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Die Johanna-Offenbarung: Apokalypse
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Die Johanna-Offenbarung: Apokalypse
eBook459 Seiten7 Stunden

Die Johanna-Offenbarung: Apokalypse

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Über dieses E-Book

Die Höllenscharen fallen plötzlich über Berlin her. Die Stadt wird von der Apokalypse in Ruinen und fast menschenleer hinterlassen. Ein Jahr später im Winter rettet Ben zwei Frauen bei einem Übergriff von Monstern. Verletzt setzt sich die kleinere der beiden auf und erzählt ihm inmitten mysteriöser Kriegsmönche ihre abenteuerliche Geschichte: Johanna ist schwanger. begegnet Gott und Luzifer, wird vom wieder erstarkten Templerorden begleitet, den Stab des Großmeisters aus Rom zu holen, trifft auf Dämonen und Engel, erlebt Hunger, Elend und Gewalt. Ihr Mitgefühl und ihr Tatendrang beeinflussen das politische und religiöse Gefüge. Sie schildert ihren emotionalen, postapokalyptischen Roadtrip als die moderne Maria, fantastisch, schmerzvoll und gibt doch Hoffnung für den Tag danach.
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum10. Jan. 2023
ISBN9783740723828
Die Johanna-Offenbarung: Apokalypse
Autor

Silvio Pio Parlanti

Silvio Pio Parlanti wurde 1971 in Berlin geboren, hat Vater und Verwandte in der Toskana. Er war viele Jahre erfolgreicher Grafikdesigner in den USA für Business- Image. Ein Jahrzehnt hat er sich in den 1990ern als European Director in vielen europäischen Großstädten (Mailand, Berlin, Köln, Hamburg etc.) als Leiter der Guardian Angels eingesetzt. Ebenfalls hat er der Wissenschaftlichen Akademie für Geschichte, neben dem Studium, Informationen zu den Tempelrittern und deren Besitzungen in Berlin und Brandenburg geliefert. Mit der langjährigen Auseinandersetzung von geschichtlichen Fakten und esoterischen Ideen zu dem in dem Buch behandelten Thema ergab sich die Konzeptionsidee von der möglichen Maria, die mit einem Lächeln übernommen wurde, aber auch nicht unkritisch gesehen wird. Mit Freude hat er dieses Buch geschrieben und passend zu seinem Namen, Parlanti = der Sprechende, Johannas Geschichte erzählt.

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    Buchvorschau

    Die Johanna-Offenbarung - Silvio Pio Parlanti

    1. Jetzt geht es aber los

    Zu dritt saßen sie im Wagen und parkten mitten auf dem zugeschneiten Breitscheidplatz. Die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche stand dort seit Jahrzehnten wie ein fauler Eckzahn inmitten glänzenden und leuchtenden Gebäudereihen. Vor einem Jahr war sie, flankiert von zwei bunt gläsernen Kirchentürmen Mahnmal für den Zweiten Weltkrieg. Damals hatte es hier von Touristen aus aller Welt gewimmelt. An ihr waren Berlinerinnen und Berliner im Kaufrausch vertieft vorbei geeilt. Heute, nach dem höllischen Krieg waren nur ein paar wenige Überlebende auf dem Platz. Die Domruine hatte damals nicht in das städtische Bild gepasst, jetzt hingegen perfekt. Wie ein kariöses Gebiss standen die einstmals schillernden Häuser um die zerfallene, verrußte Kirche herum. Sie waren fast alle ausgebrannt und in sich zusammengefallen. Viele Trümmer bedeckten die Straßen und Gehsteige. Der Dom hatte seine gewollte Mahnung durch Unauffälligkeit an Bedeutung verloren.

    Wie ein riesiger Tornado war das Inferno durch Berlin gefegt: Dämonen waren aus der brennenden Erde gestiegen und binnen Minuten hatten sie Berge von Toten und Trümmern hinterlassen. Nachdem die Heerschar des Bösen weitergezogen und nur der Geruch vom verbrannten Fleisch geblieben war, gab es nur wenige Überlebende. Das Jüngste Gericht hatte aus der pulsierenden Millionenmetropole eine fast menschenleere Ruinenlandschaft erschaffen. Ein paar Menschen standen zwischen Leichenbergen und Schutt. Ohnmächtig starrten sie über die lodernde Steinwüste und sammelten die zerfetzten Leichen ihrer Nachbarn. Im Zentrum West fanden kleine Gruppen von Überlebenden zusammen. Lange warteten sie auf Hilfe und als sie begriffen, dass keine kommen würde, organisierten sie ihren Schutz und ihre Versorgung alleine. Jegliche Bequemlichkeit der neuen, zivilisierten Welt war verloren: Fließend Wasser, Strom und die frischen Lebensmittel an jeder Ecke. Dafür gab es Benzin im Übermaß und kostenlos! Ein paar intakte Autos waren schnell beschafft. Waffen fanden sie in Einsatzwagen, in Polizeistationen und an toten Beamten.

