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Brennender Zaster
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eBook217 Seiten3 Stunden

Brennender Zaster

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Über dieses E-Book

Das Geschehen ist rasant: Vier Verbrecher
mit engen Verbindungen zu Polizei
und Politik rauben einen Geldtransport
aus, rasen durch Buenos Aires
und schießen auf alles, was sich bewegt.
Sie entkommen über den Río de
la Plata nach Montevideo, verschanzen
sich dort in einer Wohnung und werden
von der Polizei sechzehn Stunden
lang belagert. Diese von Radio und
Fernsehen übertragene Belagerung
steuert unweigerlich auf ihr ungeheuerliches
Ende vor den Augen einer fassungslosen
Zuschauermenge zu …
Piglia erzählt in "Brennender Zaster"
eine wahre Geschichte – und macht
daraus einen packenden Roman, der
als Verfilmung mit einem Goya ausgezeichnet
wurde.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum23. Sept. 2021
ISBN9783803143303
Brennender Zaster

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    Buchvorschau

    Brennender Zaster - Ricardo Piglia

    Aus dem argentinischen Spanisch von Leopold Federmair

    Die argentinische Originalausgabe erschien 1997 unter dem Titel Plata Quemada bei Planeta in Buenos Aires, die deutsche Erstausgabe 2001 im Verlag Klaus Wagenbach in Berlin.

    Die Übersetzung aus dem Spanischen wurde mit Mitteln des Auswärtigen Amtes unterstützt durch die Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V. (litprom).

    E-Book-Ausgabe 2021

    © 1997 Ricardo Piglia

    © 1997 Editorial Planeta Argentina S.A.I.C., Buenos Aires

    © 2001, 2010 für die deutsche Ausgabe:

    Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41, 10719 Berlin

    Covergestaltung Julie August. Das Karnickel zeichnete Horst Rudolph.

    Datenkonvertierung bei Zeilenwert, Rudolstadt.

    Alle Rechte vorbehalten. Jede Vervielfältigung und Verwertung der Texte, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für das Herstellen und Verbreiten von Kopien auf Papier, Datenträgern oder im Internet sowie Übersetzungen.

    ISBN: 978 3 8031 4330 3

    Auch in gedruckter Form erhältlich: 978 3 8031 2635 1

    www.wagenbach.de

    Was ist ein Einbruch in eine Bank

    gegen die Gründung einer Bank?

    BERTOLT BRECHT

    Eins

    Man nennt sie die Zwillinge, weil sie unzertrennlich sind. Aber sie sind keine Geschwister, sie sind sich nicht einmal ähnlich. Selten wirst du zwei so verschiedene Typen finden. Gemeinsam ist ihnen die Art zu schauen, diese hellen, ruhigen Augen, etwas Starres und Verlorenes im mißtrauischen Blick. Dorda ist schwer, behäbig, sein Gesicht rötlich, meistens lächelt er. Brignone ist schlank, wendig, ein Leichtgewicht mit schwarzem Haar und sehr heller Haut, als hätte er länger im Knast gehockt, als er wirklich drin war.

    In der Station Bulnes verließen sie die U-Bahn und blieben vor der Auslage eines Fotogeschäfts stehen, um sich zu vergewissern, daß ihnen niemand folgte. Zwei auffällige, extravagante Erscheinungen, man hätte sie für zwei befreundete Boxer halten können oder für zwei Angestellte eines Bestattungsunternehmens. Sie waren elegant gekleidet, mit dunklem Zweireiher, kurzem Haar und gepflegten Händen. Es war ein ruhiger Nachmittag, einer von diesen sauberen Frühlingsnachmittagen mit weißem, durchsichtigem Licht. Die Leute verließen mit angestrengter Miene die Büros und gingen nach Hause.

