistin der Stadtkirche angerufen und händeringend gebeten habe, das A. auf der Beerdigung Orgel spiele, da niemand so kurzfristig einspringen konnte. Man hätte A. sogar aus der Schule rausgeholt, aber da die Mutter wusste, dass der Unterricht bereits zu Ende war, aber nicht, auf welchem der Felder er pflücken gegangen war, war nichts zu machen gewesen. Das war A.s erste Erfahrung dieser Art gewesen und er wartete nun auf ein ähnlich deutliches Zeichen oder Gefühl, damit er sich dieses Mal besser danach richten könnte.

    Am Abend fühlte er sich noch matter und er konnte sich nicht lange auf die Bibel konzentrieren. Er hatte aber noch einen dicken und reißerischen historischen Roman mitgebracht und diese Lektüre war jetzt gerade als Ablenkung richtig, um das schlechte Befinden zu vergessen. Um 10 Uhr abends machte er dann noch einen weiteren Spaziergang, aber die Luft war immer noch drückend heiß.

    Am nächsten Morgen ging er als erstes zur Bank. Obwohl er sich weiterhin schlecht fühlte, musste er die Angelegenheit mit seinem Geld erledigen und er genoss wenigstens die Kühle der Bank, die natürlich eine Klimaanlage hatte. Die Schlange von 50 Personen kostete ihn etwa zwei Stunden. Aber man teilte ihm lediglich mit, dass er als Ausländer nur in der Hauptfiliale der Banco Real ein Konto eröffnen könne. Diese lag viel weiter nördlich und wäre am ehesten auf dem Weg nach Belo Horizonte zu erreichen, da er die Busverbindungen nicht kannte. Anschließend ging er noch einmal langsam an allen evangelischen Kirchen, die er gesehen hatte, vorbei und hoffte auf ein Zeichen. Aber vergeblich... 

    Das Fahrradgeschäft lag gleich gegenüber dem Appartement, war aber weiterhin geschlossen. Der Nachbar vermutete, dass es wegen Aschermittwoch nicht arbeite und erst am Gründonnerstag öffne, und zwar um 9 Uhr. Als A. dann in der Wohnung einige Früchte und Obst aß, klopfte es. Sofort dachte er an die Polizei. Sie haben den Flug überprüft und die alte Dame musste ihre Gäste vielleicht polizeilich melden.

    Aber es war nur die Senhora Elza persönlich. Sie wusste nicht, ob bis Mittwoch Abend oder Donnerstag früh vereinbart war. Da gar nichts vereinbart war, konnte A. bis Donnerstag Vormittag bleiben, ohne noch mehr zu bezahlen. 

    Die Hitze im Appartement war wieder so unerträglich, dass er nachmittags erneut aufbrach. Wegen des Sonnenbrandes wollte er nicht zum Strand, sondern ging in die entgegengesetzte Richtung, durchquerte einen Tunnel und fand nur vor einem Einkaufszentrum, das heute ebenfalls noch geschlossen war, ein wenig Schatten. Dort setzte er sich auf eine Bank und las den Roman. Er war deprimiert. Morgen würde er also aufbrechen, aber er musste das gesamte Gepäck mitnehmen: Zwei große Reisetaschen und das Handgepäck, dazu das dicke Winterzeug, dass er getragen hatte. Warum gab Gott kein Zeichen? Er dachte erneut an die Möglichkeit, dass alles nur ein Irrtum sein könnte. „Ein purer Zufall, dass ich ein Buch über das Ministério Programa Criança Feliz bekommen habe. Und ebenfalls Zufall, dass es mich eigentümlich berührt hat."

    Er dachte erneut an sein Erlebnis am Friedhof. Konnte

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