    Ben, sein Schwager Taner und sein Stiefvater Thomas bildeten diese kleine Schutzgruppe, die Plünderer und versprengte Truppen der Dämonen in Schach hielt. Dank der militärischen Ausbildung von Thomas, hatten sie bald in ihrem näheren Umfeld für Sicherheit gesorgt. Nur selten gab es einen Schusswechsel und sie hatten keine Verluste zu beklagen. Sie blieben auf der trotzdem auf der Hut und kontrollierten weitflächig die Umgebung. Es war friedlich seit ein paar Tagen. Ben stieg aus dem Geländewagen, sprang in den kniehohen Schnee und zündete sich eine Zigarette an. Hinter ihm war das Gebäude, in dem einst ein Buchladen war. Im dritten Stock würde seine Frau mit ihren beiden Töchtern sitzen und ihnen vorlesen. Das tat sie tagsüber immer. Sie hatte nach dem großen Knall die umherliegenden Bücher aufgesammelt und hochgetragen. Damit hatte sie jetzt ihre eigene Bibliothek und lenkte sich mit dem Lesen von ihrer Trauer um die Familie, Freunde und Bekannte ab. Sie hoffte dadurch, die Mädchen zu Literatinnen zu erziehen. Ohne einen Zweifel daran, seine Frau brachte immer ihren Willen durch, starrte er in die Ferne. Im Moment hatte Ben andere Aufgaben zu erledigen, um sich damit zu beschäftigen, oder sich mit ihr darüber auseinander zusetzen. Er winkte ihr nach oben, ohne zu wissen, ob sie es sah. Dann grüßte er die beiden Wachen vor der wieder eingehängten Eingangstür. Die Fenster im Erdgeschoss hatten sie zugemauert. Er drehte sich zum Wagen, nahm einen tiefen Zug von der Zigarette und wischte mit nackter Hand den Schnee von der Motorhaube. Deutlich sah man die aufgemalte Deutschlandfahne. Sie hatten dieses Symbol gewählt, falls doch staatliche Sicherheitskräfte auftauchten und sie als Verbündete erkannten. Er fasste sich an den Mund und zog an der Zigarette. Diese blieb an seiner trockenen Unterlippe kleben und der Zeigefinger rutschten in die Glut. „Man!" Er griff fester zu, warf die Kippe weit von sich und stieg hinter das Lenkrad. Er kratzte sich den Papierrest von der Lippe, ließ den Motor an und trat auf das Gaspedal. Mit knirschenden Reifen rollte der Wagen durch den Schnee. Den gesamten Kurfürstendamm wollten sie patrouillieren. Langsam fuhr er die Flaniermeile Richtung Westen ab. Niemand war zu sehen.

    Ben kamen Bilder von dem Tag X in den Sinn: Kreaturen, die aus einem Horrorfilm entsprungen schienen, waren durch die Straßen gefegt. Unter Schock lehnte er sich damals an einer Hauswand und sah dem bösen Treiben zu. Eine Explosion erschütterte das Haus und die Druckwelle schleuderte ihn durch die Tür eines stehenden Busses der Berliner Verkehrsbetriebe. Hart landete er in dem Gang und war in einer riesigen Blutlache liegengeblieben. Später kam Ben zwischen etlichen Leichen zu bewusstsein. Voller Panik rannte er nach Hause. Überall lagen abgehackte Körperteile, brannte es und es stank bestialisch. Alle Haare standen ihm vor Gräuel ab und nur die Angst um seine Frau und Kinder trieb ihn weiter. Bei all dem Horror gab es ein Wunder: Sie lebten! Sie versteckten sich unter dem Podest des Bettes. Da die ganze Wohnung und das Haus völlig verwüstet waren, erkannte er, dass jemand alles durchsucht hatte. Doch diese kleine Möglichkeit eines Zufluchtsortes war übersehen worden. Sofort zog er die drei heulenden Bündel in den Arm. Er weinte lauter als seine beiden Kinder zusammen. Heute, ein Jahr danach, war ein bescheidenes Leben für sie normal. Nur manchmal, mit einer Menge Alkohol im Blut, trauerten alle den alten Zeiten nach. In dem fast intakten Gebäude der Bücher hatten sich wenige burgähnlich verschanzt. Nachts sah man in verschiedenen Richtungen und in einiger Entfernung Lichtquellen. Sie waren nicht die Einzigen.

    Thomas riss ihn aus seinen Gedanken, indem er an seiner Schulter schüttelte und ein Stück vor ihnen auf die Straße zeigte. Zwei oder dreihundert Meter weiter wirbelten irgendwelche Personen durch den Schnee. Sein Fuß stemmte sich auf das Gaspedal und der Motor heulte auf. Jede Sekunde, die sie der Szenerie näherkamen, erkannte er mehr. Zwei Frauen, die in beiden ihrer Hände Stangen hielten, wehrten sich gegen vier gehörnte Monster, die sie zu fassen versuchten. Die Untiere trugen in ihren Schultergurten große Pistolen. Die Kreaturen bewegten sich lauernd im Kreis um die Frauen herum. Sie trachteten, beide lebend zu fangen! Alle im Auto luden ihre Waffen durch. Ben entsicherte seine zwei Knarren und sprang, die Machete aus dem Türfach reißend, aus dem Jeep. Das Sparen von Munition war ihnen ins Blut übergegangen. Alle drei landeten in Tarnklamotten gekleidet im Schnee. Die beiden dunkelhaarigen Frauen wehrten die Attacken der Gehörnten schnell und geschickt ab. Thomas und Taner griffen sich jeweils eines der am nächsten stehenden Untiere und bevor diese ihren Angriff bemerkten, fielen ihre abgehackten Körperteile in den Schnee. Die anderen zwei wurden sich der Gefahr bewusst und mit aufgerissenen Mäulern rollten ihre Köpfe vom Körper getrennt zu Boden. Die kleinere der beiden Frauen sank auf die Knie und verdrehte die Augen. Sie ließ ihre Stangen fallen und plumpste rücklings in den Schnee. Die andere schnaufte wie eine Dampfwalze, steckte ihre armlangen Kampfstöcker weg und beugte sich herab. Beide trugen leichte Körperpanzer und Jeansklamotten. Die zwei wirkten wie Jeanne d'Arc aus den 1990ern. Ben bemerkte, dass Kreuze wie Wappen auf deren Schusswesten aufblitzten und runzelte die Stirn. Es erinnerte ihn an billige Ritterfilme. Er blinzelte und versuchte, der Kleinen beim Aufstehen zu helfen. Daraufhin bekam er von der Größeren zum Dank einen Schlag auf den Arm. Sie stemmte sie vorsichtig alleine hoch. Die Andere hielt sich den rechten Arm und vermochte, nur auf einem Bein zu stehen. Thomas kam hinzu, griff sich die Humpelnde und trug sie zum Wagen. Die Zweite zeigte diesmal keine Geste der Verneinung. Bei ihm hätte Ben auch niemals widersprochen: Einem durchtrainierten zwei mal zwei Meter großer Typen, der noch seine riesige und blutverschmierte Axt in der Hand hielt, schlug man die Hilfe nicht aus! Die Kleine fiel in Ohnmacht und Thomas legte sie auf die Ladefläche. Die andere öffnete den Mund und schloss ihn, ohne ein Wort zu sagen wieder. Sie zuckte mit den Achseln und kletterte zu ihrer Kampfgefährtin hinten auf den Jeep. Taner und Ben wechselten einen Blick, ruckten dann ebenfalls mit den Schultern. Die drei Männer stiegen in das Auto. Ben fuhr zurück zum Breitscheidplatz. Dort angekommen hupte er mehrmals und sorgte auf dem Platz für Aufregung. Seine Frau sah von oben aus dem Fenster und er gab ihr schnell ein Zeichen, dass alles okay war. Zusätzlich zeigte er ihr das vereinbarte Signal für Erste Hilfe. Thomas hob die Bewusstlose von der Ladefläche und stiefelte die Treppen hinauf. Ben wartete auf die andere, die sich das Gebäude von außen genau ansah. Jetzt erkannte er ihre dunklen Augenringe, die blasse Haut und die Lippen mit den trockenen, tiefen Furchen. Sie war am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Der ihr dargebotenen Arm wurde wieder mit einem Schlag bedacht. Taner wurde mit der Aufgabe betraut, ein Signalfeuer anzumachen, um ihre Mannen zusammenzuziehen. Ben war sich sicher, dass dieser Kampf nicht der Einzige bleiben würde.