    Die Zwillinge warteten, bis die Ampel umschaltete, und überquerten die Avenida Santa Fe in Richtung Arenales. Sie hatten die U-Bahn in Constitución genommen und waren mehrmals umgestiegen, wobei sie darauf achteten, daß ihnen niemand folgte. Dorda war extrem abergläubisch, ständig sah er irgendwelche beunruhigenden Vorzeichen, mit seinem Argwohn machte er sich das Leben schwer. Er fuhr gern mit der U-Bahn, er mochte das gelbe Licht der Bahnsteige und Tunnels, er mochte die leeren Waggons, die ihn fortbewegten, ohne daß er sich rühren mußte. Wenn er in Gefahr war (und er war immer in Gefahr), fühlte er sich in den Eingeweiden der Stadt in Sicherheit, als würden sie ihn beschützen. Es war leicht, die Verfolger abzuschütteln. Es genügte, bis zum letzten Augenblick auf dem Bahnsteig stehenzubleiben und den Zug abfahren zu lassen, um sich Klarheit zu verschaffen.

    Brignone versuchte, ihn zu beruhigen.

    »Wird schon klappen, alles unter Kontrolle.«

    »Es gefällt mir nicht, daß so viele Leute mitmischen.«

    »Wenn was passiert, passiert es so oder so, auch wenn niemand mitmischt. Wenn’s dich trifft, trifft’s dich, nichts zu machen. Du bleibst stehen und kaufst dir Zigaretten und paßt einen Moment lang nicht auf, schon hast du verloren.«

    »Und warum wollen sie, daß wir jetzt alle zusammenkommen?«

    Einen Überfall muß man zuerst einmal planen, aber dann muß alles schnell gehen, damit nichts durchsickert. Schnell, das heißt, in zwei oder drei Tagen, von dem Zeitpunkt an gerechnet, wo man den ersten Hinweis bekommt, bis zu dem, wo du ein sicheres Schlupfloch in einem anderen Land findest. Immer mußt du zahlen, eine ganze Menge, und dann besteht auch noch Gefahr, daß der Mittelsmann die Information an eine andere Bande verkauft.

    Die Zwillinge waren auf dem Weg zu ihrer Absteige, einem Apartment in der Calle Arenales. Sauber, in einem sicheren Viertel gelegen, am Ende einer Verbindungsstraße, die zur Brauerei führte. Das Apartment hatten sie als eine Art Hauptquartier gemietet, von dort aus konnten sie alle Schachzüge organisieren.

    »Es ist eine Bude in einem schicken Viertel, bloß ein Versteck, damit wir die Partie einfädeln und abwarten können«, hatte ihnen Malito erklärt, als er sie engagierte. Die Zwillinge waren schwere Jungs, zwei Typen fürs Praktische, und Malito hatte seine Hand für sie ins Feuer gelegt und ihnen alle Informationen gegeben. Aber immer mißtrauisch, Malito, das schon, extrem vorsichtig mit Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen, fast krankhaft, man bekam ihn so gut wie nie zu Gesicht. Er war der Mann im Hintergrund, das magische Gehirn, er agierte aus der Ferne, hatte seltsame Bekannte und Helfer und Verbindungen, Loca Mala, das verrückte Huhn, wie ihn Dorda nannte, der selber ziemlich verrückt war. Er heißt nämlich wirklich so, Malito, das war sein Nachname. In Devoto war ihm einmal ein Bulle über den Weg gelaufen, der Verdugo hieß, das ist noch schlimmer. Wenn du Verdugo heißt oder Esclavo, mit solchen Namen, einer hieß sogar Batilana, da ist es immer noch besser, du nennst dich Malito. Die anderen hatten erfundene Spitznamen (Brignone war El Nene, der Junge, und Dorda war der blonde Gaucho), aber Malito brauchte gar keinen mehr. Mausgesicht, kleine, eng beisammenliegende Augen, kein erkennbares Kinn, rotes Haar, völlig entspannt, Frauenhände, hochintelligent, verstand was von Motoren und Bomben, konnte so ein Ding in zwei Minuten basteln, die Fingerchen bewegte er so als ob er die Uhr einstellte, die Fläschchen mit dem Nitro, und alles ohne hinzuschauen, wie ein Blinder, die Hände bewegte er wie ein Klavierspieler, er hätte ohne weiteres eine Polizeiwache in die Luft jagen können.

    Malito war der Chef, hatte das Ganze geplant und die Verbindungen zu den Politikern und den Bullen hergestellt, von ihnen hatte er Informationen und Lagepläne, die ganzen Details, und wem sie die Hälfte von dem Packen übergeben mußten. Viele Hände waren bei dem Geschäft im Spiel, aber Malito hatte überlegt, daß sie zehn oder zwölf Stunden Vorsprung hätten, daß sie zahlen und dann alles hinter sich lassen würden, mit der ganzen Kohle ab über den Fluß nach Uruguay.