    Im dritten Stock angekommen, legte Thomas die Kleine auf eine bereitgestellte Liege neben einem Medizinkoffer. Ben trat in den Raum, seine beiden Töchter Marie und Mine kamen angerannt und versteckten sich hinter seinen Beinen. Er tätschelte ihre Lockenköpfe und zwinkerte seiner Frau zu. Sie war Krankenschwester und bevor sie den ersten Handschlag ausführte, winkte sie den Kerlen, den Raum zu verlassen. Ben schob seine Töchter von sich in Richtung ihrer Mutter und die zwei Männer traten durch die Tür an das Treppenhausfenster. Mit einem Stups machte ein Labradorrüde auf sich aufmerksam. Ben streichelte ihn kurz über den Kopf, Thomas zog den großen Hund ohne Anstrengung auf den Arm und ließ sich die Stirn ablecken.

    Unten rannten Menschen durcheinander. Sie bezogen an den strategisch wichtigen Orten Stellung. Einige Wagen fuhren vor und Männer verteilten sich auf dem großen Platz. Ein Ben wohlbekannter Lkw rollte vor das Gebäude. Ein Halbmond zierte die Seitenwände der Ladefläche. Ein hagerer und finster dreinblickender Südländer stieg aus. Es sah sich um, erblickte Ben am Fenster und winkte ihn herrisch zu sich herunter. Dieser lief knurrend die Treppen herab.

    Dicht blieb Ben vor Omar stehen, starrte ihm lange in die Augen und dieser fragte mit arabischem Akzent grimmig: „Warum sagt mir niemand Bescheid, wenn etwas nicht stimmt?"

    „Wusste nicht, dass ich dir Bericht zu erstatten habe", der Blonde stemmte die Fäuste in die Hüften. Er und Omar lagen schon einige Zeit im Clinch, da der Dunkelhaarige die moslemische Gemeinde im Norden hütete, Ben sich nicht unterordnete und eine türkische Frau hatte.

    Er nutzte jede Gelegenheit, Ben anzubrüllen. Er war sich absolut sicher, dass der Groll Allahs gegen die Christen gerichtet war. Einmal hatte Ben maulig gefragt, wenn er davon überzeugt war, warum sie dann überhaupt kämpften. Beinahe hatte er ihn dafür ins Gesicht geschlagen, etwas auf Arabisch gefaucht und war abgedampft. Er hasste ihn. „Was ist hier los? Der Dunkelhaarige forderte den Blonden zum Sprechen auf. Da der Anführer vom Breitscheidplatz keine Nerven für einen Streit hatte, erzähle er ihm von dem Vorfall. Die Reaktion seines Gegenübers war nur ein Herausspucken: „Wegen zwei Frauen so ein Aufriss? Der Mann war oberflächlich, grob und nicht besser als sie alle in dieser harten Zeit.

    „Omar, wo solche Viecher auftauchen, sind meist mehr! Das weist du auch. Ich kenne nicht den Grund, aber mein Bartjucken sagt mir, dass das nicht alles war."

    „Warum dann keine Nachricht?"

    „Ich muss erst selber wissen, was überhaupt los ist, um angemessen zu reagieren. Bereite dich auf einen möglichen Überfall vor und wenn es was Neues gibt, werde ich mich melden! Der Araber nickte und ohne einen Gruß stampfte er zu seinem Lastwagen und brauste davon. Abermals zündete sich Ben eine Zigarette an und checkte alle Richtungen. „Ich hoffe, ich liege falsch, murmelte er vor sich hin.

    Das hektische Treiben hatte dann ein Ende. Gereizt schritt er zurück ins Haus und stieg die Stufen hinauf. Oben angelangt trat er seine Kippe aus und klopfte an die Tür. Nach kurzer Zeit öffnete ein Einmetergrinsebalg: Mine. Der Vater nahm seine Tochter hoch und sah, wie seine Frau mit der Großen der beiden in Rüstung redete. Er schlenderte näher und hörte, wie sie sich auf Türkisch unterhielten. Er verstand kein Wort. Seine Gattin bedachte ihn mit einem Lächeln und die andere mit einem abfälligen Blick. Beide wechselten ein paar kurze Sätze. Ben drehte ihnen den Rücken zu und sah sich die kleinere auf der Trage an. Langsam ließ der schlanke Mann Mine los und schob sie in Richtung der Mutter. Er schritt zu der Schlafenden und blieb neben ihr stehen. Bis zum Kinn war sie zugedeckt, das Gesicht war fahl und glänzte wegen des Schweißes. Dunkle Augenränder, viele Kratzer und aufgerissene Lippen sprangen im Kontrast zur bleichen Haut ins Auge. Sie war vermutlich so alt wie seine Frau. Ihre Haare waren nass, verklebt, lagen wirr um ihr Haupt verteilt auf dem Kissen und der Stirn. Ihre weißen und fingerdicken Strähnen im Pony waren erheblich länger als der Rest. Sie sahen aus wie aus Nylon. „Merkwürdig, schoss es ihm durch den Kopf. Neben dem Bett lag die dreckige, abgewetzte und müffelnde Ausrüstung: Helle Jeanshosen und Jacke, Brustpanzer, Knie-, Schienbein- und Armschützer in Chrom. Unter allem ragte ein Stück von einem ihrer Schlagstöcke heraus. Erst nahm er an, der Griff wäre aus Holz. Jedoch erkannte er bei genauem Hinsehen keine Maserung wie bei Bambus. Der Stock war zum Teil aus irgendeinem Metall, der Rest möglicherweise aus Kunststoff und mit unbekannten Zeichen verziert. Er war nach oben verjüngt und man sah den Ansatz einer Klinge auf der Metallseite. Es reizte den Mann, sich diese merkwürdige Waffe zu schnappen und genauer unter die Lupe zu nehmen. Etwas in ihm sagte, er solle es lassen. Anstatt sie sich zu greifen, entschied er, sie aus der Nähe anzusehen. Kaum war er dicht genug, um mehr zu erkennen, schreckte ihn der ekelhafte Gestank der Klamotten ab. Sein Magen drehte sich um. Sie selber waren verwöhnt, denn sie hatten ein paar Häuser weiter in einer Therme eine Dieselpumpe angeschlossen. Ein Monteur hatte sie mit dem Grundwasser verbunden und leitet das Wasser in ein großes Becken. Die Bewusstlose brauchte dringend ein Bad! Ben rümpfte die Nase und drehte sich zu den beiden redenden Frauen um. „Wie steht es um sie?

    Ohne sich zu ihm zu drehen und den Blick auf die andere gerichtet antwortete seine Gattin: „Sie hat ein paar gebrochene Rippen, eine Fraktur jeweils im Bein und Arm. Sie hat Schnittwunden und hohes Fieber. Ich habe alles geschient, Sprühpflaster benutzt und Antibiotika gegeben. In ein paar Wochen wird sie wieder fit sein. Vorausgesetzt sie wird gleichzeitig ihre Unterernährung in den Griff bekommen. Ben nickte und drehte sich zu der Großen. Sie ignorierte ihn. Seine Frau: „Das ist Esra.

    „Woher kommt ihr?" Er sprach diese direkt an.

    „Hier aus Charlottenburg. Nur haben sie ein paar verrückte Trips hinter sich."

    Er fand es immer nett, die Stimme seiner Frau zu hören, aber die Ignoranz der anderen ging ihm auf den Sack. Er sprach sie nochmal direkt an: „Welche? Und was ist deiner Begleiterin passiert?" Bewusst war die Frage schroff gestellt, zumal er sich dementsprechend fühlte.

    Ohne eine Regung, aber mit leicht schnippischem Ton antwortete die andere: „Sie ist meine Ehefrau."

    Er zuckte. „Gut. Ihr seid verheiratet. Was ist euch passiert?"

    „Das wird dir meine Frau erzählen, denn sie wird wissen, was sie dir sagen darf!"

    Er schüttelte den Kopf und atmete tief ein. Sie drehte langsam ihr Haupt zu ihm und sah ihn traurig an. Ben erkannte, dass ihr Zustand nicht besser war, als der ihrer kleineren Frau. Mehr Mitgefühl von ihm wäre angebracht. Er hockte sich direkt neben sie, sah ihr fest in die Augen und fragte mit erheblich sanfterer Stimme: „Was bedeutet das Kreuz? Ist eine Armee auf dem Weg hier her? Kommt Hilfe von da draußen?"

    „Nein, ja. Nicht sofort."

    Enttäuscht stand der Mann wieder auf. „Kann ich eine vernünftige Antwort bekommen? Immerhin haben wir euren Arsch gerettet! Unten warten Leute darauf, ihr Leben zu lassen, falls irgendwelche anderen Bestien kommen, um euch zu holen. Fuck!" Ben hatte sich in Rage geredet. Es pochte ihm im Hals.

    Die Angeblaffte sah ihn mit ihren dunklen Augenringen an. „Wir haben euch nicht darum gebeten! Warte auf die Antworten meiner Frau. Kann ich mich irgendwo hinlegen?"

    Ben sah ihre Erschöpfung. Sie war absolut am Ende und er zeigte direkt an die Stelle, wo sie saß. Sie nickte und fiel nach hinten um. Seine Frau und er beugten sich über sie. Sie war bewusstlos.

    „Ich werde sie auch untersuchen."

    Er nickte ihr zu. „Komische Sache das!"

    „Cool sind die beiden trotzdem!"

    „Hat sie erzählt, was sie erlebt haben?"

    „Nein, nur für dich unwichtiges Privatgequatsche!"

    „Irgendetwas, was mich interessieren würde?"

    Sie grinste verschmitzt. „Nein, Kerl!"

    Ben lachte. Sie wusste, dass er jetzt keinen Bock auf Nebensächlichkeiten hatte. Zärtlich nahm er sie in den Arm. „Wo sind die Kinder?"

    „Sie sind hinten. Ich werde Esra genauer untersuchen und dann die Mädchen zu Bett bringen."

    Nach einem Kuss auf die Stirn der Krankenschwester lief er zurück ins Treppenhaus und der schlanke Blonde überließ sie ihrer Aufgabe. Thomas hatte dort gewartet und fragte: „Und?"

    Ben antwortete: „Nichts!"