    An diesem Nachmittag hatten sie sich in zwei Gruppen geteilt. Die Zwillinge gingen in die Absteige in der Arenales, um alle Schritte der Operation noch einmal genau durchzugehen. Währenddessen mietete Malito ein Zimmer in einem Hotel gegenüber dem Ort, wo der Überfall durchgeführt werden sollte. Vom Hotelfenster aus überblickte er den Hauptplatz von San Fernando und das Gebäude der Landesbank, er versuchte sich vorzustellen, wie die Bewegungen vor sich gehen würden: die Chronometrie der Aktion, die Flucht gegen die Einbahnstraße und der Rhythmus des Straßenverkehrs.

    Der IKA-Kombiwagen des Schatzmeisters würde sich nach links wenden, im Uhrzeigersinn, und sie würden frontal auf ihn zufahren müssen, um ihn zu stoppen, bevor er im Einfahrtstor des Rathauses verschwinden konnte. Die Richtung des Verkehrs zwang sie, den ganzen Platz zu umkurven und ihnen den Weg auf halber Strecke abzuschneiden. Sie mußten den Fahrer und sämtliche Wächter ausschalten, bevor die sich verteidigen konnten, denn ihr einziger Vorteil war der Überraschungseffekt.

    Mehrere Zeugen versichern, Malito im Hotel mit einer Frau gesehen zu haben. Andere sagen, sie hätten nur zwei Männer gesehen, und keine Frau. Einer von den beiden war ein nervöser Dünner, der alle paar Augenblicke verschwand, um sich einen Schuß zu setzen, der Chueco Bazán, der war tatsächlich an diesem Nachmittag im Hotel in San Fernando. Vom Fenster aus, das auf die Straße ging, beobachteten er und Malito die Bewegungen in der Bank. Nach dem Überfall hat die Polizei das Hotelzimmer durchsucht, im Bad fanden sie die Spritzen und einen Löffel und die Glasplättchen, das hatten sie alles zurückgelassen. Die Polizei vermutete, daß der Chueco identisch war mit dem jungen Mann, der zur Bar hinunterging und einen Alkoholerhitzer verlangte. Die Zeugenaussagen sind widersprüchlich, wie immer in solchen Fällen, aber alle stimmen darin überein, daß der Junge wie ein Schauspieler aussah und abwesend dreinblickte. Daraus schließen sie, daß er der war, der sich vor dem Überfall Heroin spritzte und den Kerosinkocher verlangte, um die Droge zu erhitzen. Sofort begannen die Zeugen, ihn »den Jungen« zu nennen, was später dazu führte, daß sie Bazán und Brignone verwechselten, manche behaupteten auch, daß beide ein und derselbe wären, nämlich der, den alle »den Jungen« nannten. Ein extrem nervöser Typ, der die Pistole in der Linken hielt, den Lauf nach oben gerichtet, wie ein Polyp in Zivil. In solchen Situationen spüren die Leute, wie ihnen das Adrenalin ins Blut schießt, sie erregen sich und sind benebelt, weil sie bei einer Geschichte dabei waren, die sonnenklar und gleichzeitig dunkel ist. Einige sahen ein Auto, das dem IKA-Wagen vor die Schnauze fuhr, und man hörte ein Getöse, ein Typ lag auf dem Boden und zuckte mit den Beinen, während er starb.

    Vielleicht wollten sie sich nach dem Überfall im Hotel verstecken, falls die Flucht mißlänge. Am wahrscheinlichsten ist, daß zwei Typen die Bank vom Hotel aus im Blick hatten und drei andere in einem »frisierten« Chevrolet 400 kamen, die Auto marke ist in allen Aussagen dieselbe. Schnell wie eine Geschoß, die Kiste. Einer von den Ganoven war Mechaniker, er hatte die Karosse geschliffen, bis sie wie am Schnürchen lief, mit über 5000 Umdrehungen pro Sekunde.