    Da gab es in der Ferne einen lauten Knall. Beide Männer sahen aus dem Fenster. Hinter den verkohlten Gebäuden gen Norden sah man, wie sich der verdunkelnde Himmel rot färbte und langsam wieder die normale Farbe annahm. Dann sah man viele Lichtblitze und drei, vier Sekunden später schallten Schüsse herüber. Da war das erwartete Gefecht. „Warum zuerst im Norden?, fragte sich Ben. Er hatte mit einem direkten Angriff gerechnet. Der Schusswechsel wurde intensiver und hielt an. Beide sahen nach unten und erkannten, wie alles vor Anspannung erstarrt war. „Es wird nicht mehr lange dauern und dann sind wir fällig, dachte Ben und schaute durch die Tür zu seiner Frau. Sie starrte ihn an. Der Blonde flüsterte ein, „I love you. Sie antwortete ihm und er las in ihren Augen, dass sie ihn bat, vorsichtig zu sein. Er zwinkerte ihr zu. Abrupt drehte er sich zum Treppengeländer um und lief die Stufen herunter, um unten auf die Straße zu treten. Ein Lichtblitz nach dem anderen war im Norden zu sehen und Sekunden später Explosionen zu hören. Einige Minuten vergingen und das Knallen brach ab. „Wer war Sieger? Er gab zwei Männern ein Zeichen und sie verschmolzen mit der Dunkelheit. Nach etwa einer viertel Stunde, welche allen wie eine Ewigkeit vorkam, traten die beiden mit einigen weiteren aus dem Schatten. Mit Achselzucken zogen sie einen der anderen an Ben heran.

    Es war ein Araber. „Chef, sprach er ihn an. „Wir sind verloren! Diese Monster waren zu Hunderten und wir waren darauf nicht vorbereitet!

    Ihm gefror das Blut in den Adern. „So viele? Verflucht! Mit ein paar Plünderern oder mit einer kleinen Meute kämen sie klar, aber mit einem gezielten Angriff von diesen Kreaturen? „Wer war es und wie gut ist ihre Bewaffnung?

    „Es waren Monster, die so aussahen wie nackte Affen. Sie hatten zwar nur Speere und Schwerter, aber sie waren in zu großer Zahl. Wir waren mit den Waffen überlegen, doch sie waren schlagartig überall!"

    „Wie viele seid ihr?"

    „Wir hier sind der Rest. Diese Kreaturen rannten in die Unterkünfte und sprengten sich mit unseren Familien in die Luft. Allah!"

    Ben klopfte ihm auf die Schulter und entdeckte unendliche Trauer im Gesicht. Er kannte diesen Blick, denn alle waren vor einem Jahr mit diesen Masken des Entsetzens gezeichnet. Um nicht überrannt zu werden, mussten sie sich besser vorbereiten. „Hör zu, ich gebe dreien deiner Leute einen Späher von uns mit. Ihr umrundet den Feind und seht, ob es Überlebende gibt. Der Rest bleibt hier und unterstützt uns."

    Er nickte nur und fauchte etwas zu seinen Männern. Diese teilten sich langsam in zwei Gruppen auf. Einer, der schon diese armen Menschen hergeführt hatte, wurde gebeten, sie zu begleiten. Alle sahen sie im Dunkel verschwinden und der Rest wartete auf Bens Befehle. Zuerst ließ er das Gebäude hinter ihnen verbarrikadieren und zusätzlich ein paar Wagen vor die Türen verteilen. Selbst Footballprofis würden Probleme haben, dieses kleine Labyrinth zu umlaufen, um einen Touchdown zu landen. Dann spannten sie eine Stacheldrahtfanglinie in Kniehöhe, direkt dahinter wurden in Tonnen gesammelte Glasreste vier Meter breit auf den Boden verteilt. Das würde hoffentlich einige aufhalten. Zusätzlich vergossen sie viele Liter Benzin in die Verteidigungslinien, teilten ein paar Männer ein, die dem Feind in den Rücken fallen sollten und der Rest verschanzte sich vor dem Erdgeschoss hinter der Autobarrikade. Mit den Handfeuerwaffen im Anschlag und den Hiebwaffen vor sich liegend warteten sie. Ein lautes Klicken zeigte ihnen, dass die Männer an den schweren Waffen in dem Obergeschoss ebenfalls bereit waren. „Diese Kreaturen dürfen nicht in das Gebäude kommen! Niemals! Es fing an zu schneien. Die Flockenpracht würde die Fallen etwas verdecken. Das Weiß legte sich langsam auf den gesamten Platz und die Spuren verschwanden. Zwischen dem Schnee und den Ruinen gab es einen bizarren Lichtwechsel. Gestern Abend war der Anblick beinahe romantisch und nun unterstrich er die lauernde Bedrohung. Der Mondschein ließ die hellen Flecken strahlen und das Schwarz wie schreiende Fratzen aussehen. Der Kontrast brachte Angst und Hoffnung zugleich. „Mögen wir so erfolgreich sein, wie der erleuchtete Schnee das Dunkel von dem Platz vertreibt!

    Wie Ritter auf den Wällen einer Burg warteten sie. So muss es gewesen sein, als die barbarischen Kreuzritter in Festungen auf die Sarazenen lauerten. Diesmal war es kein unsinniger Krieg von unterschiedlichen Gläubigen, sondern ein wahnwitziger zwischen Gut und Böse. Es war ein Ruf aus der Ferne und gedämpftes, rhythmisches Trommeln zu vernehmen. Da kamen sie! Die Verteidiger saßen im absoluten Dunkel und Ben atmete so leise, dass er seinen eigenen Puls schlagen hörte. Er merkte, wie sich eine Hitze vom Kopf heraus in den Nacken ergoss, wie seine Arme und Beine heiß wurden und ein Kribbeln im Bauch einsetzte. „Kommt, ihr Bastarde! Das Trommeln wurde lauter. Es kam immer näher und er wusste, was es verursachte: Es war der Marsch von Hunderten von Beinpaaren! „Verflucht! Das war nicht nur ein wilder Haufen, sondern eine trainierte Armee! Er fasste seine Pistolen fester.

    Wie auf seinen Befehl hin, als er die Griffe seiner Kanonen entschiedener packte, kamen die ersten Kreaturen auf den Platz gelaufen. Sie irrten einige Sekunden herum und bogen dann wie ein Mann in neuer Formation in die Richtung des Eingangs. Immer mehr kahle und breitschultrige Monster, die wahrlich wie verbrannte Gorillas aussahen, strömten auf den Platz. Ben überschlug schnell deren Anzahl und es waren um die vierhundert. Auf seiner Haut sträubten sich die Haare. „Das sind zu viele! Warum kommen diese Viecher zurück? Er erkannte, dass diese Kreaturen gleiche Uniformen trugen und einige sonderbare Brustpanzer. Oh ja, das war nicht nur ein zusammengewürfelter Haufen. Das würde ihr Ende sein! Da fiel ihm etwas ein: Zielt hauptsächlich auf die Scheißviecher mit dem Brustschutz! Das sind die mit den Sprengladungen! Wie eine durch einen geworfenen Kiesel verursachte kreisförmige Welle in einem Tümpel breitete sich sein Befehl von Mund zu Ohr aus. Sie nahmen die Gegner ins Visier. Ben wartete nicht, bis die Meute losstürmte. Nein, er zwang sie loszurennen. Auf Zuruf feuerten die Verbarrikadierten eine Salve und die Monster reagierten, wie er es hoffte. Die erste Reihe fiel getroffen zu Boden, Hunderte weitere Kehlen brüllten wild und diejenigen mit aufgerissenem Maul rannten los. Alle paar Sekunden ballerten sie mehrmals und rissen damit gezielte Löcher in deren Truppe. Zufrieden sahen sie nicht einen mit Brustpanzer die Nähe ihrer Verteidigungslinie erreichen. Doch noch immer strömten Monster auf den Platz! Es nahm kein Ende. Die erste Reihe erreichte den Stacheldraht. Geschockt wurden sie von den Füßen gerissen und landeten im Glas. Alle blieben regungslos oder kampfunfähig liegen. Bevor die zweite Reihe verstand, was vor ihnen geschah, lagen diese ebenfalls in den Scherben. Nachrückende Monster schoben ihre Kumpels ohne ein Wimpernzucken ins Verderben. Der Strom an Kreaturen riss nicht ab und bald war das Glas mit Verlusten bedeckt. Die frischen Truppen rannten über deren Mitstreiter hinweg. Die Verteidiger warteten einen kleinen Moment und brachten rasch das Benzin zum Brennen. Eine meterhohe Feuerwand schoss hoch und unter großem Geheul brannten Dutzende Monster wie Fackeln. Die Angriffswelle kam ins Stocken. Ohne die Menschen zu gefährden, gab es zwischen den Brennenden vereinzelt Explosionen. Das Wehklagen schwoll so schrill an, dass die Mannen an der Verteidigungslinie verkrampften. Es war entsetzlich und der Gestank ließ sich den Kommandeur beinahe übergeben. Am liebsten wäre er weggerannt und hätte sich wie ein Kind verkrochen. Er sah, wie der Gegner sich hinter der abebbenden Feuerwand neu formierte. In der Mitte erkannte er deren Anführer. Seine hohe, brüllende Stimme war bis Ben zu hören. Er saß hoch zu Ross, trug einen Kapuzenumhang und Wimpel waren an seinem Sattel befestigt. Auf den kleinen Fahnen, wie auf dem Brustpanzer prangte eine rote, fremdartige Rune. Er war erheblich größer und hatte eine riesige Streitaxt in seiner Faust. Ben wurde kalt. Er erinnerte ihn an einen apokalyptischen Reiter aus irgend einem Film. Der zu Pferd zeigte auf deren Gebäude und ein schriller Schrei, wie von einer Hyäne erklang. Seine Armee formierte sich wie ein Pfeil mit ihm in der Mitte. Schnell und geordnet gingen sie zum Angriff über. Kaum stürmten sie auf das Haus zu, brach ein gewaltiges Geballer hinter ihnen los. Die Nachhut wurde von Bens Männern angegriffen. Wieder zögerte die kleine Armee. „Also, das sind alle Monster! Es war eine Übermacht, aber es kamen keine Truppen mehr hinzu. Der Dämon in deren Mitte zeigte genau zum Eingang der Bücherei und brüllte wieder so schrill. Sofort kam der Pfeil in Schwung. Sie sprangen durch die Feuerlinie und die Menschen brachten Kugel um Kugel ins Ziel. Doch es waren zu viele. Sie waren nicht in der Lage, sie von ihren Linien fernzuhalten. Sie krachten in ihre Reihen. Ben stand aus der Hocke auf und feuerte seine Magazine leer, zog seine Axt und sprang ihnen entgegen. Der erste Gegner verteilte das Gehirn auf seiner Brust, der nächste in seinem Gesicht. Er hieb auf alles, was sich bewegte. Regelmäßig wurde der Boden durch eine Explosion erschüttert. Sie massakrierten sie hier von Hand und hinten lichteten sich deren Reihen durch Gewehrsalven. Jetzt hatte der Hauptpulk ihre Linien erreicht. Der Mann zu Ross hieb sich den Weg zu dem Haupteingang und Ben jenen in seine Richtung frei. Bevor er ihn anzugreifen vermochte, sprang dieser vom Pferd auf den Jeep, der vor dem Eingang zu der Bibliothek parkte. Zwei Männer waren sofort bei ihm, aber wurden in Stücke gehackt. Mit einer Rolle war er vom Wagen und verschwand im Treppenhaus. Bens Nackenhaare standen zu Berge! Er umrundete den Jeep und folgte. Er sah sich schnell um, ob ihm Monster nachjagten. Sie waren alle im Nahkampf verwickelt. „Shit, diesen Riesen schaffe ich nie! Schoss es Ben durch den Kopf. Er sprang auf den ersten Treppenabsatz und spürte plötzlich jemanden neben sich: Thomas! Ben sah seinen besorgten Blick und gleichzeitig die Stiefel des Untieres. So schnell er konnte, rannte er die Treppe hoch. Jedes Mal erkannte er, wenn er um die Ecke bog nur dessen Hacken. Er sah vor dem inneren Auge Maries und Mines aus Angst verzogene Gesichter. Im dritten Stock brannte seine Lunge. Da verschwand der Riese schon in das Zimmer seiner Kinder und Frau. Die nackte Panik ließ seine gesamte Haut kribbeln. Beide Männer kamen am Treppenabsatz an, als ihnen das große Monster in Schwarz rücklings entgegenflog! Thomas schnappte sich seinen Kopf und rollte zur Seite. Mit einem lauten Knacken war des Dämons Hals verdreht und einem schnellen Schnitt dann sein Haupt abgetrennt. Ben sah in den Raum, in dem seine Kinder, Frau und das fremde Paar waren: Die große Esra und seine Ehefrau hielten Baseballkeulen in der Hand. Sie beide hatten des Anführers Run geendet! Dieser Dämon war durch ihre Reihen gefegt, wie eine Fliegenklatsche durch ein Schwarm Insekten, um am Ziel von zwei Frauen, mit einem Stück Holz aufgehalten zu werden. „Pech! Ben spuckte auf die Leiche. Thomas nahm den Kopf und warf ihn laut rufend aus dem Fenster. Unten auf dem Platz war der Kampf mit der Monsterarmee zu einem Scharmützel abgeklungen. Sie hatten den Feind umringt und schlugen auf sie ein. Alle sahen das Haupt des Anführers auf den Gehweg fallen. Mit Geheul versuchten seine letzten Streiter zu fliehen, aber die Menschen streckten jeden nieder. Die Araber prügelten die Höllenbestien wie Hunde zu Tode und schnitten ihre Köpfe ab. Sie hatten gesiegt!