    San Fernando ist ein Wohnvorort von Buenos Aires, die Straßen sind still und von Bäumen gesäumt, die großen Anwesen vom Beginn des Jahrhunderts dienen heute als Schulen oder stehen verlassen auf den Anhöhen über dem Flußufer.

    Der Hauptplatz lag still im weißen Frühjahrslicht. Während Malito und der Chueco Bazán den Abend und die Nacht vor dem Überfall im Hotel in San Fernando verbrachten, schloß sich der Rest der Bande in der Wohnung in der Calle Arenales ein. Sie hatten ein Auto geklaut, draußen in Lanús und es in der Tiefgarage abgestellt, danach fuhren sie mitsamt den Pistolen und dem ganzen Werkzeug im Dienstaufzug hoch und blieben dort, mit heruntergelassenen Rolläden warteten sie auf Befehle und ließen die Stunden verstreichen.

    Es gibt nichts Schlimmeres als den Tag davor, wenn alles bereit ist und man nur noch auf die Straße hinaus muß, um das Ding durchzuziehen, da wirst du zum Hellseher und kriegst Halluzinationen, jede Kleinigkeit ist ein böses Omen, irgendein Schleimer, dem was auffällt und der den Bullen einen Hinweis liefert, und wenn du zum gegebenen Zeitpunkt auftauchst, haben sie dir schon einen Hinterhalt gelegt, deswegen muß man alles abbrechen, wenn es »faul riecht« (sagt Dorda), besser wieder von vorne anfangen und bis zum nächsten Monat warten.

    Die Übergabe war immer am achtundzwanzigsten des Monats, um drei Uhr nachmittags: Die Kohle wurde von der Bank zum Rathaus gebracht. Ein Haufen Kies, fast sechshunderttausend Dollar, die um den Häuserblock herumkutschiert wurden, den Platz entlang von links nach rechts, insgesamt sieben Minuten ab dem Zeitpunkt, wo sie mit dem Geld in der Tür der Bank auftauchen, es in den Kombiwagen verfrachten und durch das hintere Tor in die Bürgermeisterei schaffen.

    »Ich sag dir eines, Bruder« – der Nene Brignone lächelte Dorda ins Gesicht – »bei einer so ›wissenschaftlichen‹ Sache wie der hier bist du noch nie dabeigewesen, wir haben alles unter Kontrolle.«

    Dorda schaute ihn mißtrauisch an und trank Bier aus der Flasche, er lümmelte kurzärmelig und barfüßig auf dem Sofa im Wohnzimmer, das auf die Arenales ging, das Gesicht zum tonlos flimmernden Fernseher gewandt. Die Wohnung war still, sie war neu und sauber, die Papiere in Ordnung. Gemietet hatte sie der Fahrer der Bande, der Rabe Mereles, für seine »Verlobte«, wie er sagte, und im Viertel dachten sie, er sei ein Großgrundbesitzer aus der Provinz Buenos Aires, der das Mädchen und seine Familie aushält. Die Familie der Verlobten war nach Mar del Plata in die Ferien gefahren, und die Bude verwandelte sich in das, was Malito als seine Operationsbasis bezeichnete.

    In dieser Nacht mußten sie vorsichtig sein, sie durften sich nicht sehen lassen, mit niemandem sprechen, Ruhe bewahren. Es gab einen Apparat im zweiten Untergeschoß des Gebäudes, von dort telephonierten sie alle zwei oder drei Stunden mit dem Hotel in San Fernando. Malito hatte ihnen eingeschärft:

    »Nur das Telephon in der Garage benutzen, auf keinen Fall das in der Wohnung.«

    Er hatte eine Reihe von fixen Ideen, Malito, eine davon das Telephon. Seiner Meinung nach waren alle Telephone der Stadt angezapft. Aber Malito, das verrückte Huhn, hatte noch andere Macken, meinte Dorda, der Oberverrückte. Er konnte kein Sonnenlicht ertragen und keine Menschenmenge und wusch sich die ganze Zeit die Hände mit purem Alkohol. Er mochte das frische und trockene Gefühl von Alkohol auf der Haut. Sein Vater war Arzt, wurde behauptet, Ärzte waschen sich die Hände mit Alkohol, bis zum Ellbogen hinauf waschen sie sich, wenn sie einen Kranken besucht haben, und der Junge hat diese Angewohnheit geerbt.