    Ben war klar, warum sie angegriffen worden waren! Nicht sie waren das Ziel. Er starrte Esra an. Diese kauerte sich bangend neben ihre Frau, die in dem Moment mit einem Hustenanfall zu kämpfen hatte. Er lief auf die beiden zu, drückte kurz seine heldenhafte Gattin und baute sich dann vor den zwei Fremden auf. Er hörte hinter sich Thomas etwas sagen und Taner lachen. Sie amüsierten sich über den Kampf. So waren sie. Ben fröstelte es, da er sich an seines Stiefvaters kaltes, blitzschnelles Reaktionsvermögen erinnerte. Was für ein Kerl! Dann starrte er abwechselnd die beiden Frauen an.

    Die mit den gebrochenen Gliedern sagte: „Captain, er war zwar keiner. „Er war wegen mir da!

    Er antwortete sarkastisch: „No Shit, Sherlock!"

    „Ich möchte mich deinem Schutz unterstellen. Es werden Leute kommen und die die Truppen auffüllen. Es wird nur leider noch einige Zeit dauern. Bitte beschütze uns!"

    „Was?", rutschte es ihm heraus.

    „Ich werde dir später alles erklären. Diese Kreaturen werden mit anderen Armeen kommen! Wir müssen jetzt woanders hin! Nach Tempelhof ... . Sie hustete. Esra hob ihren Oberkörper an. Als sich die Jüngere beruhigt hatte und wieder lag, sah sie Ben aus ihren dunklen Augenringen an. „Die Schergen suchen mich und es werden mehr kommen. Alle werden mit mir sterben, wenn wir nicht sofort … .

    „Wer war dieser Kerl?", unterbrach er sie.

    „Bak-Rum"

    „Wer?"

    „Er war ein kleiner Kriegsherr mit Hunderten Kopfgeldjägern."

    Jetzt wurde Ben sauer. „Na klar, nur ein popeliger Trupp mit Dutzenden von Monstern! Dann besteht eine reguläre Armee aus ein paar Millionen?"

    Ihre Antwort ließ ihn verstummen: „Ja!"

    Er hatte vor sie als Idiotin zu verlachen, aber runzelte die Stirn und beruhigte sich. „Warum suchen sie dich?"

    „Details gibt es später! Sie brauchen mich zum Machtausgleich gegen den Himmel. So paradox es klingt, aber das Böse ist im Nachteil!"

    Bei dem Kommandeur des Breitscheidplatzes drehte sich alles. „Himmel? Druckmittel? Hallo! Baby, falls du es nicht weißt, aber hier leben nur noch ein paar Figuren und die Monster haben Berlin in Arsch gemacht! Was ist das für ein Nachteil?"

    „Es gibt mehr als nur unsere kleine Welt. So wie es im Moment aussieht, ist mir klar, dass du das nicht verstehst. Aber warum sollten sie mich suchen, wenn sie gewonnen haben?"

    Sobald er dachte, sie sei übergeschnappt, hatte sie eine passende und logische Antwort. Nur klang es so überdreht. „Durch Zufall bist du an uns geraten und jetzt verlangst du von uns, auf dich zu hören?"

    Sie hustete wieder und schaffte mit letzter Kraft, etwas in ihrer Frau Ohr zu flüstern und fiel dann in Ohnmacht. Ben starrte auffordernd in Esras kränklich wirkendes Gesicht.

    „Nichts ist Zufall! Vielleicht haben wir euch gesucht? Bitte höre auf sie. Sie flehte. „Sie wird jede Frage beantworten. Wenn wir sie jetzt nicht schonen und nicht sofort abziehen, sind wir des Todes!

    Ben verstand kein Wort, aber er konnte die Antworten ja nicht aus den beiden heraustreten! Da draußen alles in Schutt und Asche gelegt war, gab er den Befehl, die Zelte abzubrechen. Sie verabschiedeten sich von ihren toten Getreuen, packten zusammen und brachen im Konvoi gen Süden auf. Nach einer Stunde langsamer, wirrer Fahrt quer durch das zerstörte Berlin, kam der Tross in Tempelhof an. Die halb Ohnmächtige stöhnte vor Schmerz. Es musste schnell etwas gefunden werden. Der Anführer sah hinten auf die Ladefläche und bemerkte, dass es nicht gut um die Kleine stand. Er blickte wieder nach vorne und konnte es kaum fassen! Vor allen ragte das Rathaus Tempelhof empor. Es war fast komplett intakt und es hatte einen Aussichtsturm. Es war die perfekte Festung! Sie hielten vor dem Eingang. Das Gebäude wurde durchsucht und es stellte sich als noch optimaler heraus: Es hatte einen Luftschutzbunker und Vorräte wie Dosenfleisch im Keller. Die Verletzten wurden im Erdgeschoß untergebracht, um sie im Notfall schnell zu evakuieren. Sie teilten unter sich das Bauwerk auf. Die Befestigung übernahmen die Sachkundigen. Ben ließ alle durchzählen: Hunderteinundzwanzig Mann, siebenundvierzig Frauen und siebenundfünfzig Kinder waren deren kleine Gruppe an Anzahl. Das beinhaltete die wenigen Muslime. Viele weinten. Sie hatten Väter, Mütter, Mann, Frau oder Kind verloren. Er sah nebenbei schnell nach den Geretteten. Esra war übermenschlich tapfer, denn sie hatte sich kaum ausgeruht.