    »Alle Keime«, erklärte Malito, »werden durch die Hände übertragen, mit den Fingernägeln. Gäben sich die Leute nicht die Hand, würden zehn Prozent weniger sterben, nämlich die, die durch Ungeziefer sterben.«

    Tote durch Gewaltverbrechen gab es (ihm zufolge) nicht einmal halb so viele wie Tote durch ansteckende Krankheiten, aber niemand warf die Ärzte ins Gefängnis (Malito lachte). Manchmal stellte er sich vor, wie Frauen und Kinder mit Chirurgenhandschuhen und Keimschutzmasken durch die Straßen liefen, die ganze Stadt war maskiert, um Krankheiten und Berührungen zu vermeiden.

    Malito kam aus Rosario, er hatte drei Jahre an der Technischen Fakultät studiert, und manchmal ließ er sich Ingenieur nennen, obwohl ihn insgeheim alle Doktor No nannten. Er war tatsächlich verrückt, aber auch wegen der Narben an seinem Körper, die wie grobe Nähte waren, weil sie ihn ausgepeitscht hatten auf einer Polizeiwache in Turdera, mit einer Bettfeder aus Stahl, eines der Tiere von der Provinzpolizei hat es getan. Malito schnappte ihn sich eines Nachts, als er in Varela aus einem Bus stieg, und ertränkte ihn im Straßengraben. Er ließ ihn niederknien und tauchte ihm das Gesicht in den Schlamm, und es heißt, daß er ihm die Hose heruntergezogen und ihn vergewaltigt hatte, während der Körper des Bullen zuckte und der Kopf Wasser soff. Das wird zumindest behauptet. Netter Kerl, Malito, ein Kumpel, den alle mochten, aber gerissen. In dem Milieu gibt es nicht viele von der Sorte. Und immer schafft er es, daß die anderen tun, was er will, ohne daß sie es merken.

    Andererseits hat nie ein Typ soviel Glück gehabt wie Malito. Der hatte einen Schutzengel für sich allein. Die Perfektion in Person, deshalb wollen alle mit ihm arbeiten. Nur er konnte den Überfall auf den Zahlwagen der Bürgermeisterei von San Fernando innerhalb von zwei Tagen durchziehen. Ein großer Coup, bestimmt kein Kinderspiel (so der Chueco Bazán), mit mehr als einer halben Mille auf der Palette.

    Damals gab es ein Telephon mit einem Holzkasten unten in der Garage, die zum Apartment in der Calle Arenales gehörte, und von dort aus setzten sie sich in der Nacht vorher mit Malito in Verbindung.

    Malito plante den Überfall wie eine militärische Operation, und er hatte ihnen strenge Anweisungen gegeben. Die Teilnehmer an dem Komplott gingen den Plan jetzt ein letztes Mal durch.

    Der Rabe Mereles, ein Dünner mit vorspringenden Augen, hatte ein Blatt mit der Zeichnung des Platzes vor sich und erklärte die wichtigsten Details.

    »Wir haben vier Minuten. Der Zahlwagen kommt von der Bank und muß hier um den Platz herum. Ist es so oder nicht?«

    Der Mittelsmann war ein Tangosänger, der sich Fontán Reyes nennen ließ; er war als letzter in die Bude in der Calle Arenales gekommen, nervös und blaß, und hatte sich ein wenig abseits hingesetzt. Auf die Frage des Raben schwiegen alle und schauten ihn an. Da stand Reyes auf und ging zum Tisch.

    »Der Wagen kommt mit offenen Fenstern«, sagte er.

    Sie mußten alles bei Tageslicht erledigen, nachmittags um zehn nach drei, mitten in San Fernando. Das Geld für die Gehälter kam aus der Bank und wurde zum Rathaus gebracht, das zweihundert Meter entfernt war. Wegen der Richtung des Verkehrs mußte der Zahlwagen um den ganzen Platz herumfahren.

    »Er braucht im Durchschnitt zwischen sieben und zehn Minuten, je nach Verkehr.«

    »Wie viele Wachen?«

    »Ein Polyp hier und einer hier. Einer im Wagen, macht drei.«

    Reyes war nervös. In Wirklichkeit gelähmt

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