    Sie kam auf ihn zu: „Meine Frau will zu einer Kirche gebracht werden und sie möchte, dass ihr mitkommt!"

    „Hä? Dazu ist keine Zeit und ich komme bestimmt nicht mit!"

    „Es ist nur ein Katzensprung und dann werdet ihr eine Erklärung bekommen!"

    Es war zu verführerisch, endlich zu erfahren, was der Hokuspokus sollte und seine Fragen beantwortet zu wissen. „Und wo ist das?"

    „Gegenüber!"

    Er starrte sie ungläubig an. Da war nur ein großer Park, rundherum Häuserzeilen und die waren so zerfallen, wie alle auf dem Weg hier her. Er sah zur schneebedeckten Grünfläche und dann zu den Wohnhäusern in der Umgebung. Er sah keine Kirche. „Vielleicht würde sie etwas erzählen, wenn sie hinter den Bäumen auf dem zugeschneiten Rasen lag", ging es Ben durch den Kopf. Eine Eskorte wurde beordert, mit zu kommen. Doch Esra wollte das nicht. Ben zeigte auf Thomas und Taner, die mittlerweile neben ihm standen. Sie nickte und er griff nach der Hand seiner Frau, denn diese war der Kranken nicht von der Seite gewichen. Die Große winkte ihnen, ihr zu folgen. Sie schleppten die Kleine aus dem Rathaus hinüber zu der gegenüberliegenden Parkseite. Als alle zwischen den Bäumen liefen, vernahm Ben ein leises Murmeln. Er wollte den Trupp zum Halten bringen. Thomas griff sein Sturmgewehr fester.

    Doch Esra sagte herrisch: „Weiter!"

    Der Schlanke biss sich zur Abwechslung auf die Unterlippe, damit er mal die Klappe hielt. Taner winkte ab und so setzten sie ihren Weg fort. Als sie eine große Linde umrundeten, erblickten sie mitten auf einer schneebedeckten Wiese mit Bäumen eine Kapelle. Sie war innen hell erleuchtet und die Gruppe hörte ein Gemurmel aus ihr herauskommen. Die wie Fratzen aussehenden Äste wurden sanft von dem leicht goldenen Licht aus den Kirchenfenstern angestrahlt. Die Bedrohlichkeit verblasste. Nach ein paar weiteren Schritten hörten alle, wie das Gebrabbel in leises und tiefes Singen überging. Es war ein Männerchor und ihre innere Unruhe wie weggeweht. Bens Frau ließ langsam ihre enge Umarmung fahren. Sie umliefen die Mauer der Kirche und marschierten auf ein kleines Portal zu. Rechts und links von ihnen lagen alte Gräber. Esra stand schon an der großen Holztür und winkte ungeduldig. Dann pochte sie kräftig ans Holz. Der Chor erstarb und kurz darauf erschien ein Mann mit Bart in der von ihm geöffneten Tür. Er trug ein weißes Gewand. Er musterte sie alle, hob die Augenbrauen als er Esra erblickte und gab sofort die Tür frei. Einer nach dem anderen, die Trage in der Mitte, schlüpften die Mitglieder der kleinen Gruppe durch die Tür ins Innere der Kapelle.

    Der große Raum war hell ausgeleuchtet. Keine Bank stand in der Kirche. Der gesamte Boden war mit Teppichen ausgelegt und in der Mitte lag ein glatter, weißer und hüfthoher Stein. Der Altar am anderen Ende war entfernt worden. Ein Sockel zeugte davon, dass dort einmal einer stand. An der Stelle saß ein Mann mit weißem Umhang, kahlem Schädel und einem mit grauen Strähnen durchzogenen, braunen Bart. Er sah jeden der Gruppe ernst an. Besorgt blieb er mit seinem Blick auf der Trage hängen. Ben stand direkt an dem Stein in der Mitte der Kapelle und schaute sich um: Schlicht wirkte der Raum. Keine Buntglasfenster gab es und nicht eine Verzierung war zu sehen. Plötzlich durchzuckte es ihn. An den Wänden hockten weitere zwanzig Kerle in Weiß. Alle hatten große Ähnlichkeiten mit dem Mann an der Stirnseite: kahler Schädel, Bart und Umhang. Sie schauten ihn interessiert an. Auf Wink des auf dem Podest hin lösten sich zwei von der Wand. Sie griffen nach der Trage, stellten sie zu Boden und untersuchten die Verletzte. Ben fühlte sich unwohl, aber gleichzeitig geborgen. Er sah zu seiner Frau, seinen Weggefährten und glaubte die gleichen Gefühle, bei ihnen zu erkennen. Sie standen dort ein paar Minuten. Die beiden Männer endeten ihre Untersuchung und redeten in einer Sprache, die er mal wieder nicht verstand. Es klang wie Französisch? Das Kauderwelsch stoppte. Der am Kopfende Sitzende nickte kurz und die beiden bei der Trage gesellten sich zu ihren Kumpels. Der Mann mit den silbernen Strähnen im Barthaar winkte einen aus der Reihe in Bens Richtung. Dieser erhob sich und lief auf ihn zu. Der Unterschied, zu dem Befehlshaber war, dass er einen hellblonden Bart hatte, der einige Lücken an den Wangen aufwies.

    Er

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